530 10 7 Überführung einer Liegenschaft vom Geschäfts- ins Privatvermögen

Ob ein Wertgegenstand dem Privat- oder Geschäftsvermögen zuzuordnen ist, ist gemäss der Rechtsprechung des Bundesgerichts, auf Grund einer Würdigung aller in Betracht kommenden tatsächlichen Umstände zu entscheiden. Ausschlaggebendes Zuteilungskriterium ist dabei, wie sich aus der gesetzlichen Begriffsumschreibung ergibt, die aktuelle technisch-wirtschaftliche Funktion des fraglichen Vermögensgegenstands; massgebend ist also in erster Linie, ob der Gegenstand tatsächlich dem Geschäft dient.


Beschränkt sich die Nutzung der Liegenschaft (ehemalige Arztpraxis) nur noch auf die Mieteinnahmen und die Verwaltung, stellt diese somit kein betriebsnotwendiges Geschäftsvermögen mehr dar.



Sachverhalt:

1. Mit Veranlagungsverfügung zur direkten Bundessteuer 2008 definitiv vom 22. Juli 2009 wurde die Pflichtige zu einem steuerbaren sowie satzbestimmenden Einkommen in Höhe von Fr. 656'800.-- veranlagt. Dabei wurden ihr wiedereingebrachte Abschreibungen aus der Überführung der Geschäftsliegenschaft ins Privatvermögen in Höhe von Fr. 146'744.-- zum steuerbaren und zum satzbestimmenden Einkommen aufgerechnet.


2. a) Gegen diese Veranlagung erhob die Vertreterin der Pflichtigen mit Schreiben vom 28. Juli 2009 Einsprache u.a. mit dem Begehren, die wiedereingebrachten Abschreibungen von Fr. 146'744.-- seien zu streichen. Zur Begründung brachte sie vor, dem Jahresabschluss 2008 könne entnommen werden, dass die Praxisliegenschaft nach wie vor als Geschäftsvermögen deklariert werde. Die Pflichtige sei nach wie vor selbständig erwerbend, obwohl sie die Praxis an der A.-strasse verkauft habe. Sie sei nach wie vor als (...) -Ärztin selbständig tätig, zwar reduziert, aber spezialisiert indem sie vor allem chirurgisch und im Bereich Schönheit tätig sei, wofür sterile Räumlichkeiten vorausgesetzt würden, welche je nach Bedarf gemietet würden und am alten Standort nicht zur Verfügung gestanden hätten. Ferner werde in der alten Praxis nach wie vor eine (...) -Arztpraxis betrieben. Es liege somit keine definitive Aufgabe der selbständigen Erwerbstätigkeit vor, weshalb die Gründe für eine Übernahme der Liegenschaft ins Privatvermögen entfallen würden. Die Überführung eines Vermögensgegenstandes vom Geschäftsvermögen ins Privatvermögen erfordere kumulativ eine tatsächliche Änderung der Nutzung sowie eine unmissverständliche Kundgabe dieser Nutzungsänderung an die Steuerverwaltung. Mit dem Verbleib im Geschäftsvermögen lasse die Pflichtige die Möglichkeit offen, nach Ablauf der festen Mietdauer nach 5 Jahren wiederum in ihrer Praxis tätig zu sein.


b) Mit Veranlagungsverfügung vom 26. August 2009 - ersetzt Verfügung vom 22. Juli 2009 direkte Bundessteuer definitiv wurde der Pflichtigen ein Rektifikat zugestellt.


3. Mit Einsprache-Entscheid vom 19. Januar 2010 wies die Steuerverwaltung die Einsprache betreffend die wiedereingebrachten Abschreibungen ab. Zur Begründung führte sie aus, gemäss Art. 18 Abs. 1 DBG seien alle Einkünfte aus einem Handels-, Industrie-, Gewerbe-, Land- und Forstwirtschaftsbetrieb, aus einem freien Beruf sowie aus jeder anderen selbständigen Erwerbstätigkeit steuerbar. Nach Abs. 2 zählten zu den Einkünften aus selbstständiger Erwerbstätigkeit auch alle Kapitalgewinne aus Veräusserung, Verwertung oder buchmässiger Aufwertung von Geschäftsvermögen. Der Veräusserung gleichgestellt sei die Überführung von Geschäftsvermögen in das Privatvermögen oder in ausländische Betriebe oder Betriebsstätten. Als Geschäftsvermögen würden alle Vermögenswerte, die ganz oder vorwiegend der selbstständigen Erwerbstätigkeit dienen gelten. Gemäss Art. 30 Abs. 3 DBG gelte als betriebsnotwendig nur Anlagevermögen, das dem Betrieb unmittelbar diene; ausgeschlossen seien insbesondere Vermögensteile, die dem Unternehmen nur als Vermögensanlage oder nur durch ihren Ertrag dienen würden. Laut Kaufvertrag betreffend die Praxis sei das ganze geschäftsnotwendige Inventar (Mobiliar, Medikamente und Verbrauchsmaterial), die Patientenkartei sowie die Telefon- und Faxnummer der Praxis von den Käufern übernommen worden. Der Mietvertrag sei für eine feste Dauer von 5 Jahren (bis 2013) abgeschlossen und den Mietern ein Vorkaufsrecht eingeräumt worden. Damit sei der Wille zur Geschäftsaufgabe bezüglich der bisherigen Praxistätigkeit dokumentiert. Ein Rückkauf der veräusserten Praxis nach Ablauf der fünf Jahre im Alter von 68 Jahren sei kaum vorstellbar, da einerseits das Arbeitspensum erheblich reduziert worden sei und andererseits die Pflichtige nur noch auf dem Gebiet der Chirurgie/Schönheit und nicht mehr als klassische Praxis(...)ärztin tätig sei. Die in der Einsprache verlangte Aufschiebung der Besteuerung der Überführung des Stockwerkeigentums ins Privatvermögen könne nach ständiger Rechtsprechung nur dann erfolgen, wenn eine Vermietung/Verpachtung lediglich als vorübergehend erachtet werde und die Möglichkeit bestehe, dass die Pflichtige oder ihr nahestehende Dritte den Betrieb in unveränderter Form unter Übernahme der massgeblichen Einkommenssteuerwerte weiterführen würden. Dazu komme, dass eine Überführung auch dann vorliege, wenn die überwiegende Nutzung der Liegenschaft dauerhaft (in der Regel 2 Jahre) vom geschäftlichen in den privaten Teil wechsle. Aus dem bisher ausgeführten sei zu schliessen, dass das Stockwerkeigentum samt Einstellplatz in C. nicht mehr zum geschäftsnotwendigen Kapital der selbständigen Tätigkeit ab 1. Mai 2008 gehöre und somit ins Privatvermögen zu überführen sei, weshalb an der in der Veranlagung vorgenommenen Aufrechnung festgehalten werde.


4. Mit Schreiben vom 1. Februar 2010 erhob die Vertreterin der Pflichtigen gegen den Einsprache-Entscheid Beschwerde mit dem Begehren, die wiedereingebrachten Abschreibungen von Fr. 146'744.-- seien aufzuschieben. Zur Begründung führte sie u.a. aus, in der Buchhaltung werde die Eigentumswohnung als Geschäftsvermögen geführt und die Pflichtige habe zu keiner Zeit geäussert diese Liegenschaft ins Privatvermögen überführen zu wollen. Die selbständige Erwerbstätigkeit werde nicht aufgegeben und die fragliche Eigentumswohnung selbst werde nach wie vor als (...) -Praxis genutzt. Bedeutend sei deshalb der Zeitpunkt der Realisierung. Bei Nutzungsänderungen bleibe jedoch die Qualifikation als Geschäftsvermögen bestehen, bis eine klare Willensäusserung seitens der steuerpflichtigen Person erfolge. Solange die steuerpflichtige Person keine Privatentnahme bekannt gebe, sei auch nach einer allfälligen Geschäftsaufgabe davon auszugehen, dass die Vermögenswerte im Geschäftsvermögen verbleiben würden. Die Ausführungen im Einsprache-Entscheid seien widersprüchlich, indem ausgeführt werde, dass eine Überführung auch dann vorliege, wenn die überwiegende Nutzung der Liegenschaft dauerhaft (in der Regel 2 Jahre) vom geschäftlichen Teil in den privaten Teil wechsle, besteuert werde jedoch im vorliegenden Fall sofort bei der Vermietung der Eigentumswohnung und zwar ohne Willensäusserung der Steuerpflichtigen. Ferner sei es anmassend zu behaupten, dass ein Rückkauf nach Ablauf der festen Mietdauer von 5 Jahren im Alter von 68 Jahren kaum vorstellbar sei. Bei einem solchen Gedankengang würden Überlegungen fehlen, wie Insolvenz des Mieters, Ausweisungen infolge Nichtbezahlung der Miete, gegenseitige Übereinkunft zum Rückkauf der Praxis usw.


5. Mit Vernehmlassung vom 10. Juni 2010 beantragte die Steuerverwaltung die Abweisung de Beschwerde. Zur Begründung verwies sie auf den Einsprache-Entscheid und führte ergänzend aus, ob ein Vermögenswert ganz oder vorwiegend der selbständigen Erwerbstätigkeit diene und damit als Geschäftsvermögen gelte, sei aufgrund der Präponderanzmethode zu bestimmen. Bei der Abgrenzung des Geschäfts- vom Privatvermögen werde unterschieden zwischen Wirtschaftsgütern, die ihrer äusseren Beschaffenheit nach eindeutig als Geschäfts- oder als Privatvermögen erkennbar seien und Wirtschaftsgütern, die ihrem Wesen und ihrer Funktion nach alternativ sowohl geschäftlichen als auch privaten Zwecken dienen könnten, wozu auch Liegenschaften im Sinne von Stockwerkeigentum gehören würden. Entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführerin sei die alleinige, subjektive Willenserklärung der Steuerpflichtigen bei Alternativgütern gerade nicht massgebend. Für die Zuordnung eines alternativen Wirtschaftsgutes zum Geschäft sei entscheidend, wie sie sich in Würdigung der Gesamtheit der Verhältnisse präsentiere. Wo allerdings die wirtschaftlich-technische Funktion aufgrund der äusseren Beschaffenheit nicht klar erkennbar sei, sei auf den Willen der Steuerpflichtigen abzustellen, soweit dieser in den tatsächlichen Verhältnissen zum Ausdruck gebracht werde und auch tatsächlich verwirklicht worden sei, was vorliegend nicht gegeben sei. Bei Vermietung und Verpachtung des ganzen Geschäfts bzw. von betriebsnotwendigem Vermögen stelle sich die Frage der Privatentnahme. Diese liege vor, wenn eine endgültige Aufgabe der selbständigen Betriebsführung und eine eindeutige Widmung zur privaten Kapitalanlage beabsichtigt sei. In diesem Fall sei über die stillen Reserven abzurechnen und ab diesem Zeitpunkt würden Mietzinseinnahmen Vermögensertrag darstellen. Dass das Stockwerkeigentum lediglich vermietet werde, vermöge an der Aufgabe der selbständigen Erwerbstätigkeit nichts zu ändern, habe die Pflichtige ihr Arbeitspensum doch erheblich reduziert und sei fortan in der Chirurgie/Schönheit tätig. Im Verkauf der (...) -Arztpraxis und die Vermietung der Räumlichkeiten an die Käuferschaft sei eine Aufgabe der selbständigen Erwerbstätigkeit zu erblicken, weshalb zu Recht eine Überführung der Geschäftsliegenschaft in das Privatvermögen statt gefunden habe.


6. An der heutigen Verhandlung hielten die Parteien an ihren Begehren fest.



Aus den Erwägungen:

1. (…)


2. Vorliegend unterliegt der Beurteilung, ob die Pflichtige durch den Verkauf der (...) -Arztpraxis ihre selbständige Erwerbstätigkeit aufgegeben und infolgedessen eine Überführung der Eigentumswohnung - in welcher die Beschwerdeführerin die (...) -Arztpraxis geführt hat - vom Geschäftsvermögen in das Privatvermögen stattgefunden hat, und als Folge davon die Besteuerung der wiedereingebrachten Abschreibungen in Höhe von Fr. 146'744.-- nach sich zieht und ob die Besteuerung gegebenenfalls aufgeschoben werden kann.


a) Gemäss Art. 18 Abs. 1 DBG sind alle Einkünfte aus einem Handels-, Industrie-, Gewerbe-, Land- und Forstwirtschaftsbetrieb, aus einem freien Beruf sowie aus jeder anderen selbständigen Erwerbstätigkeit steuerbar. Nach Abs. 2 zählen zu den Einkünften aus selbstständiger Erwerbstätigkeit auch alle Kapitalgewinne aus Veräusserung, Verwertung oder buchmässiger Aufwertung von Geschäftsvermögen. Der Veräusserung gleichgestellt ist die Überführung von Geschäftsvermögen in das Privatvermögen oder in ausländische Betriebe oder Betriebsstätten. Als Geschäftsvermögen gelten alle Vermögenswerte, die ganz oder vorwiegend der selbstständigen Erwerbstätigkeit dienen.


b) Nach Art. 30 Abs. 3 gilt als betriebsnotwendig nur Anlagevermögen, das dem Betrieb unmittelbar dient; ausgeschlossen sind insbesondere Vermögensteile, die dem Unternehmen nur als Vermögensanlage oder nur durch ihren Ertrag dienen.


c) Auf eine Überführung von Geschäftsvermögen in das Privatvermögen - eine Privatentnahme - ist zu schliessen, wenn die steuerpflichtige Person ihren Bestandteil des Betriebsvermögens dauernd in den Dienst der privaten Kapitalanlage stellt. Bei der Aufgabe eines Eigenbetriebs und die Vermietung bzw. Verpachtung eines Geschäfts, liegt eine eindeutige Privatentnahme erst vor, wenn eine Rückkehr zur eigenen geschäftlichen Nutzung ebenso ausgeschlossen erscheint wie die Annahme einer vorläufigen Regelung zur Überbrückung eines Ausnahmezustands Richner/Frei/Kaufmann/ Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. A. Zürich 2009, Art. 18 N 81f.). Privatentnahme bedeutet Überführung von Geschäftsvermögen in Privatvermögen. Vermögenswerte, die bisher der Unternehmung gedient haben, werden inskünftig für private Belange eingesetzt. Wesentliches Element der Privatentnahme ist die Zweckänderung. Die Umqualifikation von Geschäfts- in Privatvermögen setzt den eindeutigen Willen des Unternehmers voraus, den Geschäftswert der Unternehmung zu entziehen (Cagianut/Höhn Unternehmenssteuerrecht, 3. A. Bern 1993, § 14 N 68).


d) Welcher Zeitpunkt für die Aufgabe der selbständigen Erwerbstätigkeit massgeblich ist, wird unterschiedlich beurteilt (Höhn/Waldburger, Steuerrecht Band II, 9. Aufl., Bern/Stuttgart/Wien 2002, § 47 N 102). Mit der Einstellung der aktiven Geschäftstätigkeit gibt der Personenunternehmer gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung seine selbständige Erwerbstätigkeit gewöhnlich noch nicht auf. Auch die Liquidation der geschäftlichen Vermögenswerte ist eine selbständige Erwerbstätigkeit, die sich u.U. über eine lange Zeitdauer erstrecken kann. Auch ein einzelnes Vermögensobjekt kann bis zu seiner Veräusserung oder Verwertung Geschäftsvermögen bleiben, selbst wenn der übrige Geschäftsbetrieb bereits liquidier ist. Angehörige der freien Berufe (Ärzte, Rechtsanwälte, Architekten, etc.) bleiben auch nach der Aufgabe ihrer aktiven Tätigkeit selbständig erwerbend und zwar bis zur Beendigung des Inkassos der ausstehenden Patienten- bzw. Klientenguthaben (vgl. Reich, in: Martin Zweifel/Peter Athanas [Hrsg.], Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht I/2a, Art. 18 DBG N 39). Diese Rechtsprechung ist unbefriedigend, wie sie einerseits dazu führt, dass die Dauer der Steuerpflicht für das Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit von Zufälligkeiten abhängt und andererseits den Begriff der selbständigen Erwerbstätigkeit verwischt. Blosse Inkassohandlungen nach Einstellung der geschäftlichen Aktivitäten vermögen keine Erwerbstätigkeit zu begründen.


Richtigerweise wird der Zeitpunkt der Beendigung der selbständigen Erwerbstätigkeit auf den Zeitpunkt der Beendigung der geschäftlichen Aktivitäten festgelegt. Forderungen und Verbindlichkeiten werden in diesem Zeitpunkt in das Privatvermögen überführt, was eine einkommenssteuerrechtliche Erfassung nach sich zieht (vgl. Höhn/Waldburger, Steuerrecht Band II, 9. Aufl., Bern/Stuttgart/Wien 2002, § 47 N 102).


3. Die Vertreterin der Pflichtigen ist nun der Ansicht, da die Eigentumswohnung weiter als (...) -Arztpraxis genutzt werde und solange keine klare Willensäusserung betreffend einer Überführung der Wohnung vom Geschäfts- in das Privatvermögen vorliege, habe noch keine Aufgabe der selbständigen Erwerbstätigkeit statt gefunden.


Die Beschwerdeführerin hat die fragliche Wohnung auch nach dem Verkauf der (...) -Arztpraxis im Geschäftsvermögen geführt. Mit dem Verkauf der Praxis, d.h. des Mobiliars, der Patientenkartei, der Medikamente und des Verbrauchsmaterials hat die Beschwerdeführerin ihre Geschäftstätigkeit in ihrer eigenen Praxis vollständig aufgegeben. Die Eigentumswohnung in welcher sich die Praxis der Beschwerdeführerin befand, vermietet die Beschwerdeführerin an die Käufer der Praxis mit einer festen Vertragsdauer von fünf Jahren und gewährt ihnen zudem noch ein Vorkaufsrecht. Die Vertreterin argumentiert nun, dass sich die Beschwerdeführerin nach Ablauf des Mietvertrages, nach fünf Jahren eine Rückkehr in die Praxis offen halte. Keine entscheidende Rolle spielen kann das Alter der Beschwerdeführerin. Hingegen spricht die Einräumung des Vorkaufsrechts gegenüber den neuen Praxiseigentümern im Mietvertrag gegen die Annahme, es handle sich hierbei lediglich um eine vorübergehende Umorientierung auf ein anderes Betätigungsfeld. Das Vorkaufsrecht, wie auch die Umorientierung auf ein anderes Betätigungsfeld, nämlich von der klassischen (...) -Ärztin zur Chirurgin sind starke Indizien dafür, dass eine Rückkehr in die ursprüngliche Praxis eher weniger in Betracht gezogen wird, müsste diese doch, falls sie weiterhin auf dem Betätigungsfeld der Chirurgie tätig sein wollte, erst einmal den Anforderungen entsprechend mit sterilen Räumen versehen werden. Die Vorgehensweise der Beschwerdeführerin deutet nicht auf eine vorübergehende Planung, weshalb davon auszugehen ist, dass eine Rückkehr in die alte Praxis und somit eine Wiederaufnahme der Tätigkeit als klassische (...) -Ärztin als unwahrscheinlich erscheint. Bei Alternativgütern kann aufgrund der äusseren Beschaffenheit keine eindeutige Zuweisung vorgenommen werden und es ist von Fall zu Fall aufgrund der Würdigung aller in Betracht kommenden Verhältnisse zu entscheiden. Dabei geben objektive Kriterien den Ausschlag (vgl. Fabian Amschwand, Geschäftsvermögen oder Privatvermögen? Eine Übersicht, StR 2000, S. 482ff.). Auf eine ausdrückliche Willenserklärung, welche die Absicht der Pflichtigen kundtut, die Wohnung vom Geschäftsvermögen in das Privatvermögen zu überführen, kommt es demzufolge nicht an.


4. a) Aus den oben genannten Ausführungen folgt, dass die Zuordnung der Wohnung zum Geschäftsvermögen oder Privatvermögen nach objektiven Kriterien zu erfolgen hat. Geschäftsvermögen ist regelmässig dann anzunehmen, wenn ein Vermögensobjekt für Geschäftszwecke erworben worden ist und dem Geschäft auch tatsächlich (mittelbar oder unmittelbar) dient (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. A. Zürich 2009, Art. 18 N 97). Das Dienen kann grundsätzlich sowohl mittelbar als auch unmittelbar erfolgen: Unmittelbar durch die Beschaffenheit, mittelbar durch den Wert als notwendiges Betriebskapital oder als Reserve, sofern und soweit eine solche nach Art und Umfang des Geschäftes erforderlich oder üblich ist. Es gibt Vermögensobjekte, die aufgrund ihrer äusseren Beschaffenheit eindeutig entweder Geschäftsvermögen oder Privatvermögen sind und solche, die ihrer Natur nach beides sein können. Steuerrechtlich wird deshalb unterschieden zwischen eindeutigen (notwendigem Geschäftsvermögen; eindeutigem notwendigem Privatvermögen; Alternativgütern, welche aufgrund ihrer Beschaffenheit oder Verwendungsmöglichkeit sowohl Geschäftsvermögen wie auch Privatvermögen sein können (vgl. Fabian Amschwand, a.a.O., S. 480ff.).


b) Ob ein Wertgegenstand dem Privat- oder Geschäftsvermögen zuzuordnen ist, ist gemäss der Rechtsprechung des Bundesgerichts, auf Grund einer Würdigung aller in Betracht kommenden tatsächlichen Umstände zu entscheiden. Für die Unterscheidung zwischen Privatvermögen und Geschäftsvermögen gelten die unter der Herrschaft des Bundessteuerbeschlusses 1940 entwickelten Grundsätze weiter.


Wirtschaftsgüter können aufgrund ihrer Beschaffenheit und konkreten Zweckbestimmung notwendiges Geschäfts- oder notwendiges Privatvermögen bilden oder wie namentlich Liegenschaften, Alternativgüter darstellen, das heisst sowohl zum Geschäfts- wie auch zum Privatvermögen gehören (vgl. Entscheid des Bundesgerichts [BGE] Nr. 2A.52/2003 vom 23. Januar 2003, E. 2.2.). Dient ein Alternativgut gleichzeitig sowohl privaten wie auch geschäftlichen Zwecken, spricht man von gemischten Gütern. Die Zuweisung zum Geschäftsvermögen oder Privatvermögen erfolgt in diesen Fällen nach der sog. Präponderanzmethode (Fabian Amschwand, a.a.O, StR 2000, S. 482; zur Präponderanzmethode vgl. auch Entscheid des Bundesgerichts [BGE] 133 II 420, E. 3.3). Danach wird ein Wirtschaftsgut, welches sowohl privaten als auch wirtschaftlichen Zwecken dient, nicht aufgeteilt, sondern es wird darauf abgestellt, welche Nutzungsart überwiegt (vgl. Höhn/Waldburger, Steuerrecht Band 1, 9. Auflage, Bern/Stuttgart/Wien 2001, § 14 N 50; vgl. auch Merkblatt zum Kreisschreiben Nr. 2 der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 12. November 1992 betreffend Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit nach Art. 18 DBG [Ausdehnung der Kapitalgewinnsteuerpflicht, Übergang zur Präponderanzmethode und deren Anwendung], publiziert in ASA 61 507ff.).


c) Ausschlaggebendes Zuteilungskriterium ist dabei, wie sich aus der gesetzlichen Begriffsumschreibung ergibt, die aktuelle technisch-wirtschaftliche Funktion des fraglichen Vermögensgegenstands; massgebend ist also in erster Linie, ob der Gegenstand tatsächlich dem Geschäft dient (vgl. Entscheid des Bundesgerichts [BGE] 133 II 420 E 3.2.). Daneben können weitere Abgrenzungskriterien im Einzelfall die äussere Beschaffenheit des Vermögenswertes, dessen tatsächliche Nutzung, die Herkunft der Mittel zu dessen Finanzierung, das Erwerbsmotiv, die zivilrechtlichen Eigentumsverhältnisse und auch dessen buchmässige Behandlung dienen (vgl. Entscheid des Bundesgerichts [BGE] Nr. 2A.52/2003 vom 23. Januar 2003, E. 2.2.).


d) Vorliegend hat die Beschwerdeführerin aufgrund des Verkaufs ihrer Praxis die Tätigkeit als (...) -Ärztin in den Räumen der Eigentumswohnung aufgegeben. Unbestritten hat die Wohnung zum Zeitpunkt als sie noch selbst in diesen Räumen praktiziert hat, ihrer selbständigen Erwerbstätigkeit gedient und war diese als notwendiges Geschäftsvermögen zu qualifizieren. Dass auch weiterhin eine (...) -Arztpraxis in der Eigentumswohnung betrieben wird, ist für die Qualifikation der Wohnung im Jahr 2008 unbedeutend. Entscheidend ist, dass die Wohnung seit dem Verkauf der Praxis für die Beschwerdeführerin eine ganz andere Funktion einnimmt als noch während ihrer eigenen Geschäftstätigkeit. War die Wohnung zum damaligen Zeitpunkt unentbehrlich für die Ausübung ihrer ärztlichen Tätigkeit und musste die Wohnung als Betriebsraum daher zwangsläufig Geschäftsvermögen darstellen, ist die Wohnung heute für ihre ärztliche Tätigkeit nicht notwendig und überdies nach eigener Darstellung mangels Vorhandensein steriler Räume, gar nicht nutzbar. Die Nutzung der Wohnung beschränkt sich im Jahr 2008 (ab 1. Mai 2008) demzufolge nur noch auf die Mieteinnahmen und die Verwaltung und stellt somit kein betriebsnotwendiges Geschäftsvermögen mehr dar (vgl. hierzu auch Entscheid des Bundesgerichts [BGE] Nr. 2A.585/2003 vom 15. November 2003, E. 2.2). Gemäss der Darstellung der Vertreterin der Beschwerdeführerin, übt sie ihre ärztliche Tätigkeit in verschiedenen Arztpraxen aus, welche über sterile Räume verfügen. Für die Benutzung der sterilen Räume werde entsprechend der Nutzung ein Entgelt vereinbart, wobei keine festen Mietverträge bestehen würden, um auf diese Art und Weise auch eine gewisse Flexibilität zu bewahren. Auf der von der Vertreterin der Pflichtigen mit Schreiben vom 24. Juni 2010 eingereichten Kopie des Konto mit Nr. "4100" Miete ist zudem ersichtlich, dass die Miete für die Sterilräume über ihr Privatkonto mit Nr. "2110" abgewickelt worden ist.


Aus den bisherigen Ausführungen folgt, dass ein Steueraufschub auf Grundlage der bisherigen gesetzlichen Regelungen nicht gewährt werden kann. Die Möglichkeit des Steueraufschubs besteht erst ab 1. Januar 2011 mit der Einführung des Art. 18a DBG "Aufschubtatbestände" durch das Unternehmenssteuerreformgesetz II.


Zusammenfassend ist somit festzustellen, dass die Beschwerdeführerin in Anbetracht der gesamten äusseren Umstände ihre selbständige Erwerbstätigkeit durch den Verkauf der (...) -Arztpraxis und der Vermietung ihrer ehemaligen Praxisräumlichkeiten aufgegeben hat. Allein die Geschäftsaufgabe führt zu einer Überführung der Vermögenswerte vom Geschäfts- in das Privatvermögen und somit zu einer Privatentnahme. Vorliegend führt zudem auch die Beurteilung der Sachlage unter Anwendung der Präponderanzmethode zum gleichen Resultat. Die Privatentnahme führt zu einer steuersystematischen Realisierung der stillen Reserven im Umfang der Differenz zwischen Buchwert bzw. Einkommenssteuerwert und Verkehrswert und wird damit steuerlich der Veräusserung gleich gestellt (Fabian Amschwand, a.a.O, StR 2000, S. 489f.). Die von der Steuerverwaltung vorgenommene Aufrechnung der wiedereingebrachten Abschreibungen in Höhe von Fr. 146'744.-- ist daher nicht zu beanstanden.


Aus all diesen Gründen erweist sich die Beschwerde als unbegründet und ist abzuweisen.


5. (...)


Entscheid des Steuergerichts vom 02.07.2010 (530 10 7)



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