06-165 Kapitalleistungen: Zeitpunkt der Besteuerung

Der Grundsatz, dass steuerwirksame Vermögenszugänge derjenigen Berechnungsperiode zuzurechnen sind, in welcher der Steuerpflichtige einen festen Anspruch auf sie erworben hat, gilt nicht nur für die Bemessung des steuerbaren Einkommens, sondern auch für die Berechnung des massgebenden Steuersatzes. Diese Zusammenrechnung wird einerseits dadurch gerechtfertigt, dass die Leistungen auf demselben Rechtsgrund, eben der Vorsorge im Sinne von § 36 StG, beruhen, und andererseits dadurch, dass direkte Steuern nach dem Grundsatz der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen zu bemessen sind.



Sachverhalt:

1. Der Pflichtige wurde aufgrund der Kapitalleistungen vom 5. Juli 2005 in Höhe von Fr. 274'176.-- und vom 31. Dezember 2005 in Höhe von Fr. 470'130.-- mit definitiver Veranlagungsverfügung für Kapitalleistungen, Staatssteuer 2005, vom 21. April 2006 mit einem Steuerbetrag in Höhe von Fr. 47'777.-- veranlagt. Dieser basiert auf einem steuerpflichtigen Gesamteinkommen von Fr. 744'306.-- und einem satzbestimmenden Einkommen von Fr. 38'391.--.


2. Mit Schreiben vom 21. Mai 2006 erhob der Pflichtige Einsprache und beantragte, die ausgezahlte Kapitalleistung der Stiftung A. vom 31. Dezember 2005 in Höhe von Fr. 470'130.-- sei erst im Jahre 2006 zu besteuern. Zur Begründung machte er geltend, die Auszahlung seitens der Stiftung A. sei zu früh erfolgt, da er erst per 1. Januar 2006 in Rente gegangen sei.


3. Die Steuerverwaltung wies die Einsprache mit Einsprache-Entscheid vom 14. Juli 2006 im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass Steuern auf Kapitalleistungen aus beruflicher Vorsorge zum Zeitpunkt der Fälligkeit oder zum Zeitpunkt der Auszahlung geschuldet seien.


4. Gegen den Einsprache-Entscheid der Steuerverwaltung erhob der Pflichtige mit Schreiben vom 18. Juli 2006 Rekurs und begehrte, es sei die Kapitalleistung der Stiftung A. vom 31. Dezember 2005 in Höhe von Fr. 470'130.-- erst im Jahre 2006 zu besteuern.


Zur Begründung brachte der Rekurrent im Wesentlichen vor, er habe nach seinem Aufhebungsvertrag noch bis am 31. Dezember 2005 gearbeitet. Die Pensionierung sei per 1. Januar 2006 erfolgt. Die Hälfte seines Pensionskapitals beziehe er als Rente, welche per 3. Januar 2006 erstmals ausbezahlt worden sei. Der Anteil in Höhe von Fr. 470'130.-- stehe ihm als Kapital für seinen Lebensunterhalt zur Verfügung. Die Pensionsguthaben seien mit Eintritt der Pensionierung am 1. Januar 2006 fällig und nicht per Arbeitsaustritt am 31. Dezember 2005.


5. Mit Vernehmlassung vom 7. November 2006 beantragte die Steuerverwaltung die Abweisung des Rekurses. Da in der Rekursschrift keine neuen wesentlichen Argumente angeführt worden seien, verweise sie auf die Erwägungen im Einsprache-Entscheid. Ergänzend halte sie jedoch fest, dass § 94 StG explizit vorsähe, dass die Steuer auf Kapitalleistungen aus Vorsorge gemäss § 36 StG für jenes Jahr der Veranlagungsperiode (Steuerjahr) festgesetzt werde, in dem die entsprechenden Einkünfte zugeflossen seien.



Aus den Erwägungen:

1. (…)


2. Der Beurteilung unterliegt vorliegend, ob zur Berechnung des massgebenden Steuersatzes die Kapitalleistung in Höhe von Fr. 470'130.--, welche dem Rekurrenten am 29. Dezember 2005 ausgerichtet wurde, der Kapitalleistung vom 5. Juli 2005 in Höhe von Fr. 274'176.-- hinzuzurechnen ist.


3. Gemäss § 36 StG werden Kapitalleistungen aus beruflicher Vorsorge sowie aus anerkannten Formen der gebundenen Selbstvorsorge im Sinne von § 27 bis Abs. 1 StG gesondert besteuert. Die Steuer wird zu dem Satz berechnet, der sich ergäbe, wenn anstelle der einmaligen Leistung eine entsprechende jährliche Leistung ausgerichtet würde, mindestens aber zum Minimalsteuersatz von 2 %.


a) Nach § 94 Abs. 1 StG wird die Jahressteuer auf Kapitalleistungen aus Vorsorge gemäss § 36 StG für jenes Jahr der Veranlagungsperiode (Steuerjahr) festgesetzt, in dem die entsprechenden Einkünfte zugeflossen sind. Dieser Bestimmung ist klar zu entnehmen, dass verschiedene Kapitalleistungen, die im selben Jahr anfallen, für die Besteuerung zusammenzurechnen sind. Dabei spielt es keine Rolle, unter welchem Rechtstitel solche Leistungen im einzelnen ausgerichtet werden; es genügt, dass sie unter den Oberbegriff der "Kapitalleistungen aus Vorsorge" nach § 36 StG fallen (vgl. Entscheid der Steuerrekurskommission des Kantons Basel-Landschaft Nr. 162/1997 vom 5. Dezember 1997, in: Basellandschaftliche und Baselstädtische Steuerpraxis [BStPra], 6/1999, S. 385 ff., E. 2b). Der Grundsatz, dass steuerwirksame Vermögenszugänge derjenigen Berechnungsperiode zuzurechnen sind, in welcher der Steuerpflichtige einen festen Anspruch auf sie erworben hat, gilt jedoch nicht nur für die Bemessung des steuerbaren Einkommens, sondern auch für die Berechnung des massgebenden Steuersatzes (vgl. Urteil des Bundesgerichts [BGE] 2A.68/2000 vom 5. Oktober 2000, E. 4b, www.bger.ch ). Diese Zusammenrechnung wird einerseits dadurch gerechtfertigt, dass die Leistungen auf demselben Rechtsgrund, eben der Vorsorge im Sinne von § 36 StG, beruhen, und andererseits dadurch, dass direkte Steuern nach dem Grundsatz der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen zu bemessen sind.


b) Der Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ist sowohl in Art. 127 Abs. 2 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (BV) als auch in § 133 Abs. 1 lit. a der Verfassung des Kantons Basel-Landschaft vom 17. Mai 1984 (KV BL) verankert. Er verlangt gemäss Lehre und Praxis, dass jede steuerpflichtige Person im Verhältnis der ihr zur Verfügung stehenden Wirtschaftsgüter und der ihre Leistungsfähigkeit beeinflussenden persönlichen Verhältnisse zur Deckung des staatlichen Finanzbedarfs beitragen soll (vgl. Senn, Die verfassungsrechtliche Verankerung von anerkannten Besteuerungsgrundsätzen unter besonderer Berücksichtigung des Leistungsfähigkeitsprinzips, in: Reich, Schriften zum Steuerrecht, Zürich 1999, S. 150; BGE 114 Ia 221, 225 E. 2c, www.bger.ch ).


Das Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit kann namentlich dadurch verwirklicht werden, dass der Steuertarif nach Massgabe der Leistungsfähigkeit progressiv ausgestaltet wird (vgl. Vallender/Wiederkehr, in: Ehrenzeller/Mastronardi/Schweizer/Vallender, Die schweizerische Bundesverfassung, Kommentar, Zürich 2002, Art. 127 BV N 18; Höhn/Waldburger, Steuerrecht, Bd. I, Bern 2001, § 4 N. 76 f.; BGE 114 Ia 221, 225 E. 2c, a.a.O.). Eine gleichmässige Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ist aber nur gewährleistet, wenn alle Einkünfte in dem zu versteuernden Einkommen vollständig erfasst werden (vgl. Reich, a.a.O., S. 11).


4. a) Vorliegend ist unbestritten, dass es sich bei den vom Pflichtigen im Jahre 2005 bezogenen Kapitalleistungen um solche der beruflichen Vorsorge bzw. der gebundenen Selbstvorsorge handelt und diese demzufolge gemäss § 36 StG grundsätzlich einer vollen Jahressteuer unterliegen. Streitig ist dagegen, ob die zwei Kapitalleistungen satzbestimmend zusammenzufassen sind, da die Kapitalleistung der Stiftung A. irrtümlicherweise seitens der Pensionskasse zu früh ausgerichtet worden ist.


b) Der Rekurrent macht geltend, dass die Kapitalleistung der Stiftung A. erst am 1. Januar 2006 fällig gewesen und die Auszahlung seitens der Pensionskasse zu früh erfolgt sei. Der Argumentation des Rekurrenten ist entgegenzuhalten, dass nach dem Zuflussprinzip gemäss § 94 Abs. 1 StG verschiedene Kapitalleistungen, die im selben Jahr anfallen, für die Berechnung zusammenzurechnen sind. Für die Besteuerung der Kapitalleistungen ist ausschliesslich auf das Datum des Mittelzuflusses abzustellen. Nachweislich ist die Kapitalleistung der Stiftung A. in Höhe von Fr. 470'130.-- dem Bankkonto des Rekurrrenten bei der Bank B. am 29. Dezember 2005 (Valuta 30. Dezember 2005) gutgeschrieben worden. Der Zufluss liegt zweifelsfrei noch im Jahre 2005. Durch die ausgerichtete Kapitalleistung erfuhr der Rekurrent eine wirtschaftliche Besserstellung, welcher aufgrund des Leistungsfähigkeitsprinzips mittels progressiver Besteuerung Rechnung zu tragen ist. Aus diesen Gründen ist somit die Kapitalleistung der Stiftung A. in Höhe von Fr. 470'130.-- für die Berechnung des massgebenden Steuersatzes zur Kapitalleistung der Freizügigkeitsstiftung der Bank B. in Höhe von Fr. 274'176.-- hinzuzurechnen.


Zusammenfassend kann somit festgehalten werden, dass sich das Begehren des Rekurrenten als unbegründet erweist und der vorliegende Rekurs somit abzuweisen ist.


5. (…)


Entscheid Nr. 165/2006 vom 15.12.2006



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