08-019 Unternehmensbesteuerung bei Einzelfirmen, amtliche Veranlagung

Ficht der Steuerpflichtige die amtliche Steuerveranlagung an, so muss er deren offensichtliche Unrichtigkeit umfassend beweisen.


Die Unternehmensbesteuerung (welche u. a. bei Einzelfirmen zur Anwendung kommt) stellt auf die buchhalterische Erfassung nach den allgemeinen gesetzlichen und anerkannten Grundsätzen ab. Wenn keine kaufmännische Buchführung vorhanden ist, müssen Steuerpflichtige Aufstellungen aufgrund von Belegen anfertigen, welche über den Erfolg ihrer Tätigkeit Auskunft geben.


Kosten, die primär und überwiegend durch die private Lebenshaltung bedingt sind, sind grundsätzlich nicht abzugsfähig und können auch nicht über die Geschäftsbuchhaltung verbucht werden.



Sachverhalt:

1. Nachdem der Pflichtige trotz Chargé-Mahnung seine Steuererklärung für das Jahr 2005 nicht einreichte, wurde er mit Veranlagungsverfügung Staatssteuer 2005 vom 22. Februar 2007 mit einem Einkommen von Fr. 200'000.-- amtlich eingeschätzt.


2. Gegen diese amtliche Veranlagung erhob der Pflichtige mit Schreiben vom 20. März 2007 unter Beilegung der Steuererklärung 2005 Einsprache mit der Begründung, die von der Mehrwertsteuer erstellte Hochrechnung entspreche nicht seinen effektiven Einnahmen. Weiter führte er aus, dass er gegen diese Erhebung ebenfalls Einsprache erhoben, aber noch keinen Bescheid erhalten habe.


3. Mit Einsprache-Entscheid vom 10. August 2007 hiess die Steuerverwaltung seine Einsprache in dem Sinne teilweise gut, als sie die Veranlagungen aufgrund der nachgereichten Steuererklärung und Unterlagen änderte.


Dabei wurden u.a. bei der Jahresrechnung 2005 aufgrund der Meldung der Eidg. Steuerverwaltung, Abt. Mehrwertsteuer, diverse Änderungen gegenüber der Selbstdeklaration vorgenommen, woraus ein Betriebsergebnis von neu Fr. 201'187.38 resultierte.


4. Gegen die Neuberechnung des Betriebsergebnisses wandte sich der Pflichtige mit Schreiben vom 10. September 2007 an die Steuerverwaltung, welche diese Eingabe am 16. Oktober 2007 zur Behandlung als Rekurs an das Steuergericht überwies.


Der Pflichtige machte darin hauptsächlich geltend, dass der kalkulierte Umsatz der MWST nicht stimme und legte zur Erläuterung eine "Einzahlungszusammenstellung auf seine Konten" bei. Weiter führte er aus, dass seine kalkulierten Umsätze für die Jahre 2003, 2004 und 2005 stimmen, er hätte sie alle nachgerechnet und mit seinen Zahlungseingängen verglichen. Leider habe er erst bei der Bezahlung festgestellt, dass er ausstehende Debitoren aus dem vorangegangenen Jahr im laufenden Jahr abgelegt habe, vermutlich würden daher Abweichungen bestehen.


5. Mit Vernehmlassung vom 15. Februar 2008 beantragte die Steuerverwaltung die Abweisung des Rekurses mit der Begründung, das von der Mehrwertsteuer kalkulierte Resultat sei - ohne dass der Rekurrent dieses nachweislich oder zumindest glaubhaft widerlegen könne - nicht zu beanstanden.


Bezüglich "Aufwand" führt die Steuerverwaltung aus, dass die korrigierten Aufwandpositionen in der Rekursschrift nicht erwähnt seien und somit allem Anschein nach auch nicht bestritten würden.


Betreffend "Ertrag/Umsatz" führt die Steuerverwaltung aus, die Abt. Mehrwertsteuer der ESTV bemängle den sehr hohen Materialaufwand, welcher in keinem Verhältnis zum verbuchten Umsatz der Installationen stünde. Aufgrund von repräsentativen Zahlen gehe die ESTV gemäss Art. 60 MWSTG von einem kalkulierten Umsatz von Fr. 414'0718.-- aus. Die Steuerbehörden für die Veranlagung der direkten Steuern übernähmen nun gemäss § 109 Abs. 1 und 2 StG diese hochgerechneten Umsatzzahlen. Ein Brachenvergleich mit anderen Firmen der selben Branche im Kanton habe ergeben, dass der Warenaufwand durchschnittlich um die 30 - 35 % des jeweils erzielten Umsatzes betrage. Mit anderen Worten betrage der Bruttogewinn durchschnittlich etwa 65 - 70 % des Umsatzes, weshalb das von der Mehrwertssteuerbehörde kalkulierte Resultat nicht zu beanstanden sei.


6. An der heutigen Verhandlung hielten die Parteien an ihren Begehren fest.



Aus den Erwägungen:

1. (…)


2. Der Beurteilung unterliegt vorliegend, ob der Rekurrent die offensichtliche Unrichtigkeit der amtlichen Einschätzung seiner Steuerfaktoren seitens der Steuerverwaltung rechtsgenüglich dargelegt hat.


3. a) Gemäss § 106 Abs. 1 und 2 StG wird der Steuerpflichtige, wenn er innerhalb der festgesetzten Nachfrist und Chargé-Mahnung die Steuererklärung nicht einreicht oder vervollständigt, von Amtes wegen eingeschätzt.


Eine amtliche Einschätzung gemäss § 106 StG kann der Steuerpflichtige nur wegen offensichtlicher Unrichtigkeit anfechten. Die Einsprache ist zudem zu begründen und muss allfällige Beweismittel nennen (§ 122 Abs. 2 StG). Mit anderen Worten obliegt es dem Steuerpflichtigen, im Rechtsmittelverfahren den Nachweis zu erbringen, dass die amtliche Veranlagung offensichtlich unrichtig ist (vgl. auch § 106 Abs. 3 StG). Dieser Nachweis muss umfassend sein, das heisst den gesamten von der Ermessensveranlagung betroffenen Teil umfassen (vgl. Bundesgerichtsurteil [BGE] 2A.164/2004 vom 23. April 2004, E. 2, Bundesgerichtsurteil [BGE] 2P.234, 2A.407/2003 vom 9. September 2004, E. 2, $www.bger.ch). Ist die amtliche Veranlagung Folge einer versäumten Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen, so muss dieser die versäumten Handlungen nachholen. Er muss demnach die bisher nicht eingereichte Steuererklärung vorlegen und die weiteren unterlassenen Mitwirkungshandlungen erfüllen (Einreichung von Unterlagen, Erteilen von Auskünften usw.). Nur unter dieser Voraussetzung kann der Nachweis der Unrichtigkeit der Veranlagung erbracht werden und lebt die Untersuchungspflicht der Behörde wieder auf (vgl. Markus Berger in: Archiv für Schweizerisches Abgaberecht, 2006, Band 75, Heft 34, S. 204 f.).


Nach § 122 Abs. 2 StG muss dieser Unrichtigkeitsnachweis zudem mit der Begründung der Einsprache und damit innert der Einsprachefrist erfolgen.


b) Vorliegend hat die amtliche Veranlagung ihre Ursache darin, dass der Pflichtige für das Steuerjahr 2005 trotz Chargé-Mahnung seine Steuererklärung nicht innerhalb der gesetzten Frist eingereicht hat. Die Steuerverwaltung änderte die Veranlagung im Rahmen des Einsprache-Entscheides anhand der mit der Einsprache eingereichten Steuererklärung sowie Bilanz und Erfolgsrechnung und berechnete das Betriebsergebnis neu. Gegen diesen Einsprache-Entscheid erhob der Pflichtige Rekurs, wobei er u.a. den kalkulierten Umsatz der Mehrwertsteuer und die Abweichung in der Position Warenaufwand beanstandete.


4. a) Gemäss den gesetzlichen Vorschriften in § 106 Abs. 3 StG muss der Pflichtige bei der Ergreifung eines Rechtsmittels gegen die amtliche Einschätzung die offensichtliche Unrichtigkeit nachweisen. Es ist vorliegend fraglich, ob ihm dies anhand der eingereichten Unterlagen tatsächlich gelungen ist. Der Pflichtige betreibt gemäss Handelsregisterauszug ein Einzelunternehmen und unterliegt demzufolge den Regeln der Besteuerung von selbständig Erwerbenden. Die selbständige Erwerbstätigkeit wird nach den Grundsätzen über die Unternehmensbesteuerung beurteilt. Diese Grundsätze gelten sowohl bei der natürlichen Person wie auch bei der juristischen Person. Das Steuerrecht folgt einer einheitlichen Unternehmensbesteuerung. Ein wesentlicher Grundsatz ist das Abstellen auf die buchhalterische Erfassung (sofern eine solche geführt wird, was nicht in jedem Fall zwingend ist)(vgl. Richner/Frei/Kaufmann, Handkommentar zum DBG, Zürich 2003, Art. 18 N 2).


Für die Ermittlung des Unternehmensgewinnes müssen u.a. die allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen der kaufmännischen Buchführung (Art. 957-964 OR), sowie die allgemein anerkannten Grundsätze der kaufmännischen Buchführung, auf welche in Art. 959 OR verwiesen wird, herangezogen werden (vgl. Kuhn/Brühlisauer in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht I/1, Art.24 StHG N 14).


b) Nicht alle Selbstständigerwerbenden sind zur Führung einer ordnungsgemässen Buchhaltung verpflichtet. Alle Steuerpflichtige sind jedoch zu Aufzeichnungen verpflichtet, die eine ordnungsgemässe Ermittlung des steuerbaren Reineinkommens gewährleisten.


Buchführungspflichtig ist, wer verpflichtet ist, seine Firma in das Handelsregister eintragen zu lassen (OR 957). Eintragungspflichtig ist, wer ein Handels-, Fabrikations- oder ein anderes nach kaufmännischer Art geführtes Gewerbe betreibt (OR 934 I i.V.m. HRegV 52). Für die Buchführungspflicht ist nicht der Handelsregistereintrag als solcher von Bedeutung, sondern die Erfüllung der Anforderungen an ein nach kaufmännischer Art geführtes Gewerbe (vgl. Richner/Frei/Kaufmann, Handkommentar zum DBG, Zürich 2003, Art. 18 N 100f.).


Nach Art. 52 Abs. 3 der Handelsregisterverordnung vom 7. Juni 1937 (aHRegV) liegt ein kaufmännisches Unternehmen vor, wenn dieses auf eine selbständige, auf Erwerb gerichtete wirtschaftliche Tätigkeit ausgerichtet ist. Bei diesem kann es sich gemäss Art. 53 aHRegV um ein Handelsgewerbe, um ein Fabrikationsgewerbe oder um ein anderes nach kaufmännischer Art geführtes Gewerbe handeln. Von der Eintragungspflicht sind diese Gewerbe dann befreit, wenn die jährliche Roheinnahme die Summe von Fr. 100'000.-- nicht erreicht (Art. 54 aHRegV). Ob im Einzellfall ein kaufmännisches Gewerbe vorliegt, kann Schwierigkeiten bereiten. In solchen Fällen ist eine Gesamtbeurteilung vorzunehmen, die Art und Umfang des Gewerbes berücksichtigt.


c) Die Ermittlung des effektiven Gewinns der Selbständigerwerbenden und der Kapitalunternehmen setzt voraus, dass diese Steuerpflichtigen geeignete Aufzeichnungen über ihre Gewinn- und Vermögenssituation führen und den Steuerbehörden einreichen. Als Aufzeichnung eignet sich in erster Linie eine ordnungsgemäss geführte Buchhaltung. Selbständigerwerbende und Kapitalunternehmen, welche keine Buchhaltung führen sind verpflichtet, zuhanden der Steuerbehörde aufgrund der Belege Aufstellungen anzufertigen, welche über den Erfolg ihrer Tätigkeit Auskunft geben (vgl. Höhn/Waldburger, Steuerrecht Band II, 9. Auflage, Bern/Stuttgart/Wien 2002, § 46 N 7). Das Fehlen einer Buchhaltung entbindet die Steuerpflichtigen nicht von der Beschaffung der für die Veranlagung notwendigen Unterlagen über ihr Einkommen. In diesem Fall haben sie zuhanden der Steuerbehörde aufgrund der Belege Aufstellungen anzufertigen, welche über den Erfolg ihrer Tätigkeit Auskunft geben (vgl. Höhn/Waldburger, a.a.O., § 46 N 22).


5. a) Die Firma A ist seit dem 24. April 2001 im Handelsregister des Kantons Basel-Landschaft als Einzelunternehmen eingetragen. Die für die Jahre 2001 bis 2005 ermittelten Umsätze liegen jeweils über der Summe von Fr. 100'000.--. Zudem sind auch die übrigen Kriterien die kaufmännische Unternehmen charakterisieren als erfüllt zu betrachten, da die Firma A eine selbständige, auf dauernden Erwerb gerichtete wirtschaftliche Tätigkeit ausübt und als solche buchführungspflichtig ist.


Die Eidgenössische Steuerverwaltung hat dem Pflichtigen für das Jahr 2005 im Rahmen der Steuerkontrolle in der Ergänzungsabrechnung vom 1. Juni 2006 "unverbuchte Einnahmen" aufgrund mangelnder Buchführung aufgerechnet. Zudem wurde ihm mit Schreiben vom 10. Juli 2006 von der Eidgenössischen Steuerverwaltung mitgeteilt, dass falls keine oder nur unvollständige Aufzeichnungen vorliegen oder die ausgewiesenen Ergebnisse mit dem wirklichen Sachverhalt offensichtlich nicht übereinstimmen, diese berechtigt und verpflichtet sei eine Schätzung nach pflichtgemässem Ermessen vorzunehmen. Der Pflichtige hatte demnach die Möglichkeit seit diesen Mitteilungen die notwendigen Unterlagen zu beschaffen und zum Beweis vorzulegen, was er jedoch unterlassen hat.


b) Die vom Pflichtigen eingereichten Unterlagen im Verfahren vor dem Steuergericht kommen dem Erfordernis der Buchführungspflicht klarerweise nicht nach. Den eingereichten Unterlagen lagen weder Offerten noch Abrechnungen, noch Bankkontoauszüge noch sonstige Belege bei. Die in der Erfolgsrechnung aufgeführte Position Material- und Warenaufwand ist ebenfalls nicht näher belegt. Die Aufzeichnungen des Pflichtigen sind unvollständig und nicht nachvollziehbar, weshalb die Eidgenössische Steuerverwaltung die Umsätze anhand ihren internen Erfahrungswerten ermittelt hat. Danach beträgt der Warenaufwand durchschnittlich 30 bis 35 % des erzielten Umsatzes, was entsprechend in deren Berechnungen Berücksichtigung fand. Auf die Frage hin, ob der Pflichtige überhaupt keine Buchhaltung führe, erklärte dieser, er führe eine Buchhaltung, deren Wichtigkeit er jedoch erst jetzt erkannt habe. Bezüglich des hohen Materialaufwandes führte er aus, dass es sich bei diesen Lieferungen um 10 Häuser des Herstellers B handle, wo er jeweils nur das Material geliefert und daher einen kleineren Gewinn erwirtschaftet habe. Ausserdem verzichte er auf hohe Preise was ihm im Gegenzug den Kundenstamm sichere. Der Pflichtige vermochte mit den von ihm eingereichten Unterlagen die Annahme der Steuerverwaltung nicht zu entkräften. Diese von ihm selbst angefertigte Aufstellung über die Einzahlungen auf das Postchequekonto mit Nr. xx vermag ohne weitere Belege die Annahmen der Steuerverwaltung nicht zu widerlegen.


5. a) Schliesslich bleibt festzuhalten, dass gemäss § 29 Abs. 3 StG insbesondere die Aufwendungen für die Anschaffung und die Verbesserung von Vermögensgegenständen und für die Schuldentilgung, die allgemeinen Standes- und Repräsentationsauslagen, die Auslagen für die berufliche Ausbildung, die Kosten des Unterhalts des Steuerpflichtigen und seiner Familie mit Einschluss der Wohnungsmiete und die privaten Spenden, mit Ausnahme der freiwilligen Zuwendungen nicht abziehbar sind.


Das bedeutet, dass Kosten, die primär und überwiegend durch die private Lebenshaltung bedingt sind, grundsätzlich nicht abzugsfähig sind (vgl. Richner/Frei/Kaufmann/Meuter Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz, 2.A. Zürich 2006, § 33 N 4). Positionen wie Krankenversicherung, Strom, Wasser, Wohnungsmiete und dgl. stellen grundsätzlich private Lebenshaltungskosten dar und können auch nicht über die Geschäftsbuchhaltung verbucht werden, weshalb die Eidgenössische Steuerverwaltung auch dort eine Aufrechnung vorgenommen hat.


b) Es bleibt festzustellen, dass der Pflichtige den Nachweis der Unrichtigkeit der von der Steuerverwaltung des Kantons Basel-Landschaft vorgenommenen amtlichen Einschätzung anhand der von ihm eingereichten Unterlagen nicht erbracht hat. Im Hinblick auf die zukünftigen Steuerperioden wurde der Rekurrent darauf hingewiesen, dass für den Beweis der Richtigkeit seines Geschäftsganges die Vorlage sämtlicher Belege sowie die Führung einer ordnungsgemässen Buchhaltung notwendig sind. Der Rekurs erweist sich demzufolge als unbegründet und ist abzuweisen.


6. (…)


Entscheid Nr. 019/2008 vom 29. Februar 2008



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