08-032 Verletzung des rechtlichen Gehörs, Wiederherstellung der Frist

Wird ein Gesuch um Wiederherstellung der Einsprachefrist gestellt und befasst sich die Steuerverwaltung in ihrem Entscheid nicht mit der Wiederherstellung der Frist, sondern fällt stattdessen einen Revisions-Entscheid, kommt sie ihrer Begründungspflicht nicht nach und verletzt damit das rechtliche Gehör.



Aus den Erwägungen:

- dass der Vertreter der Pflichtigen mit Schreiben vom 3. Dezember 2007 Rekurs gegen den 2. Revisions-Entscheid der Steuerverwaltung vom 31. Oktober 2007 erhoben hat mit den Begehren, 1. es sei der 2. Revisionsentscheid betreffend die Staatssteuer 2003 vom 31. Oktober 2007 aufzuheben, 2. es sei die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen und diese anzuweisen, das Revisionsverfahren durchzuführen und 3. unter o/e-Kostenfolge, mit der Begründung, die Sachverhaltsermittlung sei aufgrund der Untersuchungsmaxime nur ungenügend durch die Steuerverwaltung vorgenommen worden, weshalb eine grobe Verletzung des rechtlichen Gehörs gemäss Art. 29 Abs. 2 BV vorliege,


- (…)


- dass gemäss Art. 29 Abs. 2 BV die Parteien Anspruch auf rechtliches Gehör haben und das Bundesgericht aus dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs in ständiger Rechtsprechung die Pflicht der Behörden ableitet, ihre Verfügungen und Entscheide zu begründen (BGE 126 I 97 E. 2b S. 102; zu Art. 4 aBV grundlegend BGE 112 Ia 107 E. 2b S. 109 f.; vgl. auch Botschaft des Bundesrates über eine neue Bundesverfassung vom 20. November 1996, BBl 1997 I 182 zu Art. 25),


- dass gemäss dem Steuergesetz des Kantons Basel-Landschaft § 123 Abs. 3 die Steuerverwaltung dem Steuerpflichtigen und der Gemeinde ihren begründeten Entscheid schriftlich und mit einer Belehrung über die Rechtsmittel zu eröffnen hat,


- dass der Pflichtige mit Wiedererwägungsgesuch vom 27. August 2007 sinngemäss eine Wiederherstellung der Einsprachefrist verlangt hat,


- dass die Steuerverwaltung statt einen Entscheid über die Wiederherstellung der Frist zu fällen, am 31. August 2007 einen Revisions-Entscheid fällte und das Wiedererwägungsgesuch vom 27. August 2007 mit der Begründung abgewiesen hat, dass keine neue Tatsachen vorliegen würden, die nicht mit einem ordentlichen Rechtsmittel innerhalb der Einsprachefrist hätten gerügt werden können,


- dass jedoch bei einer Rechtsmittelkonkurrenz zwischen der Wiederherstellung der Frist und der Revision zuerst die Frage der Wiederherstellung der Frist geprüft werden muss, da das Einhalten der Frist eine Prozessvoraussetzung ist,


- dass jeder Ehegatte allein gültig handeln kann und sich derjenige Ehegatte, der einen Fristwiederherstellungsgrund geltend macht auf diesen in seiner Person liegenden Grund berufen kann, worauf ihm (und damit faktisch auch dem anderen Gatten) eine Fristwiederherstellung zu gewähren ist (vgl. RICHNER/FREI/KAUFMANN, Handkommentar zum DBG, Zürich 2003, Art. 133 N 26),


- dass wenn also der eine Ehegatte die Einsprachefrist nicht eingehalten hat, dem anderen Ehegatten das Recht auf Gewährung der Fristwiederherstellung - bei Erfüllung der dafür notwendigen Voraussetzungen - nicht abgesprochen werden kann und die Gewährung einer Fristwiederherstellung gegenüber dem einen Ehegatten sich damit auch für den anderen Ehegatten auswirkt (RICHNER/FREI/KAUFMANN, a.a.O., Art. 133 N 26),


- dass die Steuerverwaltung im vorliegenden Fall in ihrem Revisions-Entscheid vom 31. August 2007 vor der Beurteilung der Revision zuerst die formellen Voraussetzungen der Wiederherstellung der Frist hätte prüfen sollen, weshalb sie ihrer Begründungspflicht nicht nachgekommen ist und somit das rechtliche Gehör verletzt hat,


- dass aus diesem Grund der Revisions-Entscheid vom 31. August 2007 sowie der 2. Revisions-Entscheid vom 31. Oktober 2007 aufzuheben sind,


- dass von einer Rückweisung abgesehen werden kann, wenn sich die Parteien wie im vorliegenden Fall bereits eingehend zu den materiellen Streitfragen geäussert haben, so dass eine nochmalige Behandlung durch die Vorinstanz als sinnlose Formalität erschiene (vgl. Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Basel-Landschaft vom 28. Oktober 1998, publ. in Basellandschaftliche und Baselstädtische Steuerpraxis [BstPra] XIV, S. 455 ff.),


- dass in Bezug auf die Frage der Wiederherstellung der Frist gemäss § 23 des Gesetzes über die Verfassungs- und Verwaltungsprozessordnung (VPO) vom 16. Dezember 1993 i.V.m. § 5 Abs. 5 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVG) vom 13. Juni 1988 eine Partei, die unverschuldet verhindert gewesen ist, fristgemäss zu handeln, innert 10 Tagen seit Wegfall des Hindernisses die Wiederherstellung der Frist verlangen kann,


- dass nach der Praxis des Verwaltungsgerichtes an den Nachweis der Schuldlosigkeit ein strenger Massstab anzulegen ist, und das Versäumnis nur dann als unverschuldet gilt, wenn der Partei keine Nachlässigkeit vorgeworfen werden kann, und es ihr auch bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt nicht möglich gewesen wäre, fristgemäss zu handeln (vgl. Entscheid des Präsidenten des Steuergerichts des Kantons Basel-Landschaft Nr. 82/2002 [a.a.O.], mit Hinweis auf den VGE [Entscheid des Verwaltungsgerichts] vom 27. November 1991 i.S. E.Z.),


- dass der Vertreter der Pflichtigen in der Rekursschrift vom 3. Dezember 2007 vor allem geltend macht, der Pflichtige sei aufgrund seiner Suchtkrankheit verhindert gewesen, seinen steuerlichen Verpflichtungen nachzukommen,


- dass eine Krankheit nur dann ein unverschuldetes Hindernis im Sinne von Art. 24 VwVG darstellt, wenn sie den (sorgfältigen) Antragssteller tatsächlich schuldlos und ohne Nachlässigkeit in der Wahrung seiner Ansprüche ausserstand setzt, die Frist zu wahren (vgl. Entscheid des Steuergerichts des Kantons Basel-Landschaft Nr. 48/2002 vom 5. Juli 2002 E. 4a) und die betroffene Person von der Rechtshandlung abgehalten wird und auch nicht in der Lage ist eine Vertretung zu bestellen (BGE 112 V 255 f.),


- dass nach dem vom Vertreter der Rekurrenten ins Recht gelegte ärztliche Zeugnis von Frau Dr. med. X., (…) vom 21. September 2007 es dem Pflichtigen aufgrund seiner Krankheit nicht möglich gewesen sein soll, eine Einsprache gegen die Veranlagungsverfügung der Steuerverwaltung zu erheben, da die Krankheit bereits in den Jahren 2004 und 2005 manifest gewesen sei,


- dass der Pflichtige jedoch gemäss Handelsregisterauszüge des Kantons Basel-Landschaft vom 22. Mai 2006 und 27. September 2007 die Firmen " A. AG" und "B. GmbH" am (…) gegründet hat,


- dass der Pflichtige aufgrund der Firmengründungen in der Lage gewesen ist, Rechtshandlungen vorzunehmen, weshalb nach Auffassung des Steuergerichts der Wegfall des Hindernisses am 6. Dezember 2005 jedoch spätestens am 8. Dezember 2005 eingetreten ist und der Pflichtige demnach bis spätestens 10 Tage nach dem Wegfall des Hindernisses d.h. bis zum 16. Dezember 2005 resp. 18. Dezember 2005 das Gesuch um Wiederherstellung der Frist hätte beantragen oder eine Drittperson mit der Wahrung seiner Rechte und Pflichten beauftragen müssen (vgl. Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Basel-Landschaft Nr. 95/121 vom 25. September 1996, E. 3b),


- dass das Wiedererwägungsgesuch vom 27. August 2007 bzgl. der Wiederherstellung der Einsprachefrist somit klar nach Ablauf der 10 tägigen Frist seit Wegfall des Hindernisses gemäss § 23 VPO i.V.m. § 5 Ans. 5 VwVG , d.h. zu spät gestellt wurde,


- dass sich demzufolge die Prüfung der Voraussetzungen für die Revision gemäss § 132 StG erübrigt und der Rekurs demzufolge in dem Sinne teilweise gutgeheissen wird, als die beiden Revisions-Entscheide vom 31. August 2007 und 31. Oktober 2007 im Sinne der Erwägungen aufgehoben werden,


- dass der Rekurs im Übrigen aber abgewiesen wird und folgedem die seinerzeitige amtliche Veranlagung vom 16. November 2004 zurecht vorgenommen worden ist und der Einsprache-Entscheid vom 29. März 2005 zurecht ergangen ist,


- (…)


- (…)


Entscheid Nr. 032/2008 vom 04.04.2008



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