510 10 60 Interkantonale Doppelbesteuerung

Das Kreisschreiben Nr. 14 der Schweizerischen Steuerkonferenz wird nicht in allen Kantonen angewendet, was im interkantonalen Verhältnis zu einer Doppelbesteuerung führt. Die Aufhebung der Doppelbesteuerung kann vor dem Bundesgericht mittels Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt werden. Gemäss der Praxis des Bundesgerichts muss der Instanzenzug nicht in jedem der betroffenen Kantone durchlaufen werden. Es genügt, wenn dies bloss in einem Kanton (letztinstanzlicher kantonaler Entscheid) erfolgt.



Sachverhalt:

1. Mit Veranlagungsverfügung zur Staatssteuer 2008 vom 22. Juli 2010 wurden die Pflichtigen mit einem Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit in Höhe von Fr. 88'470.-- veranlagt.


2. Gegen diese Veranlagungsverfügung erhob die Vertreterin der Pflichtigen mit Schreiben vom 23. Juli 2010 Einsprache und begehrte, die Periode 01.05.2008 - 31.12.2008 in Basel-Landschaft sei basierend auf den effektiv geleisteten Lohnzahlungen zu veranlagen. Zur Begründung führte sie aus, gemäss Kreisschreiben Nr. 14 der Schweizerischen Steuerkonferenz (SSK) betreffend Interkantonaler Wohnsitzwechsel von quellensteuerpflichtigen Personen, die nachträglich ordentlich veranlagt werden (Art. 90 Abs. 2 DBG, Art. 34 Abs. 2 StHG) vom 6. Juli 2001 (nachfolgend KS Nr. 14) lege der Wohnsitzkanton am Ende der Periode das steuerbare und satzbestimmende Einkommen sowie das steuerbare Vermögen für den Zuzugs- und Wegzugskanton fest. Zu den Kriterien mache das KS Nr. 14 keine Angaben. Es sei aber naheliegend, dass die Aufteilung parallel zu den abgezogenen Quellensteuern erfolgen sollte. Die einfache pro rata Aufteilung führe gerade bei einmaligen Zahlungen zur grotesken Situation, dass im einen Kanton mehrere Tausend Franken geschuldet würden, im anderen Kanton mehrere Tausend Franken zurückbezahlt würden. Dies sei nicht im Sinne des Kreisschreibens.


3. Mit Einsprache-Entscheid vom 7. September 2010 wies die Steuerverwaltung die Einsprache ab. Zur Begründung führte sie aus, würden die der Quellensteuer unterworfenen Bruttoeinkünfte einer in der Schweiz wohnhaften quellensteuerpflichtigen Person im Jahr die als massgebend festgelegte Einkommenslimite (Fr. 120'000.--) überschreiten, so sei eine nachträgliche ordentliche Veranlagung mit Anrechnung der an der Quelle erhobenen Steuern durchzuführen. Dadurch dass der Kanton Basel-Stadt selber eine unterjährige Veranlagung durchgeführt habe, sei es zur Doppelbesteuerung gekommen. Gemäss KS Nr. 14 sei bei einem Wegzug einer der nachträglichen ordentlichen Veranlagung unterstellten quellensteuerpflichtigen Person von einem Kanton mit Postnumerando-System in einen anderen Kanton mit Postnumerando-System, der Kanton mit Wohnsitz am Ende der Periode für die Veranlagung der ganzen Steuerperiode zuständig. Der Zuzugskanton habe eine ganzjährige Veranlagung zu erstellen. Die involvierten Kantone würden gestützt auf dieselbe Veranlagung die Steuer für die Dauer der jeweiligen Wohnsitznahme beziehen. Es entstehe keine unterjährige Steuerpflicht sondern es würden lediglich die Bezugszeiten aufgeteilt. Bei den Staats- und Gemeindesteuern setze im vorliegenden Fall der Kanton Basel-Landschaft das steuerbare Vermögen für den Zuzugs- und den Wegzugskanton fest. Gestützt hierauf würden sodann beide Kantone gemäss den kantonalen Tarifen die geschuldeten Staats- und Gemeindesteuern unter Anrechnung der ihnen abgelieferten Quellensteuern beziehen. Die Überprüfung habe ergeben, dass die Veranlagung des Kantons Basel-Landschaft korrekt sei.


4. Mit Schreiben vom 17. September 2010 erhob die Vertreterin der Pflichtigen Rekurs mit den Begehren, es sei die effektive Doppelbesteuerung der unselbständigen Erwerbstätigkeit von Fr. 16'884.-- zwischen Basel-Landschaft und Basel-Stadt zu beseitigen. Es seien die einmaligen Zahlungen auszusondern und durch den Zahlkanton und die periodischen Zahlungen pro rata temporis zu besteuern. Zur Begründung führte sie aus, gemäss Auskunft der Steuerverwaltung Basel-Stadt werde das KS Nr. 14 im Kanton Basel-Stadt nicht mehr angewandt (gestützt auf den beiliegenden Entscheid der Steuerrekurskommission Zürich II vom 6. Juli 2009). Gemäss Art. 38 Abs. 4 StHG könne die Besteuerung im Verhältnis zur Dauer der Steuerpflicht bei hohen einmaligen Zahlungen zu keiner befriedigenden Lösung führen, dies u.a. weil der Quellenbesteuerte nicht zwingend in beiden Kantonen die für die nachträgliche ordentliche Besteuerung massgeblichen Schwellenwerte überschreite.


5. Mit Vernehmlassung vom 23. März 2011 beantragte die Steuerverwaltung die Abweisung des Rekurses. Zur Begründung führte sie aus, bei einem Wohnsitzwechsel im Laufe der Steuerperiode zwischen Kantonen habe nach Art. 68 Abs. 1 StHG der Wohnsitzkanton die Kompetenz die Kantonssteuern der ganzen Steuerperiode zu veranlagen und zu beziehen. Die Zuständigkeit in dieser Steuerperiode für die Veranlagung der direkten Bundessteuern richte sich nach der Verordnung über die zeitliche Bemessung der direkten Bundessteuer bei natürlichen Personen und liege ebenfalls beim Wohnsitzkanton. Bei einem Wegzug einer der nachträglichen ordentlichen Veranlagung unterstellten quellensteuerpflichtigen Person von einem Kanton in einen anderen Kanton, beide mit Postnumerando-System, sei der Kanton mit Wohnsitz am Ende der Periode für die Veranlagung der ganzen Steuerperiode zuständig und zwar sowohl bei der Staats- wie auch bei der direkten Bundessteuer. Gestützt auf diese Veranlagung würden sowohl Zuzugskanton wie auch Wegzugskanton gemäss ihren Tarifen die geschuldeten Steuern unter Anrechnung der Quellensteuern beziehen. Es werde moniert, dass eine Doppelbesteuerung in der Höhe von Fr. 16'884.-- vorliege. Die Steuerverwaltung Basel-Landschaft habe die Bezugszeiten praxisgemäss aufgeteilt (Februar bis April 2008 für Basel-Stadt und Mai bis Dezember für Basel-Landschaft). Nachdem die Veranlagung im Kanton Basel-Landschaft rechtskräftig geworden sei, werde Meldung an den Kanton Basel-Stadt gemacht, welcher gestützt auf die Daten der Steuerverwaltung Basel-Landschaft für den betreffenden Zeitraum die Veranlagung durchführe. Wenn wie vorliegend der Kanton Basel-Stadt eine selbständige Veranlagung vornehme und dabei das KS Nr. 14 nicht anwende, so berühre dies die konkret vorgenommene Veranlagung des Kantons Basel-Landschaft in keiner Weise.


6. An der heutigen Verhandlung hielten die Parteien an ihren Begehren fest.



Aus den Erwägungen:

1. (…)


2. Vorliegend unterliegt der Beurteilung, ob die Steuerverwaltung die Veranlagung der quellensteuerpflichtigen Rekurrenten, welche aufgrund der Höhe der Einkünfte der nachträglichen ordentlichen Veranlagung unterliegen und vom Kanton Basel-Stadt in den Kanton Basel-Landschaft umgezogen sind, korrekt vorgenommen hat. Im Weiteren ist festzustellen, ob die Pflichtigen tatsächlich in unzulässiger Weise doppelt besteuert wurden.


a) Gemäss Art. 34 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG) vom 14. Dezember 1990 werden die der Quellensteuer unterliegenden Personen für Vermögen und für Einkommen, das dem Steuerabzug an der Quelle nicht unterworfen ist, im ordentlichen Verfahren veranlagt.


Betragen die dem Steuerabzug an der Quelle unterworfenen Bruttoeinkünfte des Steuerpflichtigen oder seines Ehegatten, der in rechtlich und tatsächlich ungetrennter Ehe lebt, in einem Kalenderjahr mehr als den vom kantonalen Recht festgelegten Betrag, so wird eine nachträgliche Veranlagung durchgeführt. Die an der Quelle abgezogene Steuer wird dabei angerechnet (Abs. 2).


Nach Art. 38 Abs. 1 StHG leisten einander die Kantone bei der Erhebung der Quellensteuer unentgeltliche Amts- und Rechtshilfe. Die nach Artikel 37 Absatz 2 bezogene Quellensteuer wird dem Kanton überwiesen, der zur Besteuerung befugt ist.


Die Verpflichtung des Schuldners zum Steuerabzug richtet sich nach dem Recht des Kantons, in welchem der Schuldner Sitz oder Betriebsstätte hat (Abs. 2).


Der Steuerpflichtige wird nach dem Recht des Kantons besteuert, der zur Besteuerung befugt ist. Die von einem ausserkantonalen Schuldner abgezogene und überwiesene Steuer wird an die geschuldete Steuer angerechnet; zuviel bezogene Steuern werden zurückerstattet, zuwenig bezogene Steuern nachgefordert (Abs. 3).


Verlegt eine nach den Artikeln 32, 33 und 34 Absatz 2 steuerpflichtige natürliche Person innerhalb der Schweiz ihren Wohnsitz oder Aufenthalt, so steht dem jeweiligen Wohnsitz- oder Aufenthaltskanton das Besteuerungsrecht im Verhältnis zur Dauer der Steuerpflicht zu (Abs. 4).


Gemäss Art. 68 Abs. 1 StHG besteht bei Wechsel des steuerrechtlichen Wohnsitzes innerhalb der Schweiz die Steuerpflicht auf Grund persönlicher Zugehörigkeit für die laufende Steuerperiode im Kanton, in welchem der Steuerpflichtige am Ende dieser Periode seinen Wohnsitz hat. […] Artikel 38 Absatz 4 bleibt im Übrigen vorbehalten.


[…] Im Übrigen werden das Einkommen und das Vermögen zwischen den beteiligten Kantonen in sinngemässer Anwendung der Grundsätze des Bundesrechts über das Verbot der interkantonalen Doppelbesteuerung ausgeschieden (Abs. 2).


b) Gemäss Art. 4 der Verordnung über die Anwendung des Steuerharmonisierungsgesetzes im interkantonalen Verhältnis vom 9. März 2001 hat der Wechsel des steuerrechtlichen Wohnsitzes in einen anderen Kanton auf die Besteuerung des Einkommens aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit von Personen, die nach den Artikeln 32, 33 und 34 Absatz 2 StHG steuerpflichtig sind, die gleichen Auswirkungen wie ein Wegzug des Steuerpflichtigen aus der Schweiz oder die Begründung eines Wohnsitzes in der Schweiz.


c) Nach § 11 Abs. 6 StG richtet sich für den Bereich der Quellensteuer die Steuerpflicht bei Wohnsitz oder Aufenthalt im Kanton immer nach der tatsächlichen Dauer des Wohnsitzes bzw. des Aufenthaltes im Kanton (pro rata temporis-Besteuerung). Dies gilt auch bei einer nachträglichen ordentlichen Veranlagung gemäss § 68h Absatz 2 StG. Änderungen in der Quellensteuerpflicht werden auf den Beginn des Folgemonats vorgenommen.


Sind die dem Steuerabzug an der Quelle unterworfenen Bruttoeinkünfte des Steuerpflichtigen oder seiner in ungetrennter Ehe lebenden Ehefrau in einem Kalenderjahr höher als ein durch den Regierungsrat festgelegter Betrag, so wird nach § 68h Abs. 2 StG eine nachträgliche Veranlagung durchgeführt. Die an der Quelle abgezogene Steuer wird angerechnet.


Übersteigen die Bruttoeinkünfte in einem Kalenderjahr Fr. 120'000.--, so werden gemäss § 3 Abs. 1 der Verordnung zur Quellensteuer vom 6. September 1994 für dieses und die folgenden Jahre bis zum Ende der Quellensteuerpflicht nachträgliche Veranlagungen im ordentlichen Verfahren gemäss § 68h Absatz 2 des Steuergesetzes durchgeführt. Die an der Quelle abgezogenen Steuern werden zinslos angerechnet. Die ordentliche Veranlagung wird auch beibehalten, wenn die vorerwähnte Limite vorübergehend oder dauernd wieder unterschritten wird.


3. Die quellensteuerpflichtigen Rekurrenten wurden für die Zeit vom 1. Februar bis 30. April 2008 im Kanton Basel-Stadt (mit Veranlagungsverfügung vom 25. März 2010) und ab 1. Mai bis 31. Dezember 2008 im Kanton Basel-Landschaft (mit Veranlagungsverfügung vom 22. Juli 2010) veranlagt. Der Kanton Basel-Landschaft hat als Zuzugskanton dem Wegzugskanton die Steuerfaktoren mit Schreiben vom 26. Juli 2010 mitgeteilt und die Pflichtigen in Anwendung von KS Nr. 14, ordentlich veranlagt. An der Verhandlung des Steuergerichts bringt die Vertreterin nun vor, dass die vom Kanton Basel-Landschaft praktizierte Interpretation des KS Nr. 14 sachlich nicht korrekt und daher die Methode des Kantons Basel-Stadt vorzuziehen sei. Das KS Nr. 14 habe zudem keine gesetzliche Grundlage.


a) Ausgangspunkt jedes Verwaltungshandelns bildet im Rechtsstaat das auf der Verfassung basierende Gesetz. Nur in seltenen Fällen bestimmt allerdings das Gesetz (im formellen Sinn) das Verwaltungshandeln abschliessend. In der Regel bestehen zwischen dem Akt der Gesetzgebung und den vollziehenden Einzelakten Freiräume, welche durch Gesetzeskonkretisierung auszufüllen sind (vgl. Michael Beusch, Was Kreisschreiben dürfen und was nicht, in: Der Schweizer Treuhänder, Nr. 8/2005, S. 613). In der Schweiz ist der Vollzug der Gesetze und damit auch die Gesetzeskonkretisierung an sich Aufgabe des Bundesrates, der obersten leitenden und vollziehenden Behörde des Bundes. Diese Konkretisierung geschieht durch den Erlass exekutivisch-administrativen Ergänzungsrechts (vgl. Michael Beusch in: Martin Zweifel/Peter Athanas [Hrsg.], Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht I/2b, Art. 102 DBG N 4).


Die Eidgenössische Steuerverwaltung hat nach Art. 102 Abs. 2 DBG für die einheitliche Anwendung des Gesetzes über die direkte Bundessteuer zu sorgen. Die jeweiligen Kreisschreiben und Merkblätter haben den Charakter von Verwaltungsordnungen. Diese richten sich an die der erlassenden Behörde untergeordnete Behörde, d. h. sie statuieren nicht direkt Rechte oder Pflichten des Einzelnen. Sie vereinfachen und rationalisieren die Verwaltungspraxis und erhöhen deren Kohärenz, Kontinuität, Voraussehbarkeit und Kontrolle; man spricht in diesen Fällen von vollzugslenkenden Verwaltungsverordnungen. Als flexible Handlungsformen stehen sie dann im Vordergrund, wenn es gilt, eine einheitliche, gleichmässige und sachrichtige Praxis des Gesetzesvollzugs sicherzustellen. Dabei geht es vielfach um die Auslegung von Gesetzesbegriffen, die Zusammenfassung verschiedener Praxen oder auch um die Ausräumung bestehender Widersprüche (vgl. Michael Beusch, a.a.O. S. 613).


b) Bei der Schweizerischen Steuerkonferenz handelt es sich nicht um eine Behörde sondern um einen Verein, dem die kantonalen Steuerverwaltungen und die Eidgenössische Steuerverwaltung angehören. Sie ist keine eidgenössische Institution. Die SSK bezweckt im Wesentlichen die Koordination bei der Anwendung und der Weiterentwicklung des Steuerrechts unter den Kantonen und dem Bund. Die Aufgaben der SSK richten sich nach ihren Statuten. Jeder Kanton bleibt selbst für die rechtlich korrekte Umsetzung der eidgenössischen und kantonalen Steuerordnung verantwortlich. Die administrativen Abläufe im Steuerbereich ergeben sich grösstenteils aus den Steuergesetzen. Im Übrigen liegt bei den direkten Steuern das Veranlagungsverfahren in der Kompetenz der Kantone. Die SSK hat mit Informatikprojekten zu Vereinfachungen beigetragen. Diese Anstrengungen werden weitergeführt (vgl. Antwort des Bundesrates vom 17. November 2010 auf die Interpellation Flückiger (10.3835), Umsetzung der Motion Büttiker (09.3619) unter www.parlament.ch ).


c) Betreffend des KS Nr. 14 führt die Vertreterin der Rekurrenten zudem aus, dass bereits die Steuerrekurskommission des Kantons Zürich in ihrem Entscheid vom 6. Juli 2009 erkannt habe, dass die darin beschriebene Regelung, wonach allein der Zuzugskanton die Einschätzung vorzunehmen habe, im Gesetz keine Stütze finde (vgl. Der Steuerentscheid [StE], 2010, B 82.3 Nr. 2, E. 2bb.).


Das Bundesgericht führt in seinem Urteil vom 4. April 2011 generell in Bezug auf Kreisschreiben der SSK aus: zwar trifft es zu, dass ein Kreisschreiben der SSK das Bundesgericht nicht zu binden vermag, doch weicht letzteres nicht ohne triftigen Grund davon ab, soweit das Kreisschreiben die rechtlichen Vorgaben überzeugend konkretisiert (BGE 133 II 305 E. 8.1 S. 315; 133 V 346 E. 5.4.2 S. 352; Urteil 2C_800/2008 vom 12. Juni 2009 E. 5 publ. in: StR 64, 910 S. 913) (vgl. Entscheid des Bundesgerichts [BGE] Nr. 2C_689/2010 vom 4. April 2011, E. 4.3).


Aus den bisherigen Erwägungen folgt, dass die Kreisschreiben der SSK zwar lediglich als Empfehlungen zur Rechtsanwendung anzusehen sind, jedoch nicht ohne weiteres davon abzuweichen ist.


4. a) Die meisten Kantone haben sich für die Anwendung von KS Nr. 14 ausgesprochen. Explizit dagegen spricht sich der Kanton Basel-Stadt aus. Im Protokoll der Sitzung der SSK vom 3. März 2010 wurde diesbezüglich unter Ziff. 6 erwähnt, dass der Kanton Basel-Stadt dieses weiterhin nicht anwenden werde. Begründet wurde dies u.a. mit der ab 2008 wirksamen Gesetzesrevision, nach welcher insbesondere ein Richtung Flat Rate Tax gehender Doppeltarif mit hohen Sozialabzügen eingeführt worden sei. Basel-Stadt werde bei einem Kantonswechsel eine pro-rata-Besteuerung vornehmen (i.S. von Art. 4 der Verordnung über die Anwendung des StHG im interkantonalen Verhältnis).


Der Kanton Basel-Stadt vertritt in solchen Fällen die Ansicht, dass das KS Nr. 14 nicht zur Anwendung komme und in seiner Stellung als Wegzugskanton ein eigenständiges Bemessungs- und Veranlagungsrecht gemessen an der Dauer der hiesigen Steuerzugehörigkeit der steuerpflichtigen Person beanspruche.


b) Der Kanton Basel-Landschaft wendet in einem Fall wie dem vorliegenden das KS Nr. 14 an. Danach ist bei Wegzug einer der nachträglichen ordentlichen Veranlagung unterstellten quellensteuerpflichtigen Person von einem Kanton mit Postnumerando-System in einen andern Kanton mit Postnumerando-System, der Kanton mit Wohnsitz am Ende der Periode (Zuzugskanton) für die Veranlagung der ganzen Steuerperiode zuständig und zwar sowohl bei der direkten Bundessteuer als auch bei den Staats- und Gemeindesteuern. Bei der direkten Bundessteuer setzt der Zuzugskanton das steuerbare und das satzbestimmende Einkommen sowohl für den Zuzugskanton als auch für den Wegzugskanton fest. Gestützt auf die vom Zuzugskanton zugestellte Veranlagung bezieht der Wegzugskanton den auf ihn anfallenden Anteil der direkten Bundessteuer, indem er diesen Anteil von der dem Wegzugskanton abgelieferten (bzw. geschuldeten) Quellensteuer in Abzug bringt. In gleicher Weise bezieht der Zuzugskanton den auf ihn anfallenden Anteil der direkten Bundessteuer. Bei den Staats- und Gemeindesteuern setzt ebenfalls der Zuzugskanton (Wohnsitzkanton am Ende der Periode) das steuerbare und das satzbestimmende Einkommen sowie das steuerbare Vermögen für den Zuzugs- und den Wegzugskanton fest.


c) Der Kanton Basel-Stadt veranlagte das Einkommen der Pflichtigen aus Haupterwerb mit Fr. 49'383.--. Dieses errechnet sich aus dem Nettogehalt gemäss Lohnausweis von Fr. 122'965.-- abzüglich des unregelmässigen Einkommens in Höhe von Fr. 21'791.--, was Fr. 101'174.-- ergibt. Für die Zeit vom 1. Februar bis 30. April 2008 legte der Kanton Basel-Stadt das regelmässige Einkommen pro rata 3/11 auf Fr. 27'592.-- fest. Das unregelmässige Einkommen wurde gemäss Lohnausweis mit Fr. 21'791.-- beziffert. Der Kanton Basel-Stadt ist der Ansicht, dass die unregelmässigen Leistungen gemäss Quellensteuerabrechnung noch vor dem Wegzug per 30. April 2008 ausbezahlt worden seien.


Der Kanton Basel-Landschaft veranlagte das Einkommen der Pflichtigen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit taggenau mit Fr. 88'470.--. Dieses errechnet sich wie folgt: gemäss Lohnausweis betrug das Erwerbseinkommen der Pflichtigen inkl. Einmalzahlung für 11 Monate (335 Tage) Fr. 122'965.--. Hochgerechnet auf 366 Tage für 2008 resultiert ein satzbestimmendes Einkommen von Fr. 132'163.--. Die Aufenthaltsdauer im Kanton Basel-Landschaft dauerte vom 1. Mai bis 31. Dezember 2008 245 Tage und ergibt somit ein steuerbares Einkommen für diese Zeit von Fr. 88'470.--.


5. Die Vertreterin der Rekurrenten stellte nach Überprüfung der Veranlagungen beider Kantone fest, dass eine unzulässige Doppelbesteuerung vorliege, welche darin zu sehen sei, dass der Kanton Basel-Stadt Erwerbseinkommen in Höhe von Fr. 49'383.-- besteuere und der Kanton Basel-Landschaft in Höhe von Fr. 88'470.-- was insgesamt Fr. 137'853.-- ergebe. Gemäss Lohnausweis betrage der Nettolohn jedoch lediglich Fr. 122'965.--. Die unterschiedliche Methodik bezüglich der Aufteilung der Periode der Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft führe zu einer Doppelbesteuerung von einem Einkommen in Höhe von Fr. 14'888.--.


a) Gemäss Art. 127 Abs. 3 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (BV) vom 18. April 1999 ist die interkantonale Doppelbesteuerung untersagt. Der Bund trifft die erforderlichen Massnahmen.


b) Nach einer immer wieder verwendeten Formulierung des Bundesgerichts ist eine Doppelbesteuerung unter folgenden Voraussetzungen gegeben: "Eine gegen Art. 127 Abs. 3 BV verstossende Doppelbesteuerung liegt vor, wenn eine steuerpflichtige Person von zwei oder mehreren Kantonen für das gleiche Steuerobjekt und für die gleiche Zeit zu Steuern herangezogen wird (aktuelle Doppelbesteuerung) oder wenn ein Kanton in Verletzung der geltenden Kollisionsnormen seine Steuerhoheit überschreitet und eine Steuer erhebt, die einem anderen Kanton zusteht (virtuelle Doppelbesteuerung). Ausserdem darf ein Kanton eine steuerpflichtige Person grundsätzlich nicht deshalb stärker belasten, weil sie nicht in vollem Umfange seiner Steuerhoheit untersteht, sondern zufolge ihrer territorialen Beziehungen auch noch in einem anderen Kanton steuerpflichtig ist (Schlechterstellungsverbot) (vgl. Locher, Einführung in das interkantonale Steuerrecht, 3. Aufl., Bern 2009, S. 126). Wesentlich ist, dass eine Person durch Steuerhoheitsträger verschiedener Kantone für das gleiche Objekt zur Steuerpflicht herangezogen werden. Eine Doppelbesteuerung entsteht nur, wenn und insoweit als die Steuerhoheiten mehrerer Kantone im Einzelfall tatsächlich kollidieren (vgl. Höhn/Mäusli, Interkantonales Steuerrecht, 4. Aufl., Bern/Stuttgart/Wien 2000, § 1 N 2ff.).


c) Gemäss Lohnausweis betrug der Nettolohn des Pflichtigen Fr. 122'965.--, was gemäss Art. 34 Abs. 2 StHG i.V.m. § 11 Abs. 2 StG i.V.m. § 68h Abs. 2 StG i.V.m. § 3 Verordnung zur Quellensteuer eine nachträgliche Veranlagung im ordentlichen Verfahren zur Folge hatte.


Praxisgemäss wendet der Kanton Basel-Landschaft, wie auch die Mehrheit der Kantone in Fällen wie dem vorliegenden das KS Nr. 14 an. Auch wenn wie unter Ziffer 3b der Erwägungen bereits festgestellt worden ist, dass dieses Kreisschreiben lediglich als eine Empfehlung zur Rechtsanwendung zu betrachten ist, führte die bisherige Anwendung des KS Nr. 14 zu einer Vereinheitlichung und Gleichbehandlung aller betroffenen Steuerpflichtigen, was im Lichte der Steuerharmonisierung zu begrüssen ist.


d) Der Kanton Basel-Stadt besteuerte vorliegend die unregelmässigen Leistungen in Höhe von netto Fr. 21'791.-- vollständig, während dem der Kanton Basel-Landschaft das gesamte Einkommen, also auch die unregelmässigen Leistungen pro rata abrechnete und besteuerte. Die effektive Besteuerung von Fr. 49'383.-- durch den Kanton Basel-Stadt sowie die effektive Besteuerung von Fr. 88'470.-- durch den Kanton Basel-Landschaft führt zu einem gesamten besteuerten Einkommen von Fr. 137'853.--, wohingegen der Nettolohn gemäss Lohnausweis lediglich Fr. 122'965.-- betrug und somit zu einer von beiden Kantonen besteuerten Summe von Fr. 14'888.-- führt. Die unterschiedliche Handhabung der Besteuerung von unregelmässigen Leistungen beider Kantone führt im Ergebnis, wie bereits von der Vertreterin der Rekurrenten festgestellt worden ist zu einer unzulässigen Doppelbesteuerung.


e) Das KS Nr. 14 äussert sich nicht konkret zur Aufteilung der Einkünfte zwischen Wegzugs- und Zuzugskanton. Es regelt lediglich die Kompetenzordnung betreffend der Veranlagungsbefugnis, d.h. Festsetzung der Faktoren am Ende der Steuerperiode pro rata temporis, was demgemäss dem Zuzugskanton zustehen soll. An dieser Stelle kann offen gelassen werden, inwiefern das KS Nr. 14 in Konflikt mit der gesetzlichen Regelung von Art. 4 der Verordnung über die Anwendung des Steuerharmonisierungsgesetzes im interkantonalen Verhältnis steht - welcher einen nach den Artikeln 32, 33 und 34 Absatz 2 StHG Steuerpflichtigen gleich behandelt, wie jemand der aus der Schweiz wegzieht oder einen Wohnsitz begründet - da eine interkantonale Doppelbesteuerung gemäss Art. 127 Abs. 3 BV in jedem Fall untersagt ist.


Aus diesem Grund erachtet das Steuergericht die Berechnung des Kantons Basel-Landschaft, welche eine "pro rata temporis-Besteuerung" unter Festsetzung der Faktoren auch für den Wegzugskanton vorsieht, indessen als sachgerecht und folgt damit der bisherigen kantonalen Praxis, was auch mit den gesetzlichen Regelungen des Steuerharmonisierungsrechts in Art. 34, 38 Abs. 4 und Art. 68 StHG sowie § 11 Abs. 6 StG übereinstimmt. Die Vorgaben im KS Nr. 14 erscheinen sowohl aus verfahrensökonomischen Gründen wie auch zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung als tauglich und sinnvoll.


Aus all diesen Gründen ist der Rekurs abzuweisen.


6. Betreffend der Anfechtung der Veranlagungsverfügung des Kantons Basel-Stadt ist auszuführen, dass sich das Steuergericht lediglich zur Veranlagung des Kantons Basel-Landschaft äussern kann wobei die Pflichtigen gemäss Bundesgericht nicht dazu gehalten sind, in jedem der betroffenen Kantone den Instanzenzug zu durchlaufen. Es genügt nach dem Willen des Gesetzgebers, wenn er dies bloss in einem Kanton tut; gegen den dort erwirkten letztinstanzlichen gerichtlichen Entscheid kann er Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erheben und dabei auch die früher ergangenen Entscheide in anderen die Steuerhoheit beanspruchenden Kantone anfechten, selbst wenn diese nicht letztinstanzlich sind. Keine Probleme ergeben sich dabei, wenn der Steuerpflichtige mit der Besteuerung desjenigen Kantons nicht einverstanden ist, in welchem er den Instanzenzug durchläuft. Nun ist denkbar, dass der Steuerpflichtige die Steuerhoheit des zuletzt veranlagenden (oder zuletzt einen Steuerdomizilentscheid fällenden) Kantons anerkennen will. Es wird ihm in diesem Fall keine andere Wahl bleiben, als den Instanzenzug im letzten Kanton zu durchlaufen, um schliesslich vor Bundesgericht die Aufhebung der eine Doppelbesteuerung bewirkenden Veranlagungen übriger Kantone beantragen zu können. Dieser Rechtsmittelweg muss dem doppelt Besteuerten trotz der Besonderheit der Konstellation offen stehen (vgl. BStPra, Bd. XVIII, S. 622ff.)


7. (…)


Entscheid des Steuergerichts vom 08.04.2011 (510 10 60)



Back to Top