06-073 Ausserordentliche Einkünfte

Aufgrund des Wechsels der zeitlichen Bemessung für die natürlichen Personen unterliegen ausserordentliche Einkünfte, die in den Kalenderjahren 1999 und 2000 oder in einem Geschäftsjahr erzielt wurden, das in diesen Jahren endet, für das Steuerjahr, in dem sie zugeflossen sind, einer vollen Jahressteuer. Bei der Beurteilung der Ausserordentlichkeit der Einkünfte ist neben den in Art. 218 Abs. 2 und Abs. 3 DBG aufgezählten Kriterien auch die Entwicklung des Einkommens des Pflichtigen über mehrere Jahre hinweg zu berücksichtigen.


(Mit Urteil vom 28. Februar 2007 wies das Kantonsgericht des Kantons Basel-Landschaft eine gegen diesen Entscheid erhobene Verwaltungsgerichtsbeschwerde ab.)



Sachverhalt:

1. Mit Veranlagungsverfügung direkte Bundessteuer 2000 Nr. B 00/05 vom 26. Oktober 2004 wurde den Steuerpflichtigen unter der Rubrik ausserordentliche Einkünfte ein Betrag in Höhe von Fr. 517'000.-- aufgerechnet, welcher zu einer steuerlichen Belastung nach Tarif A (10.923 %) von Fr. 56'477.00 führte.


2. a) Mit Schreiben vom 24. November 2004 reichte der Vertreter der Pflichtigen Einsprache gegen die Veranlagung direkte Bundessteuer 2000 vom 26. Oktober 2004 ein, mit dem Begehren, die Veranlagungsverfügung vom 26. Oktober 2004 sei aufzuheben. Der Steuerpflichtige würde gegenüber seiner Arbeitgeberin der A. AG einen Forderungsverzicht im Betrage von Fr. 275'000.-- leisten. Zur Begründung führte er an, der Pflichtige sei alleiniger Unternehmeraktionär der A. AG mit Sitz in C., bei welcher er als Geschäftsführer angestellt sei und seinen Lohn beziehe. Aufgrund des geltenden Partnerschaftsmodells ergäben sich schwankende Lohnbezüge. Der hervorragende Geschäftsverlauf 2000 habe die Gutschrift des vereinbarten, umsatzunabhängigen Geschäftsführerhonorars in Höhe von Fr. 250'000.-- zugelassen. Zudem sei der Lohn in Höhe von Fr. 325'209.-- auf sein Kontokorrent gutgeschrieben worden. Ein Bezug dieser Beträge sei jedoch aufgrund der Umsatzeinbrüche ab dem Jahre 2001 aufgrund der Ereignisse vom 11. September 2001 in den USA bis heute nicht möglich gewesen. (…)


b) Mit Einsprache-Entscheid vom 20. März 2006 wies die Steuerverwaltung die Einsprache ab mit der Begründung, gemäss dem Kreisschreiben Nr. 6 der Eidgenössischen Steuerverwaltung zur direkten Bundessteuer betreffend den Übergang von der zweijährigen Pränumerando-Besteuerung bei natürlichen Personen sei die Ausserordentlichkeit der Einkünfte aufgrund der Kriterien der Einmaligkeit der Leistung, der Ausserordentlichkeit eines Einkommens und der Änderung in der Verbuchung von Einkommensquellen zu beurteilen. Das Erwerbseinkommen des Pflichtigen im Jahre 2000 habe mehr als das zweifache durchschnittliche Jahreseinkommen der der Bemessungslücke vorangegangenen fünf Jahre. Der Vergleich des Einkommens im Jahre 2001 in Höhe von 40'000.-- lasse zudem den Verdienst aus dem Jahre 2000 als ausserordentlich hoch erscheinen. Es dränge sich der Verdacht auf, dass es sich um einen Lohn-Vorbezug für das Jahr 2001 handeln könne. Die Steuerverwaltung habe deshalb im Ergebnis von den insgesamt Fr. 920'717.-- Lohnbezug Fr. 517'027 als ausserordentliches und Fr. 403'690.-- als ordentliches Einkommen betrachtet. Dies entspreche einem siebenjährigen Durchschnittseinkommen der Jahre 1995 bis 2001. (…)


3. Gegen diesen Einsprache-Entscheid vom 20. März 2006 erhob der Vertreter der Pflichtigen mit Schreiben vom 19. April 2006 Beschwerde mit dem Begehren, der Einsprache-Entscheid der Steuerverwaltung Basel-Landschaft vom 20. März 2006 sei aufzuheben und das steuerbare Einkommen auf Fr. 236'550.-- festzulegen. Zur Begründung verwies er im Wesentlichen auf die Einsprache. Ausserdem machte er geltend, die Unternehmergruppe habe per 31. Dezember 2001 nahe dem Konkurs gestanden, weshalb höhere Bezüge nicht möglich gewesen seien. Die Vorinstanz setze sich im Entscheid vom 20. März 2006 nicht mit den Vorbringen der Einsprecher auseinander. Die Steuerverwaltung kläre nicht darüber auf anhand welcher Perioden das ordentliche Erwerbseinkommen des Steuerpflichtigen zu bestimmen sei. Es sei dem Entscheid lediglich der Hinweis auf ein offenbar "günstiges Ergebnis" zu entnehmen. Indem sich die Vorinstanz nicht mit den Argumenten der Einsprecher auseinandersetze begehe diese eine Rechtsverweigerung, welche ein Verstoss gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör darstelle. Ein weiterer Verstoss liege auch in der Verletzung der Untersuchungsmaxime nach Art. 135 DBG. Vorliegend seien die von der Vorinstanz vermissten Beweismittel ausdrücklich zur Edition offeriert worden. Es werde daher die Rückweisung an die Vorinstanz gemäss § 126 Abs. 1 Satz 2 StG beantragt, da ansonsten für die Pflichtigen eine Verkürzung des Rechtsmittelverfahrens eintrete. (…)


4. Mit Vernehmlassung vom 8. Juni 2006 beantragte die Steuerverwaltung die Abweisung der Beschwerde. Zur Begründung verwies sie im Wesentlichen auf den Einsprache-Entscheid. (…)


(…)



Aus den Erwägungen:

2. Vorliegend unterliegt der Beurteilung, ob aufgrund des Wechsels der zeitlichen Bemessung für die natürlichen Personen ein Teil des Einkommens des Pflichtigen in Höhe von Fr. 517'000.-- von total Fr. 920'717.-- im Jahr 2000 als ausserordentliches Erwerbseinkommen oder ob dieser Betrag zusammen mit dem übrigen Einkommen zu besteuern ist.


3. Aufgrund von Art. 218 Abs. 2 und 3 DBG unterliegen ausserordentliche Einkünfte, die in den Kalenderjahren 1999 und 2000 erzielt werden, für das Steuerjahr, in dem sie zugeflossen sind, einer vollen Jahressteuer.


a) Das DBG enthält keine Umschreibung des Begriffes der ausserordentlichen Einkünfte, sondern es sind beispielhaft unterschiedliche Einkunftsarten angeführt, aus welchen abgeleitet werden kann, was der Gesetzgeber als ausserordentliche Einkünfte betrachtet. Diese Aufzählung derartiger Einkünfte ist nicht abschliessend, was schon aus dem Wortlaut („[...] insbesondere [...]") des Art. 218 Abs. 3 DBG hervorgeht (vgl. Dieter Weber in: Zweifel/Athanas, Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer, Band I/2b, Basel 2000, N. 31 zu Art. 218; Kreisschreiben vom 20. August 1999 der Eidg. Steuerverwaltung zur direkten Bundessteuer [Nr.6 der Steuerperiode 1999/2000], Ziff. 2.5.2 Abs. 1).


Bei der Auslegung des Begriffs der ausserordentlichen Einkünfte ist deshalb nicht nur auf die genannten typischen Beispiele abzustellen, sondern vor allem auch auf den Zweck, welcher dem Begriff im Rahmen der gesetzlichen Bemessungsordnung der Pränumerando-Besteuerung mit Vergangenheitsbemessung zukommt, welche kraft Art. 41 in Verbindung mit Art. 43 ff. DBG für die Steuerjahre bis 2000 galt und nach § 5 der Vollzugsverordnung vom 13. Dezember 1994 zum DBG in der Fassung vom 10. August 1999 in Verbindung mit Art. 41 und Art. 208-220 DBG mit dem Wechsel zur Gegenwartsbemessung für die Steuerjahre ab 2001 beendet wurde. Das System der Pränumerando-Besteuerung mit Vergangenheitsbemessung beruht nämlich auf der Fiktion, dass das steuerbare Einkommen und damit die Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen von einem Jahr zum anderen gleich bleibe (vgl. VGE BL vom 17. Januar 2001 in: Basellandschaftliche und Baselstädtische Steuerpraxis [BStPra.] XV, S. 305 f. E. 5a).


b) Zweck der Sonderregelung der ausserordentlichen Einkünfte ist es, mit der Steuergerechtigkeit nicht zu vereinbarende erhebliche Disparitäten zwischen wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit und Steuerbelastung zu beheben. In diesem Licht sind Einkünfte dann als ausserordentlich zu würdigen, wenn sie aperiodischer Natur sind, also wirtschaftlich nicht dem entsprechenden Bemessungsjahr zugeordnet werden können, ferner wenn sie nicht aus einer Quelle fliessen, aus welcher der Steuerpflichtige normalerweise sein Einkommen schöpft. Schliesslich können auch Einkünfte allein aufgrund ihrer ungewöhnlichen Höhe als ausserordentlich gelten. Alle Einkünfte, deren zweimalige Berücksichtigung bei der Steuerbemessung zu Beginn der Steuerpflicht als stossend und unvereinbar mit dem Leistungsfähigkeitsprinzip erscheinen würde, sind nämlich ausserordentliche Einkünfte im Sinn des Gesetzes und müssen demzufolge auch bei Beendigung des Bemessungssystems der Sonderregelung von Art. 218 Abs. 2 und 3 DBG unterworfen werden (vgl. VGE BL vom 17. Januar 2001 in: BStPra. XV, S. 306 f. E. 5b; VGE LU vom 20. Januar 1999 in: Steuer Revue [StR] 1999, S. 676 ff.; VGE ZH vom 31. August 1994 und vom 2. Dezember 1992 in: Der Steuerentscheid [StE] 1995 ZH B 64.1 Nr. 3 bzw. in: StE 1994 ZH B 64.1 Nr. 2; Entscheid der Steuer-Rekurskommission lll ZH vom 31. Oktober 1996 in: StE 1997 ZH B 64.1 Nr. 6).


4. a) Nach dem Kreisschreiben der Eidgenössischen Steuerverwaltung beurteilt sich das Einkommen des Pflichtigen nach der Einmaligkeit der Leistung. Der Pflichtige bezog laut Lohnausweis im Jahre 2000 ein Gehalt von total Fr. 920'717.--. Die Veranlagungsbehörde qualifizierte davon aufgrund einer Durchschnittsberechung der Jahre 1995 - 2001 Fr. 517'000.-- als ausserordentliche Einkünfte. Der Pflichtige verlangt, dass sein ausserordentliches Einkommen auf Fr. 250'000.-- festzusetzen sei, weil ihm im Jahre 2000 das Geschäftsführerhonorar in dieser Höhe erstmalig ausgezahlt worden sei. Die von der Veranlagungsbehörde errechnete "ausserordentliche Differenz" in Höhe von Fr. 517'027 sei insofern nicht richtig, da die Jahre 1994 bis 1997 und 2001 nicht repräsentativ seien. Der Durchschnittswert sei nur aufgrund der Jahre 1998 bis 2000 zu berechnen, weil sich der Charakter des Unternehmens in dieser Zeit massgeblich verändert habe. Festzuhalten ist hier, dass der Steuerpflichtige die Auswahl der einzelnen Jahre zur Errechnung des durchschnittlichen Einkommens weder zu seinem Nach- noch zu seinem Vorteil festlegen kann. Die Berechnung der Veranlagungsbehörde, welche auf sieben aufeinander folgende Jahre basiert ist insoweit nicht zu beanstanden.


b) Zur Ermittlung des ausserordentlichen Einkommens können im Weiteren auch die persönlichen Umsätze des Pflichtigen herangezogen und ins Verhältnis zum bezogenen Lohn gesetzt werden. Im Folgenden sind lediglich auszugsweise die Jahre 1997 bis 2002 dargestellt. In die Berechnung fliessen aber auch die Jahre 1993 bis 1996 ein.


Im Verhältnis zu den ausgerichteten Nettolöhnen kann somit festgestellt werden, dass im Jahre 1997 der Nettolohn des Pflichtigen 23 % des Umsatzes betrug. Im Jahre 1998 war der Nettolohn bei 31 % des Umsatzes. Im Jahre 1999 war er bei 28 % des erreichten Umsatzes. Im Jahre 2000 betrug der Nettolohn sogar 51 % des Umsatzes. Im Jahre 2001 waren es nur noch 3 % und im Jahre 2002 waren es 17 %. Der Durchschnittslohn der Jahre 1993 bis 2002 liegt bei etwa 25 % des Umsatzes. Legt man den Durchschnittswert von 25 % auch dem Jahre 2000 zugrunde, beträgt das ordentliche Einkommen etwa Fr. 451'000.--. Folglich kann das ausserordentliche Einkommen auf Fr. 468'000.-- festgesetzt werden.


c) Im Vergleich unter lit. b) stellt sich das Einkommen in Höhe von 51 % des Umsatzes als das weitaus höchste während zehn aufeinander folgender Jahre dar. Die Begründung dafür liegt einerseits in der ausserordentlichen Zahlung des umsatzunabhängigen Geschäftsführerhonorars und andererseits kann davon ausgegangen werden, dass ein Vorbezug auf das Jahr 2001 statt gefunden hat. Diese Vermutung erhärtet sich insbesondere bei genauerer Betrachtung der Bilanzen der A. AG, wonach im Jahre 2000 eine Dividende an die Obergesellschaft in Höhe von Fr. 680'000.-- geflossen ist und diese ihrerseits im August 2001 eine Dividende von Fr. 1'000'000.-- ausgeschüttet hat. Somit hat gerade zu dieser Zeit eine erhebliche Ausschüttung der Substanz der Gesellschaften stattgefunden wonach der Argumentation der Pflichtigen, die Gesellschaft sei sanierungsbedürftig gewesen, weshalb auf einen Teil des Darlehens verzichtet worden sei, dieser Verzicht etwa dem ausserordentlichen Einkommen des Jahres 2000 entspreche und infolge dessen eine steuerliche Verrechnung stattzufinden habe, nicht gefolgt werden kann.


Bei vorliegender Berechnungsweise wird ein breites Spektrum von zehn Jahren berücksichtigt und nicht nur auf das Einkommen einzelner ausgewählter Jahre abgestellt. Im Vergleich handelt es sich bei dem hier in Frage stehenden Einkommen für das Jahr 2000, welches mit Fr. 920'717.-- klar über dem Schnitt sämtlicher in die Berechnung einfliessenden Jahre liegt, um ein ungewöhnlich hohes Einkommen. Davon sind nach lit. b hievor Fr. 468'000.-- als ausserordentlich zu qualifizieren und gemäss Art. 218 DBG zu besteuern.


5. Zusammenfassend ist gemäss den Erwägungen festzuhalten, dass die Beschwerde teilweise gutzuheissen und das ausserordentliche Einkommen des Jahres 2000 mit Fr. 468'000.-- zu beziffern und nach Art. 218 Abs. 2 und 3 DBG mit einer vollen Jahressteuer zu veranlagen ist.


6. Entsprechend dem teilweisen Obsiegen der Beschwerdeführer sind ihnen reduzierte Verfahrenskosten in Höhe von Fr. 600.-- aufzuerlegen (Art. 144 Abs. 1 DBG) und ist ihnen eine Parteientschädigung in Höhe von Fr. 520.-- inkl. Auslagen und MWSt zuzusprechen (Art. 144 Abs. 4).


Entscheid Nr. 73/2006 vom 30.06.2006



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