530 10 53 Schneeballsystem

Bei Einkünften aus Kapitalvermögen wird grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Fälligkeit der Leistung abgestellt, um als steuerlich zugeflossen zu gelten. Im Zeitpunkt der Fälligkeit verwirklicht sich der Vermögenszuwachs beim Gläubiger, welcher ab diesem Moment darüber verfügen kann. Bei auf Schneeballsystem basierenden Gewinngutschriften werden Einkünfte, vorbehältlich einer individuellen Unsicherheit, deshalb schon dann realisiert, wenn sie auf Konten erfolgten, die zwar der direkten Verfügungsberechtigung der Anleger entzogen sind, diese aber frei entscheiden können, ob sie die Gutschriften ausbezahlt oder weiterinvestiert haben wollen.



Sachverhalt:

1. a) Aufgrund einer Meldung der Eidgenössischen Steuerverwaltung (im Folgenden: ESTV) leitete die Steuerverwaltung mit Verfügung vom 2. Juni 2006 ein Nach- und Strafsteuerverfahren betreffend Nichtdeklaration Vermögenswerte der A. AG gegen den Pflichtigen ein und setzte ihm eine Frist von 20 Tagen zur Einreichung einer Stellungnahme.


b) Mit Stellungnahme vom 6. Juli 2006 teilte die damalige Vertreterin des Pflichtigen mit, dass zum Zeitpunkt der Erstellung der Steuererklärung für das Jahr 2002 dem Pflichtigen durch das Schreiben der B. Treuhand AG, (C), bereits bekannt gewesen sei, dass die A. AG im Zuge des Strafverfahrens in Liquidation gesetzt wurde und mit einem Verlust der Anlage gerechnet werden musste. Dies sei der Grund gewesen, weshalb die auf dem Papier ausgewiesenen Gewinne nicht in der Steuererklärung aufgeführt worden seien.


2. Mit Verfügung Nachsteuern zur direkten Bundessteuer 2002 vom 30. Januar 2007 erhob die Steuerverwaltung Nachsteuern inklusive Zinsen in der Höhe von total Fr. 31'670.15, wobei auf eine Steuerbusse verzichtet wurde.


Als Begründung hielt sie zusammenfassend fest, dass sie aufgrund einer Mitteilung der ESTV festgestellt habe, dass der Steuerpflichtige im Jahre 2002 Anlagen in der Gesamthöhe von ca. Fr. 1'000'000.-- bei der A. AG getätigt habe und deren Erträge in der Steuererklärung 2002 nicht deklariert worden seien. Aus diesem Grunde seien Nachsteuern zu erheben.


Weiter kam die Steuerverwaltung zum Schluss, dass das Vorgehen des Steuerpflichtigen zwar kein leicht zu nehmendes sei, andererseits berücksichtigt werden müsse, dass der Steuerpflichtige nach dem Zusammenbruch der A. AG einen wesentlichen Teil seines Vermögens verloren habe. Obwohl dem Steuerpflichtigen die Nichtdeklaration der hier in Frage stehenden Vermögenswerte zu einem gewissen Grad vorgeworfen werden könne, werde im vorliegenden Fall auf die Erhebung einer Strafsteuer verzichtet. Der Steuerpflichtige sei durch den Verlust eines erheblichen Teils seiner Investition bereits genug betraft worden.


3. Dagegen erhob der heutige Vertreter des Pflichtigen mit Schreiben vom 2. März 2007 Einsprache mit dem Begehren, die angefochtene Verfügung sei, soweit sie pro 2002 von einem nicht deklarierten Einkommen ausgehe und zulasten des Pflichtigen Nachsteuern festlege, aufzuheben.


Als Begründung hielt er im Wesentlichen fest, der Einkommenssteuer pro 2002 unterliege das Total des Einkommens des Pflichtigen im Jahre 2002, wie es am 31.12.2002 festgestanden habe. Am Stichtag - 31.12.2002 - sei festgestanden, dass die den A. AG-Anlegern gutgeschriebenen, aber noch nicht ausbezahlten "Vermögenserträge" nie mehr zur Auszahlung gelangen würden, bzw. dass die dem Pflichtigen nun aufgerechneten "Vermögenserträge" von Fr. 166'171.-- plus Fr. 46'590.-- definitiv nicht steuerbares Einkommen 2002 geworden seien, weshalb sie somit auch nicht zur Nachbesteuerung herangezogen werden dürften.


4. a) Mit Schreiben vom 18. September 2008 teilte die Steuerverwaltung dem heutigen Vertreter des Pflichtigen mit, dass sie aufgrund der Aktenlage von einem zumindest eventualvorsätzlichen Verhalten des Pflichtigen ausgehen müsse, weshalb sie eine Busse von im Regelfall 100% der Nachsteuer in Erwägung ziehe. Aufgrund dieser Schlechterstellung (reformatio in peius) gewähre sie dem heutigen Vertreter des Pflichtigen eine Frist bis zum 24. Oktober 2008 zur Stellungnahme.


b) Innert erstreckter Frist hielt der Vertreter des Pflichtigen mit Eingabe vom 24./30. Oktober 2008 (recte: 30. November 2008) an dem Begehren bezüglich der Aufhebung der ergangenen Nachsteuerverfügung fest.


Als Begründung machte er insbesondere geltend, das steuerbare Einkommen bemesse sich nach den Einkünften in der Steuerperiode, die von Jahresultimo zu Jahresultimo dauere. Danach unterliege der Einkommensbesteuerung, was sich innerhalb der Steuerperiode an Einkünften akkumuliert habe. Guthaben, die nur bis zu einem bestimmten Zeitpunkt innerhalb der Periode realisierbar gewesen, aber nicht rechtzeitig realisiert worden seien, und später in der Periode ihre Werthaltigkeit verloren hätten, zählten nach diesem Periodenprinzip nicht zum steuerbaren Einkommen.


Es treffe zu, dass die geprellten Anleger letztlich offenbar etwa 60% ihrer Einlagen wieder "sehen" würden. Das bedeute aber auch, dass zumindest per Saldo keinerlei Gewinne erwirtschaftet worden seien und gutgeschrieben werden konnten. Was gutgeschrieben worden sei, entstamme zur Gänze irgendwelchen im Rahmen des "Schneeballsystems" veruntreuten Anlagen von Mitanlegern. Für derlei Gutschriften und Zahlungen der A. AG hätten die Investment-Verträge zwischen den Anlegern und der A. AG aber keine Rechtsgrundlage gebildet. Durch diese Verträge akzeptiere der einzelne Anleger mitnichten, dass ihm statt korrekt erwirtschafteter Gewinne bei Dritten veruntreute Mittel zugewendet würden. In Wahrheit fehle es für derlei Leistungen zwischen der A. AG und ihren Anlegern jedweder causa. Solche Leistungen seien also nicht geschuldet gewesen, und hätten, wenn sie denn trotzdem bezogen worden wären, nach Bereicherungsregeln zurückerstattet werden müssen (OR 62).


Es gebreche daher weiterhin auch an jedweder (objektiven und subjektiven) Voraussetzung für die neuerdings erwogenen Strafbesteuerungen, von denen daher abzusehen sei.


5. Mit Einsprache-Entscheid vom 2. September 2010 wies die Steuerverwaltung die Einsprache mit der wesentlichen Begründung ab, dass es sich bei der A. AG um eine Investment-Gesellschaft handle, die sich bereits vor ihrer Eintragung ins Handelsregister im Jahre 2001 als Anlageberaterin betätigt und Kundengelder entgegengenommen habe, um sich mit diesem gepoolten Kapital am CHF/USD-Devisenhandel zu beteiligen. Die Abwicklung der Ein- und Auszahlungen gegenüber den Kunden sei nach dem Schneeballsystem erfolgt. Die A. AG habe für die Kunden monatliche Kontoauszüge mit den Gewinnen/Verlusten erstellt. Die Anleger seien in der Lage gewesen, die "erwirtschafteten" Nettogewinne zu beziehen oder diese ihrem Konto zurechnen zu lassen. Die von den Anlegern geforderten Renditen und Kapitalrückzahlungen habe die A. AG durch die Anlagegelder der neu beigetretenen Personen finanziert. Über die A. AG sei Ende 2003 der Konkurs eröffnet worden. Somit könne angenommen werden, dass Auszahlungen im Oktober 2002 nicht als unwahrscheinlich einzustufen seien. Im Oktober 2002 seien Kunden letztmals von der A. AG über ihre Investition informiert worden. So habe der Pflichtige über das Konto (X) für sich und zusammen mit seinem Bruder (als Solidarschuldner) über das Konto (Y) per Oktober 2002 noch Abrechnungen erhalten. Als massgebender Zeitpunkt für die Realisierbarkeit der Einkünfte gelte nicht erst der 31. Dezember 2002. Die Anleger hätten bei der A. AG jederzeit Rückzahlungen beanspruchen können. So gesehen seien die Vermögenserträge in der Steuerperiode 2002 noch realisierbar und damit einkommenswirksam gewesen. Dies zeigten im vorliegenden Fall auch die konkret getätigten Kapitalrückzüge.


Auch spiele es gemäss der vielfach bestätigten Rechtsprechung zu Schneeballsystemen keine Rolle, ob es veruntreute Mittel gewesen seien oder nicht. Der Vertrag zwischen dem Pflichtigen und der A. AG sei gültig zustande gekommen. Nach dem Gesagten seien die Forderungen gegenüber der A. AG im nachbesteuerten Zeitraum (noch) nicht als unsicher einzustufen. Die Ertragbestandteile seien damit zu Recht nachbesteuert worden, da sie nicht deklariert worden seien.


Weiter hielt die Steuerverwaltung betreffend der Strafbusse fest, dass aus dem Steuerformular und der Wegleitung unmissverständlich hervorgehe, dass sämtliche Einkommensbestandteile steuerbar seien. Geldanlagen in der Höhe von rund einer Million Franken könnten nicht übersehen werden und undeklariert bleiben. Das Verhalten sei damit zumindest als eventualvorsätzlich zu qualifizieren, da der Pflichtige eine Unterbesteuerung in Kauf genommen habe, weshalb eine Busse in Höhe des gesetzlichen Minimums von einem Drittel der Nachsteuer auszusprechen sei.


6. Dagegen erhob der heutige Vertreter des Pflichtigen mit Schreiben vom 3. Oktober 2010 Beschwerde mit den Begehren, 1. Der angefochtene Einsprache-Entscheid vom 02.09.10 und die durch diese bestätigte Verfügung vom 30.01.07 seien aufzuheben, soweit sie dem Beschwerdeführer pro 2002 Nachsteuern zur direkten Bundessteuer auferlegen. 2. Der angefochtene Einsprache-Entscheid vom 02.09.10 sei aufzuheben, soweit er zulasten des Beschwerdeführers pro 2002 neu Steuerbussen zur direkten Bundessteuer festsetze und 3. Unter o/e Kostenfolge.


Als Begründung hielt er zusammenfassend fest, der Beschwerdeführer habe nach der Razzia der A. AG vom 4. Dezember 2002, der Verhaftung von A. AG CEO und den bezüglichen Schlagzeilen der Zeitung K. vom 16. und 19. Dezember 2002 seine Guthaben gegen die A. AG bis auf eine noch unbekannte Dividende gefährdet gesehen, weshalb er in der Steuererklärung per 31. Dezember 2002 die völlig unsicheren Guthaben der A. AG nicht deklariert habe. Er habe sich hiezu berechtigt geglaubt, weil er sich nicht habe vorstellen können, dadurch Steuerfaktoren nicht zu deklarieren, aus denen sich zu seinen Lasten pro 2002 eine einkommenssteuermässige Mehrbelastung ergeben könnte.


Das steuerbare Einkommen bemesse sich nach den Einkünften in der Steuerperiode, die mit dem Kalenderjahr übereinstimme. Danach unterliege der Einkommensbesteuerung, was sich innerhalb der Steuerperiode an Einkünften akkumuliert habe. Einkunft sei ein Rechtserwerb, dessen Erfüllung entweder schon erfolgt oder aber nicht unsicher sei. Guthaben, die nur bis zu einem bestimmten Zeitpunkt innerhalb der Periode realisierbar (nicht unsicher) gewesen seien, bis dann aber nicht realisiert worden seien, würden zu diesem Zeitpunkt die Einkommensqualität verlieren und könnten daher am Ende der Periode, wenn (erst) das "steuerbare Einkommen" der Periode ermittelt und gemäss Ergebnis deklariert werden müsse, nicht mehr als steuerbares Einkommen behandelt werden. Die Einkommensqualität eines erlangten Guthabens (erfolgte Erfüllung oder Erfüllung nicht unsicher) müsse bis zum Ende der Bemessungsperiode erhalten bleiben. Da die fraglichen "Gewinn"guthaben des Beschwerdeführers nicht realisiert worden und am Ende des Bemessungsperiode (31.12.02) nicht mehr realisierbar gewesen seien, dürften sie der Periode auch nicht als steuerbares Einkommen zugerechnet werden.


Weiter sei zu berücksichtigen, dass es in Wahrheit für derlei Leistungen zwischen der A. AG und ihren Anlegern in jedweder causa gefehlt habe, also nicht geschuldet gewesen seien, und hätten - wenn sie denn trotzdem bezogen worden wären - nach Bereicherungsregeln zurückerstattet werden müssen (OR 62). Der Erwerb einer Forderung, der eine Bereicherungseinrede entgegen stehe, oder der Erwerb eines Aktivums, der zugleich eine Bereicherungsschuld in Höhe dessen Werts zur Entstehung bringe, stelle aber kein steuerbares Einkommen dar. Das Bundesgericht scheine dem insofern zuzustimmen, als es (immerhin) bei fehlenden guten Glauben des Gläubigers eine ungerechtfertigte Bereicherung attestiere, was bedeuten würde, dass die fraglichen "Gewinn"guthaben gegen die A. AG jedenfalls ab den Berichten der Zeitung K. vom 16. und 19. Dezember 2002 als unsichere (und damit der Einkommenssteuer nicht unterliegende) Forderungen gelten mussten bzw. müssen. Unter dem Gesichtswinkel der Anfechtungsfrist des Art. 286 SchKG hätten die Guthaben sogar bereits ab dem 24.11.02 als unsicher gelten müssen.


Bezüglich der Strafsteuer hielt der heutige Vertreter des Pflichtigen weiter fest, da nach dem Gesagten keine Faktoren deklariert worden seien, die einen ungerechtfertigten Steuerausfall zur Folge gehabt hätten, bestehe auch für eine Strafbesteuerung kein Raum. Die in dem Einsprache-Entscheid verfügte Strafbesteuerung erscheine auch deshalb als unzulässig, weil dem Beschwerdeführer angesichts des vorstehend Dargelegten und der Komplexität der berührten Rechtsfragen weder Fahrlässigkeit noch erst recht Vorsatz nachgewiesen werden könne.


7. Mit Vernehmlassung vom 29. November 2010 beantragte die Steuerverwaltung die Abweisung der Beschwerde, wobei sie zur Begründung auf den Einsprache-Entscheid verwies. Weiter hielt sie fest, dass zudem eine reichhaltige Rechtsprechung zu solchen sogenannten "Schneeballsystemen" wie F. (…), G Investments (…) oder eben A. AG bestehe.


8. Anlässlich der heutigen Verhandlung hielten die Parteien an ihren Anträgen fest.



Aus den Erwägungen:

1. (…)


2. Vorerst unterliegt der Beurteilung, ob die Steuerverwaltung zu Recht Einkommensnachsteuern für das Jahr 2002 erhoben hat.


3. a) Ergibt sich gemäss Art. 151 Abs. 1 DBG aufgrund von Tatsachen oder Beweismitteln, die der Steuerbehörde nicht bekannt waren, dass eine Veranlagung zu Unrecht unterblieben oder eine rechtskräftige Veranlagung unvollständig ist, oder ist eine unterbliebene oder unvollständige Veranlagung auf ein Verbrechen oder Vergehen gegen die Steuerbehörde zurückzuführen, so wird die nicht erhobene Steuer samt Zins als Nachsteuer eingefordert. Hat der Steuerpflichtige Einkommen, Vermögen und Reingewinn in seiner Steuererklärung vollständig und genau angegeben und das Eigenkapital zutreffend ausgewiesen und haben die Steuerbehörden die Bewertung anerkannt, so kann keine Nachsteuer erhoben werden (Abs. 2).


Das Recht, ein Nachsteuerverfahren einzuleiten, erlischt zehn Jahre nach Ablauf der Steuerperiode, für die eine Veranlagung zu Unrecht unterblieb oder eine rechtskräftige Veranlagung unvollständig ist (Art. 152 Abs. 1 DBG).


b) Bei rechtskräftigen Veranlagungen ist eine einfache Nachforderung von Steuerbeiträgen die nicht durch die Verfügung gedeckt sind, nicht möglich. Das Prinzip der Rechtskraft wird jedoch in den Gesetzen regelmässig durchbrochen, indem auch dem Fiskus die Möglichkeit gegeben wird, die Verfügung unter bestimmten Voraussetzungen zu seinen Gunsten abzuändern und einen zusätzlichen Steuerbetrag (samt Zins) als Nachsteuer einzufordern (Höhn/Waldburger, Steuerrecht Band I, 9. Auflage, Bern/Stuttgart/Wien 2001, § 36 N 22). Die Nachsteuer ist die "Mehrsteuer", welche sich gegenüber der ursprünglich veranlagten Steuer ergibt. Mit dem Nachsteuerverfahren soll der vom Fiskus durch die ungerechtfertigte Verkürzung der Steuer erlittene Steuerausfall ausgeglichen werden, doch darf die Nachsteuer nicht zur Überbesteuerung des Pflichtigen führen. Von den im ordentlichen Veranlagungsverfahren erhobenen Steuern unterscheidet sich die Nachsteuer nur in formeller Hinsicht (vgl. Vallender/Looser in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht I/2b, Art. 151 DBG N 1 ff.; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. Auflage, Zürich 2009, Art. 151 N 3). Die Nachsteuer hat von ihrer Natur her somit keinen pönalen Charakter und ist demnach weder mit einer Busse verbunden noch setzt sie das Verschulden des Steuerpflichtigen voraus (vgl. Vallender/Looser, a.a.O., Art. 151 DBG N 5; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, a.a.O., Art. 151 N 3). Hat jedoch der Steuerpflichtige eine vollständige Deklaration der Steuerfaktoren vorgenommen und haben die Steuerbehörden die Bewertung anerkannt, kann keine Nachsteuer erhoben werden, selbst wenn es sich im Nachhinein erweist, dass die Bewertung ungenügend war. Da es Sache des Steuerpflichtigen ist sämtliche massgebenden Tatsachen bekanntzugeben, kann der Steuerbehörde nicht entgegengehalten werden, sie hätte bei genügender Sorgfalt vom richtigen Sachverhalt Kenntnis erhalten können. "Bekannt" ist für die Steuerbehörde im Zeitpunkt der Veranlagung nur, aber immerhin, was akten- oder amtskundig ist. Dem Steuerpflichtigen obliegt es dabei, den Nachweis zu erbringen, dass der Behörde die Tatsache hätte bekannt sein müssen (Höhn/Waldburger, a.a.O., § 36 N 24).


4. Der Pflichtige schloss mit der A. AG am 26. Februar 2002 sowie am 25. August 2002 zwei "Devisenhandel" Investment Vereinbarungen ab. In diesen wurde unter anderem vereinbart, dass die A. AG ein Rubrikenkonto auf dem Namen des Investors lautend eröffne, und dass die Vereinbarung vom Investor jederzeit ohne Kündigungsfrist gekündigt werden könne. Ausserdem hat der Pflichtige seine wirtschaftliche Berechtigung an den Einlagen mittels "Formular A" bestätigt.


Laut der Vereinbarung hätte die A. AG für jeden Kunden ein persönliches Rubrikenkonto eröffnen sollen. Entgegen dieser Vereinbarung hat die A. AG, die als Vermögensverwalterin auftrat, die ihr anvertrauten Kundengelder in einem Pool zusammengefasst. Sie wies gegenüber den Kunden überhöhte Gewinne aus, die nicht (oder nur marginal) aus Devisenhandel stammten. Die von den Kunden verlangten Auszahlungen finanzierte die A. AG hauptsächlich aus den akkumulierten Anlagegeldern der bisherigen und neu beigetretenen Anleger. Es ist unbestritten, dass die A. AG damit ein betrügerisches Schneeballsystem betrieben hat, und dass die den Anlegern gutgeschriebenen Gewinne zum grössten Teil fiktiv waren (vgl. Entscheid des Bundesgerichts [BGE] 2C_520/2009 vom 31. Mai 2010, E. 2.2, www.bger.ch ). Richtet die Gesellschaft aufgrund von Wertschriften, die sie erzielt, Leistungen an die Anleger aus, gelangt nicht (steuerfreier) Kapitalgewinn an die Anleger, sondern (steuerbarer) Vermögensertrag (BGE 2A.613/2006 vom 8. August 2007, E. 3.3; vgl. auch BGE 2C_520/2009, a.a.O., E. 2.2; BGE 2C_349/2007 vom 11. Dezember 2007, E. 3; BGE 2C_565/2007 vom 15. Januar 2008, E. 2.2; BGE vom 21. Oktober 1996, publ. in: Archiv für Schweizerisches Abgaberecht [ASA] Band 66, S. 380, E. 2b).


Es ist somit nachgewiesen, dass die A. AG Anlagen nicht direkt im Namen und auf Rechnung des Pflichtigen oder zumindest treuhänderisch für dessen Rechnung tätigte, weshalb festgehalten werden kann, dass die Gutschriften der A. AG als Vermögensertrag steuerbares Einkommen und nicht Kapitalgewinne darstellen.


5. Der heutige Vertreter des Pflichtigen macht geltend, da die fraglichen Gewinnguthaben des Beschwerdeführers nicht realisiert worden und am Ende der Bemessungsperiode (31.12.2002) nicht mehr realisierbar gewesen seien, dürften sie der Periode auch nicht als steuerbares Einkommen zugerechnet werden.


a) Gemäss Art. 16 Abs. 1 DBG unterliegen der Einkommenssteuer alle wiederkehrenden und einmaligen Einkünfte. Steuerbar sind nach Art. 20 DBG Erträge aus beweglichem Vermögen, insbesondere a) Zinsen aus Guthaben, einschliesslich ausbezahlter Erträge aus rückkauffähigen Kapitalversicherungen mit Einmalprämie im Erlebensfall oder bei Rückkauf, ausser wenn diese Kapitalversicherungen der Vorsorge dienen. Als Vorsorge dienend gilt die Auszahlung der Versicherungsleistung ab dem vollendeten 60. Altersjahr des Versicherten auf Grund eines mindestens fünfjährigen Vertragsverhältnisses, das vor Vollendung des 66. Altersjahres begründet wurde. In diesem Fall ist die Leistung steuerfrei; b) Einkünfte aus der Veräusserung oder Rückzahlung von Obligationen mit überwiegender Einmalverzinsung, die dem Inhaber anfallen; c) Dividenden, Gewinnanteile, Liquidationsüberschüsse und geldwerte Vorteile aus Beteiligungen aller Art; d) Einkünfte aus Vermietung, Verpachtung, Nutzniessung oder sonstiger Nutzung beweglicher Sachen oder nutzbarer Rechte; e) Einkünfte aus Anteilen an Anlagefonds, soweit die Gesamterträge des Anlagefonds die Erträge aus direktem Grundbesitz übersteigen und f) Einkünfte aus immateriellen Gütern.


Das steuerbare Einkommen bemisst sich nach Art. 210 Abs. 1 DBG nach den Einkünften in der Steuerperiode.


b) Eine Einkunft gilt steuerlich dann als zugeflossen, wenn der Gläubiger die Leistung vereinnahmt oder einen festen Rechtsanspruch mit tatsächlicher Verfügungsmacht darauf erwirbt. In der Regel wird bereits der Forderungserwerb als einkommensbildend betrachtet, sofern die Erfüllung nicht als unsicher erscheint oder der Leistungsanspruch nur ein bedingter ist. Massgebend ist der Zeitpunkt, zu dem die Verwirklichung der Forderung so gewiss und gesichert ist, dass sie dem Zufluss von Geld gleichgestellt werden kann (Reich, Die ungerechtfertigte Bereicherung und andere rechtsgrundlose Vermögensübergänge im Einkommenssteuerrecht, IFF Forum für Steuerrecht 2004, S. 7). Bei Einkünften aus Kapitalvermögen wird jedoch grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Fälligkeit der Leistung abgestellt. Im Zeitpunkt der Fälligkeit verwirklicht sich gemäss Bundesgericht der Vermögenszuwachs beim Gläubiger, welcher ab diesem Moment darüber verfügen kann. Als Verfügung des Gläubigers gilt zum Beispiel auch die Reinvestition in dieselbe Anlage, die mit dem erzielten Vermögensertrag finanziert wird. Vom Fälligkeitsprinzip muss jedoch abgewichen werden, sofern der Gläubiger im Zeitpunkt der Fälligkeit nicht über den Vermögenszuwachs verfügen kann, weil die Auszahlung zum Beispiel auf behördliche Anordnung hin verweigert wird (vgl. Reich in: Zweifel/Athanas [Hrsg.], Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht I/2a, Art. 16 DBG N 33 ff.; BGE 2A.114/2001 vom 10. Juli 2001, E. 3; BGE 2A.613/2006, a.a.O., E. 3.1; BGE 2P.208/2002 vom 6. Februar 2003, E. 2.2.2; BGE vom 21. Oktober 1996, a.a.O., E. 4a). Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung könnte eine Realisierung von Leistungen allenfalls zweifelhaft erscheinen, wenn Leistungen besteuert würden, die der Rückforderung durch die Konkursmasse unterliegen (vgl. BGE 2P.181/2002 vom 27. Januar 2003, publ. in: Steuerentscheid [StE] 2003 B 21.1 Nr. 11, E. 2.3 in fine; BGE 2A.146/2002 vom 13. Februar 2003, publ. in: Steuerrevue [StR] 2003, S. 353, E. 3.4).


Bei auf Schneeballsystem basierenden Gewinngutschriften bedeutet dies, dass die Einkünfte, vorbehältlich einer individuellen Unsicherheit, schon dann realisiert sind, wenn sie auf Konten erfolgten, die zwar der direkten Verfügungsberechtigung der Anleger entzogen sind, diese aber frei entscheiden können, ob sie die Gutschriften ausbezahlt oder weiterinvestiert haben wollen (vgl. Urteil des Bundesgerichts [BGE] 2P.85/2004 vom 14. Januar 2005, E. 2.4.3).


c) Allerdings ist der Definition des Zuflusszeitpunktes von Forderungen in der Lehre Kritik erwachsen. Insbesondere wird vorgebracht, das Kriterium der besonderen Unsicherheit der Erfüllung trage der Situation im Privatvermögensbereich zu wenig Rechnung (vgl. Weidmann, Realisation und Zurechnung des Einkommens, IFF Forum für Steuerrecht 2003, S. 99). Ein Zufluss sei erst anzunehmen, wenn die spätere geldmässige Vereinnahmung der Forderung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehe. Solches sei bei Gutschriften von Anlagebetrügern nicht der Fall, da diese nicht zahlungsfähig seien und die Gutschriften keine durchsetzbaren Rechtsansprüche darstellten. Die Gutschriften hätten ihren Grund einzig im Bestreben des Anlagebetrügers, das Schneeballsystem erfolgreich weiterzuführen (vgl. Reich, a.a.O., S. 7).


Das Bundesgericht hat in ständiger und wiederholt bestätigter Rechtsprechung, aber auch nach Auseinandersetzung mit den erwähnten Lehrmeinungen, daran festgehalten, dass lediglich die sich bei individueller Betrachtung ergebende besondere Unsicherheit den Zufluss im Zeitpunkt des Forderungserwerbs zu verhindern vermöge (vgl. BGE 2A.589/2003 vom 14. Januar 2005, E. 2.2.2.2; BGE 2P.181/2002, a.a.O., E. 2.4). Vorliegend ist kein Grund ersichtlich, weshalb von dieser Betrachtungsweise abgewichen werden sollte.


Es kann somit festgehalten werden, dass die Gutschriften der A. AG in der Zeitspanne von Februar 2002 bis Oktober 2002 fällig gewesen sind und demnach realisiert wurden, weshalb sie grundsätzlich steuerbares Einkommen bilden.


6. Zu prüfen bleibt einzig, ob sich bezüglich der Einkommensrealisation eine besondere Unsicherheit ergab, die den Zufluss des Forderungserwerbs zu verhindern vermochte.


a) Der heutige Vertreter des Pflichtigen moniert, unter dem Gesichtswinkel der Anfechtungsfrist des Art. 286 des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) vom 11. April 1889 hätten die Guthaben sogar bereits ab dem 24. November 2002 als unsicher gelten müssen.


b) Gemäss Art. 286 Abs. 1 SchKG sind mit Ausnahme üblicher Gelegenheitsgeschenke alle Schenkungen und unentgeltlichen Verfügungen, die der Schuldner innerhalb des letzten Jahres vor der Pfändung oder Konkurseröffnung vorgenommen hat, anfechtbar. Den Schenkungen sind gemäss Abs. 2 Rechtsgeschäfte, bei denen der Schuldner eine Gegenleistung angenommen hat, die zu seiner eigenen Leistung in einem Missverhältnisse steht und Rechtsgeschäfte, durch die der Schuldner für sich oder für einen Dritten eine Leibrente, eine Pfrund, eine Nutzniessung oder ein Wohnrecht erworben hat, gleichgestellt.


Nach Art. 287 SchKG sind die folgenden Rechtshandlungen anfechtbar, wenn der Schuldner sie innerhalb des letzten Jahres vor der Pfändung oder Konkurseröffnung vorgenommen hat und im Zeitpunkt der Vornahme bereits überschuldet war: 1. Bestellung von Sicherheiten für bereits bestehende Verbindlichkeiten, zu deren Sicherstellung der Schuldner nicht schon früher verpflichtet war; 2. Tilgung einer Geldschuld auf andere Weise als durch Barschaft oder durch anderweitige übliche Zahlungsmittel und 3. Zahlung einer nicht verfallenen Schuld.


c) Über die A. AG ist gemäss Handelsregisterauszug vom 9. Dezember 2003 am 24. November 2003 der Konkurs eröffnet worden. Die Jahresfrist bzw. Verdachtsperiode hat gemäss Art. 286 und 287 SchKG somit am 24. November 2002 zu laufen begonnen. Nach diesem Datum konnte aus der Quelle der A. AG deshalb dem Pflichtigen nichts mehr zufliessen. Was demnach dem Pflichtigen von der A. AG vor dem 24. November 2002 zugekommen ist, gilt als zugeflossen und ist als einkommensbildend zu betrachten. Eine im Lichte der Rechtsprechung massgebliche Unsicherheit der Auszahlung der Gewinnanteile ist im vorliegenden Fall nicht ersichtlich. Sie ergibt sich angesichts des individuell zu bestimmenden Zuflusszeitpunkts insbesondere nicht aus der Tatsache, dass die zugeflossenen Beträge am Ende der Steuerperiode 2002 nicht mehr eingefordert werden konnten. Der Beschwerdeführer erhielt Ende Oktober bzw. anfangs November 2002 seitens der A. AG einen vom 31. Oktober 2002 datierten Kontoauszug. Er hätte noch Ende Oktober 2002 respektive anfangs November 2002 die Auszahlung der Gutschriften und die Rückzahlung des einbezahlten Kapitals verlangen können. Die A. AG wäre nämlich durchaus noch in der Lage gewesen, im fraglichen Zeitpunkt diese Auszahlungen vorzunehmen (vgl. Bezirksgerichtsurteil Bischofszell vom 4. September 2006, E. 3.2 a in fine, wo die A. AG auf Wunsch einer Anlegerin am 25. November 2002 ihr Guthaben samt Rückzahlung des einbezahlten Kapitals auszahlen liess). Dadurch, dass der Beschwerdeführer bis zum 24. November 2002 keine Auszahlungen der angezeigten Gutschriften verlangte, auf die er damals gemäss Gutschrift Anspruch gehabt hätte, sondern diese vielmehr der A. AG zur weiteren Verfügung überliess, hat er über die angezeigte Vermögensvermehrung verfügt und damit steuerrechtlich einen Einkommenszufluss realisiert. Diese Entscheidung ist steuerlich relevant, selbst wenn sie sich im Nachhinein als Fehlspekulation herausgestellt hat (vgl. auch Entscheid des Steuergerichts [StGE] vom 15. Dezember 2006, Nr. 510 06 40, E. 4; Urteil des Kantonsgericht, Abteilung Verfassungs- und Verwaltungsrecht [KGE VV] vom 17. Oktober 2007, Nr. 810 07 148, E. 4.3.1; BGE 2A.613/2006, a.a.O., E. 3.2; BGE 2C_520/2009, a.a.O., E. 2.2).


7. Des Weiteren macht der heutige Vertreter des Pflichtigen geltend, dass für Gutschriften und Zahlungen der A. AG an ihre Anleger die Investment-Verträge zwischen der A. AG und ihren Anlegern keine Rechtsgrundlage bildeten. Durch diese Verträge habe der einzelne Anleger nicht akzeptiert, dass ihm statt korrekt erwirtschafteter Gewinne veruntreute Einlagen von Mitanlegern zugewendet würden. Sollte jedoch davon ausgegangen werden, dass dem Beschwerdeführer daraus rechtswirksame Forderungen entstanden seien, müsste berücksichtigt werden, dass der A. AG gleichzeitig mit der Entstehung dieser Forderungen Bereicherungseinreden gegen diese Forderungen erwachsen sein müssten, und diese Einreden die Forderungen entwertet hätten.


a) Wer nach Art. 62 Abs. 1 des Bundesgesetzes betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Fünfter Teil: Obligationenrecht, OR) vom 30. März 1911 in ungerechtfertigter Weise aus dem Vermögen eines anderen bereichert worden ist, hat die Bereicherung zurückzuerstatten. Insbesondere tritt diese Verbindlichkeit dann ein, wenn jemand ohne jeden gültigen Grund oder aus einem nicht verwirklichten oder nachträglich weggefallenen Grund eine Zuwendung erhalten hat (Abs. 2).


Wer eine Nichtschuld gemäss Art. 63 Abs. 1 OR freiwillig bezahlt, kann das Geleistete nur dann zurückfordern, wenn er nachzuweisen vermag, dass er sich über die Schuldpflicht im Irrtum befunden hat. Ausgeschlossen ist nach Abs. 2 die Rückforderung, wenn die Zahlung für eine verjährte Schuld oder in Erfüllung einer sittlichen Pflicht geleistet wurde. Vorbehalten bleibt die Rückforderung einer bezahlten Nichtschuld nach Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (Abs.3).


b) Die Einkommenspflicht entsteht grundsätzlich dann, wenn der Steuerpflichtige das Recht erwirbt (vgl. dazu Ziffer 5). Der Rechtserwerb beurteilt sich nach zivilrechtlichen Verhältnissen. Auf den Rechtsgrund des Erwerbs kommt es nicht an. Dieser kann vertraglicher oder gesetzlicher Natur sein. Ob das Geschäft unter zivil- oder strafrechtlichem Aspekt zu beanstanden ist, ist unerheblich. Auch wenn der Erwerbsgrund in einer unerlaubten, d.h. dem Recht oder der Sittlichkeit zuwiderlaufenden Handlung liegt, ist nach heutiger Auffassung die Einkommenssteuerpflicht gegeben. Eine gegenteilige Auffassung liesse sich schwerlich mit dem Grundgedanken der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit in Einklang bringen. Denn die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Subjekts wird (mit)bestimmt durch die ihm tatsächlich zugeflossenen Einkünfte. Aus diesem Grund sind auch hochriskante Geschäfte, die der Erwerbsphäre zugeordnet werden können, wie beispielsweise die Beteiligung an betrügerischen Schneeballsystemen, der Einkommenssteuerpflicht unterworfen. Massgebend kann somit nicht sein, ob die von den Anlegern mit der A. AG getroffenen Vereinbarungen widerrechtlich oder gar betrügerisch waren, sondern nur, ob die Anlagen für den Beschwerdeführer einen Ertrag abwarfen, was vorliegend unter der Ziffer 5 bejaht worden ist (vgl. BGE 2A.114/2001, a.a.O., E. 4, mit weitern Hinweisen; BGE 2C_520/2009, a.a.O., E. 2.2; BGE 2C_565/2007, a.a.O., E. 2.2, ).


Gegen die behauptete Rückerstattungspflicht nach Art. 62 ff. OR spricht auch, dass es der A. AG selber verwehrt gewesen wäre, Auszahlungen, welche sie im Wissen um das Fehlen einer Schuld vorgenommen hatte, zurückzufordern. Das entspricht dem Wortlaut von Art. 63 Abs. 1 OR, wonach derjenige, der eine Nichtschuld freiwillig bezahlt, das Geleistete nur dann zurückfordern kann, wenn er nachzuweisen vermag, dass er sich über die Schulpflicht im Irrtum befunden hat. Hier kann jedoch keine Rede davon sein, dass sich die A. AG bei der Bekanntgabe und Auszahlung der angeblich erzielten Gewinne im Irrtum befunden habe. Auch geschahen die Gewinnversprechen und -überweisungen nicht etwa ohne Rechtsgrund, sondern erfolgten gestützt auf einen zweiseitigen Vertrag, der von beiden Parteien gleich verstanden und vollzogen wurde (vgl. BGE 2P.300/2003 vom 14. Januar 2005, E. 2.4.2.2, BGE 2C_520/2009, a.a.O., E. 2.6).


8. Gestützt auf die oben gemachten Erwägungen kann somit festgehalten werden, dass die Gutschriften der A. AG Vermögensertrag sprich steuerbares Einkommen bilden, welche der Beschwerdeführer unbestrittenermassen in der Steuererklärung 2002 nicht deklariert hat.


Ergibt sich aufgrund von Tatsachen oder Beweismitteln, die der Steuerbehörde nicht bekannt waren, dass eine Veranlagung zu Unrecht unterblieben oder eine rechtskräftige Veranlagung unvollständig ist, so wird die nicht erhobene Steuer samt Zins als Nachsteuer eingefordert. Neu sind Tatsachen und Beweismittel, wenn sie nach Eintritt der Rechtskraft der Veranlagung entdeckt werden (vgl. Vallender/Looser, a.a.O., Art. 151 DBG N 7). Die Veranlagungsverfügung direkte Bundessteuer 2002 wurde dem Pflichtigen am 24. Februar 2004 eröffnet. Das Schreiben der ESTV betreffend "Anlagebetrug der A. AG /Steuerfolgen bei den Anlegern" an die Steuerverwaltung vom Mai 2004 ging bei der Steuerverwaltung am 14. Mai 2004 ein. Bei diesem Schreiben handelt es sich demnach klar um eine neue Tatsache. Die Veranlagung aus dem Jahr 2002 ist also unvollständig geblieben und die nicht deklarierten Beträge sind korrekterweise mit einer Nachsteuer inklusive Zinsen zu erfassen. Betreffend der Berechung der Nachsteuern ist auszuführen, dass sich die Steuerverwaltung auf die ihr vorliegenden an den Pflichtigen adressierten Belege gestützt und die Höhe der Nachsteuern korrekt berechnet hat.


Die Beschwerde bezüglich der Einkommensnachsteuer ist somit abzuweisen.


9. Im Folgenden ist zu untersuchen, ob die Steuerverwaltung dem Pflichtigen zu Recht eine Busse auferlegt hat.


Gemäss Art. 175 Abs. 1 DBG wird, wer als Steuerpflichtiger vorsätzlich oder fahrlässig bewirkt, dass eine Veranlagung zu Unrecht unterbleibt oder dass eine rechtskräftige Veranlagung unvollständig ist, mit Busse bestraft.


10. a) Strafbar macht sich gemäss Art. 175 Abs. 1 DBG, wer dem Gemeinwesen Steuern vorenthält oder deren Bezug hintertreibt, wobei in beiden Fällen eine Steuerverkürzung eintritt. Weiter erfordert der Tatbestand der Steuerverkürzung in objektiver Hinsicht, dass der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflicht nicht gehörig erfüllt hat, wobei eine richtige Veranlagung im ordentlichen Verfahren nicht mehr möglich ist, weil die entsprechenden Steuerperioden bereits rechtskräftig veranlagt sind. Nicht zum objektiven Tatbestand gehört nach der hier vertretenen Auffassung die Nachsteuerpflicht, denn diese setzt das Vorliegen neuer Tatsachen und Beweismittel voraus, worauf es bei der Beurteilung der Vorwerfbarkeit des Verhaltens des Steuerpflichtigen wohl nicht ankommen kann.


Die Steuerverkürzung erscheint als unechtes Unterlassungsdelikt und wird regelmässig dadurch begangen, indem der Steuerpflichtige gesetzlich umschriebene Mitwirkungspflichten verletzt (vgl. Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, a.a.O., Art. 175 N 22 ff.).


b) Die Mitwirkungspflicht besteht unabhängig von der objektiven Beweislast. Der Steuerpflichtige hat nicht nur an der Feststellung von Tatsachen mitzuwirken, für die er beweisbelastet ist, sondern auch und gerade an der Ermittlung von Tatsachen, für welche die Veranlagungsbehörde die Beweislast trägt. Denn die Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen gründet im Umstand, dass er die für die Veranlagung massgebenden Tatsachen am besten kennt.


Die Verfahrenspflichten weisen eine formelle und eine materielle Seite der Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen auf. In formeller Hinsicht verlangen sie vom Steuerpflichtigen die Vornahme der von der Veranlagungsbehörde geforderten Mitwirkungshandlung. Weil die Sachverhaltsermittlung auf die Feststellung der materiellen Wahrheit abzielt, haben sich auch die Mitwirkungshandlungen in materieller Beziehung auf dieses Ziel auszurichten. So beinhaltet die Steuererklärungspflicht nicht nur formell die Obliegenheit, die Steuererklärung auszufüllen und der Steuerbehörde einzureichen; die Deklaration hat auch materiell der Wahrheit zu entsprechen. Die Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen ist umfassend. Doch müssen die von ihm geforderten Mitwirkungshandlungen verhältnismässig, d.h. geeignet und notwendig sein, um den in Frage stehenden Sachverhalt abzuklären; überdies müssen sie dem Pflichtigen zugemutet werden können, was aufgrund einer Interessenabwägung zu beurteilen ist (vgl. Zweifel in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht I/2a, Art. 124 DBG N 2 ff.). Die Mitwirkungspflicht gebietet dem Steuerpflichtigen, an der behördlichen Sachverhaltsermittlung mitzuwirken, um so eine vollständige und richtige Veranlagung und Besteuerung zu ermöglichen. Die Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen wird vom Gesetz in bestimmten Verfahrenspflichten konkretisiert, welche in Sachdarstellungspflichten, Beweisleistungspflichten und in Pflichten zur Duldung von Beweiserhebungen bestehen (vgl. Zweifel, a.a.O., Art. 123 N 7). Regelmässig wird die steuerpflichtige Person zur Beibringung aller Urkunden verpflichtet, die geeignet sind, über ihre Steuerverhältnisse Auskunft zu geben. Es fallen diejenigen Urkunden in Betracht, die im Besitze des Steuerpflichtigen sind, so z.B. Verträge, Forderungsurkunden, Versicherungspolicen, Bankauszüge, Abrechnungen und dergleichen. Über ihre Eignung und Notwendigkeit für das Veranlagungsverfahren entscheidet ausschliesslich die Veranlagungsbehörde (vgl. Blumenstein/Locher, System des schweizerischen Steuerrechts, 6. Auflage, Zürich 2002, S. 434).


c) Vorliegend zeigt sich die Verletzung der Mitwirkungspflicht darin, dass der Pflichtige ein Nachsteuerverfahren hätte vermeiden können, wenn er bereits im Rahmen des Veranlagungsverfahrens die Veranlagungsbehörde über seine gesamten finanziellen Verhältnisse in Kenntnis gesetzt hätte. Der Pflichtige hätte auf die Unsicherheit der Besteuerung der Gewinne aus der A. AG hinweisen müssen, wenn er sich über die steuerrechtliche Bedeutung im Unklaren gewesen ist. Er darf diese Unklarheit nicht einfach verschweigen, da er die Verantwortung für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Steuererklärung trägt.


Die ordentliche Veranlagung für das Jahr 2002 blieb, wie bereits dargestellt, mangels Deklaration des vollständigen Einkommens unvollständig, weshalb das Gemeinwesen einen Steuerausfall erlitten hat. Demzufolge ist vorliegend der objektive Tatbestand der Steuerhinterziehung erstellt.


11. In subjektiver Hinsicht ist im Folgenden zu prüfen, ob dem Steuerpflichtigen Vorsatz oder Fahrlässigkeit anzulasten ist.


a) Vorsätzlich begeht eine Steuerhinterziehung, wer die Tat mit Wissen und Willen ausführt (Art. 18 Abs. 2 des Schweizerisches Strafgesetzbuchs, in der vorliegend zu beurteilenden Fassung, [aStGB] vom 21. Dezember 1937). Der Vorsatz muss sich dabei auf alle objektiven Tatbestandsmerkmale beziehen. Der Steuerpflichtige oder der zum Steuerabzug an der Quelle Verpflichtete muss demnach zum einen wissen, dass er steuer- bzw. abzugspflichtig ist und er durch sein Verhalten einen ungerechtfertigten Steuervorteil erwirkt oder einen Quellensteuerabzug nicht bzw. nicht vollständig vornimmt, und zum anderen in Kenntnis dessen genau dies verwirklichen will. Dem Vorsatz gleichgestellt wird der Eventualvorsatz. Dieser liegt vor, wenn der Täter die Verwirklichung eines Tatbestandes zwar nicht mit Sicherheit voraussieht, aber für möglich hält und ihn für den Fall seines Eintritts billigt oder ihn in Kauf nimmt. Der Vorsatz ist durch die Steuerbehörde nachzuweisen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts gilt der Nachweis des Vorsatzes bei der Steuerverkürzung als erbracht, wenn mit hinreichender Sicherheit feststeht, dass der Täter sich der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der gemachten Angaben bewusst war. Ist dieses Wissen erwiesen, so wird angenommen, dass der Täter auch mit Willen handelte, d.h. eine Täuschung der Steuerbehörden beabsichtigt und eine zu niedrige Veranlagung bezweckt (direkter Vorsatz) oder zumindest in Kauf genommen (Eventualvorsatz) hat (vgl. Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, a.a.O., Art. 175 N 43 ff).


b) Fahrlässig handelt, wer die Folge seines Verhaltens aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit nicht bedenkt oder darauf nicht Rücksicht nimmt. Pflichtwidrig ist die Unvorsichtigkeit, wenn der Täter die Vorsicht nicht beobachtet, zu der er nach den Umständen und nach seinen persönlichen Verhältnissen verpflichtet ist. Pflichtwidrig ist die Unvorsichtigkeit, wenn der Täter die Vorsicht nicht beachtet, zu der er nach den Umständen und nach seinen persönlichen Verhältnissen verpflichtet ist. Das Mass der im Steuerrecht von einer bestimmten Person geforderten Sorgfalt ist zunächst davon abhängig, wie detailliert und klar die Steuerbehörde die Mitwirkung der dazu verpflichteten Person verlangt. Es beurteilt sich sodann nach dem was von einer besonnen und umsichtig handelnden Person mit gleichen Kenntnissen und Fähigkeiten, wie sie der Täter besitzt, verlangt werden könnte, wenn sie sich in dessen Lage befände (vgl. Sieber in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht I/2a, Art. 175 DGB N 32 f.).


Zur Bestimmung des Masses der geforderten objektiven Sorgfalt sind die Wahrscheinlichkeit der Normverletzung sowie die Höhe der zu befürchtenden Schädigung zu berücksichtigen. Hinsichtlich des Masses der gebotenen Sorgfalt sind im Steuerrecht hohe Anforderungen zu stellen. Die Frage der Verletzung der subjektiven Sorgfaltspflicht wird unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse des Täters geprüft. Zu diesen zählen etwa Bildung, geistige Fähigkeiten und berufliche Erfahrung. Geboten ist das Verhalten eines, als Referenzperson gedachten, besonnenen und umsichtigen, in die gleiche Lage versetzten, Menschen mit gleichen Kenntnissen und Fähigkeiten, wie sie der Täter besitzt (vgl. Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, a.a.O., Art. 175 N 59 ff.).


c) Vorliegend hat der Pflichtige in seiner Steuererklärung keine Angaben über die Erträge der A. AG gemacht, obwohl sämtliche Belege auf seinen Namen lauteten. Es wäre dem Pflichtigen schon aufgrund der Grösse und der weitreichenden Konsequenzen des Geschäfts zumindest zumutbar gewesen, im Vorfeld eine Abklärung darüber zu treffen, welche steuerlichen Konsequenzen ihn treffen würden.


Aufgrund der Ausführungen ist einzig davon auszugehen, dass der Pflichtige durch sein Verhalten, der veranlagenden Behörde nicht alle steuerrelevanten Vorgänge mitzuteilen, zumindest eine zu niedrige Veranlagung und damit eine zu tiefe Steuerbelastung in Kauf nahm. Das Argument, dass er sich einer Unrichtigkeit der Deklaration, die zu einem Steuerausfall führen könnte nicht bewusst war, kann nicht gehört werden. Offensichtlich war es der veranlagenden Behörde aufgrund der ihr vorliegenden Unterlagen nicht möglich eine vollständige Veranlagung zu erstellen. Der Ansicht der Vorinstanz, dass der Pflichtige zumindest eventualvorsätzlich gehandelt hat, ist demnach beizupflichten.


12. Schliesslich ist der Grad des Verschuldens des Pflichtigen festzusetzen.


a) Gemäss Art. 175 Abs. 2 DBG beträgt die Busse in der Regel das Einfache der hinterzogenen Steuer. Sie kann bei leichtem Verschulden bis auf einen Drittel ermässigt, bei schwerem Verschulden bis auf das Dreifache erhöht werden.


Eine Unterschreitung des gesetzlich vorgesehenen Regelstrafmasses ist nur bei Vorliegen von Strafmilderungsgründen im Sinne von Art. 11, 20 oder 64 aStGB in Verbindung mit Art. 65 f. aStGB zulässig (vgl. Sieber in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht I/1, Art. 56 StHG N 36). Auf eine Selbstanzeige nach Art. 175 Abs. 3 DBG ist vorliegend nicht weiter einzugehen, da diese schon am Vorliegen einer spontanen und aus eigenem Antrieb erfolgten Anzeige des Pflichtigen bei der Steuerbehörde scheitert.


b) Die Schwere des Verschuldens hat massgebenden Einfluss auf die Strafzumessung. Ausgangspunkt dieser Vorwerfbarkeit ist die Freiheit, anders zu handeln und wohl auch das Ausmass des Unheils, das der Täter schuldhaft herbeigeführt hat. Für die Strafzumessung ist in erster Linie das Mass der Schuld erheblich. Bei der Strafzumessung berücksichtigt der Richter die Beweggründe, das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse des Schuldigen. Sodann sind besondere Strafschärfungs- und Strafmilderungsgründe zu beachten. Für die Strafzumessung bei der Steuerhinterziehung folgt daraus, dass innerhalb der steuerharmonisierungsrechtlichen Vorgaben die Strafzumessung grundsätzlich nur innerhalb des Strafrahmens von einem Drittel bis zum Dreifachen der hinterzogenen Steuer beachtet werden darf (vgl. Thomas Hofer, Strafzumessung bei der Hinterziehung direkter Steuern, Zürich/St.Gallen 2007, S. 65 f.).


Zu den persönlichen Verhältnissen zählen Eigenschaften und Erfahrungen des Täters. Sie umfassen sämtliche Lebensumstände im Zeitpunkt der Strafzumessung. Dazu gehören etwa Familienstand und Beruf, Alter, geringe Lebenserwartung, Gesundheit, soziale Herkunft, Lebenserfahrung, Bildungsstand, mehr oder weniger günstige Lebensverhältnisse oder auch Alkohol- und Drogenabhängigkeit. Die Lebensumstände können Aufschluss über das Mass der Schuld bzw. darüber geben, wie sehr oder wie wenig der Täter fähig gewesen ist, die Rechtswidrigkeit der Tat zu erkennen oder den Antrieben zur rechtswidrigen Tat zu widerstehen. Erheblich ist dabei auch das Verhalten nach der Tat oder das Umfeld, in welchem der Täter lebt (vgl. Thomas Hofer, a.a.O., S. 87 f.).


c) Unter Berücksichtigung der gesamten Umstände im Zusammenhang mit den Anlagen bei der A. AG erscheint es angemessen, eine Busse in Höhe des gesetzlichen Minimums von einem Drittel der Nachsteuer auszusprechen. Aus diesem Grund ist an der Festsetzung der Busse auf 33,3% der Nachsteuer festzuhalten.


Die Beschwerde ist somit in diesem Punkt abzuweisen.


Aufgrund all dieser Ausführungen ist die Beschwerde abzuweisen.


13. (…)


Entscheid des Steuergerichts vom 11.02.2011 (530 10 53)



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