530 08 49 Berechnung des Eigenmietwertes bei gemischt genutzten Liegenschaften

Bei gemischt genutzten Liegenschaften zu Wohn- und Geschäftszwecken widerspricht es dem Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, wenn der gesamte Eigenmietwert und die Mietzinseinnahmen als Einkommen versteuert werden müssen. Aufgrund dessen ist der Eigenmietwert im Umfang der nicht privat, d.h. der geschäftlich genutzten Räume zu reduzieren. Der Eigenmietwert vermindert sich demzufolge im Umfang der geschäftlich genutzten Räume.



Sachverhalt:

1. a) In ihrer Liegenschaft an der A.-strasse Nr. (…) in B. vermieten die Pflichtigen insgesamt 2 Zimmer als Büroräume an die X. GmbH, bei welcher der Pflichtige angestellt ist. Die Ehefrau des Pflichtigen ist selbständig erwerbstätig und hat ihrerseits 1 Büroraum von der X. GmbH gemietet.


b) In der definitiven Veranlagungsverfügung direkte Bundessteuer 2007 vom 24. Juli 2008 wurden den Pflichtigen u. a. die Pauschalspesen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit in Höhe von Fr. 24'000.-- und die Geschäftsmiete der Einzelunternehmung in Höhe von Fr. 3'000.-- aufgerechnet.


2. Mit Schreiben vom 4. August 2008 erhoben die Pflichtigen Einsprache gegen diese Veranlagung mit den Begehren, die Aufrechnung der pauschalen Spesen (höchstens analog der X. GmbH) und die Geschäftsmiete der Einzelunternehmung seien zu streichen.


3. Mit Einsprache-Entscheid vom 27. November 2008 hiess die Steuerverwaltung die Einsprache in dem Sinne gut, als die Aufrechnung der Spesen (Ziff. 100) nach den gleichen Kriterien wie im Jahr 2006 vorgenommen und dementsprechend von Fr. 24'000.-- auf Fr. 14'000.-- reduziert wurde. Weiter wurde die Aufrechnung von Fr. 3'000.-- für die Miete von der Ehefrau des Pflichtigen storniert, da sie ein Untermieterverhältnis mit der X. GmbH hat und die Mieteinnahmen demzufolge von der X. GmbH vereinnahmt worden sind.


In Anwendung von Art. 134 Abs. 1 DBG überprüfte die Steuerverwaltung in diesem Zusammenhang auch die Höhe der veranlagten Eigenmietwerte. Aufgrund des Schätzungsprotokolls der Gebäudeversicherung kam die Steuerverwaltung zum Schluss, dass das Wohnhaus der Pflichtigen 11.5 Zimmer habe. Gemäss Mietvertrag mit der X. GmbH sei 1 Zimmer plus 1 Garage mit Nebenräumen (WC/Gang) vermietet. Der Eigenmietwert gemäss Formel werde dementsprechend wie folgt berechnet: [Fr. 23'160.-- ÷ (11.5+1)] x 10.5 = Fr. 19'454.--. Dadurch werde der Eigenmietwert von den veranlagten Fr. 14'160.-- auf Fr. 19'454.-- erhöht. Die Pauschale für den Liegenschaftsunterhalt betrage neu Fr. 5'691.-- statt Fr. 5'232.--.


4. a) Gegen diesen Einsprache-Entscheid erhoben die Pflichtigen mit Schreiben vom 28. November 2008 betreffend die Erhöhung des Eigenmietwertes sowie betreffend Berechnung der Reduktion des steuerbaren Einkommens Rekurs (recte Beschwerde) mit dem hauptsächlichen Begehren, der Eigenmietwert sei gemäss der eingereichten Steuererklärung zu veranlagen und somit auf die im Einsprache-Entscheid erwähnte Erhöhung des Eigenmietwertes zu verzichten.


Zur Begründung führten die Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, ihre Liegenschaft umfasse nur 8.5 Zimmer, von denen 2 Zimmer offiziell als Büroräume genutzt würden. Es müsse auch berücksichtigt werden, dass die offene Arbeitsecke, die Küche und das Esszimmer oft zu geschäftlichen Zwecken als ungestörter Arbeitsbereich zum Empfang und zur Bewirtung von Kunden, zur Verpflegung währender Arbeitszeit und zur Betreuung des Kleinkindes neben der geschäftlichen Tätigkeit genutzt würden. Daher werde die Liegenschaft zu mehr als 1/3 geschäftlich genutzt, was einen Eigenmietwert in Höhe von Fr. 14'160.-- resp. einen Mietzins von Fr. 9'000.-- rechtfertige.


Weiter brachten die Pflichtigen vor, dass die Berechnung der im Einsprache-Entscheid vorgenommenen Reduktionen nicht nachvollziehbar seien.


b) Mit Schreiben vom 5. Januar 2009 reichten die Beschwerdeführer einen Nachtrag zur Beschwerde ein. Darin führten sie hauptsächlich aus, die vorgenommene Reduktion des steuerbaren Einkommens im Einsprache-Entscheid sei nun nachvollziehbar. Aufgrund eines Überlegungsfehlers hätten sie den Eigenmietwert falsch berechnet. Ausgehend vom Eigenmietwert Bund für die ganze Liegenschaft in Höhe von Fr. 23'160.-- sei der Eigenmietwert (8.5 + 1 ÷ 6.5) deshalb auf Fr. 15'846.-- anstatt dem von ihnen in der Steuererklärung deklarierten Eigenmietwert von Fr. 14'160.-- festzusetzen.


5. Mit Vernehmlassung vom 21. Januar 2009 beantragte die Steuerverwaltung die Abweisung der Beschwerde und verwies zur Begründung im Wesentlichen auf die Ausführungen im Einsprache-Entscheid vom 27. November 2008. Ergänzend und zusammenfassend hielt sie fest, dass aufgrund des Schätzungsprotokolls die Zimmeranzahl des Wohnhauses mit 11.5 korrekt festgelegt worden sei. Gemäss Mietvertrag mit der X. GmbH sei 1 Zimmer plus Garage mit Nebenräumen (WC/Gang) vermietet. Daraus ergebe sich ein Eigenmietwert von Fr. 19'454.-- mit entsprechender Anpassung der Liegenschaftsunterhaltspauschale. Nach Vorbringen der Beschwerdeführer sei die Eigenmietwertberechnung der kantonalen Steuerverwaltung aufgrund der Zimmeranzahl nicht korrekt. Es stelle sich durchaus die Frage, ob nicht eine Eigenmietwertberechnung aufgrund der Wohnfläche akkurater wäre. Schliesslich lasse sich die Annahme der Beschwerdeführer, dass die Zimmeranzahl des Wohnhauses nur 8.5 betrage, durch die Rechnung der Y. AG (…) vom 11. Januar 2006 entkräften.


6. An der heutigen Verhandlung hielten die Parteien an ihren Anträgen fest.



Aus den Erwägungen:

1. (…)


2. Im vorliegenden Fall ist vorerst zu klären, ob die Berechnung des Eigenmietwertes der gesamten Liegenschaft auf Grundlage von 11.5 Zimmer oder auf Grundlage 8.5 Zimmer zu erfolgen hat.


3. a) Zur Ermittlung der Anzahl Zimmer in einer Liegenschaft stellt sich die Frage, welche Räume überhaupt als Zimmer qualifiziert werden können. Die kantonalen Gesetze enthalten keine Regelung zu dieser Problematik. Auch äussern sich weder die Lehre noch die Rechtsprechung dazu. Eine Definition für den Begriff "Zimmer" fehlt somit.


Die Beschwerdeführer bestreiten die Anzahl der Zimmer von 11.5 und machen geltend, dass ihr Wohnhaus lediglich über 8.5 Zimmer verfüge. Sie definieren den Begriff "Zimmer" als Räume wie Wohn-, Schlaf- und Kinderzimmer, die als bauliche Einheit die Wohnung bilden und grösser als ca. 10 m 2 sind. Bei ihrer Berechnung werden Küche, Badezimmer, Keller und Estrich nicht berücksichtigt. Ihre Beschreibungen des Wohnhauses stimmen mit den Gebäudeplänen überein und die an der Verhandlung vorgelegten Fotos belegen die Anzahl der Zimmer im Dachgeschoss.


Die Steuerverwaltung hingegen hat bei der Berechnung gemäss Einsprache-Entscheid die Garage, den Keller und die Abstellräume als Zimmer qualifiziert, was zu einer anderen Bewertung führte.


b) Das Steuergericht ist der Ansicht, dass der Keller und die Garage im Erdgeschoss nicht unter den Begriff "Zimmer" fallen, da diese Räume nicht als Wohnraum genutzt werden können. Die zwei Büroräume im 1. Obergeschoss sind jedoch unter den Begriff "Zimmer" zu subsumieren. Im 2. Obergeschoss gilt das Schlaf-, Kinder- und Wohnzimmer als je ein Zimmer und die Küche mit Esszimmer ist als halbes Zimmer zu werten. Das Dachgeschoss besteht aus drei Zimmern (Wohn-, Spiel- und Kinderzimmer). Nach Würdigung der Pläne, der Fotos und weiterer Beweismittel kommt der Präsident des Steuergerichts zum Schluss, dass die Anzahl Zimmer des Wohnhauses der Pflichtigen 8.5 Zimmer beträgt. Entgegen der Meinung der Steuerverwaltung vermag auch die Rechnung der Y. AG (...) das Vorhandensein von 11.5 Zimmer nicht zu belegen.


Aus dem bisher Gesagten folgt, dass entgegen der Ansicht der Steuerverwaltung für die Berechnung des Eigenmietwertes nicht von 11.5 sondern von 8.5 Zimmern auszugehen ist. Die Beschwerde ist in diesem Punkt gutzuheissen.


4. Bei gewissen Steuerarten kann auf die persönliche Leistungsfähigkeit des Steuersubjekts Rücksicht genommen werden. Als Subjektsteuern (Personalsteuern) in diesem Sinn sind regelmässig etwa die Vermögens-, Einkommens-, Kapital- und Gewinnsteuern ausgebildet (vgl. Blumenstein/Locher, System des schweizerischen Steuerrechts, 6. Aufl. 2002, S. 157). Subjektsteuern stellen auf die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Steuersubjektes ab, indem sie dieses selbst nach Massgabe seiner gesamten wirtschaftlichen Situation (Reineinkommen bzw. Reinvermögen) besteuern (vgl. Höhn/Waldburger, Steuerrecht Band 1, 9. Aufl., Bern/Suttgart/Wien 2001, § 3 N 84).


Es würde dem Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit widersprechen, wenn der gesamte Eigenmietwert und die Mietzinseinnahmen als Einkommen versteuert werden müssten. Aufgrund dessen ist der Eigenmietwert im Umfang der nicht privat, d.h. der geschäftlich genutzten Räume zu reduzieren. Zur Berechnung des Eigenmietwertes ist wie oben ausgeführt, von 8.5 Zimmern auszugehen. Der Eigenmietwert vermindert sich demzufolge im Umfang der beiden geschäftlich genutzten Zimmer resp. Büroräumlichkeiten.


Im Folgenden ist daher zu prüfen, anhand welcher Formel der Eigenmietwert der Liegenschaft zu reduzieren ist.


a) Gemäss Art. 21 Abs. 1 lit. a DBG sind die Erträge aus unbeweglichem Vermögen steuerbar, insbesondere alle Einkünfte aus Vermietung, Verpachtung, Nutzniessung oder sonstiger Nutzung; der Mietwert von Liegenschaften oder Liegenschaftsteilen, die dem Steuerpflichtigen aufgrund von Eigentum oder eines unentgeltlichen Nutzungsrechts für den Eigengebrauch zur Verfügung stehen (lit. b).


b) Beim Eigenmietwert handelt es sich um ein Naturaleinkommen, das gemäss Art. 16 Abs. 2 DBG zum Naturalwert zu bemessen ist. Dies wird auch durch die Formulierung von Art. 21 Abs. 2 DBG unterstrichen, wonach die ortsüblichen Verhältnisse bei der Festsetzung des Eigenmietwerts zu berücksichtigen sind. Der Eigenmietwert sollte daher grundsätzlich dem Betrag entsprechen, den der Eigentümer oder Nutzniessungsberechtigte auslegen müsste, um ein gleiches Grundstück unter denselben Bedingungen bewohnen (oder in anderer Art nutzen) zu können. Bei selbstbewohnten Liegenschaften am Wohnsitz des Steuerpflichtigen entspricht der Eigenmietwert dem Marktwert unter Berücksichtigung der tatsächlichen Nutzung (vgl. Richner/Frei/Kaufmann, Handkommentar zum DBG, Zürich 2003, Art. 21 N 80).


Um eine möglichst gleichmässige Besteuerung des Eigenmietwerts herbeizuführen, hat die Eidgenössische Steuerverwaltung das Kreisschreiben Nr. 12 vom 25. März 1969 betr. Ermittlung des steuerbaren Ertrages von Wohnliegenschaften (Kreisschreiben Nr. 12, publ. in: www.admin.ch/estv ) erlassen.


5. a) Gestützt auf Art. 26 Abs. 2 DBG ist in Art. 7 der Verordnung über den Abzug von Berufskosten der unselbständigen Erwerbstätigkeit bei der direkten Bundessteuer vom 10. Februar 1993 (Berufskostenverordnung) der Abzug für das private Arbeitszimmer geregelt. Gemäss Art. 7 Berufskostenverordnung können die Kosten für ein privates Arbeitszimmer als Erwerbunkosten abgezogen werden, wenn der Steuerpflichtige einen wesentlichen Teil seiner beruflichen Arbeit zu Hause erledigen muss, weil der Arbeitgeber ein geeignetes Arbeitszimmer nicht zur Verfügung stellt und der Steuerpflichtige in seiner Privatwohnung über einen besonderen Raum verfügt, der zur Hauptsache beruflichen und nicht privaten Zwecken dient (vgl. ASA, Bd. 60, S. 341). Die Kosten des privaten Arbeitszimmers können nach Art. 3 Berufskostenverordnung als Pauschale abgezogen werden. Der Abzug für das private Arbeitszimmer beträgt 3% des Nettolohns, mindestens jedoch Fr. 1'900.-- und höchstens Fr. 3'800.-- pro Jahr (Anhang zu Art. 3 der Berufskostenverordnung).


b) Vorliegend geht es nicht um die Ermittlung der Berufskosten im Sinne eines privaten Arbeitszimmers, sondern um die Ausscheidung des Anteils am Eigenmietwert für die geschäftlich genutzten Räumlichkeiten in einer Privatliegenschaft, um welchen sich der Eigenmietwert reduziert. Demgegenüber stehen die Mietzinseinnahmen der geschäftlich genutzten Räumlichkeiten, welche als Einkommen versteuert werden. Der Pauschalansatz gemäss Anhang zu Art. 3 der Berufskostenverordnung für die Ausscheidung des Eigenmietwertanteils taugt hier zur Ermittlung des Anteils am Eigenmietwert für die geschäftlich genutzten Räumlichkeiten in einer Privatliegenschaft nicht.


6. a) Die im Parallelfall Staatssteuer 2007 zur Anwendung gebrachte und auf kantonalem Steuerrecht beruhende Formel zur Ermittlung des selbstgenutzten Teils der Liegenschaft führt auch im Recht der direkten Bundessteuern zu einer sinnvollen Lösung, die den Grundsätzen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Pflichtigen Rechnung trägt. Mangels einer gleichwertigen Formel im Recht der direkten Bundessteuern ist zur Berechung der Kürzung des Eigenmietwertes daher analog dem kantonalen Steuerrecht vorzugehen.


b) Gemäss kantonaler Praxis bemisst sich der Arbeitszimmer-Abzug nach der folgenden Formel: "Eigenmietwert bzw. Mietzins ÷ (Anzahl Zimmer + 1)".


Nebenräume (wie Küche, Bad, WC, Keller, Estrich etc.) werden nicht unter den Begriff "Zimmer" subsumiert. Für die Berechnung der Kosten des privaten Arbeitszimmers ist diesem Umstand Rechnung zu tragen. Durch die Addition der Zahl "1" im Divisor werden die Nebenräume bei der Berechnung dennoch berücksichtigt. Die von der Steuerverwaltung im vorliegenden Fall vorgenommene analoge Anwendung der Normen für die Bestimmung des Arbeitszimmer-Abzuges, sind durchaus auch geeignet für die Ausscheidung des Eigenmietwertanteils der geschäftlich genutzten Räumlichkeiten einer Privatliegenschaft und der entsprechenden Berechnung des verbleibenden Eigenmietwertes für die privat genutzten Räume.


c) Im vorliegenden Fall beträgt der geschätzte Eigenmietwert der gesamten Liegenschaft Fr. 23'160.--. Von den 8.5 Zimmern sind 2 Zimmer als Büroräume an die X. GmbH vermietet.


Entgegen der Berechnungsart der Beschwerdeführer ergibt sich im vorliegenden Fall folgende Berechnung:


Fr. 23'160.-- ÷ (8.5+1) = Fr. 2'438.-- = Wert von 1 Büroraum.


Vom Eigenmietwert der 8.5 Zimmer in Höhe von total Fr. 23'160.-- wird der Wert der 2 als Büroräume vermieteten Zimmer in Höhe von Fr. 4'876.-- (Fr. 2'438.-- x 2) subtrahiert.


Demzufolge ist der Eigenmietwert des selbstgenutzten Teils der Liegenschaft neu auf Fr. 18'284.-- (Fr. 23'160.-- - Fr. 4'876.--) festzusetzen.


Das in der Veranlagung festgelegte steuerbare Einkommen in Höhe von Fr. 79'100.-- reduziert sich daher wie folgt: das steuerbare Einkommen vermindert sich in Höhe der Pauschalspesen von Fr. 10'000.-- und um die Aufrechnung der Miete der Einzelunternehmung in Höhe von Fr. 3'000.--. Hinzugerechnet wird die Differenz zum Eigenmietwert in Höhe von Fr. 4'124.-- (= Fr. 18'284.-- - Fr. 14'160.--), abzüglich Fr. 225.-- für zusätzlichen Liegenschaftsunterhalt. Dies ergibt neu ein steuerbares Einkommen von Fr. 69'999.--.


Aufgrund all dieser Erwägungen ist die Beschwerde teilweise gutzuheissen.


7. (…)


Entscheid des Steuergerichts vom 20.02.2009 (530 08 49)



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