Rechtsprechung Steuergericht
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Soweit eine genaue Veranlagung aufgrund der vorhandenen Unterlagen nicht möglich ist, wird sie nach pflichtgemässen Ermessen vorgenommen. Das Einkommen ist, soweit möglich, nach Erfahrungszahlen oder nach dem Lebensaufwand des Steuerpflichtigen zu schätzen.
Stützt sich die veranlagende Behörde zur Berechnung der Bruttogewinnmarge resp. der Aufrechnung des steuerbaren Einkommens auf Erfahrungszahlen ab, hat diese dafür zu sorgen, dass die Daten auf einem aktuellen Stand sind.
Die Aufrechnung auf der Grundlage von veraltetem Zahlenmaterial führt zwangsläufig nicht zu einem der Realität entsprechenden Ergebnis und demzufolge auch nicht zu einer Veranlagung nach pflichtgemässem Ermessen.
1. Die Pflichtigen deklarierten ein Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit von Fr. 87'764.--. Mit Veranlagungsverfügung direkte Bundessteuer 2004 definitiv vom 28. August 2008 wurde den Pflichtigen das Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit auf Fr. 384'608.-- festgesetzt mit der Begründung: Selbständiges Erwerbseinkommen gemäss Revisionsbericht 2008-011 von Fr. 387'851.-- inkl. Aufrechnung der Schuldzinsen für die Aufteilung der Ausscheidung von Fr. 8'002.-- welche bei Ziffer 42 wieder in Abzug gebracht werden und abzüglich geschäftlicher Wertschriftenertrag von Fr. 11'245.--.
2. Gegen diese Veranlagung erhob der damalige Vertreter der Pflichtigen mit Schreiben vom 23. September 2008 Einsprache mit den Begehren, 1. die Veranlagungsverfügung vom 28. August 2008 zur direkten Bundessteuer 2004 sei aufzuheben. 2. Für die direkte Bundessteuer 2004 sei das steuerbare und satzbestimmende Einkommen neu auf Fr. 214'000.-- festzusetzen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Einsprache richte sich ausschliesslich gegen die Umsatz-Aufrechnung in Höhe von Fr. 264'389.--. Die Steuerverwaltung habe die vorgenommenen Umsatz-Aufrechnungen damit begründet, dass die Bruttogewinnmarge tief sei und deshalb auf die übliche Höhe angehoben werden müsse. Diese Ansicht sei falsch und unhaltbar. Es sei darauf hinzuweisen, dass der Pflichtige sämtliche getätigten Umsätze in seinem Jahresabschluss berücksichtigt und auch in der Steuererklärung deklariert habe. Mit den vorgenommenen Aufrechnungen werfe die Steuerverwaltung den Einsprechern vor, den Versuch einer Steuerhinterziehung unternommen zu haben. Es seien jedoch keine Beweise für das Vorliegen von getätigten, aber nicht deklarierten Umsätzen vorhanden. Auch der Umstand, dass der Pflichtige als Facharzt für A. eine Bruttogewinnmarge von rund 77 % erziele, während andere Berufskollegen eine von 85 % und mehr erzielen würden, vermöge die vorgenommenen Aufrechnungen nicht zu rechtfertigen. Entscheidend sei, dass sich die getätigten Aufwendungen geschäftsmässig begründen lassen würden. Diese Tatsache verbunden mit den Feststellungen, dass die verschiedenen Fachärzte für A. natürlich auch unterschiedlich effizient seien und auch deren Notwendigkeit zur Erzielung einer möglichst guten Bruttogewinnmarge unterschiedlich gross sei, führe zwangsläufig dazu, dass es stark divergierende Bruttogewinnmargen geben müsse. Aufgrund der gemachten Ausführungen ergebe es sich, dass die erfolgten Umsatzaufrechnungen zu Unrecht erfolgt seien, was zur Gutheissung der Einsprache führen müsse.
3. Mit Einsprache-Entscheid vom 11. Dezember 2009 wies die Steuerverwaltung die Einsprache ab. Zur Begründung führte sie aus, im Revisionsbericht der Steuerverwaltung vom 30. Mai 2008 werde ausgeführt, dass bei der vom Pflichtigen geführten Buchhaltung die Eröffnungsbilanz nicht mit der Schlussbilanz übereinstimme. Die Erfolgskonten würden jeweils per 1. Januar einen Eröffnungssaldo aufweisen, obwohl die Erfolgsrechnung nach den Regeln der Buchführung immer bei Fr. 0.-- beginne. Die effektive Höhe des Warenlagers könne nicht nachgewiesen werden, da laut Revisionsbericht kein Inventar erstellt werde. Damit sei die korrekte Abgrenzung des Warenaufwandes zum Warenlager nicht überprüfbar. Hier werde gegen die Regeln der ordnungsgemässen Buchhaltung und der Aufzeichnungspflicht verstossen. Gemäss den Angaben der Vertreterin würden keine Bareinnahmen generiert. Der Pflichtige führe aber nicht nur spezialärztliche Behandlungen durch, sondern sei auch im Bereich Beauty-Management tätig. Deshalb sei es nicht glaubhaft, dass keine Bareinnahmen getätigt würden, zumal solche in den letzten Revisionsberichten vom 21. Juli 1999 und 3. Juli 2002 festgestellt und aufgerechnet worden seien. Die übliche Bruttogewinnmarge bei Fachärzten für A. variiere zwischen 85 % bis 99 %. Im vorliegenden Fall würden lediglich 76,2 % erreicht. Wegen der mangelnden Einhaltung der Buchführungs- und Aufzeichnungsregeln sowie mangelnder Unterlagen (Arztgeheimnis) habe gemäss Art. 130 Abs. 2 DBG eine Aufrechnung nach pflichtgemässem Ermessen unter Berücksichtigung der Erfahrungszahlen zu erfolgen. Ab 2010 sei der Umsatz in krankenkassenpflichtige Leistungen, Epilationen, Cellulitebehandlungen und übrige nicht kassenpflichtige Leistungen aufzuteilen. Beim Aufwand sei zwischen rezeptpflichtigen und rezeptfreien Medikamenten sowie übrigem Material zu unterscheiden.
4. Mit Schreiben vom 13. Januar 2010 erhob der Vertreter der Pflichtigen Beschwerde gegen den Einsprache-Entscheid mit den Begehren, 1. in Gutheissung der Beschwerde sei der Einsprache-Entscheid der Steuerverwaltung vom 11. Dezember 2009 sowie diesem zugrunde liegende Veranlagungsverfügung vom 28. April 2008 aufzuheben. 2. Das im Kanton Basel-Landschaft steuerbare und satzbestimmende Einkommen für die direkte Bundessteuer 2004 sei neu auf Fr. 214'000.-- festzusetzen. 3. Unter Kosten- und Entschädigungsfolge zu Lasten des Staates. Im Weiteren seien die Steuerakten der Beschwerdeführer zum Verfahren beizuziehen und eine mündliche Parteiverhandlung durchzuführen.
Zur Begründung führte er aus, vorliegend würden keine Verstösse gegen die Regeln der ordnungsgemässen Buchhaltung bzw. Aufzeichnungspflicht vorliegen, welche die Aufrechnung rechtfertigen könnte. Der Umstand, dass früher keine Inventarliste erstellt worden sei und somit die effektive Höhe des damaligen Warenlagers nicht mehr nachvollzogen werden könne, führe nicht zu einer Rechtfertigung der Umsatzaufrechnung. Zum Einen sei bereits im Rahmen des Revisionsberichts festgehalten worden, dass bezüglich der fehlenden Inventarliste keine steuerlichen Korrekturen folgen würden und zudem würden der ausgewiesene Material- und Warenaufwand wie auch der ausgewiesene Umsatzerlös bei ungefähr gleichbleibender Bruttogewinnmarge nur moderate Zunahmen ausweisen. Daraus ergebe sich, dass die vorgenommene Aufrechnung trotz Fehlen von Inventarlisten nicht mit einer schwankenden und nicht mehr eruierbaren effektiven Höhe des Warenlagers begründet werden könne. Der Pflichtige generiere im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit Bareinnahmen. Diese hätten im Jahr 2004 Fr. 4'654.25 betragen, wobei sich die Steuerverwaltung nie nach Bareinnahmen erkundigt habe.
Im Weiteren könne eine Veranlagung nach pflichtgemässem Ermessen nur bei Vorliegen eines sog. Untersuchungsnotstandes vorgenommen werden. Die Steuerverwaltung habe überhaupt keine Bemühungen unternommen, den angeblich unklaren steuerrelevanten Sachverhalt zu ermitteln. Mit der vorgenommenen Aufrechnung werfe die Steuerverwaltung den Beschwerdeführern zumindest implizit vor, den Versuch einer Steuerhinterziehung unternommen zu haben. Es sei dem freiberuflich tätigen Arzt, wie im Übrigen jedem Unternehmer selber überlassen, welchen Aufwand er zur Erzielung seines Betriebserfolges betreiben wolle. Im Rahmen seiner ärztlichen Tätigkeit erziele der Pflichtige kassenpflichtige und nicht kassenpflichtige Umsätze. Beide Umsatzarten habe der Beschwerdeführer in seiner Erfolgsrechnung vollständig berücksichtigt.
5. Mit Vernehmlassung vom 15. April 2010 beantragte die Steuerverwaltung die Abweisung der Beschwerde. Zur Begründung verwies sie auf den Einsprache-Entscheid vom 11. Dezember 2009 sowie den Revisionsbericht Nr. 2008-011 vom 30. Mai 2008. Ergänzend führte sie aus, die Einschätzungsbehörden seien verpflichtet, für eine richtige und gleichmässige Anwendung des Gesetzes zu sorgen. Soweit eine genaue Veranlagung aufgrund der vorhandenen Unterlagen nicht möglich sei, werde sie nach pflichtgemässem Ermessen vorgenommen. Das Einkommen sei soweit möglich nach Erfahrungszahlen oder nach dem Lebensaufwand des Pflichtigen zu schätzen. Bereits in den Revisionsberichten 1999-122 und 2002-091 sei darauf hingewiesen worden, dass die Buchhaltung nicht ordnungsgemäss geführt werde. Bis heute habe sich die Situation leider immer noch nicht verbessert. Im Weiteren weise der Medikamentenverkauf gemäss den Erfahrungszahlen der Steuerverwaltung eine zu tiefe Bruttogewinnmarge aus. Die übliche Bruttogewinnmarge bei Spezialisten wie z.B. bei Fachärzten für A. liege in der Regel zwischen 85 % und 99 %. Eine plausible Begründung habe die Steuerverwaltung jedoch bis heute nicht erhalten, warum die Bruttogewinnmarge gerade unter dem Üblichen liege. Ebenso sei der Steuerverwaltung im Rahmen der Revision leider die Einsicht in den Terminkalender sowie in Patientenrechnungen zur Überprüfung mit dem Verweis auf das Arztgeheimnis verweigert worden. Aus diesen Gründen habe eine Aufrechnung gemäss Art. 130 Abs. 2 DBG stattgefunden, weshalb die Abweisung der Beschwerde beantragt werde.
6. An der heutigen Verhandlung hielten die Parteien an ihren Begehren fest.
1. (…)
2. Vorliegend hat die Steuerverwaltung auf Grundlage des Revisionsberichts vom 30. Mai 2008 Nr. 2008-011 eine ermessensweise Aufrechnung des Umsatzes 2004 in Anwendung von Art. 130 Abs. 2 DBG in Höhe von Fr. 264'389.-- vorgenommen. Im Folgenden ist nun zu untersuchen, ob die Voraussetzungen für eine ermessensweise Aufrechnung gegeben sind.
a) Gemäss Art. 123 Abs. 1 DBG stellen die Veranlagungsbehörden zusammen mit dem Steuerpflichtigen die für eine vollständige und richtige Besteuerung massgebenden tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse fest.
b) Gemäss Art. 130 Abs. 1 DBG prüft die Veranlagungsbehörde die Steuererklärung und nimmt die erforderlichen Untersuchungen vor. Hat der Steuerpflichtige trotz Mahnung seine Verfahrenspflichten nicht erfüllt oder können die Steuerfaktoren mangels zuverlässiger Unterlagen nicht einwandfrei ermittelt werden, so nimmt die Veranlagungsbehörde die Veranlagung nach pflichtgemässem Ermessen vor. Sie kann dabei Erfahrungszahlen, Vermögensentwicklung und Lebensaufwand des Steuerpflichtigen berücksichtigen (Abs. 2).
Das gemischte Veranlagungsverfahren ist dadurch gekennzeichnet, dass die verwaltungsmässige Feststellung der Steuerforderung durch ein gesetzmässig geordnetes Zusammenwirken der Veranlagungsbehörde, der steuerpflichtigen Person und gegebenenfalls des Fiskalvertreters stattfindet. Das System des gemischten Veranlagungsverfahrens ist in hohem Mass von der Kooperation von Veranlagungsbehörde und steuerpflichtiger Person geprägt (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. A. Zürich 2009, Art. 123 N 3).
Die Kooperation der Veranlagungsbehörde und des Steuerpflichtigen bei der Feststellung der für eine vollständige und richtige Veranlagung massgebenden tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse manifestiert sich in zwei Verfahrensprinzipien, die das Veranlagungsverfahren prägen, nämlich im Untersuchungsgrundsatz einerseits und im Mitwirkungsgrundsatz anderseits. Der Untersuchungsgrundsatz verpflichtet und berechtigt die Veranlagungsbehörde, den massgeblichen Sachverhalt von Amtes wegen abzuklären und der Steuerveranlagung nur solche Tatsachen zugrunde zu legen, von deren Vorhandensein sie sich selber überzeugt hat. Die Behörde hat folglich von sich aus mit allen ihr gesetzlich zu Gebote stehenden Untersuchungsmitteln den materiell wahren Sachverhalt zu erforschen. Der Untersuchungsgrundsatz wird vom Grundsatz der Mitwirkung des Steuerpflichtigen ergänzt. Dieser Grundsatz gebietet dem Steuerpflichtigen, an der behördlichen Sachverhaltsermittlung mitzuwirken, um so eine vollständige und richtige Veranlagung zu ermöglichen. Untersuchungs- und Mitwirkungsgrundsatz sind keine gegensätzlichen Verfahrensprinzipien, wie dies etwa bei der Verhandlungs- und Untersuchungsmaxime der Fall ist. Sie stehen vielmehr im Unterordnungsverhältnis zueinander, indem das Mitwirkungsprinzip der Verwirklichung des Untersuchungsgrundsatzes dient (vgl. Zweifel in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht I/2b, Art 123 DBG N 3 ff.).
Um ihrer Untersuchungspflicht nachzukommen bedarf die Veranlagungsbehörde bestimmter Untersuchungsmittel. Diese müssen die Feststellung des Wissens des Steuerpflichtigen um rechtserhebliche Tatsachen und die Überprüfung der Sachdarstellungen (Tatsachenbehauptungen) des Steuerpflichtigen auf ihren Wahrheitsgehalt hin gestatten. Der Feststellung des Wissens des Steuerpflichtigen dient dessen schriftliche oder mündliche Befragung. Die Überprüfung des Wahrheitsgehalts seiner Sachdarstellungen ermöglichen die Beweismittel (Zweifel in: a.a.O., Art 123 DBG N 14.).
c) Vorliegend hat die Steuerverwaltung die Pflichtigen im Zuge des Veranlagungsverfahrens nicht nachweisbar zur Mitwirkung resp. Einreichung weiterer notwendiger Unterlagen aufgefordert. Die Steuerverwaltung hat die damalige Vertreterin der Pflichtigen lediglich im Rahmen der Revision mit Schreiben vom 18. September 2007 gebeten, sämtliche Belege (Einnahmen u. Ausgaben), Kontoblätter der Buchhaltung, Kassabuch bereitzustellen.
Erst im Rahmen des Einspracheverfahrens wurde die Vertreterin der Pflichtigen mit Schreiben vom 14. November 2008 aufgefordert, eine Aufteilung der Umsätze der Praxis in den Jahren 2004 - 2006 in Umsatz aus krankenkassenpflichtige Leistungen und solchen aus nicht krankenkassenpflichtige Leistungen einzureichen. Die Vertreterin beantwortete diese Aufforderung mit Schreiben vom 11. Dezember 2008 und reichte diverse Unterlagen ein. Mit Schreiben vom 7. Dezember 2009 forderte die Steuerverwaltung die Vertreterin der Pflichtigen erneut auf, die Aufteilung der Arzthonorare 2004, 2005 und 2006 hinsichtlich krankenkassen- und nicht krankenkassenpflichtiger Leistungen einzureichen. Mit Schreiben vom 14. November 2008 wandte sich die Steuerverwaltung zur weiteren Abklärung des Sachverhalts an die Santésuisse. Die Angaben der Santésuisse wurden von der Steuerverwaltung jedoch nicht berücksichtigt. Ausserdem befinden sich in den Akten diverse Aktennotizen der Steuerverwaltung aus dem Jahre 2009, welche ebenfalls bereits das Einspracheverfahren betreffen. Im Wesentlichen geht es in diesen Aktennotizen darum, dass keine entsprechenden Unterlagen zur Verfügung gestellt worden seien und somit nach Art. 130 Abs. 2 DBG veranlagt werde. Die im Revisionsbericht angekündigte Aufrechnung des Umsatzes - mangels plausibler Begründung betr. dem Medikamentenverkauf und der tiefen Bruttogewinnmarge - wurde in der Veranlagung umgesetzt.
Aufgrund der sich in den Akten befindenden Unterlagen ist festzustellen, dass die Steuerverwaltung erst im Rahmen des Einspracheverfahrens nachweisbar einzelne Unterlagen eingefordert hat. Die Darstellung der Steuerverwaltung in der Aktennotiz vom 24. September 2009, wonach die Pflichtigen aufgefordert worden seien, die Terminagenda und die Rechnungen an Patientinnen einzureichen, dies aber aufgrund des Arztgeheimnisses nicht taten, ist nicht verifizierbar und wird vom Vertreter der Pflichtigen an der heutigen Verhandlung bestritten. Die Abklärungen der Steuerverwaltung erweisen sich sowohl im Zuge der Revision wie auch im Veranlagungs- und Einspracheverfahren mangels entsprechender schriftlicher Aufforderungen als nur teilweise nachvollziehbar und daher wenig hilfreich. Ob nun die Pflichtigen dabei ihrer Mitwirkungspflicht nicht genügend nachgekommen sind, muss daher offen bleiben.
3. a) Ist eine beweismässige Sachverhaltsermittlung nicht möglich, weil sich die Veranlagungsbehörde in einem Untersuchungsnotstand befindet, ist die Behörde, weil sich das "wirklich Wahre" nicht ermitteln lässt, gehalten, in der Ermessensveranlagung das "wahrscheinlich Wahre" festzustellen, welches im Kern auf die materielle Wahrheit abzielt. Es bleibt aber in gewissen Fällen nicht dabei, dass zuungunsten der beweisbelasteten Partei entschieden wird. Vielmehr wird u.U. zu Schätzungen gegriffen. Zur Schätzung wird immer dann Zuflucht genommen, wenn das Beweisverfahren genügend Anhaltspunkte für einen steuerbegründenden/-mehrenden oder steueraufhebenden/-mindernden Sachverhalt ergeben hat, ohne dass im Quantitativen eine eindeutige Abklärung möglich war (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. A. Zürich 2009, Art. 130 N 20 ff.).
b) Die Buchführung lieferte vorliegend auch im Lichte früherer Revisionen bereits genügend Anhaltspunkte für einen steuermehrenden Sachverhalt, ohne dass in quantitativer Hinsicht eine eindeutige Abklärung möglich war. Die Höhe der Steuerfaktoren blieb somit weitgehend unbestimmt.
Die Revision betr. die Jahre 1993 - 1996 ergab z.B. dass der Buchhaltung der Jahre 1995 und 1996 die Beweiskraft abgesprochen wurde, da die ausgewiesenen Betriebsgewinne im Vergleich zu anderen Fachärzten für A zu niedrig waren. Es fehlten Aufzeichnungen über Bareinnahmen und -ausgaben, es wurden Buchungen ohne Belege vorgenommen wobei auch gravierende Buchungsmängel festgestellt worden sind. Insgesamt wurde die Buchhaltung als formell mangelhaft eingestuft.
Die Revision betr. der Jahre 1997 und 1998 brachte hervor, dass die Grundsätze einer ordnungsgemässen Buchhaltung nicht erfüllt waren. Es fehlte ein Kassenbuch und es erfolgten keine kontinuierlichen Buchungen.
Der aktuelle Revisionsbericht betr. der Jahre 2004 und 2005 zeigte auf, dass die Eröffnungsbilanz nicht mit der Schlussbilanz übereinstimmte, dass die Erfolgskonti Anfangssaldi aufwiesen, dass Umsatzkorrekturen vorgenommen werden mussten und dass das Wareninventar fehlte. Im Weiteren wurde festgehalten, dass betreffend dem Medikamentenverkauf und der tiefen Bruttogewinnmarge keine plausible Begründung vorgebracht worden sei. Die übliche Bruttogewinnmarge bei Fachärzten für A variiere zwischen 85 % und 99 %. Die Steuerverwaltung erhöhte die Bruttogewinnmarge sodann auf 85 %.
Insgesamt haben die Revisionen ergeben, dass sich die Pflichtigen seit dem Jahre 1993 immer wieder Beanstandungen betr. ihrer Buchhaltung vorhalten lassen mussten, wobei auch die Höhe der Einkünfte in Zweifel gezogen wurde, was in der Folge zu Umsatzkorrekturen geführt hat.
c) Immerhin führte die qualitativ regelmässig als mangelhaft bezeichnete Buchhaltung sowie der sich daraus ergebende Zweifel an der Höhe der Einkünfte der Pflichtigen dazu, dass sich die Steuerverwaltung dadurch in einem partiellen Untersuchungsnotstand befand. Bei einem partiellen Untersuchungsnotstand besteht die Ungewissheit lediglich hinsichtlich der genauen Ausgestaltung des Quantitativen, also der Höhe der Einkünfte (vgl. hierzu Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, a.a.O., Art. 130 N 27 ff.).
Ausschlaggebend dafür, dass eine Ermessensveranlagung vorgenommen werden darf kann nicht nur eine als mangelhaft eingestufte Buchhaltung, sondern auch eine ordnungsgemäss geführte sein. Das Bundesgericht führte in seinem Entscheid vom 19. September 1980, publ. in ASA, Bd. 49, S. 663 ff. aus, dass wenn eine Buchhaltung keine materiellen Lücken aufweise, so spreche die Vermutung für ihre Richtigkeit. Auf Erfahrungszahlen dürfe alsdann, in Abweichung vom buchmässig ausgewiesenen Ergebnis, nur abgestellt werden, wenn dieses offensichtlich und erheblich von dem erfahrungsgemäss erzielbaren Einkommen abweiche, ohne dass der Steuerpflichtige diese Abweichung hinlänglich zu begründen vermöge (vgl. hierzu auch Entscheid des Bundesgerichts [BGE] Nr. 2C_592/2007 vom 22. Januar 2008, E. 2.3). In einem anderen Entscheid führte das Bundesgericht aus, dass wenn der Buchhaltung eines buchführungspflichtigen Steuerpflichtigen die Ordnungsgemässheit abgeht und aufgrund der nachgereichten Belege die Steuerfaktoren nicht einwandfrei ermittelt werden können, die Voraussetzungen für eine Ermessensveranlagung erfüllt sind (vgl. Entscheid des Bundesgerichts [BGE] Nr. 2A.53/2003 vom 13. August 2003, E. 4.3).
Vorliegend hat die Steuerverwaltung auf Grundlage der bei den Pflichtigen durchgeführten Revision eine ermessensweise Aufrechnung des Umsatzes pro 2004 vorgenommen. Entscheidend waren, wie bereits in den Vorjahren festgestellte buchhalterische Mängel, wobei die Steuerverwaltung vermutete, dass die Höhe der Einnahmen aus selbständiger Erwerbstätigkeit in der Buchhaltung der Pflichtigen nicht korrekt abgebildet war, da der Pflichtige gemäss seiner Homepage neben seiner ärztlichen Tätigkeit als Facharzt für A auch Dienstleistungen im Beautymanagement anbietet, die Einnahmen daraus aber nicht klar ersichtlich sind resp. als zu tief angesehen werden. Sowohl die mangelhafte Buchführung wie auch die in seiner exakten Höhe nicht eruierbaren Einnahmen der Pflichtigen aus dem Bereich des nicht-ärztlichen Tätigkeitsfeldes boten der Steuerverwaltung berechtigte Zweifel an der Höhe des Umsatzes der Pflichtigen.
d) Die Steuerverwaltung bezeichnete die Veranlagung zur direkten Bundessteuer 2004 jedoch unrichtigerweise nicht als Ermessenseinschätzung und verwendete in der Rechtsmittelbelehrung die Bestimmungen von Art. 132 Abs. 1 DBG, wonach der Steuerpflichtige gegen die Veranlagungsverfügung innert 30 Tagen nach deren Zustellung schriftlich Einsprache erheben kann. Selbst in der Abweichungserklärung auf der Veranlagungsverfügung zur Staatssteuer ist nicht vermerkt, dass das Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit ermessensweise festgesetzt worden ist. Der Hinweis "selbständiges Einkommen gemäss Revisionsbericht 2008-011" lässt zwar den Schluss, dass es sich hierbei um eine Ermessenseinschätzung handeln könnte zu, dies genügt aber nicht dafür, dass die Pflichtigen eindeutig davon auszugehen haben, dass es sich bei der Veranlagung um eine Ermessenseinschätzung handelt. Insofern ist an die Einsprache der Beschwerdeführer nicht derselbe Massstab anzulegen, wie bei einer explizit als "Amtliche Veranlagung" bezeichneten Verfügung, welche nach Art. 132 Abs. 3 DBG nur wegen offensichtlicher Unrichtigkeit angefochten werden kann, was dazu führt, dass die Beschwerdeführer beweispflichtig werden.
Als Zwischenergebnis ist aufgrund der bisherigen Ausführungen festzuhalten, dass die Steuerverwaltung auf Grundlage der Revision und der sich daraus ergebenden Zweifel betr. der Höhe der Einnahmen der Pflichtigen diese zu Recht ermessensweise festgelegt hat.
4. Die Steuerverwaltung stützt ihre ermessensweise Aufrechnung auf interne nicht öffentlich zugängliche Erfahrungszahlen und auf die Tatsache, dass der Pflichtige nicht nur als Facharzt für A, sondern dass er gemäss seiner Homepage in seiner Praxis auch im Bereich Beauty-Management tätig ist und daraus Bareinnahmen generierte, die nach Ansicht der Steuerverwaltung gar nicht oder nicht vollständig erfasst worden sind.
Es ist somit im Nachfolgenden zu prüfen, ob die Steuerverwaltung die Höhe der Aufrechnung korrekt festgelegt und ihr Ermessen pflichtgemäss ausgeübt hat.
a) Vorab ist festzuhalten, dass im Revisionsbericht des Jahr 2004 auf Seite 7 unter Ziff. 3.1.7 unter dem Jahr 2004 falsche Zahlen aufgeführt sind. Für das Jahr 2004 beträgt der Ist-Umsatzerlös gemäss Erfolgsrechnung Fr. 493'372.-- und nicht Fr. 456'611.-- was zu einer Bruttogewinnmarge von 78 % anstatt 76,2 % führt. Die Steuerverwaltung ging somit bei ihren Berechnungen von einer zu niedrigen Bruttogewinnmarge aus.
b) Bei der Ermessenseinschätzung hat die Steuerbehörde von Amtes wegen alle Unterlagen zu berücksichtigen, die ihr zur Verfügung stehen. Sie hat alle Umstände in Rechnung zu stellen, von denen sie Kenntnis hat, auch wenn sie möglicherweise nicht in den Akten vermerkt sind; denn die amtliche Veranlagung ist nach pflichtgemässem Ermessen vorzunehmen. Der Steuerpflichtige soll möglichst entsprechend seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eingeschätzt werden. Das setzt eine Würdigung der gesamten Verhältnisse voraus. Die Steuerbehörde hat dabei eine vorsichtige Schätzung vorzunehmen, ohne allerdings dazu verpflichtet zu sein, bei der durch das Verhalten des Steuerpflichtigen bedingten Ermessensbetätigung im Zweifelsfall die für diesen günstigste Annahme zu treffen: Es soll vermieden werden, dass derjenige Steuerpflichtige, der für die Möglichkeit der Nachprüfung der von ihm erklärten Verhältnisse Sorge getragen hat, höhere Steuern zu bezahlen hat als derjenige, bei dem eine solche Nachprüfung aus von ihm zu vertretenden Gründen unmöglich ist. Die Verletzung von Verfahrenspflichten darf sich nicht lohnen (Entscheid des Bundesgerichts [BGE] Nr. 2C_260/2009 vom 22. September 2009, E. 3.1).
c) Als Grundlage zur Berechnung der Aufrechnung verwendete die Steuerverwaltung eine Liste mit Erfahrungszahlen. Diese Liste enthält Daten von etwa 34 Ärzten. Diese Liste ist nicht öffentlich zugänglich und kann von den Steuerpflichtigen grundsätzlich nicht eingesehen werden. Betreffend der erfassten Daten in dieser Liste ist auszuführen, dass einige der Ärzte über den Zeitraum von 1993 bis 2006 in mehreren Jahren erfasst wurden, sodass die Liste knapp 190 Datensätze enthält. Nicht berücksichtigt sind die Arbeitspensen der einzelnen Ärzte. Die 34 Ärzte setzen sich zudem zusammen aus Spezialisten der Inneren Medizin, Psychiatrie, Orthopädie, Augenärzte, Neurologie, Kinderärzte und Allgemeinmediziner. Bezeichnenderweise ist keine fachärztliche Praxis für A. erfasst. Die Liste der Erfahrungszahlen enthält Daten zu Branche, Steuerjahr, Umsatz, Aufwand, Bruttogewinn, Personalaufwand, Mietaufwand, Abschreibungen und Gewinn.
An der heutigen Verhandlung erklärte die Steuerverwaltung, dass es ihr bewusst sei, dass die Liste nicht detailliert genug sei, keine aktuellen Daten mehr enthalte und auch betr. der Zusammenstellung der Spezialisten zwar nicht optimal sei was jedoch nicht als Mangel anzusehen sei, weil es sich beim Gros der Ärzte um Spezialisten handle, deren Bruttogewinnmarge durchaus vergleichbar sei und somit nicht zwingend ein Vergleich von fachärztliche Praxen für A. zu erfolgen habe. Sie sei aber bestrebt die Liste mit aktuellen und neuen Daten à jour zu bringen. Im Weiteren reichte die Steuerverwaltung eine Liste der Konferenz staatlicher Steuerbeamter von der Kommission für Erfahrungszahlen ein (SSK), welche Daten aus dem Jahre 1978 enthält. Dazu führte sie aus, dass die Liste zwar ebenfalls nicht mehr aktuell sei, aber dennoch einen gewissen Anhaltspunkt biete. Eine weitere vergleichbare Grundlage existiere nicht.
d) Aufgrund der nun vorliegenden Darstellung des Vorgehens der Steuerverwaltung betr. der Schätzung der Höhe des Umsatzes der Pflichtigen auf Basis des Revisionsberichts resp. der festgestellten Mängel in der Buchhaltung und der beiden eben dargestellten Listen kommt das Steuergericht zum Schluss, dass die Steuerverwaltung ihr Ermessen nicht pflichtgemäss ausgeübt hat.
Einerseits sind die von der Steuerverwaltung verwendeten Listen, wobei diejenige der SSK unter keinen Umständen mehr als repräsentativ bezeichnet werden kann, veraltet. Dies nicht zuletzt deswegen, weil das schweizerische Gesundheitssystem innerhalb von 30 Jahren immerhin etliche Gesetzesänderungen erfahren hat. Im Weiteren hat sich sodann auch die demographische Entwicklung der Bevölkerung in der Schweiz stark verändert, was ebenfalls Auswirkungen auf Kosten - und Erfolgsstruktur d.h. auf die Umsätze (Honorareinnahmen, Einnahmen aus Selbstdispensation) einzelner Branchen innerhalb der Ärzteschaft haben dürfte, was zwangsläufig zu einer Einschränkung der Aussagekraft des Zahlenmaterials führt.
Andererseits ist die Zusammenstellung der Branchen in der Liste der Erfahrungszahlen zur Beurteilung der Bruttogewinnmarge im vorliegenden Fall wenig hilfreich, wurde nicht eine einzige fachärztliche Praxis für A. zum Vergleich herangezogen. Schliesslich ist zu bemerken, dass die Arbeit der Ärzte ausserhalb ihres Betätigungsfeldes in der traditionellen Medizin z.B. im Bereich des Beautymanagement keine Erscheinung ist, welche schon vor 30 Jahren in dieser Intensität vorhanden war, sondern sich erst in neuerer Zeit als Einnahmequelle manifestierte.
Betreffend der Auswertung der durch die Steuerverwaltung gesammelten Daten ist auszuführen, dass die Liste keine Ausscheidung der Einkünfte der Ärzte in kassenpflichtige Leistungen, nicht kassenpflichtige Leistungen, Selbstdispensation resp. Medikamentenabgabe und Einkünfte aus Nicht-ärztlicher Tätigkeit wie vorliegend dem Beautymanagement kennt. Die von der Treuhänderin der Pflichtigen an die Steuerverwaltung eingereichten Unterlagen mit Schreiben vom 11. Dezember 2008 - wobei die Steuerverwaltung die Treuhänderin zur Einreichung von Unterlagen aufgefordert hat, welche bereits eine ähnliche Aufteilung hätte aufzeigen sollen - haben jedoch nicht den erwarteten Aufschluss geliefert. Insofern hätte die Steuerverwaltung zur Vornahme einer Einschätzung gemäss dem Untersuchungsgrundsatz nach Art. 123 Abs. 1 resp. Art. 130 DBG weitere Abklärungen treffen müssen, da die bis zu dem Zeitpunkt vorgenommenen Abklärungen nicht genügend Aufschluss über die Höhe und die Zusammenstellung des Einkommens der Pflichtigen geben konnten. In diesem Zusammenhang ist auf die Mitwirkungspflicht seitens der Pflichtigen hinzuweisen, welchen es durchaus zumutbar ist, der Steuerverwaltung einen Einblick in die einzelnen Rechnungen (…) - zur Wahrung des Arztgeheimnisses selbstverständlich in anonymisierter Form - zu gewähren. Keinesfalls darf das Arztgeheimnis dazu benutzt werden, um den Veranlagungsbehörden eine Einsicht in den tatsächlichen Geschäftsgang der Praxis zu verwehren.
Zusammenfassend ist aufgrund all dieser Erwägungen festzuhalten, dass der Vergleich mit den veralteten Daten anderer ärztlicher Praxen und deren Bruttogewinnmargen (Erfahrungszahlen) sowie die von der Steuerverwaltung getroffenen Abklärungen zur Feststellung der Höhe des Einkommens aus der selbständigen Erwerbstätigkeit des Pflichtigen, einer näheren Überprüfung nicht stand hält. Insofern hat die Steuerverwaltung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Beschwerdeführer weder die erforderliche Beachtung geschenkt noch die Einschätzung nach pflichtgemässem Ermessen vorgenommen. Aus diesen Gründen werden die Veranlagung zur direkten Bundessteuer 2004 vom 28. August 2008 sowie der Einsprache-Entscheid vom 11. Dezember 2009 aufgehoben und wird der Fall der Steuerverwaltung zur Vornahme einer pflichtgemässen Einschätzung zurückgewiesen.
5. a) (…)
b) (…)
Entscheid des Steuergerichts vom 28.05.2010 (530 10 3)