530 10 27 Verpflegungsmehraufwand

Der Kanton Basel-Landschaft kennt in seiner Praxis im Gegensatz zu anderen Kantonen keinen absoluten Zeitrahmen, in welchem es einem Steuerpflichtigen möglich sein muss das Mittagessen zu Hause einzunehmen. Auch die Länge des Arbeitswegs resp. die Zeit, um diesen zu überwinden ist nicht beziffert. Vielmehr wird im Kanton Basel-Landschaft gemäss der allgemeinen Beweislastregel davon ausgegangen, dass den Steuerpflichtigen die Beweislast für Tatsachen obliegt, welche die Steuerschuld mindern oder aufheben.



Sachverhalt:

1. In der Veranlagungsverfügung zur direkten Bundessteuer 2009 vom 25. März 2010 wurde der Pflichtigen der Abzug für Mehrkosten für auswärtige Verpflegung von Fr. 3'200.-- gestrichen.


2. Gegen diese Veranlagung erhob die Pflichtige mit Schreiben vom 30. März 2010 Einsprache mit dem sinngemässen Begehren, der Mehrkostenabzug für die auswärtige Verpflegung in Höhe von Fr. 3'200.-- sei zu gewähren. Zur Begründung führte sie aus, es könne nicht sein, dass jemand nur weil er am gleichen Ort arbeite und wohne keinen Abzug tätigen könne, da solche Pflichtige auch Aufwendungen im Zusammenhang mit ihrer Arbeit hätten.


3. Mit Einsprache-Entscheid vom 3. Mai 2010 wies die Steuerverwaltung die Einsprache ab. Zur Begründung führte sie aus gemäss Art. 26 Abs. 1 lit. b DBG sowie Art. 6 Abs. 1 lit. a der Berufskostenverordnung könnten unter gewissen Umständen die Mehrkosten auswärtiger Verpflegung als Gewinnungskosten abgezogen werden. Der Abzug könne geltend gemacht werden wenn jemand wegen grosser Entfernung zw. Wohn- und Arbeitsstätte oder wegen kurzer Essenspausen eine Hauptmahlzeit nicht zu Hause einnehmen könne. Der Abzug betrage für jede auswärtige Hauptmahlzeit (i.d.R. nur für das Mittagessen Fr. 15.--), bei ständiger auswärtiger Verpflegung aber höchstens Fr. 3'200.-- pro Jahr. Könne die Verpflegung zu Hause eingenommen werden, so komme ein Abzug nicht in Betracht. Die Überprüfung der Steuerverwaltung habe ergeben, dass die Pflichtige bei der Gemeindeverwaltung in A. an der B.-strasse Nr. X arbeite. Die Distanz zu ihrer Wohnung an der C.-strasse Nr. Z, in A. würde gemäss Twix-Route 500 Meter betragen. Ihr sei kein Abzug für den Verpflegungsmehraufwand zuzusprechen, da es gemäss ständiger Praxis bei Identität von Wohn- und Arbeitsort zumutbar sei, die Wegstrecke nach Hause über die Mittagszeit zu bewältigen und somit kein Mehraufwand im gesetzlichen Sinne vorliege.


4. Mit Schreiben vom 11. Mai 2010 erhob die Pflichtige Beschwerde gegen den Einsprache-Entscheid mit dem Begehren, der Mehrkostenabzug für die auswärtige Verpflegung in Höhe von Fr. 3'200.-- sei zu gewähren.


Zur Begründung führte sie u.a. aus, es sei auch Praxis gewesen, dass der Abzug für Verpflegungsmehrkosten nur denjenigen Personen zugestanden worden sei, welche mit Angehörigen für die sie sorgen in gemeinsamem Haushalt lebten. Diese Praxis sei vom Kantonsgericht des Kantons Basel-Landschaft vom 29. Juli 2009 aufgehoben worden.


5. Mit Vernehmlassung vom 25. August 2010 beantragte die Steuerverwaltung die Abweisung der Beschwerde. Zur Begründung führte sie ergänzend zum Einsprache-Entscheid vom 3. Mai 2010 aus, Verpflegungskosten seien grundsätzlich private Lebenshaltungskosten und somit nicht abziehbar. Wer jedoch wegen kurzer Essenspausen bzw. infolge grosser Entfernung zwischen Wohn- und Arbeitsort eine Hauptmahlzeit nicht zu Hause einnehmen könne, sei zu einem Abzug berechtigt.



Aus den Erwägungen:

1. (…)


2. Vorliegend ist zu prüfen, ob die Steuerverwaltung den von der Pflichtigen geltend gemachten Abzug für Mehrkosten für auswärtige Verpflegung zu Recht gestrichen hat.


a) Gemäss Art. 26 Abs. 1 DBG werden als Berufskosten abgezogen: (a) die notwendigen Kosten für Fahrten zwischen Wohn- und Arbeitsstätte; (b) die notwendigen Mehrkosten für Verpflegung ausserhalb der Wohnstätte und bei Schichtarbeit; (c) die übrigen für die Ausübung des Berufes erforderlichen Kosten; (d) die mit dem Beruf zusammenhängenden Weiterbildungs- und Umschulungskosten.


Für die Berufskosten nach Absatz 1 Buchstaben a-c werden Pauschalansätze festgelegt; im Falle von Absatz 1 Buchstaben a und c steht dem Steuerpflichtigen der Nachweis höherer Kosten offen (Abs. 2).


b) Nach Art. 6 der Verordnung des EFD über den Abzug von Berufskosten der unselbständigen Erwerbstätigkeit bei der direkten Bundessteuer (Berufskostenverordnung) vom 10. Februar 1993 ist bei Mehrkosten für Verpflegung ausschliesslich der Pauschalabzug nach Art. 3 zulässig: (a) wenn der Steuerpflichtige wegen grosser Entfernung zwischen Wohn- und Arbeitsstätte oder wegen kurzer Essenspause eine Hauptmahlzeit nicht zu Hause einnehmen kann; oder (b) bei durchgehender Schicht- oder Nachtarbeit. Nur der halbe Abzug ist zulässig, wenn die Verpflegung vom Arbeitgeber anders als in bar verbilligt wird (Abgabe von Gutscheinen) oder wenn sie in einer Kantine, einem Personalrestaurant oder einer Gaststätte des Arbeitgebers eingenommen werden kann (Abs. 2). Kein Abzug ist mangels Mehrkosten zulässig, wenn der Arbeitgeber bei der Bewertung von Naturalbezügen die von den Steuerbehörden festgelegten Ansätze unterschreitet oder wenn sich der Steuerpflichtige zu Preisen verpflegen kann, die unter diesen Bewertungsansätzen liegen (Abs. 3).


Gemäss dem Anhang zur Berufskostenverordnung beträgt der Abzug pro Hauptmahlzeit Fr. 15.-- pro Tag resp. Fr. 3'200.-- pro Jahr.


c) Gemäss der Wegleitung zur Steuererklärung 2009 sind Verpflegungskosten grundsätzlich private Lebenshaltungskosten und somit nicht abziehbar. Wer infolge grosser Entfernung zwischen Wohn- und Arbeitsort oder wegen kurzer Essenspause eine Hauptmahlzeit nicht zu Hause einnehmen kann, ist zu einem Abzug berechtigt.


3. a) Unter den abzugsfähigen Berufskosten versteht das DBG die für die Ausübung der unselbständigen Erwerbstätigkeit notwendigen Kosten, insbesondere für den Arbeitsweg, die auswärtige Verpflegung und die berufliche Weiterbildung. Mit der Generalklausel in lit. c werden darüber hinaus alle Kosten als abzugsfähig erklärt, die für die Berufsausübung erforderlich sind. Berufskosten sind somit von den freiwillig getätigten Auslagen abzugrenzen, die im Zusammenhang mit der Lebenshaltung anfallen (vgl. Knüsel, in: Martin Zweifel/Peter Athanas [Hrsg.], Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht I/2a, Art. 26 DBG N 2). Der Begriff der Notwendigkeit ist dabei in einem weiten Sinn auszulegen. Das Bundesgericht verlangt nicht, dass der Pflichtige das Erwerbseinkommen ohne die streitige Auslage überhaupt nicht hätte erzielen können. Als Gewinnungskosten gelten vielmehr jene Aufwendungen, die für die Erzielung des Einkommens nützlich sind und nach der Verkehrsauffassung im Rahmen des Üblichen liegen (vgl. BGE 124 II 29; Philip Funk in: Archiv für Schweizerisches Abgaberecht [ASA], Bd. 58, S. 310).


b) Die abzugsfähigen Gewinnungskosten sind in erster Linie von den nicht abzugsfähigen Kosten der Lebenshaltung abzugrenzen. Lebenshaltungskosten sind all jene Ausgaben, welche nicht ausschliesslich zum Zwecke der Einkommenserzielung getätigt werden. Sie dienen der Befriedigung der allgemeinen Lebensbedürfnisse des Menschen (Essen, Wohnen, Kleidung, Bildung, Erholung usw.) und bilden bei den meisten Personen den Anlass zur Einkommenserzielung. Sie entstehen somit nicht deshalb, weil eine Person Einkommen erzielt; vielmehr erzielt die Person Einkommen, weil sie finanzielle Mittel benötigt, um ihre allgemeinen Lebensbedürfnisse zu befriedigen. Die Lebenshaltungskosten stellen daher Einkommensverwendung dar (vgl. Höhn/Waldburger, Steuerrecht Band I, 9. Aufl., Bern/Stuttgart/Wien 2001, § 14 N 113).


c) Kosten für die Ernährung sind primär nicht abzugsfähige Lebenshaltungskosten. Soweit der steuerpflichtigen Person wegen der Berufsausübung Mehrkosten für die auswärtige Verpflegung erwachsen, sind diese aufgrund der ausdrücklichen Nennung in Art. 26 Abs. 1 lit. b DBG abzugsfähig. Dabei wird einzig vorausgesetzt, dass eine Hauptmahlzeit wegen zu grosser Entfernung zwischen Wohn- und Arbeitsstätte oder wegen kurzer Essenspause nicht zu Hause eingenommen werden kann. Es besteht dabei eine reichhaltige (und uneinheitliche) Praxis in den verschiedenen Kantonen, welche Distanzen zwischen dem Arbeits- und Wohnort liegen müssen, wie lange der Hin- und Rückweg inkl. Verweildauer zu Hause sein muss, wie lange die Verweildauer zu Hause mindestens betragen muss (vgl. Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. A. Zürich 2009, Art. 26 N 23).


d) Das Bundesgericht führte in seinem Urteil vom 12. Mai 2003 aus, Mehrkosten für Verpflegung können nach Art. 6 Abs. 1 lit. a BKV pauschal abgezogen werden, wenn der Steuerpflichtige wegen grosser Entfernung zwischen Wohn- und Arbeitsstätte oder wegen kurzer Essenspause eine Hauptmahlzeit nicht zu Hause einnehmen kann. Der Nachweis höherer Kosten ist in diesem Fall ausgeschlossen (Art. 26 Abs. 2 DBG). Wann eine Rückkehr nach Hause zumutbar ist, wird von den Kantonen unterschiedlich beurteilt.


Die Steuerverwaltung Graubünden hat eine Praxis festgelegt, wonach es in der Regel zumutbar ist, sich zu Hause zu verpflegen, wenn für das Mittagessen zu Hause inkl. Hin- und Rückweg nicht mehr als 90 Minuten benötigt werden, wobei die Aufenthaltsdauer am Mittagstisch mindestens 30 Minuten betragen soll. Die Berner Rekurskommission hält es in der Regel für zumutbar, sich zu Hause zu verpflegen, wenn die Mittagspause (Aufenthaltsdauer) daheim mindestens eine halbe Stunde (wird selbst gekocht, eine Stunde) beträgt, sofern der Zeitaufwand für den Hin- und Rückweg nicht grösser als die Aufenthaltsdauer zu Hause ist (NStP 30/1976 S. 123; Locher, a.a.O., Art. 26 N 18). Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Glarus liegt die Distanz zwischen Arbeits- und Wohnort von 17 km, für die eine Fahrzeit zwischen 15 und 20 Minuten benötigt wird, im Grenzbereich des Zumutbaren, wenn der Steuerpflichtige feste Arbeitszeiten mit einer üblichen Ruhepause (in der Grössenordnung von 1 1/2 Stunden) zwischen Arbeitsende am Vormittag und Arbeitsbeginn am Nachmittag oder gleitende Arbeitszeit hat (StE 1990 B 22.3 Nr. 34). Für das Verwaltungsgericht Zürich vermag die gleitende Arbeitszeit "für sich allein noch keinen Anspruch auf Abzug der Mehrkosten auswärtiger Verpflegung zu begründen. Erst wenn die tatsächliche Arbeitspause so knapp bemessen ist, dass sie die Einnahme des häuslichen Mittagessens verunmöglicht, kann dem Steuerpflichtigen nicht (mehr) zugemutet werden, die Mehrkosten der auswärtigen Verpflegung am Arbeitsort zu vermeiden" (StE 1984 ZH B 22.3 Nr. 4) (vgl. Entscheid des Bundesgerichts [BGE] Nr. 2P.254/2002 vom 12.05.2003 E.4.3).


4. a) In Anlehnung an das Urteil des Kantonsgerichts vom 29. Juli 2009 macht die Beschwerdeführerin nun einen Abzug für Mehrkosten der Verpflegung geltend. Das Kantonsgericht hatte in dortigem Fall jedoch nur betreffend der Staatssteuer zu entscheiden und es hatte festgestellt, dass die kantonale Verordnung zum Steuergesetz eine unzulässige Einschränkung statuierte. Daher kann sich die Beschwerdeführerin im Fall der direkten Bundessteuer nicht auf das Urteil des Kantonsgerichts berufen.


b) Die Pflichtige ist auf der Gemeindeverwaltung A. als Mitarbeiterin in der Abteilung Finanzen/Steuern tätig. Demzufolge gilt betreffend ihres Arbeitsverhältnisses das kantonale Personalrecht (§ 1 Abs. 1 lit. c Personalgesetz). Die kantonale Verordnung zur Arbeitszeit bestimmt in § 12 Abs. 1 dass bei einer mehr als siebenstündigen Tagesarbeitszeit eine unbezahlte Verpflegungspause von mindestens 30 Minuten Dauer eingehalten werden muss. Ausgehend von einer täglich mindestens siebenstündigen Arbeitszeit hat die Pflichtige demzufolge eine Pause von mindestens 30 min. einzuhalten. Gesetzlich nicht geregelt ist die maximal zulässige Länge der Pause. Letztere erfährt jedoch indirekt eine zeitliche Einschränkung durch die Wahl des Arbeitszeitmodells (vgl. § 3 der Verordnung zur Arbeitszeit).


c) Es ist nicht anzunehmen, dass die Beschwerdeführerin als Mitarbeiterin in der Abteilung Finanzen/Steuern der Gemeinde A. lediglich eine Mittagspause von höchstens 30 min. in Anspruch nehmen kann. Die Beschwerdeführerin legt vorliegend auch nicht dar, dass ihre Mittagspause maximal 30 min. dauert, sie diese aber auch nicht nach eigenem Ermessen erweitern kann (und daher als kurze Essenpause zu bezeichnen ist) und dass sie aufgrund dieser knappen (nicht verlängerbaren) Pause nicht nach Hause gehen kann, um ihr Mittagessen einzunehmen, weshalb sie tatsächlich gezwungen ist, eine Hauptmahlzeit bei ihrem Arbeitgeber zu sich zu nehmen. Als Verwaltungsangestellte ist die Beschwerdeführerin in der zeitlichen Gestaltung ihrer Mittagspause vergleichsweise zu anderen beruflichen Tätigkeiten denn auch relativ frei.


d) Gemäss Twixroute beträgt die Entfernung zwischen dem Arbeitsort der Pflichtigen und ihrem Wohnort 500 m. Diese Wegstrecke kann zu Fuss in maximal 10 min. bewältigt werden. Daraus folgt, dass der Arbeitsweg der Beschwerdeführerin von 500 m nicht als grosse Entfernung im Sinne von Art. 6 der Berufskostenverordnung bezeichnet werden kann, weshalb dieses Kriterium, um einen Abzug zu erwirken, vorliegend klar nicht erfüllt ist. Sinn dieser gesetzlichen Regelung ist zudem nicht, generell einen Abzug für Verpflegungskosten zuzulassen, sondern bei denjenigen Berufstätigen einen Ausgleich zu schaffen, denen es aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit resp. der kurzen Mittagspause oder der grossen Entfernung zwischen Wohn- und Arbeitsort unmöglich ist sich zu Hause zu verpflegen und damit gezwungen sind ihre Mahlzeiten auswärts einzunehmen.


e) Der Kanton Basel-Landschaft kennt in seiner Praxis im Gegensatz zu anderen Kantonen keinen absoluten Zeitrahmen, in welchem es einem Steuerpflichtigen möglich sein muss das Mittagessen zu Hause einzunehmen. Im Weiteren ist auch die Länge des Arbeitswegs resp. die Zeit, um diesen zu überwinden, ebenfalls nicht beziffert. Vielmehr geht die Praxis des Kantons Basel-Landschaft gemäss der allgemeinen Beweislastregel davon aus, dass den Steuerpflichtigen die Beweislast für Tatsachen obliegt, welche die Steuerschuld mindern oder aufheben (vgl. Entscheid des Steuergerichts [StGE] Nr. 077/2007 vom 26. Oktober 2007 , E. 3c).


Der geltend gemachte Abzug kann der Beschwerdeführerin nicht gewährt werden, da sie nicht dargelegt hat, dass ihr aufgrund der kurzen Essenspause tatsächlich Mehrkosten für auswärtige Verpflegung entstanden sind. Im Weiteren liegen zwischen Wohnort und Arbeitsort der Pflichtigen lediglich 500 m, was nicht als grosse Entfernung zu bezeichnen ist.


Unter Berücksichtigung der gesamten Umstände, erweist sich die Beschwerde gemäss diesen Ausführungen als unbegründet und ist demzufolge abzuweisen.


5. (…)


Entscheid des Steuergerichts vom 24.09.2010 (530 10 27)



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