510 10 30 Amtliche Veranlagung

Zur Entkräftung einer ermessensweisen Einschätzung ist gemäss der neueren bundesgerichtlichen Rechtsprechung u.a. das Nachreichen einer bisher nicht vorgelegten Steuererklärung nicht mehr Gültigkeitsvoraussetzung der Einsprache. Erforderlich ist aber die substanziierte Darstellung des Sachverhalts, unter Nennung der Beweismittel.



Sachverhalt:

1. Nachdem die Pflichtige trotz Chargé-Mahnung vom 10. August 2009 ihre Steuererklärung nicht einreichte, wurde sie mit Veranlagungsverfügung Staatssteuer 2008 vom 21. Januar 2010 amtlich eingeschätzt.


2. Mit Schreiben vom 28. Januar 2010 erhob die Pflichtige dagegen Einsprache und reichte mit Datum vom 18. Februar 2010 die Selbstdeklaration inklusive Beilagen ein.


3. a) Mit Schreiben vom 15. März 2010 teilte die Steuerverwaltung der Pflichtigen mit, um auf die Einsprache eintreten zu können, benötige sie die Abrechnung Pensionsstall "X." und die Bestätigung der Werte der eigenen Pferde. Der Pflichtigen wurde für die Nachreichung dieser Unterlagen eine peremptorische Frist bis zum 29. März 2010 gesetzt.


b) Mit undatiertem Antwortschreiben (Eingang Steuerverwaltung: 07.04.2010) reichte die Pflichtige bei der Steuerverwaltung drei Belege für den Kauf von Stroh und Heu ein. Dazu führte sie aus, die beigelegten Rechnungen entsprächen dem Futterkauf für die Pferde, weitere Belege seien keine vorhanden. Andere Veröffentlichungen, z.B. im Internet, seien nicht von ihr in Auftrag gegeben worden. Ein Augenschein könne mit Terminangabe gerne vorgenommen werden.


4. Mit Einsprache-Entscheid vom 13. April 2010 wies die Steuerverwaltung die Einsprache betreffend die selbständige Nebenerwerbstätigkeit ab mit der Begründung, die nachgereichten Belege und Ausführungen genügten den Anforderungen der Aufzeichnungspflicht nicht, weshalb an der Aufrechnung gemäss Ermessen in Höhe von Fr. 20'000.-- festgehalten werde.


5. Mit Schreiben vom 7. Mai 2010 erhob die Pflichtige gegen den Einsprache-Entscheid Rekurs mit dem sinngemässen Begehren, das von der Steuerverwaltung aufgerechnete Einkommen aus selbständiger Nebenerwerbstätigkeit in der Höhe von Fr. 20'000.-- sei zu streichen.


Zur Begründung führte sie aus, sie habe weder zusätzliches Einkommen erwirtschaftet noch gewerbsmässig gewirtschaftet. Die "Reitstunden" seien unentgeltlich erfolgt und im Gegenzug durch Mithilfe im Stall kompensiert worden. Aus den genannten Gründen würden auch keine Belege existieren. Auch seien Inserate im Internet im Umlauf, von denen sie nichts gewusst habe und die ohne ihr Wissen aufgegeben worden seien.


6. Mit Vernehmlassung vom 16. September 2010 beantragte die Steuerverwaltung die Abweisung des Rekurses. Zur Begründung verwies sie auf den Einsprache-Entscheid vom 13. April 2010 und führte ergänzend aus, es seien zwar am 18. Februar 2010 diverse Unterlagen eingereicht worden, jedoch sei auch nach einer erneuten Aufforderung zur Einreichung einer Abrechnung über den Pensionsstall "X." sowie einer Bewertung der allenfalls eigenen Pferde leider nichts eingereicht worden. Aus den Unterlagen gehe jedoch hervor, dass im Pensionsstall "X." nebst vier Pferden noch weitere freie Pferdeboxen zu vermieten seien. Mangels Angaben der Pflichtigen fände deshalb eine Aufrechnung nach Ermessen in der Höhe von Fr. 20'000.-- als Einkommen aus selbständiger Tätigkeit statt (Fr. 350.-- x 5 x 12 = Fr. 21'000.--). Dabei seien allfällige Einnahmen aus Reitstunden nicht eingerechnet worden. Da der Rekurrentin grundsätzlich der Nachweis von steuermindernden Tatsachen obliege und im hier zu beurteilenden Fall leider weder eine Abrechnung der Einnahmen bzw. Ausgaben vorliege, noch rechtsgenüglich begründet werde, warum gerade keine Einnahmen aus der Stallvermietung resultieren sollen, sei der Steuerverwaltung nichts anderes übrig geblieben, als eine ermessensweise Beurteilung vorzunehmen.


7. An der heutigen Verhandlung hielten die Parteien an ihren Anträgen fest.



Aus den Erwägungen:

1. (…)


2. Vorliegend unterliegt der Beurteilung, ob die Steuerverwaltung bei der Pflichtigen zu Recht eine Aufrechnung nach Ermessen in der Höhe von Fr. 20'000.-- aus Einkommen aus selbständigem Nebenerwerb vorgenommen hat.


3. Gemäss § 106 Abs. 1 und 2 StG wird der Steuerpflichtige, wenn er innerhalb der festgesetzten Nachfrist und Chargé-Mahnung die Steuererklärung nicht einreicht oder vervollständigt, von Amtes wegen eingeschätzt.


Eine amtliche Einschätzung gemäss § 106 StG kann der Steuerpflichtige nur wegen offensichtlicher Unrichtigkeit anfechten. Die Einsprache gegen die amtliche Einschätzung ist gemäss § 122 Abs. 1 und 2 StG innert der Einsprachefrist von 30 Tagen zu begründen und muss allfällige Beweismittel nennen (sog. Unrichtigkeitsnachweis). Diese von § 122 Abs. 2 StG geforderte Begründung der Einsprache gegen eine amtliche Veranlagung stellt nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung eine Prozessvoraussetzung dar, deren Fehlen zur Folge hat, dass auf die Einsprache nicht eingetreten werden kann (vgl. Bundesgerichtsurteil [BGE] 2C_579/2008 vom 26. April 2009, E. 2.1 mit weiteren Hinweisen, publ. in: Steuerentscheid [StE] 8-9/2009, B. 95.1 Nr. 14). Die genannten erhöhten prozessualen Anforderungen finden ihre Erklärung in der besonderen Natur der Ermessensveranlagung. Da die Steuerbehörde mangels genügender Unterlagen nicht alle Steuerfaktoren genau ermitteln kann, muss sie diese schätzen. Dabei hat sie notwendigerweise auf Annahmen und Vermutungen abzustellen. Weil eine Ermessenseinschätzung somit naturgemäss eine gewisse Unschärfe aufweist, ist die Möglichkeit, sie anzufechten, entsprechend eingeschränkt. Der Steuerpflichtige kann sie nur wegen offensichtlicher Unrichtigkeit in Frage stellen. Er hat nachzuweisen, dass die Ermessensveranlagung den tatsächlichen Verhältnissen nicht entspricht. Mittels umfassendem Unrichtigkeitsnachweis hat er die bisher vorhandene Ungewissheit bezüglich des Sachverhalts zu beseitigen, blosse Teilnachweise genügen nicht. In der Begründung der Einsprache ist daher der Sachverhalt in substanziierter Weise darzulegen, und es sind die Beweismittel für diese Sachverhaltsdarstellung zu nennen. Es reicht nicht aus, die Einschätzung bloss in pauschaler Weise zu bestreiten oder lediglich einzelne Positionen der Einschätzung als zu hoch zu bezeichnen. Vielmehr wird der Steuerpflichtige, der seine Mitwirkungspflichten im Veranlagungsverfahren nicht erfüllt und dadurch eine Ermessensveranlagung bewirkt hat, in der Regel die versäumten Mitwirkungshandlungen nachholen - also eine bisher nicht vorgelegte Steuererklärung nachträglich einreichen - müssen, um die Einsprache genügend zu begründen (BGE 2C_579/2008, a.a.O., E. 2.1 mit weiteren Hinweisen).


Das Bundesgericht hat seine frühere - nicht immer einheitliche - Rechtsprechung in dem Sinne verdeutlich, als dass die erwähnten gesetzlichen Bestimmungen indessen nicht vorschreiben, dass eine Einsprache gegen eine Ermessenseinschätzung wegen versäumter Mitwirkungshandlungen nur gültig ist, wenn damit gleichzeitig das Versäumte nachgeholt wird. Nach der neueren Rechtsprechung ist daher das Nachreichen einer bisher nicht vorgelegten Steuererklärung nicht Gültigkeitsvoraussetzung der Einsprache (BGE 2C_579/2008, a.a.O., E. 2.2 mit weiteren Hinweisen).


Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung lebt die Untersuchungspflicht der Steuerbehörde wieder auf, wenn die Ungewissheit des Sachverhalts, die zur ermessensweisen Einschätzung geführt hat, durch den Steuerpflichtigen beseitigt worden ist (BGE 2C_579/2008, a.a.O., E. 2.4).


4. Vorliegend hat die amtliche Veranlagung ihre Ursache darin, dass die Rekurrentin trotz Chargé-Mahnung vom 10. August 2009 die in Frage stehende Steuererklärung innert der gesetzten Frist bis 31. August 2009 offensichtlich nicht einreichte. Die der Rekurrentin mit amtlicher Veranlagungsverfügung Staatssteuer 2008 vom 21. Januar 2010 mitgeteilte Rechtsmittelbelehrung besagt, dass die Einsprache zu begründen ist und als Beweismittel eine vollständige, ausgefüllte Steuererklärung (samt Beilagen) enthalten muss, ansonsten auf die Einsprache nicht eingetreten werden kann.


Wie unter Ziffer 3 bereits festgehalten wurde, ist nach der neuen bundesgerichtlichen Rechtsprechung das Nachreichen einer bisher nicht vorgelegten Steuererklärung nicht mehr Gültigkeitsvoraussetzung der Einsprache. In der Begründung der Einsprache muss jedoch der Sachverhalt in substanziierter Weise dargelegt werden, und es sind die Beweismittel für diese Sachverhaltsdarstellung zu nennen. Die Pflichtige hat in casu mit Schreiben vom 28. Januar 2010 fristgerecht Einsprache gegen die amtliche Veranlagung erhoben und mit Datum vom 18. Februar 2010 die Selbstdeklaration inklusive Beilagen eingereicht. Um auf die Einsprache eintreten zu können, gewährte die Steuerverwaltung der Pflichtigen kulanterweise eine peremptorische Frist zur Einreichung der Abrechnung Pensionsstall "X." und der Bestätigung der Werte der eigenen Pferde. Daraufhin reichte die Pflichtige lediglich drei Belege über den Kauf von Stroh und Heu ein, wobei einer der Belege nicht auf ihren Namen lautete. Weder innert der Einsprachefrist respektive in der nachgereichten Steuererklärung noch in der gewährten Nachfrist wurde eine Abrechnung der Einnahmen bzw. Ausgaben betreffend dem Pensionsstall "X." eingereicht. Auch wurde nicht rechtsgenüglich dargelegt, warum keine Einnahmen aus der Stallvermietung resultieren sollten. Der Pflichtigen wäre es durchaus zumutbar gewesen, eine Abrechnung inklusive Belege über die Aufwendungen und Erträge des Pensionsstalls "X." bei der Steuerverwaltung einzureichen sowie den Versicherungswert der eigenen Pferde anzugeben respektive die Schätzung der eigenen Pferde durch einen Tierarzt vornehmen zu lassen.


Der Pflichtigen ist somit der Unrichtigkeitsnachweis nach § 122 Abs. 2 StG nicht gelungen, weshalb die Steuerverwaltung zu Recht das Einkommen aus selbständigem Nebenerwerb nach Ermessen festgelegt hat.


Der Rekurs erweist sich demnach als unbegründet und ist abzuweisen.


5. (…)


Entscheid des Steuergerichts vom 15.10.2010 (510 10 30)



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