07-037 Berechnung der Verzugszinsen

Gemäss Praxis der Steuerverwaltung wird die Regelung über die Verzugszinsen nach § 135a Abs. 4 StG, welcher erst seit dem 1. Januar 2005 in Kraft ist, aus Kulanz- und Billigkeitsgründen schon ab der Steuerperiode 2001 angewendet. Für frühere Steuerperioden (vor 2001) gilt die alte Regelung, wonach der Zinsenlauf bereits mit der Fälligkeit der Steuer beginnt.



Sachverhalt:

1. Aufgrund der letzten definitiven Veranlagung (1997/98) wurden die Steuerpflichtigen am 22. September 2000 für das Jahr 1999 provisorisch in Höhe von Fr. 4'329.55 veranlagt und mit Vorausrechnung 2000 vom 21. Januar 2000 ebenfalls provisorisch in Höhe von Fr. 5'524.25 eingeschätzt.


Zugleich wurde ihnen mitgeteilt, dass für Zahlungen vor dem 30. September des Steuerjahres ein Vergütungszins von 2,5 % gewährt werde. Auf Steuern, die nach dem 30. September des Steuerjahres bezahlt werden, würde ein Verzugszins von 5 % belastet. Mit definitiver Veranlagung 1999/00 vom 26. Oktober 2004 wurde den Pflichtigen eine Einkommenssteuer in Höhe von Fr. 11'154.80 auferlegt.


2. Mit Schreiben vom 24. November 2004 erhoben die Pflichtigen Einsprache mit dem sinngemässen Begehren, die Veranlagung bezüglich der Verzugszinsen sei entsprechend der Gesetzgebung zu korrigieren. Zur Begründung brachten die Pflichtigen vor, dass der Verzugszins aufgrund der deutlichen Erhöhung des definitiven Rechnungsbetrages gegenüber der provisorischen Rechnungsstellung gemäss Steuergesetz erst 30 Tage nach definitiver Rechnungsstellung zu laufen beginnen sollte. Überdies hätten sie sämtliche Steuerunterlagen für die Jahre 1999/2000 im Juni 2001 bei der Vorinstanz eingereicht, weshalb sie die Verzugszinsen nicht akzeptieren könnten. Schliesslich ersuchten die Pflichtigen die Vorinstanz, ihnen im Hinblick auf ihre angespannte finanzielle Situation die Möglichkeit der Begleichung in monatlichen Abzahlungsraten in Höhe von Fr. 300.-- zu gewähren.


3. Mit Einsprache-Entscheid vom 9. Mai 2005 hiess die Vorinstanz die Einsprache gegen die Staatssteuerveranlagungen 1999/00 teilweise gut, wies jedoch das Begehren, die Verzugszinsen zu korrigieren ab.


Zur Begründung führte sie an, die Pflichtigen könnten sich nicht auf § 135a Abs. 4 StG stützen, da dieser erst am 1. Januar 2005 in Kraft getreten sei. Gemäss § 135 Abs. 1 des in den Jahren 1999/2000 geltenden Steuergesetzes, würden die Staatssteuern jeweils am 30. September des Steuerjahres fällig, im vorliegenden Fall demnach am 30. September 1999 bzw. am 30. September 2000. Ab diesem Zeitpunkt sei gemäss § 135 Abs. 5 StG 99/00 auf den geschuldeten Beträgen ein Verzugszins zu entrichten, unabhängig davon, ob die entsprechende Steuerrechnung gestellt worden sei oder nicht. Im Weiteren fügte die Vorinstanz an, dass sie selbst bezüglich der Differenz zwischen der provisorischen und der definitiven Steuerrechnung kein Verschulden treffe, da diese Differenz auf den Übergang von der selbständigen in die unselbständige Erwerbstätigkeit zurückzuführen sei. Daran könnten auch die bei den Pflichtigen durchgeführte Buchprüfung früherer Geschäftsjahre und die entsprechend später vorgenommene Veranlagung 1999/00 nichts ändern.


4. Mit Schreiben vom 9. Juni 2005 erhoben die Pflichtigen Rekurs gegen (…) den Einsprache-Entscheid mit dem Begehren, der Entscheid sei hinsichtlich der Verzugszinsen aufzuheben. In der Begründung führten sie aus, sie hätten sich in ihrer Einsprache bezüglich der Verzugszinsen auf § 135 Abs. 5 StG gestützt und nicht auf § 135a Abs. 4 StG. Sie könnten dem Steuergesetz nicht entnehmen, dass auf die geschuldeten Steuerbeiträge ab Fälligkeitsdatum, unabhängig von einer Rechnungsstellung ein Verzugszins zu entrichten sei. Vielmehr könne gemäss § 135 Abs. 5 StG der vom Eintritt der Fälligkeit an geschuldete Verzugszins nur dann erhoben werden, wenn auf den Fälligkeitstermin hin eine zumindest provisorische Rechnung gestellt worden sei. Erhöhe sich der definitive Rechnungsbetrag gegenüber der provisorischen Rechnungsstellung, so beginne der Verzugszinsenlauf für den Mehrbetrag 30 Tage nach der definitiven Rechnungsstellung. Im Übrigen könnten sie nicht nachvollziehen, wie eine definitive Steuerrechnung in einem solchen Ausmass von der provisorischen Rechnung abweichen könne.


5. In ihrer Vernehmlassung vom 8. März 2007 beantragte die Vorinstanz die Abweisung des Rekurses. Sie verwies dabei grundsätzlich auf die Begründung des Einsprache-Entscheides vom 9. Mai 2005 und fügte ergänzend hinzu, dass die von den Rekurrenten geltend gemachte Regelung in § 135a Abs. 4 StG, wonach Verzugszinsen erst 30 Tage nach der definitiven Rechnungsstellung zu erheben seien, wenn der Betrag gegenüber der provisorischen Rechnung höher ausfiele, erst seit dem 1. Januar 2005 in Kraft sei und der vorliegende Sachverhalt sich vor diesem Datum zugetragen habe. Das in der Steuerperiode 1999/00 in Kraft stehende Steuergesetz des Kantons Basel-Landschaft habe dagegen vorgesehen, dass ab Eintritt der Fälligkeit Verzugszinsen zu erheben seien. Im Übrigen brächten die Rekurrenten in ihrer Rechtsschrift keine neuen Argumente vor, die einen anderen Schluss zuliessen.


6. (…)



Aus den Erwägungen:

1. (…)


2. Der Beurteilung unterliegt vorliegend die Frage, nach welcher gesetzlichen Grundlage der Beginn des Verzugszinsenlaufs festzulegen ist.


3. Steuertatbestände sind aufgrund des Legalitätsprinzips grundsätzlich nach der jeweils aktuellen Rechtslage der betreffenden Steuerperiode zu beurteilen.


Vorliegend stützt die Vorinstanz die Festlegung des Verzugszinsenlaufs auf § 135 Abs. 5 der in den Jahren 1999 und 2000 geltenden Version des Steuergesetzes (aStG). Dieser bestimmt, dass vom Eintritt der Fälligkeit der Steuer an ein Verzugszins erhoben werden soll. Gemäss § 135 Abs. 1 aStG trat die Fälligkeit der Staatssteuern für die genannten Steuerperioden am 30. September des jeweiligen Jahres ein, also am 30. September 1999 bzw. 2000. Entsprechend wurden der 30. September 1999 und 2000 von der Vorinstanz jeweils als Stichtage für den Beginn der Verzugszinsenläufe der jeweils geschuldeten Staatssteuern festgelegt.


4. Die Rekurrenten sind der Ansicht, sie seien nach dem aktuellen Steuerrecht zu behandeln, da sie erst im Oktober 2004 definitiv veranlagt worden seien und die definitive Veranlagung ihnen eine Steuerlast aufbürde, welche im Jahre 2001 nicht vorhersehbar gewesen sei. Zudem bestimme § 135a Abs. 4 des aktuellen Gesetzes über die Staats- und Gemeindesteuern, dass eine Verzugszinspflicht nur dann bestehe, wenn auf den Fälligkeitstermin hin eine provisorische oder eine definitive Steuerrechnung gestellt worden sei. Andernfalls beginne die Verzugszinspflicht 30 Tage nach der Rechnungsstellung. Daher sei für die Berechnung des Verzugszinsenlaufs auf das Datum der Steuerrechnung abzustellen und nicht auf den Fälligkeitstermin.


a) Die Anwendung eines Gesetzes, das zum Zeitpunkt der Verwirklichung des Tatbestandes noch nicht geltendes Recht darstellt, ist als so genannte Rückwirkung nur unter der Bedingung zulässig, dass sie sich klar aus dem Gesetz ergibt, zeitlich mässig ist, zu keiner rechtsungleichen Behandlung führt, sich auf beachtenswerte Gründe stützt und nicht in wohlerworbene Rechte eingreift. Diese Kriterien müssen gemäss Rechtsprechung und Lehre kumulativ erfüllt sein, weshalb eine Rückwirkung nicht zulässig ist, wenn ein Kriterium im Einzelfall nicht erfüllt ist (vgl. Bundesgerichtsurteil [BGE], 101 Ia 82). Vorliegend sieht das Steuergesetz keine Rückwirkung von § 135a Abs. 4 vor, weshalb die Rückwirkung der gesetzlichen Vorschrift nicht zuzulassen ist.


b) Aus Kulanz- und Billigkeitsgründen wurde die ab 1. Januar 2005 geltende neue Praxis der Verzugszinsregelung in der Übergangsphase von der zweijährigen Vergangenheitsbemessung zur einjährigen Gegenwartsbemessung seit 2001 praktiziert (vgl. Medienmitteilung Regierungsrat BL vom 21. Januar 2003). Vorliegend ist jedoch die Steuerperiode 99/00 zu beurteilen, welche am 31. Dezember 2000 endete.


c) Eine ausnahmsweise zeitliche Ausdehnung dieser Praxis auf Tatsachen, die zeitlich vor ihrer Einführung liegen, würde bedeuten, diese Einzelfälle rechtlich anders zu beurteilen als andere vergleichbare, die sich zum selben Zeitpunkt ereignet haben. Die Folge wäre eine Besserstellung der Rekurrenten gegenüber Steuerpflichtigen, welche auf eine Einsprache bzw. einen Rekurs verzichtet haben und für die der Verzugszinsenlauf jeweils am 30. September der Steuerjahre 1999 und 2000 zu laufen begann. Dies würde auf eine unterschiedliche Behandlung weitgehend identischer Sachverhalte hinauslaufen. Dagegen fordert Art. 8 Abs. 1 der Schweizerischen Bundesverfassung, BV die Gleichbehandlung aller Menschen vor dem Gesetz. Deshalb bedarf es nach konstanter Rechtsprechung für eine unterschiedliche Anwendung eines Gesetzes auf zwei verschiedene Sachverhalte eines sachlichen Grundes (vgl. BGE 123 II 9, E. 3). Es ist an den Rekurrenten, darzulegen, dass ihre Situation sich von der Situation anderer steuerpflichtiger Personen derart unterscheidet, dass die Ausdehnung der vorgehend erwähnten Praxis auf den vorliegenden Einzelfall zu rechtfertigen wäre.


Zur Begründung weisen die Rekurrenten auf den Umstand hin, dass sie vier Jahre auf die definitive Veranlagung warten mussten und diese zudem beinahe doppelt so hoch ausgefallen sei, wie die provisorische Veranlagung vom 22. September 2000. Entsprechend sei der erhobene Verzugszins im Betrag viel höher, als sie hätten erwarten dürfen. Dabei verkennen sie, dass der Sinn der in § 135 Abs. 5 aStG enthaltenen Regelung des automatischen Verzugszinsenlaufs ohne Rechnungsstellung darin bestand, dass die Steuerpflichtigen für die Einschätzung des Umfanges ihrer eigenen Steuerpflicht selber verantwortlich waren. Schliesslich verfügen diese regelmässig über jene Daten, die zur Erhebung der Einkommenssteuer notwendig sind, wie insbesondere Lohnausweise und Belege über den Liegenschaftsunterhalt.


Weiter musste den Rekurrenten klar sein, dass sie durch den Übertritt in die unselbständige Erwerbstätigkeit und den damit verbundenen höheren Nettoverdienst auch mehr Steuern zu zahlen hatten. Es wäre ihnen daher durchaus möglich gewesen, rechtzeitig eine genügend hohe Zahlung für die Staatssteuern 99/00 zu leisten und dadurch die Erhebung von Verzugszinsen zu vermeiden. Überdies waren zu jener Zeit sämtliche steuerpflichtigen Personen von der damaligen Regelung betroffen.


Insofern unterscheidet sich die Situation der Rekurrenten nicht von derjenigen anderer Steuerpflichtiger. Es gibt daher keinen Grund, zu Gunsten der Rekurrenten vom jeweiligen gesetzlichen Stichtag für die Erhebung der Verzugszinsen auf die Staatssteuern 99/00 abzuweichen. Unter den gegebenen Umständen würde eine solche Abweichung mangels sachlicher Begründbarkeit vielmehr das Gebot rechtsgleicher Behandlung verletzen.


Zusammenfassend ist festzuhalten, dass im Sinne der Erwägungen weder die Voraussetzungen für eine Rückwirkung von § 135a Abs. 4 StG, noch Gründe für eine Ausdehnung der entsprechenden Praxis der Vorinstanz auf den Vorliegenden Fall gegeben sind, weshalb der Rekurs vollumfänglich abzuweisen ist.


5. (…)


Entscheid Nr. 037/2007 vom 27.04.2007



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