06-095 Abzug von Liegenschaftsunterhalt für Objekte im Ausland/Schutz von Treu und Glauben

Die Abgrenzung der Steuerpflicht bei Grundstücken im Verhältnis zum Ausland ist nach den Grundsätzen des Bundesrechts über das Verbot der interkantonalen Doppelbesteuerung vorzunehmen. Danach kann der Liegenschaftsunterhalt für ein Haus in Italien grundsätzlich nicht vom steuerbaren Einkommen in Abzug gebracht werden. Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben sind die Steuerpflichtigen jedoch in ihrem Vertrauen auf eine behördliche Auskunft zu schützen.



1. Mit definitiver Veranlagung Staatssteuer 2003 vom 22. März 2005 wurde der von den Pflichtigen geltend gemachte Abzug für Liegenschaftsunterhalt in Höhe von Fr. 120'730.-- beim satzbestimmenden Einkommen auf Fr. 114'840.-- und beim zu versteuernden Einkommen auf Fr. 21'505.-- gekürzt.

2. Mit Schreiben vom 21. April 2005 erhob die Vertreterin der Pflichtigen Einsprache gegen diese Veranlagung.


3. Mit Einsprache-Entscheid vom 21. Februar 2006 wies die Steuerverwaltung die Einsprache ab mit der Begründung, gemäss Art. 6 Abs. 3 DBG sei die Abgrenzung der Steuerpflicht bei Grundstücken im Verhältnis zum Ausland nach den Grundsätzen des Bundesrechts über das Verbot der interkantonalen Doppelbesteuerung vorzunehmen. Danach seien Verlustüberschüsse ausschliesslich satzbestimmend zu berücksichtigen.


Zur Beurteilung des vorliegenden Falles sei auch das Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz - Italien heranzuziehen. In Art. 22 Ziff. 1 DBA CH-I werde die Besteuerung des unbeweglichen Vermögens dem Vertragsstaat zugewiesen, in dem dieses Vermögen liege. Gemäss den Regeln der Steuerausscheidung seien Liegenschaftsertrag und Liegenschaftsunterhalt nach Lage des Objekts auszuscheiden. Der aus der Liegenschaft in Italien resultierende Verlustüberhang werde nicht auf die Einkommensbesteuerung umgelegt, da die Schweiz im internationalen Verhältnis nicht verpflichtet sei, die Verluste aus dem Ausland zu übernehmen. Diese Regelung gelte jedoch nur für die effektive Besteuerung des Einkommens, nicht jedoch für das satzbestimmende Einkommen, für welches die Faktoren aus der ganzen Welt berücksichtigt seien. Die Einsprache sei aus diesen Gründen abzuweisen.


4. Gegen diesen Einsprache-Entscheid erhob die Vertreterin der Pflichtigen mit Schreiben vom 20. März 2006 Rekurs mit dem Begehren, der Entscheid der Steuerverwaltung vom 21. Februar 2006 sei aufzuheben und die Umlegung bzw. die Übernahme des Überschusses der Liegenschaftsunterhaltskosten der Liegenschaft in Italien sei zu gewähren.


Zur Begründung wurde ausgeführt, dass nach Auskunft des Gemeindesteueramtes ein Haus im Ausland steuerrechtlich bezüglich Einkünfte, Schuldzinsen sowie Unterhaltskosten gleich behandelt würde wie Liegenschaftsbesitz in der Schweiz. Diese Auskunft sei für den Entscheid das Geld in ein Haus in Italien zu investieren eine wichtige Grundlage gewesen. Erst zwei Jahre später im Februar 2005 habe sie das Gemeindesteueramt darauf aufmerksam gemacht, dass möglicherweise die damalige Auskunft nicht korrekt gewesen sei. Zu diesem Zeitpunkt sei das Haus schon gekauft und ein Teil der Renovationen gemacht gewesen. Der durch diese falsche Auskunft entstandene finanzielle Schaden sei beträchtlich. Die Pflichtigen seien daher der Ansicht, dass die Staatsgewalt die Konsequenzen für diese Falschinformation zu tragen habe.


5. Mit Vernehmlassung vom 19. Mai 2006 beantragt die Steuerverwaltung die Abweisung des Rekurses.


6. An der Verhandlung vom 30. Juni 2006 wurde das Verfahren mit Zustimmung der Parteien sistiert. Der Angestellte des Gemeindesteueramts, der diese Auskunft mündlich erteilt hat, sei zur Befragung und Klärung des Sachverhalts im Rahmen der Verhandlung vom 18. August 2006 vorzuladen.



Das Steuergericht zieht in Erwägung:

1. Das Steuergericht ist gemäss § 124 des Gesetzes über die Staats- und Gemeindesteuern (Steuergesetz) vom 7. Februar 1974 (StG) zur Beurteilung des vorliegenden Rekurses zuständig.


Gemäss § 129 Abs. 3 StG werden Rekurse, deren umstrittener Steuerbetrag wie im vorliegenden Fall Fr. 8'000.-- pro Steuerjahr übersteigt, vom Präsidenten und vier Richterinnen und Richtern des Steuergerichts beurteilt.


Da die in formeller Hinsicht an einen Rekurs zu stellenden Anforderungen erfüllt sind, ist ohne weiteres darauf einzutreten.


2. Vorliegend unterliegt der Beurteilung, ob die Pflichtigen für das Jahr 2003 die geltend gemachten Abzüge in Höhe von Fr. 99'225.-- für Liegenschaftsunterhalt für das Grundstück in Italien, zum Abzug bringen können und aufgrund von Zusicherungen seitens der Veranlagungsbehörde in ihrem Vertrauen zu schützen sind.


3. a) Festzuhalten ist zunächst, dass das kantonale Recht keine Bestimmungen über die Steuerausscheidung im internationalen Verhältnis kennt. Es enthält - anders als das Bundesrecht (Art. 6 Abs. 2 DBG) - namentlich keinen Verweis auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung zum interkantonalen Doppelbesteuerungsverbot (Simonek in: Nefzger/Simonek/Wenk, Kommentar zum Steuergesetz des Kantons Basel-Landschaft, 4 N 37).


Nach Art. 6 Abs. 3 des Gesetzes über die direkte Bundesteuer vom 14. Dezember 1990 (DBG) erfolgt die Abgrenzung der Steuerpflicht für Geschäftsbetriebe, Betriebsstätten und Grundstücke im Verhältnis zum Ausland nach den Grundsätzen des Bundesrechts über das Verbot der interkantonalen Doppelbesteuerung. Danach sind Auslandsverluste ausschliesslich satzbestimmend zu berücksichtigen, wobei die in den Doppelbesteuerungsabkommen enthaltenen Regelungen vorbehalten bleiben.


Nach dem Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Italienischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Regelung einiger anderer Fragen auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (DBA-I) Art. 22 Abs. 1 kann unbewegliches Vermögen im Sinne des Art. 6 Abs. 2 in dem Vertragsstaat besteuert werden in dem dieses Vermögen liegt. Über die Verteilung der Unterhalts- und Verwaltungskosten für Liegenschaften lässt sich hingegen im DBA-I keine Regelung finden. Im Verhältnis zueinander gehen die DBA dem innerstaatlichen Recht vor. Enthält aber das anwendbare DBA für einen bestimmten Sachverhalt keine Regelung ist ausschliesslich auf das innerstaatliche Recht abzustellen (vgl. Richner/Frei/Kaufmann, Handkommentar zum DBG, Zürich 2003, Art. 6 N 21).


b) Nach den Regeln der Steuerausscheidung im interkantonalen Verhältnis findet bei ausserkantonalen Grundstücken eine objektmässige Ausscheidung des Vermögens und der Einkünfte aus dem Grundeigentum sowie der dazugehörigen Gewinnungskosten statt. Schulden und Schuldzinsen werden hingegen proportional nach Lage sämtlicher Aktiven auf den Wohnsitz- und den Grundstückskanton verlegt (vgl. Simonek in: Nefzger/Simonek/Wenk, Kommentar zum Steuergesetz des Kantons Basel-Landschaft, 4 N 31).


c) Vorliegend handelt es sich um eine Liegenschaft in Italien, in welche die Rekurrenten investiert haben. Die aus dieser Liegenschaft resultierenden Überschüsse aus Liegenschaftsunterhalts- und Verwaltungskosten sind gemäss der hier anwendbaren Regelungen dem Staat zuzuweisen in dem das Grundstück liegt. Das bedeutet, dass Verluste, die aus der Liegenschaft in Italien resultieren nicht auf das Einkommen in der Schweiz umgelegt werden können. (vgl. auch Richner/Frei/Kaufmann, Handkommentar zum DBG, Zürich 2003, Art. 6 N 54).


4. Die Rekurrenten berufen sich jedoch vorliegend auf die ihnen erteilte Auskunft des Gemeindesteueramtes. Danach seien aus steuerlicher Sicht Liegenschaften im Ausland bezüglich Einkünfte, Schuldzinsen sowie Unterhaltskosten gleich zu behandeln wie Liegenschaftsbesitz in der Schweiz. Es ist nun zu prüfen, ob die Rekurrenten in Bezug auf die behördliche Auskunft in ihrem guten Glauben nach Art. 9 der Schweizerischen Bundesverfassung (BV) zu schützen sind.


a) Nach § 2 Abs. 1 StG sind die Vorschriften dieses Gesetzes nach Treu und Glauben anzuwenden und zu erfüllen.


Der Schutz von Treu und Glauben ist in Art. 9 BV als selbständiges verfassungsmässiges Individualrecht verankert und wird in § 2 Abs. 1 lediglich bestätigt. § 2 Abs. 1 kommt somit keine selbständige Bedeutung zu.


Im Steuerrecht hat der Schutz von Treu und Glauben besonders im Zusammenhang mit der Erteilung von Auskünften durch die Steuerbehörden Bedeutung. Er hat zur Folge, dass unrichtige Auskünfte, die die Steuerbehörde einer steuerpflichtigen Person erteilt und auf die sie sich verlassen hat, verbindlich sind. Voraussetzung dafür ist nach der bundesgerichtlichen Praxis, dass (i) die Behörde, die die Auskunft erteilte, für die Erteilung der Auskunft zuständig war, (ii) die steuerpflichtige Person nicht erkennen konnte, dass es sich um eine unrichtige Auskunft handelte, (iii) sie im Vertrauen auf die Auskunft bereits Dispositionen getroffen hat, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können, (iv) die massgebenden Rechtsnormen seit der Auskunftserteilung nicht geändert haben und (v) das öffentliche Interesse einer Verbindlichkeit der unrichtigen Auskunft nicht entgegen steht (vgl. Simonek in Nefzger/Simonek/Wenk, Kommentar zum Steuergesetz des Kantons Basel-Landschaft, 2 N1ff).


Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung findet der Grundsatz von Treu und Glauben im Steuerrecht vor allem auf das Verfahren Anwendung sowie dort, wo den Steuerpflichtigen ein gewisser Ermessensspielraum eingeräumt ist (vgl. Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts [BGE] Nr. 2A. 52/2003 vom 23. Januar 2004, publ. in www.bger.ch ).


b) Im vorliegenden Fall haben sich die Rekurrenten mit verschiedenen Formen der Altersvorsorge beschäftigt. Dabei wurde auch die Investition in eine Liegenschaft in Italien in Erwägung gezogen. Um die steuerrechtlichen Folgen dieser Investition abzuklären wandten sich die Rekurrenten an das Gemeindesteueramt. Die Abklärungen der Rekurrenten ergaben, dass ausländische Liegenschaften steuerrechtlich bezüglich Einkünfte, Schuldzinsen sowie Unterhaltskosten gleich behandelt würden wie Liegenschaften in der Schweiz. Diese Informationen haben die Rekurrenten dazu bewogen ein Haus in Italien zu erwerben und zu renovieren. Die dabei getätigten Ausgaben wurden denn auch in der Steuererklärung des Jahres 2003 deklariert. Es zeigte sich jedoch in der Veranlagungsverfügung zur Staatssteuer 2003 Nr. S 03/12 vom 22. März 2005, dass sich die vom Gemeindesteueramt erteilten Auskünfte als falsch erwiesen.


c) An der heutigen Sitzung hat der Angestellte des Gemeindesteueramtes im Rahmen der Befragung bestätigt, dass er den Rekurrenten in Bezug auf einen potentiellen Hauskauf in Italien die Auskunft erteilt habe, dass Verlustüberschüsse aus dieser Liegenschaft zum Abzug gebracht werden können. Der Angestellte des Gemeindesteueramtes war zweifellos für die Erteilung dieser Auskunft zuständig. Die Rekurrenten hatten die Unrichtigkeit der Auskunft zu keinem Zeitpunkt erkennen können, da das Basellandschaftliche Steuergesetz keine derartige Vorschrift enthält. Die Beurteilung internationaler Sachverhalte hat, wie oben dargestellt, nach dem Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer Art. 6 Abs. 3 DBG zu erfolgen, wobei die Doppelbesteuerungsabkommen vorbehalten bleiben.


Die Rekurrenten haben im Vertrauen auf die vom Gemeindesteueramt erteilte Auskunft das Haus in Italien gekauft und dieses teilweise renoviert. Diese Investitionen in Italien können zweifelsfrei nicht ohne Nachteil rückgängig gemacht werden. Die Rekurrenten hätten zumindest die Möglichkeit gehabt sich für ein anderes Modell der Altersvorsorge zu entscheiden oder ihre Vermögensplanung anders zu gestalten, wenn sie richtig informiert worden wären.


Es ist abschliessend festzustellen, dass sich die Gesetzeslage seit der Auskunftserteilung nicht verändert hat und somit alle fünf von Rechtsprechung und Lehre geforderten Voraussetzungen erfüllt sind. Die Rekurrenten sind somit in ihrem Vertrauen auf eine richtige Auskunft des Gemeindesteueramtes zu schützen.


5. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Rekurs gutzuheissen ist. Gemäss den Erwägungen kann der Liegenschaftsunterhalt für das Haus in Italien grundsätzlich nicht vom steuerbaren Einkommen in Abzug gebracht werden. Die Rekurrenten haben jedoch Anspruch auf Schutz ihres berechtigten Vertrauens in die Auskunft des Gemeindesteueramtes und es ist ihnen der Abzug für das Jahr 2003 zu gewähren mit der Konsequenz, dass dieser Abzug nur einmalig für das Jahr 2003 gewährt wird.


Entscheid Nr. 95/2006 vom 18.08.2006



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