00-65 Transponierung

Bringt ein Steuerpflichtiger eine Minderheitsbeteiligung als Sacheinlage gegen Ausgabe neuer Aktien in eine von ihm beherrschte Gesellschaft (z.B. Holding) ein, so erzielt er einen steuerbaren Vermögensertrag im Umfang der Differenz zwischen Einbringungswert und einbezahltem Grundkapital.



Aus dem Sachverhalt (gekürzt):

1. Z. brachte im Jahr 1997 mit Sacheinlagevertrag Namensaktien der Y. AG zum Einbringungswert von Fr. 155'000.-- in die Y. Holding AG ein. Der Übernahmepreis wurde dadurch getilgt, indem dem Steuerpflichtigen Namensaktien der Y. Holding AG mit einem Nennwert von gesamthaft Fr. 400'000.-- zuerkannt wurden. Aufgrund dieses Vorgangs wurden Z. in der Bundessteuerveranlagung 1999/2000 vom 27. Dezember 1999 beim steuerbaren Einkommen Fr. 245'000.-- als Beteiligungsertrag aus dieser Übertragung der Aktien der Y. AG (Differenz Einbringungswert ./. Nominalwert) aufgerechnet.


2. Dagegen erhob die Vertreterin des Steuerpflichtigen mit Schreiben vom 14. Januar 2000 Einsprache und beantragte, es sei von der Aufrechnung des Transponierungsgewinns bei der Gründung der Y. Holding AG abzusehen.


...


3. Mit Entscheid vom 6. März 2000 wies die Steuerverwaltung die Einsprache ab.


...


4. Gegen diesen Entscheid liess der Steuerpflichtige durch seine Vertreterin mit Schreiben vom 9. März 2000 Beschwerde erheben, in der er an seinem Begehren festhielt. Seine Begründung ergibt sich soweit erforderlich aus den nachfolgenden Erwägungen.


5. Mit Vernehmlassung vom 25. Mai 2000 beantragte die Steuerverwaltung die Abweisung der Beschwerde. Ihre Begründung ergibt sich soweit erforderlich aus den nachfolgenden Erwägungen.



Aus den Erwägungen:

2. Im vorliegenden Fall ist zu prüfen, ob der Beschwerdeführer mit der Sacheinlage der ... Aktien der Y. AG in die unbestritten von ihm beherrschte Y. Holding AG einen steuerfreien Gewinn aus der Veräusserung der zu seinem Privatvermögen gehörenden Aktien erzielte oder ob ihm nach Art. 20 Abs. 1 lit. c DBG eine steuerbare geldwerte Leistung aus seiner Beteiligung zufloss.


a) Zunächst ist zu beachten, dass bei der Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen mit wirtschaftlichen Anknüpfungspunkten nicht strikte von der zivilrechtlichen Gestaltung auszugehen ist, die der Steuerpflichtige gewählt hat. Vielmehr ist der Sachverhalt entsprechend seinem wirtschaftlichen Gehalt zu würdigen. Bei steuerrechtlichen Normen, die an wirtschaftliche und nicht vorab zivilrechtliche Gegebenheiten anknüpfen, ist die Zulässigkeit der sog. "wirtschaftlichen Betrachtungsweise" nicht davon abhängig, ob die Voraussetzungen der Steuerumgehung erfüllt sind (vgl. BGE 115 Ib 241 E. 3b m.Hw.).


b) Bringt ein Aktionär gesellschaftliche Beteiligungsrechte zu einem über ihrem Nominalwert liegenden Anrechnungswert in eine von ihm beherrschte Aktiengesellschaft gegen Aktien der übernehmenden Gesellschaft ein, so erzielt er keinen steuerfreien Veräusserungsgewinn auf seinem Privatvermögen. Steuerfrei bleiben kann nur der durch eine eigentliche Veräusserung - im wirtschaftlichen Sinne verstanden - erzielte Gewinn. Die Übertragung auf die vom Aktionär beherrschte Aktiengesellschaft stellt aus wirtschaftlicher Sicht keine Aktienveräusserung dar. Der Aktionär gibt mit ihr seine wirtschaftliche Verfügungsmacht nicht preis; sie bleibt ihm vielmehr in Form seiner Beteiligung an der Holdinggesellschaft erhalten. Der Vermögenszufluss ist kausal auf das Halten und nicht auf die Veräusserung von Beteiligungsrechten zurückzuführen (vgl. BGE 115 Ib 241 f. 3c m.Hw.).


c) Der Beschwerdeführer bringt sinngemäss vor, dass selbst wenn die Besteuerung des Transponierungsgewinns gerechtfertigt wäre, das Realisationsprinzip massgebend sei. Demgemäss seien anwartschaftliche, bedingte oder erst anwachsende geldwerte Vorteile nicht steuerbar, sie würden erst steuerbar, wenn sie realisiert seien. Ausserdem könne der Transponierungsgewinn nur besteuert werden, wenn die Reserven der Betriebsgesellschaft im künftigen Zeitpunkt noch vorhanden seien und ihren Weg über die dazwischengeschaltete Holding zum herrschenden Aktionär gefunden hätten, dieser der schweizerischen Steuerhoheit unterstehe und nicht eine Person sei, die diese Aktiven im Geschäftsvermögen halte. Dem kann nicht beigestimmt werden, denn mit der Einbringung der Aktien in die von ihm beherrschte Gesellschaft erwirbt der Aktionär anstelle seines in den bisherigen Beteiligungsrechten enthaltenen latenten Anspruchs auf Ausschüttung von nicht zum Grundkapital gehörenden Gesellschaftsmitteln (Reserven, thesaurierte Gewinne) andere Beteiligungsrechte mit einem höheren Nennwert. Die Rückzahlung der bestehenden Kapitalanteile (Nennwert der Aktien) löst beim Aktionär keine Einkommenssteuerpflicht aus. Durch die Umgestaltung der Rechtsbeziehungen zwischen dem Aktionär und seinen Gesellschaften wird die (latente) Ausschüttungssteuerlast aufgehoben: in der Beteiligung verkörperte Mittel, die dem Aktionär lediglich als Beteiligungsertrag zufliessen können, werden in den Bereich des steuerfrei rückzahlbaren Grundkapitals übertragen. Die übernehmende Gesellschaft erbringt dem Aktionär mit der Zuteilung von neuen Aktien mit einem höheren Nennwert eine nach Art. 20 Abs. 1 lit. c DBG steuerbare geldwerte Leistung aus seinem Beteiligungsrecht (vgl. BGE 115 Ib 241 f. E. 3d m.Hw.).


Einkünfte gelten in jenem Zeitpunkt als zugeflossen und erzielt, in dem der Steuerpflichtige die Leistung vereinnahmt oder einen festen Anspruch darauf erworben hat, über den er tatsächlich auch verfügen kann. Voraussetzung des Zuflusses ist somit ein abgeschlossener Rechtserwerb, der Forderungs- oder Eigentumserwerb sein kann (Archiv für Schweizerisches Abgaberecht (ASA) 64 S. 137). Mit dem Abschluss des Sacheinlagevertrags vom ... erhielt der Steuerpflichtige gegen Hingabe der ... Aktien der Y. AG mit einem Nominalwert von Fr. 155'000.-- einen festen Rechtsanspruch auf die ... Aktien der Y. Holding AG mit einem Nominalwert von Fr. 400'000.--. Dadurch wurde die künftige Ausschüttungssteuerlast auf dem Nennwertgewinn von Fr. 245'000.-- sogleich beseitigt. Der Beschwerdeführer wendet ein, die sofortige Besteuerung des ganzen Nennwertgewinns verstosse gegen das Prinzip der Bewertung zum Barwert bei zukünftigen Sachverhalten. Es ist zwar nicht ausgeschlossen, dass der künftige Steuervorteil, um den es hier geht, tiefer ist als die Steuern, die hier von der Steuerverwaltung aufgrund des Nennwertgewinns erhoben wurden; jedoch kann dies auch umgekehrt sein, wenn bei einer erst künftigen Besteuerung etwa aufgrund eines gestiegenen Gesamteinkommens ein höherer Steuersatz als heute anwendbar ist. Es ist daher festzuhalten, dass der Steuerpflichtige die geldwerte Leistung aus Beteiligung in der vollen Höhe des Nennwertgewinns in dem Zeitpunkt realisierte, in welchem er seine ... Aktien der Y. AG als Sacheinlage gegen ... Aktien der Y. Holding AG in diese Gesellschaft einbrachte, da hiermit ein Vermögensrecht in ein anderes umgewandelt und die Ausschüttungssteuerlast unmittelbar auf dem ganzen Nennwertgewinn aufgehoben wurde.


Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass bei einem Verzicht auf die Erfassung solcher Nennwertgewinne als geldwerte Leistungen aus Beteiligung, der Weg zur steuerfreien Ausschüttung von laufenden oder gespeicherten Gewinnen (auch von solchen, die die Holdinggesellschaft unter Ausnützung des Holdingprivileges von der eingebrachten Gesellschaft bezogen hat) an den Aktionär offen und die vom Gesetzgeber in Art. 20 Abs. 1 lit. c DBG ausdrücklich vorgeschriebene Besteuerung aller geldwerten Leistungen der juristischen Personen an die Inhaber gesellschaftlicher Beteiligungsrechte, die keine Rückzahlung der bestehenden Kapitalanteile darstellen, in Frage gestellt wäre (vgl. BGE 115 Ib 242 E. 3d m.Hw.).


3. Im Folgenden ist zu untersuchen, ob die Einbringung der Minderheitsbeteiligung des Steuerpflichtigen von 20 % der Aktien der Y. AG in die von ihm beherrschte Y. Holding AG zu einem steuerbaren Transponierungsgewinn führt, da er als Inhaber der kleinen Beteiligung für sich nicht in der Lage ist, eine Gewinn- oder Reserveausschüttung oder gar die Liquidation der Gesellschaft wesentlich zu beeinflussen. Grundsätzlich ist jedoch zu beachten, dass im vorliegenden Fall einbehaltene Gewinne zugunsten des Steuerpflichtigen in Grundkapital umgewandelt wurden, welches bei seiner Rückzahlung keine Einkommenssteuerpflicht des (früheren und jetzt mittelbaren) Aktionärs auslöst. Eine solche Übertragung (Transponierung) von der Steuer unterliegenden Mitteln in einen steuerfreien Bereich löst nach Art. 20 Abs. 1 lit. c DBG die Steuerpflicht aus, stellt doch die Schaffung neuen Nennwerts eine geldwerte Leistung dar. Dies gilt unabhängig davon, ob eine beherrschende Beteiligung übertragen wird oder nur eine untergeordnete, die keinen wesentlichen Einfluss auf die Gesellschaft erlaubt. Auch bei der Übertragung einer kleinen Minderheitsbeteiligung werden von einer latenten Ausschüttungssteuerlast betroffene Geschäftsmittel in den Bereich des steuerfrei rückzahlbaren Nennwerts verschoben. Würde in einem solchen Fall auf die Besteuerung verzichtet, könnte die vom Gesetzgeber in Art. 20 Abs. 1 lit. c DBG gewollte Besteuerung sämtlicher Ausschüttungen von Gewinnen an die Inhaber gesellschaftlicher Beteiligungsrechte auf diese Weise praktisch umgangen werden. Somit ist nicht erforderlich, dass eine beherrschende Beteiligung eingebracht wird (vgl. Urteil des Bundesgerichts vom 6. Juli 1998 i.S. X. gegen BStRK ZH publ. in ASA 68 S. 426 f. E. 2c).


4. Ferner wird vorgebracht, die Besteuerung des Nennwertgewinns bei der Einbringung von Aktien durch den Steuerpflichtigen in eine von ihm beherrschte Gesellschaft sei nicht voraussehbar. Hiervon kann vorliegendenfalls nicht die Rede sein, denn nach der langjährigen Praxis des Bundesgerichts ist ein solcher Vorgang bei den direkten Bundessteuern steuerbar. Der Steuerpflichtige hätte demzufolge mit der Besteuerung des Nennwertgewinns rechnen müssen. Es kann daher nicht eingewendet werden, die angefochtene Besteuerung sei nicht voraussehbar gewesen (vgl. BGE 115 Ib 244 E. 5 m.Hw.).


5. Schliesslich wird eingewendet, es sei willkürlich, dass jede Veräusserung von Aktien über dem Nennwert an eine andere Kapitalgesellschaft steuerfrei sei, währenddem der Verkauf an die beherrschte Gesellschaft zu einem steuerbaren Transponierungsgewinn führe. Dies ändert indes nichts daran, dass in dem hier zu beurteilenden Fall  - worauf es allein ankommt - sowohl latente Steuerlasten abgelöst werden als auch die Merkmale des privaten Kapitalgewinns nicht erfüllt sind (vgl. Zürcher Steuerpraxis (ZStP) 1996 S. 77 E. 3d).


Entscheid Nr. 65/2000 vom 7. Juli 2000



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