08-022 Fahrtkostenabzug

Der berufsbedingt notwendige Einsatz eines Privatfahrzeugs für den Arbeitsweg ist im Rahmen der Kosten, welche bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel anfallen würden, abzugsfähig. Für die Berechnung ist der schnellste, nicht der kürzeste Fahrtweg massgebend. Dabei wird nicht auf äussere Umstände, wie gelegentlicher Stau oder Wetterverhältnisse abgestellt, sondern auf den allgemein schnellsten Verkehrsweg. Ausnahmen können nur bei Berufsgruppen gemacht werden, die unabdingbar innert kürzester Zeit ihr Ziel erreichen müssen, wie namentlich Notärzte oder Rettungsdienste auf dem Weg vom Wohnort zur Zentrale, von wo aus sie ihren Einsatz starten.


Der weitere, notwendige Einsatz des Privatfahrzeugs am Arbeitsort ist beispielsweise mit einem Fahrtenbuch zu belegen.



Sachverhalt:

1. Die in der Gemeinde A wohnhafte Rekurrentin arbeitet in der Gemeinde B und ist dort mit einem 70 % Pensum verteilt auf 5 Tage pro Woche (220 Tage pro Jahr) angestellt. Ausserdem leistet sie während der Abwesenheit des Vorgesetzten infolge Ferien, Krankheit oder Unfall noch zusätzlich Bereitschaftsdienst. In der Veranlagungsverfügung zur Staatssteuer 2006 vom 19. Juli 2007 wurde der Pflichtigen der Abzug für Fahrtkosten in Höhe von Fr. 4'004.-- auf Fr. 2'831.-- reduziert.


2. Gegen diese Veranlagungsverfügung erhob der Vertreter der Pflichtigen mit Schreiben vom 13. August 2007 vorsorglich und ohne weitere Begründung Einsprache. Mit Schreiben vom 3. September 2007 reichte der Vertreter eine Begründung ein und stellte u.a. das Begehren, die Fahrtkosten seien vollumfänglich in der Höhe von Fr. 4'004.-- zum Abzug zuzulassen. Zur Begründung führte er u.a. aus, dass das Arbeitspensum der Pflichtigen von 70 % auf 5 Tage pro Woche verteilt sei.


3. Mit Einsprache-Entscheid vom 29. Oktober 2007 wies die Steuerverwaltung die Einsprache bezüglich des Begehrens um Abzug der Fahrtkosten in Höhe von Fr. 4'004.-- ab. Zur Begründung führte sie aus, die vorgenommene Kürzung sei nicht aufgrund des Arbeitsumfanges erfolgt, sondern aufgrund des ermittelten Arbeitsweges. Die Pflichtigen hätten den Weg mit 14 km angegeben. Die Nachprüfung mit Hilfe von Twix Autoroute habe ergeben, dass die Strecke nur 9,9 km betrage, was eine Kürzung des Abzuges zur Folge habe. Die praxisgemässe Ermittlung der Fahrtkosten und die Berechung mit 220 Arbeitstagen und zwei Fahrten a 9.9 km zu Fr. -.65 sei nicht zu beanstanden.


4. Mit Schreiben vom 22. November 2007 erhoben die Pflichtigen gegen den Einsprache-Entscheid Rekurs mit dem Begehren, die Fahrtkosten in Höhe von Fr. 4'004.-- seien vollständig zum Abzug zuzulassen. Zur Begründung führte der Vertreter aus, dass die Pflichtige in ihrer leitenden Stellung u.a. für die pünktliche Öffnung der verschiedenen Gemeinschaftsräume zuständig sei, zudem verrichte sie bei Abwesenheit des Vorgesetzten Bereitschaftsdienst. Die im Einsprache-Entscheid genannte Fahrdistanz von 9,9 km beziehe sich auf die Strecke Gemeinde A - Gemeinde C - Gemeinde B. Es sei bekannt, dass diese Strecke vor allem morgens und abends durch Staus verstopft sei. Zudem sei es eines der in der Schweiz am stärksten befahrenen Strassenstücke. Die Pflichtige müsse aufgrund ihrer Funktion pünktlich sein und weiche deshalb über die X-Höhe nach Gemeinde D aus und fahre von dort nach Gemeinde B. Die Routenbeschreibung der effektiv genutzten Strecke sei der Steuererklärung beigelegen, wobei die kürzeste Entfernung gemäss Twix Autoroute 13,9 km betrage.


5. Mit Vernehmlassung vom 14. Februar 2008 beantragte die Steuerverwaltung die Abweisung des Rekurses u.a. mit der Begründung, dass es der Praxis der Steuerverwaltung des Kantons Basel-Landschaft entspreche, den schnellsten Weg als Berechnungsgrundlage für die Ermittlung der Kilometerzahl zu wählen. Wer sich aus persönlichen Gründen mit einem privaten Verkehrsmittel an den Arbeitsplatz begebe, habe grundsätzlich nur Anspruch auf die Kosten, die ihm bei Benützung des öffentlichen Verkehrsmittels anfallen würden.


6. An der heutigen Verhandlung hielten die Parteien an ihren Begehren fest.



Aus den Erwägungen:

1. (…)


2. Der Beurteilung unterliegt vorliegend, ob die von der Rekurrentin geltend gemachten Fahrtkosten zwischen Wohn- und Arbeitsstätte in Höhe von Fr. 4'004.-- zu Recht von der Steuerverwaltung auf Fr. 2'831.-- gekürzt worden sind.


3. a) Gemäss § 29 Abs. 1 lit. a StG können von den steuerbaren Einkünften bei unselbständig Erwerbstätigen die Erwerbsunkosten, wie Kosten für Fahrten zwischen Wohn- und Arbeitsstätte, Mehrkosten der Verpflegung und für Schichtarbeit, die Kosten für Berufskleider, Schwerarbeit, besonderen Kleiderverschleiss, Berufswerkzeuge und Fachliteratur, ferner die mit der Ausübung des Berufes zusammenhängenden Weiterbildungs- und Umschulungskosten und die statutarischen Mitgliederbeiträge des Berufsverbandes sowie ein zusätzlicher Pauschalabzug von 500 Franken für weitere Berufsauslagen abgezogen werden. Der Umfang dieser Erwerbsunkosten wird durch den Regierungsrat näher geregelt.


b) Gemäss § 3 Abs. 1 lit. a Ziff. 3 der Verordnung zum Steuergesetz vom 13. Dezember 2005 können unselbstständig Erwerbende bei Benützung eines Motorrades oder eines Privatautos die Auslagen, für die Kosten der Fahrt zwischen Wohn- und Arbeitsstätte, die bei Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels entstehen würden abziehen. Steht kein solches zur Verfügung oder kann dessen Benützung dem Steuerpflichtigen nicht zugemutet werden (z.B. bei Gebrechlichkeit, bei mehr als 1,5 km Entfernung von der nächsten Haltestelle, bei einem täglichen Zeitaufwand von mehr als 2 1/2 Stunden), so ist pro Fahrkilometer ein Abzug bis zu 40 Rp. für Motorräder (Hubraum über 50 cm3) und bis zu 65 Rp. für Autos zulässig (der Nachweis höherer Kosten bleibt vorbehalten). Für die Hin- und Rückfahrt über Mittag können aber höchstens die Kosten für auswärtige Verpflegung gemäss Buchstabe b (14 Fr. pro Tag, jedoch höchstens 3000 Fr. pro Jahr) geltend gemacht werden.


c) Die Kosten der Benützung privater Fahrzeuge sind nur dann berufsnotwendig, wenn es der Steuerpflichtigen nicht zumutbar ist, ein öffentliches Verkehrsmittel mit wesentlich längerer Arbeitswegzeit zu benützen oder wenn sie das Privatfahrzeug an der Arbeitsstätte aus beruflichen Gründen benötigt (vgl. Höhn/Waldburger, Steuerrecht Band 2, 9. Auflage, Bern/Stuttgart/Wien 2002, § 44 N 72). Der Fahrtkostenabzug für ein privates Motorfahrzeug kann somit gewährt werden, wenn das Fahrzeug aus beruflichen Gründen benötigt wird und kein Geschäftsfahrzeug zur Verfügung steht. Diesfalls ist aber eine entsprechende Bestätigung des Arbeitgebers, welche sich detailliert über die Notwendigkeit der Privatauto-Benützung ausspricht, vorzulegen (Schweighauser in: Nefzger/Simonek/Wenk, Kommentar zum Steuergesetz des Kantons Basel-Landschaft, § 29 N 11; BlStPr. XI [1991-93] 204).


d) Die Zurückhaltung der Steuerbehörden bei der Gewährung der Fahrtkostenabzüge beruht vor allem auf der Überlegung, dass der Verzicht auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel i.d.R. nicht auf eine arbeitsbedingte Notwendigkeit zurückzuführen ist, sondern überwiegend dazu dient, die private Lebenshaltung bequemer und die Freizeit sinnvoller zu gestalten. Aus diesem Grund haben die Autokosten in den überwiegenden Fällen den Charakter von Lebenshaltungskosten, für die ein Steuerabzug gemäss § 29 Abs. 3 StG nicht gerechtfertigt ist (Entscheid der Steuerrekurskommission Nr. 124/1991 vom 30. August 1991, E. 2a).


4. a) Im vorliegenden Fall benötigt die Rekurrentin, gemäss SBB-Online-Fahrplan vom 28. März 2008 ( www.sbb.ch ), etwa eine Stunde um mit den öffentlichen Verkehrsmitteln die Strecke zwischen Wohn- und Arbeitsstätte inklusive Fussweg, zurückzulegen. Die ungünstigste Fahrkurskombination weist eine Reisezeit von 47 bzw. 52 Minuten auf. Die schnellste Fahrkurskombination dagegen weist lediglich eine Reisezeit von 24 bzw. 26 Minuten auf. Selbst während der Randzeiten stehen der Pflichtigen jede Stunde mehrere Verbindungen zur Verfügung.


b) Die Rekurrentin überschreitet somit den Richtwert von 2 Stunden und 30 Minuten pro Tag, welcher gemäss § 3 Abs. 1 lit. a Ziff. 3 der Verordnung zum Steuergesetz den Gebrauch der öffentlichen Verkehrsmittel als unzumutbar erscheinen lässt, nicht. Die Tatsache, dass die Rekurrentin auf ihrem Arbeitsweg umsteigen muss, ändert nichts an der grundsätzlichen Zumutbarkeit der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel. Die Benützung des Privatautos ist demnach zur Erzielung des Erwerbseinkommens nicht unbedingt erforderlich, sondern dient der effizienten Gestaltung des Privatlebens. Nach der gesetzlichen Regelung bleibt ihr somit aufgrund der Fahrzeiten der Abzug der Fahrtkosten für ihr Privatauto verwehrt.


Jedoch kommt die Notwendigkeit des Autos im Beruf als Umstand in Frage, der allenfalls die Benützung des privaten Fahrzeuges trotzdem rechtfertigt, weshalb die Kosten steuerlich anzuerkennen sind. Als steuermindernde Tatsache obliegt die Beweislast der beruflichen Notwendigkeit der Pflichtigen. Da die Rekurrentin eine Bestätigung des Arbeitgebers vorzulegen vermochte, welche sich über die Erforderlichkeit der Benützung des Privatautos ausspricht, wurde ihr von der Steuerverwaltung ein Abzug für die Benutzung eines Privatfahrzeugs in der Höhe von Fr. 2'831.-- gewährt (220 Tage mit 2 Fahrten a 9,9 km zu Fr. -.65). Diese Berechnung ist nicht zu beanstanden.


c) Die Rekurrentin macht geltend, dass durch die Staus nicht nur volkswirtschaftliche Kosten verursacht würden, sondern den Steuerpflichtigen durch die Wahl einer anderen Strecke auch erheblich höhere Gewinnungskosten entstünden. Allem voran führte die Pflichtige aus, dass der kürzeste nicht der schnellste Weg sei. Da es auf der von der Steuerverwaltung berechneten Route regelmässig zu Verkehrsbehinderungen aufgrund von Staus komme, führe eine an der Kilometerzahl längere Route schneller zum Arbeitsort.


Gemäss der Praxis des Kantons Basel-Landschaft ist vom schnellsten Weg als Berechnungsgrundlage für die Ermittlung der Kilometerzahl auszugehen und nicht vom kürzesten. Der schnellste Weg führt, wie von der Steuerverwaltung korrekt berechnet, mit 9.9 km von Gemeinde A über Gemeinde C nach Gemeinde B. Verkehrstechnische Behinderungen wie zum Beispiel Stau, Nebel oder schweres Schneetreiben gehören zum Alltag und liegen in der Risikosphäre eines jeden Einzelnen. Das Steuergesetz enthält keine Vorschriften über die Wahl der Route. Allerdings fällt die Wahl eines weiteren wenn auch schnelleren Weges in den Bereich der eigenen Lebensgestaltung. Diese mag durch Bequemlichkeit, mehr Komfort oder Ärger über den Stau motiviert sein, gleichwohl kann sie steuerrechtlich nicht berücksichtigt werden. Als Ausnahme kämen hier nur Berufsgruppen in Frage, die unabdingbar innert kürzester Zeit ihr Ziel erreichen müssen, wie namentlich Notärzte oder Rettungsdienste auf dem Weg vom Wohnort zur Zentrale, von wo aus sie ihren Einsatz starten. Diesem Erfordernis vermögen die Pflichten einer leitenden Angestellten, zu deren Aufgabenbereich beispielsweise auch das Öffnen der Räumlichkeiten oder die Stellvertretung des Vorgesetzten zählt, nicht zu genügen. Ohne Zweifel führt das Ausweichen auf einen anderen Arbeitsweg zu einer Beruhigung der notorisch überlasteten Strecke Gemeinde A - Gemeinde C - Gemeinde B. Es ist dennoch zu beachten, dass es nicht die Aufgabe des Steuergerichts ist Verkehrspolitik zu betreiben. Die Pflichtige vermag demnach aus den oben genannten Argumenten keine Rechte abzuleiten.


Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die geltend gemachten Fahrtkosten zwischen Wohn- und Arbeitsstätte in Höhe von Fr. 4'004.-- von der Steuerverwaltung zu Recht auf Fr. 2'831.-- gekürzt worden sind. Der Rekurs erweist sich angesichts des oben Ausgeführten als unbegründet und ist daher abzuweisen.


7. Im Übrigen erklärte die Rekurrentin an der Verhandlung, dass sie diverse Fahrdienste für ihren Arbeitgeber durchführe. Darunter fielen verschiedene Botengänge wie Arzt- und Postbesuche oder auch Einkaufsfahrten, welche sie im Rahmen ihrer Tätigkeit erledige. Für diese Fahrten konnte die Pflichtige jedoch keinen Beweis erbringen. Mangels der nötigen Beweise wurde die Rekurrentin darauf hingewiesen, dass diese Fahrten aufgrund der Beweislast, im laufenden Verfahren, unter dem Aspekt der steuerlichen Abzugsfähigkeit, nicht mehr berücksichtigt werden könnten. Das Beweisproblem dieser Fahrten könnte jedoch in Zukunft mit der Führung eines Fahrtenbuches behoben werden.


8. (…)


Entscheid Nr. 022/2008 vom 5. März 2008



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