07-105 Begründungspflicht

Liegt ein mangelhaft begründeter Einsprache-Entscheid vor, und wird in der Folge eine Verletzung des rechtlichen Gehörs festgestellt, ist der angefochtene Hoheitsakt aufzuheben. Der Anspruch auf rechtliches Gehör leitet sich u.a. aus Art. 29 BV, aus Art. 6 Abs. 1 EMRK und im Falle des kantonalen Steuerrechts § 123 Abs. 3 StG ab. In diesem Sinne gilt die Begründungspflicht nicht nur für die Gerichte sondern auch für die Verwaltungsbehörden. Erst die Begründung ermöglicht dem Betroffenen, den fundierten Entscheid darüber zu treffen, ob er überhaupt ein Rechtsmittel ergreifen und die Verfügung sachgemäss anfechten will.



Sachverhalt:

1. Mit Schreiben vom 13. November 1997 teilte die Steuerverwaltung dem damaligen Vertreter des Pflichtigen mit, dass die Beteiligungen des Pflichtigen an der X. AG dem Geschäftsvermögen zugeordnet würden. Des weiteren wurde diesem zur Kenntnis gebracht, dass künftige Einnahmen aus dem Verkauf von Bezugsrechten der Besteuerung unterliegen würden. Mit Revisionsbericht vom 29. Januar 1998 wurde dem Pflichtigen u.a. die zukünftige Vorgehensweise der Steuerverwaltung bezüglich der Beteiligungen erneut dargelegt.

2. a) Mit Schreiben vom 5. Juli 2005 leitete die Steuerverwaltung des Kantons Basel-Landschaft ein Nach- und Strafsteuerverfahren ein mit der Begründung, es sei festgestellt worden, dass die Aktien der X. AG, welche als Geschäftsvermögen qualifiziert, für den Kauf einer Liegenschaft im Kanton A. verwendet worden, obwohl sie im Wertschriftenverzeichnis weiterhin als vorhanden aufgeführt worden seien. Demzufolge sei eine Überführung der 500 Inhaberaktien aus dem Geschäftsvermögen ins Privatvermögen erfolgt.

b) In der Stellungnahme des Vertreters des Pflichtigen vom 20. Juli 2005 führte dieser aus, es sei festzuhalten, dass der Pflichtige die 500 Inhaberaktien in seiner Auflistung per 31. Dezember des fraglichen Jahres nicht mehr aufgeführt habe. Beim Steuerwert per 31. Dezember 2001 sei bei den Inhaberaktien ausdrücklich ein Strich gemacht worden. Andererseits sei der Kauf der Liegenschaft im Kanton A. in den Steuerunterlagen ausgewiesen worden. Die Einleitung eines Nach- und Strafsteuerverfahrens sei nicht angezeigt.

c) Mit Schreiben vom 19. August 2005 teilte die Steuerverwaltung dem Vertreter des Pflichtigen mit, der Pflichtige habe 500 Aktien und einen Bruttoertrag von Fr. 20'000.-- angegeben. Der Verkauf der Aktien im Jahre 2001 sei pflichtwidrig nicht deklariert und die Überführung der Inhaberaktien aus dem Geschäfts- ins Privatvermögen sei nicht angezeigt worden. Dies sei eine Tatsache i.S.v. Art. 151 Abs. 1 DBG, womit die Einleitung des Verfahrens begründet sei.

d) Mit Schreiben vom 14. Oktober 2005 hielt der Vertreter des Pflichtigen der Steuerverwaltung entgegen, dass die Voraussetzungen für die Einleitung eines Nachsteuerverfahrens gemäss Art. 151 Abs. 1 DBG gerade nicht gegeben, da seit dem Zeitpunkt der Veranlagung keine neuen Tatsachen oder Beweismittel aufgetaucht seien und die Veranlagung nicht unvollständig gewesen sei.

3. Mit Verfügung betreffend Nachsteuern und Bussen zur direkten Bundessteuer 2001 vom 12. Januar 2006 legte die Steuerverwaltung die Nachsteuer auf Fr. 63'395.20 und die Busse in gleicher Höhe fest. Zur Begründung führte die Steuerverwaltung aus, sie habe festgestellt, dass der Pflichtige die Aktien der X. AG, die in seinem Besitz als Geschäftsvermögen gewesen seien, für den Kauf einer Liegenschaft im Kanton A. verwendet habe. Damit sei die Überführung der 500 Inhaberaktien aus dem Geschäfts- ins Privatvermögen erfolgt. Es sei weder in der Steuererklärung 2001 noch in der des Jahres 2002 ein Hinweis auf den Aktienverkauf erfolgt. Der Pflichtige habe hier seine Deklarationspflicht verletzt, weshalb eine neue Tatsache i.S.v. Art. 151 Abs. 1 DBG vorliege, wobei Nachsteuern zu erheben seien.
Die Steuerverwaltung komme vorliegend zum Schluss, dass das Verschulden des Pflichtigen schwer wiege und somit auch der subjektive Tatbestand erfüllt sei, da dieser aus dem Revisionsbericht aus dem Jahr 1998 gewusst habe, dass der Verkauf der Aktien deklariert werden müsse. Unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse sei die Busse auf 100 % der Nachsteuer festzulegen.

4. Gegen diese Nach- und Strafsteuerverfügung erhob der Vertreter des Pflichtigen mit Schreiben vom 10. Februar 2006 Einsprache mit den Begehren: 1. Die Verfügung der Steuerverwaltung des Kantons Basel-Landschaft vom 12. Januar 2006 in Sachen Nachsteuern und Bussen direkten Bundessteuer 2001 sei vollumfänglich und ersatzlos aufzuheben. 2. Unter o/e-Kostenfolge zu Lasten der Einsprachegegnerin. Zur Begründung führte er aus, am 17. Juli 2001 habe der Pflichtige in B. eine Liegenschaft gekauft und die 500 Inhaberaktien an Zahlung statt gegeben. Um die ausgeschütteten Dividenden dem Einkommen anrechnen zu können und transparent offenzulegen, habe der Einsprecher die 500 Inhaberaktien im Wertschriftenverzeichnis der Steuererklärung 2001 zwar geführt, habe aber unter der Rubrik Steuerwert - im Gegensatz zu den früheren Deklarationen - einen deutlichen Strich gesetzt, um deutlich darauf hinzuweisen, dass diese Aktien nicht mehr vorhanden seien. Im Jahre 2001 sei die erworbene Liegenschaft im Kanton Tessin mit dem entsprechenden Steuerwert deklariert worden.
Gerügt werde zunächst eine Verletzung des rechtlichen Gehörs nach BV Art. 29 Abs. 2. Die angefochtene Verfügung sei unverständlich, widersprüchlich und unvollständig. Welche Versäumnisse dem Einsprecher angelastet würden gehe daraus nicht hervor. Aufgrund welcher rechtlicher Grundlage diese Rüge erhoben werde sei nicht ersichtlich. Inwiefern der Einsprecher seinen Pflichten nicht nachgekommen sei, gehe aus der Begründung ebenfalls nicht hervor. Unerklärlich sei auch die Nachsteuerberechnung. Die Steuerverwaltung gehe von einem nicht deklarierten Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit in Höhe von Fr. 484'500.-- aus. Wie sich dieser Betrag zusammensetze, sei nicht nachvollziehbar. In befremdlicher Missachtung setze sich die Steuerverwaltung über die öffentlich beurkundete Tatsache hinweg, dass die Inhaberaktien zu einem Nennwert von Fr. 1'000.-- veräussert worden seien. Dies entspreche dem Nominalwert, weshalb im Ergebnis kein Kapitalgewinn realisiert worden sei. Es sei unklar weshalb die Steuerbehörde zu einer anderen Berechnung des steuerbaren Einkommens gelange. Der errechnete Kapitalgewinn in Höhe von Fr. 484'500.-- werde in der Verfügung nicht begründet und es werde auch nicht dargelegt, von welchem Verkehrswert der Aktien ausgegangen werde. Die Voraussetzungen zur Einleitung des Nachsteuerverfahrens seien daher nicht erfüllt.

5. Mit Einsprache-Entscheid vom 23. Juli 2007 hiess die Steuerverwaltung die Einsprache in dem Sinne teilweise gut, als die Steuerbusse aufgehoben wurde, die Nachsteuerberechnungen jedoch bestehen blieben.
Dazu nahm die Steuerverwaltung wie folgt Stellung:
- bei der Deklaration von Wertpapieren werde jeweils auf den Bestand und nicht auf den Wert abgestellt,
- in den jeweiligen Wertschriftenverzeichnissen seien per 31. Dezember 2001 und 31. Dezember 2002 im Bestand die 500 Inhaberaktien „X." aufgeführt gewesen,
- im Wertschriftenverzeichnis per 31. Dezember 2001 sei der „Strich" beim Steuerwert als Promemoria-Deklaration angesehen worden,
- der Wert der Aktien der „X." in den vergangenen Jahren jeweils stark unter dem Nennwert gelegen habe, so dass die Deklaration als Promemoria-Posten akzeptiert werde,
- die Veranlagung 2001 bereits in Rechtskraft erwachsen sei,
- die fehlende Information über den Verkauf resp. die vorgängige Überführung ins Privatvermögen der Aktien der „X." eine Besteuerung des Kapitalgewinnes von Fr. 484'500.-- im Nachsteuerverfahren rechtfertige,
- davon ausgegangen werden könne, dass kein schuldhaftes Verhalten im Sinne des Steuerstrafrechts vorliege und deshalb auf die Erhebung einer Steuerbusse zu verzichten sei,
- das Einspracheverfahren grundsätzlich kostenlos sei, demnach keine Kostenfolge nach sich ziehe und den Einsprechern für die Aufwendungen im erstinstanzlichen Einspracheverfahren keine Parteientschädigung zugesprochen werden könne.

6. Gegen diesen Einsprache-Entscheid erhob der Vertreter des Pflichtigen mit Schreiben vom 22. August 2007 Beschwerde mit dem Begehren, 1. der Einsprache-Entscheid vom 23. Juli 2007 sei in dem Sinne aufzuheben, als dass auf die Erhebung einer Nachsteuer vollumfänglich verzichtet werde, 2. unter o/e Kostenfolge zu Lasten der Beschwerdegegnerin. Zur Begründung führte er aus, der Einsprache-Entscheid vom 23. Juli 2007 sei schlicht und einfach unverständlich, nicht nachvollziehbar, nicht begründet und unvollständig. Eine eingehende Begründung fehle. Schon die angefochtene Verfügung vom 12. Januar 2006 sei mit deutlichen Mängeln betreffend der Begründungspflicht behaftet gewesen. Es sei dem Beschwerdeführer schlicht nicht möglich nachzuvollziehen, auf Basis welcher Argumente die Steuerverwaltung zu besagtem Entscheid gelangt sei. Es sei auch unterlassen worden, die rechtlichen Grundlagen für den Entscheid zu nennen. Die Nachsteuerberechnung sei demzufolge vollständig unerklärlich. Der Beschwerdeführer behalte sich die Rüge, es liege eine willkürliche Entscheidfindung, ausdrücklich vor. Es sei nicht ersichtlich, auf Grund welcher rechtlicher Grundlagen welche konkreten Rügen erhoben würden und wie sich die erhobene Nachsteuer berechne. Der verfassungsmässige Anspruch auf rechtliches Gehör sei in gravierender Hinsicht verletzt worden und der Einsprache-Entscheid sei schon aus diesem Grund aufzuheben. Wäre die Steuerverwaltung durch den Strich im Wertschriftenverzeichnis verwirrt gewesen, hätte sie gemäss der Untersuchungspflicht den Unsicherheiten nachgehen und genauere Abklärungen treffen müssen. Infolge des pflichtwidrigen Unterlassens zusätzlicher Abklärungen trotz offenbarer Zweifel habe sich die Behörde das Wissen um den Aktienverkauf im Ergebnis anrechnen lassen und habe damit das grundsätzlich bestehende Recht auf Durchführung eines Nachsteuerverfahrens für die Steuerperiode 2001 verwirkt.

7. Mit Vernehmlassung vom 5. Oktober 2007 beantragte die Steuerverwaltung die Abweisung der Beschwerde. Zur Begründung verwies sie grundsätzlich auf die Erwägungen im Einsprache-Entscheid vom 23. Juli 2007 sowie auf die ausführlich und einlässlich begründete Verfügung vom 12. Januar 2006. Zusätzlich führte sie aus, die Überführung von Geschäfts- ins Privatvermögen sei in Art. 18 Abs. 2 DBG geregelt. Im Revisionsbericht 98021 vom 29. Januar 1998 wie auch im Schreiben an den damaligen Vertreter des Pflichtigen vom 22. Dezember 1997 sei darauf hingewiesen worden, dass künftige Kapitalgewinne aus dem Verkauf von Aktien der Besteuerung unterliegen würden. Der Pflichtige wie auch sein Treuhänder seien demzufolge vollumfänglich im Bild gewesen über die Thematik wie auch über die Deklarationspflicht des Pflichtigen in Bezug auf den Besitz von Inhaber- und Namenaktien der X. AG. Der Verkehrswert sei dabei wie bei den anderen (…) ermittelt worden. Der Verkauf von Aktien werde normalerweise nicht einfach mit einem Strich beim Steuerwert deklariert, sondern sei in der eigens dafür stehenden Spalte „Saldierung" Verkauf, Verfall aufzuführen.
Aus den Erwägungen:

1. (…)

2. Der Vertreter des Pflichtigen macht in seiner Beschwerde vom 22. August 2007 u.a. eine grobe Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör gemäss Art. 29 Abs. 2 BV geltend. Die Steuerverwaltung sei ihrer Begründungspflicht im Einsprache-Entscheid vom 23. Juli 2007 nur völlig unzureichend nachgekommen, weshalb es dem Vertreter kaum möglich gewesen sei eine detailliert begründete Beschwerdeschrift zu erstellen und dabei auf die Vorbringen der Steuerverwaltung zu antworten.
Die Steuerverwaltung habe einzig neun Punkte aufgeführt, welche völlig zusammenhangslos scheinbar erklären sollen, weshalb die Nachsteuerberechnung bestehen bleiben solle. Welche Versäumnisse aber dem Beschwerdeführer angelastet werden, gingen daraus nicht hervor. Schon die angefochtene Verfügung vom 12. Januar 2006 sei mit deutlichen Mängeln betreffend der Begründungspflicht behaftet gewesen. Weshalb nun der Einsprache-Entscheid ebenso bzw. um Einiges weniger begründet sei als die Verfügung erstaune doch in höchstem Masse. Die Steuerverwaltung habe mehr als ein ganzes Jahr Zeit gehabt, sich mit der Einsprache auseinanderzusetzen und die relevanten Punkte eingehend zu prüfen. Es sei zudem deutlich herauszustreichen, dass es sich in vorliegender Sache um ein streitiges Verwaltungsverfahren handle. Trotzdem genüge die Begründung des Einsprache-Entscheides nicht den erhöhten Anforderungen an die Begründungspflicht im streitigen Verwaltungsverfahren. Es sei dem Beschwerdeführer schlichtweg nicht möglich, nachzuvollziehen, auf Basis welcher Argumente die Steuerverwaltung zu besagtem Entscheid komme. Er sei somit auch nicht in die Lage versetzt, in Kenntnis aller Umstände klar abzuwägen und zu beurteilen, wie sich die rechtliche Situation aus Sicht der Behörde darstelle. Überdies sei ebenso unterlassen worden, etwelche rechtliche Grundlagen für besagten Entscheid zu nennen. Die Nachbesteuerung sei vor diesem Hintergrund vollständig unerklärlich. Schliesslich werde der Eindruck erweckt, dass die Steuerverwaltung nach ihrem eigenen Gutdünken entschieden habe, eventuell sogar im Wissen darüber, dass sich ihr getroffener Entscheid kaum auf eine rechtliche Grundlage und eine kohärente Argumentation stützen könne. Ob hier sogar eine willkürliche Entscheidfindung vorliege könne mangels Nennung allfälliger Grundlagen nicht abschliessend gesagt werden.

3. Nach Art. 29 Abs. 2 BV haben die Parteien Anspruch auf rechtliches Gehör. Einen vergleichbaren Anspruch auf Begründung gewährt auch Art. 6 Abs. 1 EMRK in seinem Geltungsbereich. Nach Ansicht der Lehre gilt die Begründungspflicht nach Art. 6 Abs. 1 EMRK nicht nur für die Gerichte im Sinne dieser Bestimmung, sondern auch für Verwaltungsbehörden, weil eine ungenügende Begründung der Verfügung faktisch den Zugang zum Gericht einschränken und die richterliche Kontrolle in Frage stellen kann (vgl. Alfred Kölz/Isabelle Häner Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, Zürich 1998, S. 359).

a) Die Art und Weise, wie ein gerichtliches oder administratives Verfahren abläuft, ist wesentlich für die Legitimation einer staatlichen Entscheidung und deren Akzeptanz in der Bevölkerung. Der Rechtssuchende muss sich dem Verfahrensrecht unterwerfen, wobei er nur wenige Parameter beeinflussen kann. Er ist darauf angewiesen, dass ihm der Zugang zur Justiz nicht verwehrt wird und ein Entscheid fair, unabhängig und innert nützlicher Frist zustande kommt. Die verfassungsrechtlichen Verfahrensgarantien in Art. 29 - 32 BV sind dazu da, diesen rechtsstaatlichen Ansprüchen gerecht zu werden und wenigstens einen Minimalstandard zu garantieren. Aus diesem Grund werden die Verfahrensgarantien auch "Garantien prozeduraler Gerechtigkeit" genannt (vgl. Häfelin/Haller, Schweizerisches Bundesstaatrecht, 6. Auflage, Zürich, 2005, N.827).
Das explizit durch die Verfassung gewährleistete rechtliche Gehör stellt eine fundamentale Garantie für ein rechtsstaatliches Verfahren dar. Es dient der Sachaufklärung und garantiert dem Betroffenen ein Persönlichkeitsbezogenes Mitwirkungsrecht im Verfahren. Der Grundsatz gilt nach der heutigen Rechtsprechung für alle Rechtsanwendungsverfahren: Zivilprozesse, Strafprozesse, Schuldbetreibungs- und Konkurssachen, Verwaltungsverfahren. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts greift der Anspruch auf rechtliches Gehör im Verwaltungsverfahren überall dort Platz, wo die Gefahr besteht, dass der einzelne durch den Erlass einer Verfügung in seinen rechtlich geschützten Interessen verletzt wird (vgl. Häfelin/Haller, a.a.O., N 835ff.).

b) Der Anspruch auf rechtliches Gehör umfasst neben der Möglichkeit des Betroffenen, sich zu allen relevanten Gesichtpunkten zu äussern und Beweisanträge zu stellen, der Mitwirkung bei Beweiserhebungen, dem Recht auf Stellungnahme zum Vorbringen der Gegenpartei und zum Ergebnis des Beweisverfahrens, dem Akteneinsichtsrecht, dem Anspruch auf richtige Zusammensetzung der entscheidenden Behörde im Verwaltungsverfahren, dem Anspruch auf Prüfung der Anträge und Stellungnahmen durch die verfügende oder urteilende Behörde, die sich in der Begründung des Entscheids niederschlägt, hat der Einzelne im Verwaltungsverfahren auch Anspruch auf einen begründeten Entscheid (vgl. Häfelin/Haller, a.a.O., N 838).
Die Pflicht, Verfügungen zu begründen, ergibt sich für die Behörden des Bundes aus Art. 35 Abs. 1 VwVG, für kantonale Behörden aus dem kantonalen Verfahrensrecht. Ein Mindestanspruch auf Begründung folgt aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör. Die Begründung einer Verfügung entspricht den Anforderungen von Art. 29 Abs. 2 BV, wenn die Betroffenen dadurch in die Lage versetzt werden, die Tragweite der Entscheidung zu beurteilen und sie in voller Kenntnis der Umstände an eine höhere Instanz weiterzuziehen (vgl. Häfelin/Müller/Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 5. Auflage, Zürich 2006, N 1705f.).

c) Gemäss Art. 29 Abs. 2 BV (früher: Art. 4 aBV) haben die Parteien Anspruch auf rechtliches Gehör. Aus dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs leitet das Bundesgericht in ständiger Rechtsprechung die Pflicht der Behörden ab, ihre Verfügungen und Entscheide zu begründen (BGE 126 I 97 E. 2b S. 102; zu Art. 4 aBV grundlegend BGE 112 Ia 107 E. 2b S. 109 f.; vgl. auch Botschaft des Bundesrates über eine neue Bundesverfassung vom 20. November 1996, BBl 1997 I 182 zu Art. 25). Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs als persönlichkeitsbezogenes Mitwirkungsrecht verlangt, dass die Behörde die Vorbringen des vom Entscheid in seiner Rechtsstellung Betroffenen auch tatsächlich hört, sorgfältig und ernsthaft prüft und in der Entscheidfindung berücksichtigt. Daraus folgt die grundsätzliche Pflicht der Behörden, ihren Entscheid zu begründen. Der Bürger soll wissen, warum die Behörde entgegen seinem Antrag entschieden hat. Die Begründung eines Entscheids muss deshalb so abgefasst sein, dass der Betroffene ihn gegebenenfalls sachgerecht anfechten kann. Dies ist nur möglich, wenn sowohl er wie auch die Rechtsmittelinstanz sich über die Tragweite des Entscheids ein Bild machen können. In diesem Sinne müssen wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde leiten liess und auf welche sich ihr Entscheid stützt (BGE 126 I 97 E. 2b S. 102 f. mit Hinweisen) (Entscheid des Bundesgerichts [BGE] 129 I 232, 236 E. 3.2).
Die Begründungspflicht erscheint so nicht nur als ein bedeutsames Element transparenter Entscheidfindung, sondern dient zugleich auch der wirksamen Selbstkontrolle der Behörde (Entscheid des Bundesgerichts [BGE] 112 Ia 107 E. 2b).
Die Rechtsprechung des Bundesgerichts bejaht seit 1970 einen Begründungszwang selbst dann, wenn keine entsprechende gesetzliche Norm vorliegt, denn es entspreche allgemeinen rechtsstaatlichen Prinzipien, dass dem Rechtssuchenden die Entscheidungsgründe eröffnet werden (vgl. Jürg Stadelwieser, Die Eröffnung von Verfügungen, Diss. St. Gallen, 1994, S. 186f.)

d) Gemäss Art. 135 Abs. 2 DBG wird der Entscheid begründet und dem Steuerpflichtigen sowie der kantonalen Verwaltung für die direkte Bundessteuer zugestellt. Er wird auch der Eidgenössischen Steuerverwaltung mitgeteilt, wenn diese bei der Veranlagung mitgewirkt oder die Eröffnung des Einspracheentscheides verlangt hat.
Im Sinn einer Minimalforderung hat ein Einspracheentscheid eine kurze Darlegung des Sachverhalts, der dem Entscheid zugrunde gelegt wird, und eine gedrängte Erläuterung der Rechtsauffassung der Veranlagungsbehörde, die zum betreffenden Entscheid bzw. zu den Abweichungen von den Anträgen des Einsprechers führt, sowie eine Rechtsmittelbelehrung zu enthalten. In der fehlenden, irreführenden oder (wesentliche) ungenügenden Begründung einer Entscheidung liegt eine Verweigerung des rechtlichen Gehörs (vgl. Richner/Frei/Kaufmann, Handkommentar zum DBG, Zürich 2003, Art. 135 N 8ff.).

4. a) Vorliegend hat die Steuerverwaltung die Einsprache des Pflichtigen mit Einsprache-Entscheid Nachsteuern und Bussen zur direkten Bundessteuer 2001 vom 23. Juli 2007 teilweise gutgeheissen. Auf eine Darstellung des Sachverhalts wurde verzichtet, wobei die Begehren des Pflichtigen nochmals aufgelistet wurden. Die Steuerverwaltung äussert sich in neun kurzen Sätzen, weshalb sie die Einsprache des Pflichtigen teilweise gutgeheissen hat.
Eine eingehende Auseinandersetzung mit den Argumenten der Pflichtigen findet hingegen nicht statt. Vielmehr wird dem Pflichtigen lediglich ansatzweise mitgeteilt, welche Sichtweise die Behörde hat. Nicht zu erfahren bekommt der Pflichtige hingegen, aus welchen Gründen der Entscheid gerade so und nicht anders gefällt worden ist. Ebenso wenig erfolgt eine detaillierte Aufstellung über die Berechnung und Zusammensetzung des Kapitalgewinnes. Dieser wird mit Fr. 484'500.-- ohne detaillierte Rechnung bzw. weitere Begründung festgelegt. Des Weiteren erfolgt auch keine eingehende Darstellung darüber, weshalb entgegen der Begründung in der Nach- und Strafsteuerverfügung kein schuldhaftes Verhalten mehr im Sinne des Steuerstrafrechts vorliegt und demzufolge auf die Erhebung der Strafsteuern verzichtet wird.
Dem Pflichtigen ist es anhand dieser äusserst knappen Formulierungen kaum möglich festzustellen, von welchen Grundsätzen und rechtlichen Überlegungen sich die Steuerbehörde hat leiten lassen. Er kann ebenso wenig nachvollziehen, inwiefern und ob die Behörde von ihrem Ermessensspielraum Gebrauch gemacht hat.
Erst die Begründung ermöglicht dem Betroffenen, den fundierten Entscheid darüber zu treffen, ob er überhaupt ein Rechtsmittel ergreifen und die Verfügung sachgemäss anfechten will. Die Benachteiligung besteht ja bereits darin, dass er aufs Geratewohl, d.h. ohne Kenntnis der Entscheidungsgründe, "ein Rechtsmittel ergreifen muss, auf das er bei Kenntnis der Entscheidungsmotive unter Umständen verzichtet hätte" (vgl. Jürg Stadelwieser, a.a.O., S. 189f.).
Aufgrund dieser Umstände ist darauf zu schliessen, dass sich der Pflichtige gezwungen sah Beschwerde einzulegen, ohne zu wissen, gegen welche Argumentation er sich genau zu erwehren hat.

b) Anerkanntermassen kann in gewissen Fällen dennoch auf Begründung der Verfügung verzichtet werden. So in Anwendung von Art. 35 Abs. 3 VwVG, wenn die Behörde dem Begehren der Parteien voll entspricht und keine Partei eine Begründung verlangt. Ebenso kann auf die Begründung verzichtet werden, wenn dem Beteiligten die Entscheidgründe bereits aus dem Verfahren bekannt sind oder wenn er sie kennen müsste oder wenn bereits eine begründete provisorische Verfügung erlassen wurde (vgl. Jürg Stadelwieser, a.a.O., S. 187f.).
Vorliegend wurde den Begehren des Pflichtigen jedoch nur teilweise entsprochen, weshalb auf eine Begründung gerade nicht verzichtet werden kann.

c) Aufgrund dieser Sachlage ist es nicht möglich zu eruieren, aus welchen Gründen sich die Steuerverwaltung veranlasst sah, bspw. das schuldhafte Verhalten des Pflichtigen abzulehnen, fällt doch nach neuer Ansicht der Steuerbehörde die auf 100 % der Nachsteuer festgelegte bereits ausgesprochene Busse in Höhe von Fr. 63'395.-- weg. Es ist nicht nachvollziehbar, ob die Steuerverwaltung ihren Entscheid auf konkrete rechtliche Überlegungen abstellt, die eine Abkehr von einer Erhebung der Busse durchaus rechtfertigt würde, oder ob es sich hierbei um eine ermessensweise Festlegung handelt. An die Begründungspflicht werden höhere Anforderungen gestellt, je weiter der den Behörden durch die anwendbaren Normen eröffnete Entscheidungsspielraum und je komplexer die Sach- und Rechtslage ist (vgl. Häfelin/Müller/Uhlmann, a.a.O., N 1707.). Im streitigen Verwaltungsverfahren muss die Begründung sorgfältiger sein als im nichtstreitigen (Ebenso etwa Stadelwieser, a.a.O., S. 190.).

5. Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist formeller (selbständiger) Natur. Das bedeutet, dass eine Rechtsmittelinstanz die eine Verletzung des Anspruchs feststellt, den angefochtenen Hoheitsakt aufheben muss ohne Rücksicht darauf, ob die Anhörung für den Ausgang des Verfahrens relevant ist, d.h. die Behörde zu einer Änderung des Entscheides veranlassen wird oder nicht. Gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist die Heilung der Verletzung des rechtlichen Gehörs in einem Rechtsmittelverfahren dann möglich, wenn die unterlassene Anhörung, Akteneinsicht oder Begründung nachgeholt wird und wenn die Verletzung nicht besonders schwer wiegt wobei die Heilung des Mangels die Ausnahme bleiben soll. Diese These findet jedoch in der Literatur keine umfassende Unterstützung. Dies nicht allein deshalb, weil der Instanzenzug damit verkürzt wird und der Betroffene sich gegenüber einem negativen Entscheid einer Behörde durchsetzen muss, sondern auch, weil die Behörde ihn durch die Gehörsverweigerung zum Verfahrensobjekt gemacht und nicht als Partner behandelt hat, was nicht geheilt werden kann, sondern sanktioniert werden muss (vgl. Häfelin/Müller/Uhlmann, a.a.O., N 1709ff.).

Aufgrund all dieser Erwägungen ist festzustellen, dass sich die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs als begründet erweist und die Beschwerde in diesem Punkt gutzuheissen ist und das Verfahren zur Neubeurteilung an die Steuerverwaltung zurückgewiesen wird.

6. (…).

Entscheid Nr. 105/2007 vom 14.12.2007
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