Kanton Glarus

 

Kantonsgericht

 

Präsident

 

 

 

 

Urteil vom 20. Dezember 2012

 

 

Verfahren ZG.2011.00992

 

 

 

 

 

 

B.______

 

klagende Partei

 

vertreten durch C.______  
   

 

 

gegen

 

 

A.______

  

beklagte Partei

 

vertreten durch D.______  
   

 

 

 

betreffend

 

 

 

Eintragung einer Grundlast

 

 

Rechtsbegehren der klagenden Partei (gemäss Klagebewilligung vom 18. August 2011, sinngemäss):

 

1.

Es sei festzustellen, dass zu Lasten der Liegenschaft Nr. [...], Grundbuch [...], Gemeinde [...], und zu Gunsten der Liegenschaft Nr. [...], Grundbuch [...], Gemeinde [...], seit dem Jahr 1357 eine Unterhaltspflicht für das Ewige Licht in der katholischen Pfarreikirche [...] besteht.

 

 

2.

Es sei das Grundbuchamt [...] anzuweisen, im Rahmen der Grundbuchbereinigung folgende Grundlast als dinglich wirkend im Grundbuch [...], Gemeinde [...], einzutragen:

 

 

 

"Unterhaltspflicht für das Ewige Licht in der katholischen Pfarreikirche [...], Betrag CHF 1'400.—, zugunsten Grundstück Nr. [...], zulasten Grundstück Nr. [...]".

 

 

3.

Alles im Sinne der klägerischen Ausführungen sowie unter Kosten- und Entschädigungsfolge zu Lasten der beklagten Partei.

 

Anträge der beklagten Partei (gemäss Eingabe vom 29. Dezember 2011, sinngemäss):

 

1.

Es sei auf die Klage nicht einzutreten, eventuell sei sie abzuweisen.

 

 

2.

Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolge zu Lasten der klagenden Partei.

 

 

¾¾¾¾¾¾¾¾¾¾¾

 

 

Der Präsident zieht in Betracht:

 

I.

 

Im Rahmen der Einführung des eidgenössischen Grundbuches für die (damalige) Ortsgemeinde [...] ersuchte die klagende Partei (nachfolgend: Klägerin) am 23. Juni 2010 das Grundbuchamt [...], die im alten Grundbuch [...] auf der Folie [...] unter der Rubrik Bemerkungen aufgeführte "Beschwerde" in das eidgenössische Grundbuch zu übertragen. Nachdem das Grundbuchamt diesbezüglich ein Formular "Anmeldung Grundlast" vorbereitet hatte, reichte die Klägerin dieses am 27. Juli 2010 unterzeichnet beim Grundbuchamt ein. Die beklagte Partei (nachfolgend: Beklagter), Eigentümerin der Liegenschaft Nr. [...], Grundbuch [...] (bzw. Nr. [...] im alten Grundbuch [...]), welche durch das Grundbuchamt über die Anmeldung informiert worden war, bestritt mit Schreiben vom 10. Oktober 2010 das Bestehen des von der Klägerin geltend gemachten Rechts. Nachdem im Sühneverfahren vor dem Grundbuchamt keine Einigung erzielt werden konnte, reichte die Klägerin am 28. Juni 2011 beim Vermittleramt [...] ein Schlichtungsgesuch ein. Nach erfolglosem Schlichtungsversuch stellte das Vermittleramt [...] der Klägerin am 18. August 2011 die Klagebewilligung aus. Am 18. November 2011 reichte die Klägerin eine begründete Klageschrift samt Beilagen beim Kantonsgericht des Kantons Glarus ein und stellte vorstehend genannte Rechtsbegehren. Auf Aufforderung des Kantonsgerichts reichte der Rechtsvertreter des Beklagten am 29. Dezember 2011 seine Stellungnahme samt Beilagen ein. Am 21. November 2012 fand die Hauptverhandlung vor dem Kantonsgerichtspräsidenten statt, an welcher von Seiten der Klägerin drei Mitglieder des Kirchenrates (inkl. Präsidentin) und deren Rechtsvertreter sowie der Beklagte und dessen Rechtsvertreter anwesend waren. Der Kantonsgerichtspräsident fällte am 20. Dezember 2012 das vorliegende Urteil, welches sogleich mit Begründung eröffnet wird.

 

 

II.

 

Auf die ausführliche Wiedergabe der Parteivorbringen wird verzichtet und diesbezüglich auf die Akten und das Handprotokoll des Gerichtsschreibers sowie die Eingaben der Parteien verwiesen. Soweit notwendig wird jedoch in den folgenden Erwägungen darauf eingegangen.

 

 

III.

 

1. Im Jahre 1357 tötete angeblich Konrad Müller aus Niederurnen den Heinrich Stucki. Zur Sühne und damit er sich der Vergeltung (Privatrache) der Verwandten des Heinrich Stucki entziehen konnte, stiftete er 1357 der Pfarrkirche [...] ein "Ewiges Licht". Im Jahrzeitbuch von [...] (Jahrzeitbücher sind von katholischen Pfarreien und Klöstern geführte Verzeichnisse der alljährlich an bestimmten Daten für die Seelenruhe von Verstorbenen zu feiernden Gedächtnisse) wurde dazu am 9. Juli 1357 eingetragen: "Item kuonrat müller vo nider urna hat gesetzt durch heini stucki den er liblos gethan hat sel heil willen ein ewig liecht ze prennen dag und nacht von nussöl ab disen nachbenepten gütter namlich [es folgt eine Aufzählung von Gütern in [...]], alles des genanttn kuonrat müllers und wenn das genant liecht nit bezünt wurde so werent diese gütter alle der kirchen für lidig eygen verfallen. […]" (act. 3/22).

Im Zuge der Reformation löste sich die Pfarrei [...] von der nunmehr reformierten Pfarrei [...]. In der Teilungsvereinbarung wurde im Jahre 1532 das hier in Frage stehende Ewige Licht der Pfarrei [...] zugesprochen (vgl. Fritz Stucki, Die Rechtsquellen des Kantons Glarus, Bd. I., Aarau 1983, S. 303). Am 1. September 1806 schlossen Karl Burger, damaliger Besitzer des Guts [...] (heutige Liegenschaft Nr. [...] im Grundbuch [...]), und Walter Hauser, damaliger Besitzer des [...] (heutige Liegenschaft Nr. [...] im Grundbuch [...]), offenbar einen Vertrag, der die abwechselnde Lieferung des Öls für das Ewige Licht in der Pfarrkirche [...] durch die Grundbesitzer regeln sollte. Im alten Grundbuch von [...] findet sich schliesslich auf der Folie [...] folgende undatierte Bemerkung: "Auf dem nebenstehenden, unter No. [...]. vorkommenden Gut [...] (das [...] ausgenommen), sowie auf dem im Grundbuch No. [...]. unter Ziffer I. aufgetragenen [...], lastet die gemeinsame Beschwerde, dass die jeweiligen Besitzer dieser Güter verpflichtet sind, der löbl Pfarrkirche von [...] alljährlich das zu dem ewigen Licht erforderliche Öhl zu liefern, – und zwar stiftungsgemäss."

In der Folge wurde diese Verpflichtung von den jeweiligen Besitzern der Liegenschaften offenbar treu erfüllt, bezüglich der hier in Frage stehenden Liegenschaft Nr. [...] im Grundbuch [...] ([...]) zuletzt durch die Mutter des Beklagten, welche die Liegenschaft am 20. Februar 2009 an Letzteren verkaufte.

 

2. Die Klägerin ersucht um Feststellung eines beschränkten dinglichen Rechts und um Eintragung dieses Rechts ins Grundbuch. Es handelt sich somit um eine dingliche Klage (vgl. Thomas Sutter-Somm / Cordula Lötscher, in: Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger, Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], 2010, N. 8 ff. zu Art. 29), also – entgegen der Ansicht des Beklagten und obwohl die Klägerin eine selbständige Körperschaft des öffentlichen Rechts ist (Art. 135 Abs. 1 der Kantonsverfassung, GS I A/1/1) – um eine Zivilsache. Der Streitwert erreicht CHF 30'000.— nicht (act. 2 S. 3 und act. 17 S. 3). Der Präsident des Kantonsgerichts des Kantons Glarus ist deshalb gemäss Art. 29 Abs. 1 lit. a ZPO und Art. 243 Abs. 1 ZPO i. V. m. Art. 14 Abs. 3 lit. a Gerichtsorganisationsgesetz (GS III A/2) für die vorliegende Klage örtlich und sachlich zuständig. Dass eine Vertreterin der Klägerin anlässlich eines Zeitungsinterviews irrigerweise die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts annahm, ist ohne Belang.

 

2.1. Die Klägerin ersuchte das Grundbuchamt um Eintragung eines beschränkten dinglichen Rechts im Grundbuch. Der Beklagte widersetzte sich dieser Eintragung und weigert sich, seine – gemäss Klägerin – aus dem dinglichen Recht ausfliessende Leistungspflicht zu erfüllen. Damit hat die Klägerin im Sinne von Art. 59 Abs. 2 lit. a ZPO ein schützenswertes Interesse daran, dass das Gericht über den Bestand dieses Rechts entscheidet und prüft, ob dieses ins Grundbuch einzutragen ist (vgl. auch Art. 25 Abs. 3 der Verordnung mit Gebührentarif zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch und zum Schweizerischen Obligationenrecht, GS III B/7/1). Entgegen der Ansicht des Beklagten kann es für das Vorhandensein eines schützenswerten Interesses – jedenfalls beim hier vorliegenden Streitwert – nicht relevant sein, ob die Klägerin aus wirtschaftlicher Sicht auf die Leistung des Beklagten angewiesen ist.

 

2.2. Die weiteren Voraussetzungen von Art. 59 Abs. 2 ZPO sind ebenfalls erfüllt, weshalb auf die Klage einzutreten ist (Art. 59 Abs. 1 ZPO).

 

3. Als Erstes ist die Frage zu prüfen, ob und mit welchem Inhalt das von der Klägerin geltend gemachte dingliche Recht besteht.

3.1. Konrad Müller stiftete im Jahre 1357 der Pfarrei [...] ein Ewiges Licht. Er verpflichtete sich, der Kirche das dafür nötige Öl zu liefern und auferlegte diese Leistungspflicht als dingliche Verpflichtung (in Form eines "Zinses") seinen Liegenschaften in [...]. Bei Nichterfüllung sollten die Güter an die Kirche "für lidig eygen" verfallen. Damit begründete er zulasten seiner Grundstücke in [...] und zugunsten der Pfarrei [...] eine "ältere Gült" oder "ewige Satzung", wie sie im alten glarnerischen Recht auch hiess.

Mit einer älteren Gült wurde eine Leistungspflicht (die anfänglich in Naturalien bestand, später sich in einen Geldzins verwandelte) als dingliche Verpflichtung einer oder mehreren Liegenschaften auferlegt. War eine kirchliche Vergabung Entstehungsgrund für diese Gült, so verfiel die beschwerte Liegenschaft bei Nichterfüllung der Leistungspflicht an jene Kirche, zu deren Gunsten sie gestiftet wurde. Die beschwerte Liegenschaft diente also als Pfand für die Leistungspflicht (vgl. dazu Johann Jakob Blumer, Staats- und Rechtsgeschichte der schweizerischen Demokratien oder der Kantone Uri, Schwyz, Unterwalden, Glarus, Zug und Appenzell, Erster Theil, Das Mittelalter, St. Gallen 1850, zit. Das Mittelalter, S. 451 ff.; Blumer verweist als Beispiel für eine solche ältere Gült auf eine auf Seite 398 zitierte Stelle im Jahrzeitbuch von [...]. Die dort zitierte Begebenheit ist mit der hier zu beurteilenden vergleichbar. Letztere wird denn auch auf der gleichen Seite von Blumer ebenfalls zitiert.). Charakteristisch für diese älteren Gülten war auch, dass diese "unaufkündbar" und unablöslich – also "ewige Rechte" – waren. Die Parteien konnten aber zu einem späteren Zeitpunkt den Wiederkauf der Gült vereinbaren. Weiter waren die Gülten Gegenstand des freien Verkehrs. Sie konnten von einem Gläubiger auf den anderen übertragen werden (vgl. Johann Jakob Blumer, Das Mittelalter, a. a. O., S. 454 f.; vgl. zur glarnerischen Gült auch Peter Schmid, Das Glarnerische Hypothekarrecht in historisch-dogmatischer Darstellung, Zürich 1906, S. 24 ff.). So ist es denn auch nicht zu beanstanden, dass die hier in Frage stehende Gült im Zuge der Reformation im Jahre 1532 von der Pfarrei [...] auf die neue Pfarrei [...] übertragen wurde.

Am Rande sei darauf hingewiesen, dass der Beweisantrag des Beklagten um Edition des rechtskräftigen Strafurteils gegen Konrad Müller ins Leere zielt, da ein solches mit grösster Wahrscheinlichkeit nie existiert haben dürfte. Im damals noch geltenden, dem germanischen Recht entstammenden System der Privatrache war es Sache des Täters, in casu Konrad Müllers, sich mit den betroffenen Verwandten des Opfers zu "vergleichen" und so der Privat- bzw. Blutrache zu entgehen. Der Staat bzw. die Obrigkeit hatte an der Verfolgung dieser "minder strafwürdigen Verbrechen" kein Interesse (vgl. Johann Jakob Blumer, Das Mittelalter, a. a. O., S. 395 ff.).

Im Laufe der Zeit bildete sich aus ständiger Übung das allgemeine Recht der Kündbarkeit der Gült für den Schuldner (vgl. Peter Schmid, a. a. O., S. 29 ff.; ebenso Johann Jakob Blumer, Staats- und Rechtsgeschichte der schweizerischen Demokratien oder der Kantone Uri, Schwyz, Unterwalden, Glarus, Zug und Appenzell, Zweiter Theil, Die neuere Zeit [1531-1798], Zweiter Band, St. Gallen 1859, zit. Die neuere Zeit, S. 79 f.). Die Gülten verloren im Kanton Glarus nach und nach an Bedeutung, da im 16. Jahrhundert eine neue, auf Grundlage der Gülten entstandene, den damaligen Bedürfnissen jedoch eher entsprechende Art der Pfandverschreibung, der sogenannte "Zinsbrief", eingeführt wurde (vgl. Peter Schmid, a. a. O., S. 32 ff.). Die noch verbleibenden (älteren) Gülten wurden von Rechts wegen gleich den Zinsbriefen behandelt (vgl. Johann Jakob Blumer, Die neuere Zeit, a. a. O., S. 85). Ende des 17. Jahrhunderts hatten die Zinsbriefe das Institut der Gült offenbar vollständig verdrängt (vgl. Peter Schmid, a. a. O., S. 40). Im ersten gedruckten Landsbuch (Gesetzessammlung) des Kantons Glarus von 1807 fand die vorstehend erwähnte Übung dennoch Eingang: § 130 "Von ewiger Satzung." lautete: "Es sollen keine ewige Satz-Gültbriefe oder Verschreibungen, auf was es wäre, gemacht werden, sondern alle solche eine bestimmte Ablösungs-Zeit enthalten."

Anno 1841 beschloss die Landsgemeinde, das Glarner Hypothekarwesen grundlegend zu revidieren und ein Hypothekargesetz zu erlassen. Ziel war einerseits, "den bisherigen verwahrlosten Zustand des Hypothekarwesens durchgreifend und bleibend zu bereinigen und andererseits eine sichere Grundlage für die Zukunft zu erhalten" (Memorial für die ordentliche Landsgemeinde des Jahres 1842, Beilage Nro. VII. S. 1). Im folgenden Jahr erliess die Landsgemeinde das Gesetz über die Errichtung neuer Pfandbriefe (nachfolgend: Gesetz von 1842) und beschloss die Einführung von nach Tagwen (Ortsgemeinden) geführten Liegenschaftsverzeichnissen bzw. Grundbüchern. Die Bereinigung des Hypothekarwesens erfolgte in den Jahren 1842-1849. Nach Aufnahme der Liegenschaftsverzeichnisse wurden alle Gläubiger von Pfandrechten, "welcher Natur sie immer sein mögen", durch öffentliche Ausschreibung aufgerufen, sich bei der dafür eingesetzten Pfandrevisionskommission zu melden. Wurden die geltend gemachten Pfandrechte vom Schuldner bestritten, kam es zu einem Bereinigungsverfahren. Schliesslich wurden die für richtig befundenen und gütlich oder rechtlich anerkannten Pfandschuldtitel in ein neu eingerichtetes Pfandprotokoll eingetragen, auf welches im Grundbuch verwiesen wurde. Altrechtliche Pfandschuldtitel, nämlich pfandbare Kaufbriefe und Verschreibungen laut Urbarien (Urbarien nannte man die Grund- oder Lagerbücher, die meistens von frommen Stiftungen aufgestellt wurden), wurden in neurechtliche Pfandbriefe umgewandelt. Alle übrigen Pfandschuldtitel wurden annulliert (vgl. Memorial für die ordentliche Landsgemeinde des Jahres 1842, Beilage Nro. VII. S. 1 f. und Peter Schmid, a. a. O., S. 60 ff.). § 1 des Gesetzes von 1842 schrieb vor: "Pfandverschreibungen können nur auf liegende Güter errichtet werden. […] Pfandbare Kaufbriefe und Verschreibungen laut Urbarien dürfen von Inkrafttreten dieses Gesetzes an nicht mehr errichtet werden."

 

3.2. Das von der Klägerin geltend gemachte dingliche Recht war nie im Pfandprotokoll bzw. im Grundbuch eingetragen. Ihrer Ansicht nach handelt es sich dabei um eine im 14. Jahrhundert errichtete Grundlast, welche bis zur Bereinigung des Grundbuches gar nicht in dieses eingetragen werden musste bzw. konnte. Dies trifft nicht zu. Wie vorstehend aufgezeigt, handelte es sich beim in Frage stehenden dinglichen Recht um eine Gült. (Weitere) Grundlasten waren dem glarnerischen Recht fremd. So finden sich im Landsbuch von 1807, das eine vollständige Zusammenstellung des damals geltenden Rechts darstellt, lediglich Bestimmungen zu den Verschreibungen (bzw. Pfandrechten, § 122 bis 130) und Bestimmungen zu den Servituten (§ 164 und 165 sowie § 173 bis 181; vgl. auch erste Abteilung des Bürgerlichen Gesetzbuches von 1869). Eine Servitut, welche tatsächlich nicht ins Grundbuch eingetragen werden konnte, fällt vorliegend jedoch ausser Betracht. Gemäss § 62 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches von 1869 wurde durch das Bestehen einer Servitut der Eigentümer der dienstbaren Liegenschaft verhindert, etwas zu tun, oder genötigt, etwas zu dulden, was er als freier Eigentümer tun könnte und nicht zu dulden brauchte (vgl. auch § 164 und 165 sowie § 173 bis 181 des Landsbuchs von 1807). Das von der Klägerin geltend gemachte Recht passt nicht in diese Definition, verlangt sie doch die jährliche Lieferung von Öl bzw. von Geld, also eine Verpflichtung, etwas zu tun.

Es handelte sich bei der Pflicht zur Lieferung des für das Ewige Licht erforderlichen Öls um eine Gült nach altem glarnerischem Recht, also um ein Pfandrecht. Als solches hätte dieses Recht aber anlässlich der Bereinigung des Hypothekarwesens von 1842-1849 geltend gemacht und in einen Pfandbrief umgewandelt werden müssen, ist dieses Recht doch zu den "Verschreibungen laut Urbarien" zu zählen (vgl. Art. 1 der vorstehend erwähnten Vereinbarung von 1806, act. 3/24; selbst wenn die Auffassung vertreten würde, dass es sich bei der hier in Frage stehenden Gült nicht um eine Verschreibung laut Urbarien handelte, müsste diese als von der Pfandrevision erfasst betrachtet werden, wurden Gülten doch den Zinsbriefen gleich behandelt und war es doch Ziel der Revision, das Hypothekarwesen durchgreifend zu bereinigen. So wurden ja auch alle Gläubiger von Pfandrechten, "welcher Natur sie immer sein mögen", durch öffentliche Ausschreibung aufgerufen, sich bei der Pfandrevisionskommission zu melden, vgl. vorstehend III. Ziffer 3.1). Indem das hier in Frage stehende dingliche Recht nicht geltend gemacht wurde, ist es spätestens mit Abschluss der Hypothekarbereinigung im Jahre 1849 untergegangen.

Bei diesem Ergebnis kann offen bleiben, ob es unter altem glarnerischem Recht möglich war, die Gült von Gütern in [...] auf Güter in [...] zu transferieren. Dass die Gült auf den Gütern in [...] jemals rechtsgenüglich neu errichtet wurde, hat die Klägerin jedenfalls nicht belegt. Denkbar wäre der Beweis der Errichtung mittels des Instituts der Unvordenklichkeit der Ausübung (vgl. zu diesem Begriff BGE 74 I 41 E. 3).

Ob zwischen den damaligen Eigentümern der Liegenschaften und der Kirchgemeinde [...] eine Verpflichtung obligatorischer Natur bezüglich der Öllieferung bestand, braucht vorliegend nicht geprüft zu werden. Es ist denkbar, dass eine solche zur eingangs zitierten Bemerkung im Grundbuch [...] geführt hat (vgl. vorstehend III. Ziffer 1). Anzumerken ist jedoch, dass die Anlegung der Grundbücher vor der eigentlichen Hypothekarbereinigung erfolgte (vgl. Peter Schmid, a. a. O., S. 71 f.). Zudem hatte eine solche Bemerkung im Grundbuch keine dingliche Wirkung.

 

3.3. Nach dem Gesagten steht fest, dass das geltend gemachte dingliche Recht spätestens nach 1849 unter dem alten glarnerischen Zivilrecht nicht mehr existierte. Somit bleibt zu prüfen, ob dieses Recht nach Einführung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB) vom 10. Dezember 1907, in Kraft seit 1. Januar 1912, neu errichtet worden ist. Da das geltend gemachte dingliche Recht bei Einführung des ZGB keinen Bestand mehr hatte, erübrigt sich eine übergangsrechtliche Prüfung (vgl. Art. 17 Abs. 1 SchlT ZGB).

 

3.4. Durch die Grundlast wird der jeweilige Eigentümer eines Grundstücks zu einer Leistung an einen Berechtigten verpflichtet, für die er ausschliesslich mit dem Grundstücke haftet. Als Berechtigter kann der jeweilige Eigentümer eines anderen Grundstücks bezeichnet sein (Art. 782 Abs. 1 und 2 ZGB). Unter Vorbehalt der öffentlich-rechtlichen Grundlasten kann eine Grundlast nur eine Leistung zum Inhalt haben, die sich aus der wirtschaftlichen Natur des belasteten Grundstücks ergibt oder die für die wirtschaftlichen Bedürfnisse eines berechtigten Grundstücks bestimmt ist (Art. 782 Abs. 3 ZGB). Mit dieser Einschränkung wollte der Gesetzgeber die Rückkehr feudaler Zustände verhindern (vgl. David Jenny, Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch II, Basel 2011, N. 10 vor Art. 782-792).

Im Falle einer Personalgrundlast, also wenn eine bestimmte physische oder juristische Person Grundlastberechtigte ist, muss sich die Leistung stets aus der wirtschaftlichen Natur des belasteten Grundstücks ergeben, also mit den Mitteln und Kräften des Grundstücks bewirkt werden können. Als Beispiele werden in der Lehre genannt: Abgabe von elektrischem Licht zugunsten der Einwohner der konzessionserteilenden Gemeinde, Lieferung von Holz zugunsten des jeweiligen Dorflehrers, Lieferung von Zuckerrüben an eine Zuckerfabrik, Lieferung von Brauch- und Trinkwasser aus einer Wasserversorgung, Lieferung von Milch an eine Käserei oder an eine Schokoladenfabrik (vgl. Hans Leemann, Kommentar zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch, Bern 1925, N. 44 ff. zu Art. 782; Peter Tuor / Bernhard Schnyder / Jörg Schmid, Das Schweizerische Zivilgesetzbuch, Zürich 1995, S. 805). Denkbar sind auch Geldleistungen. So hat das Bundesgericht die Verpflichtung eines Hotels zur Zahlung der Kurtaxe als Inhalt einer Grundlast zugelassen (BGE 53 II 382 E. 2). Nach einem Teil der Lehre genügt es für die Zulässigkeit von Geldleistungen gar, wenn der Ertrag des belastenden Grundstücks in Erzeugnissen besteht, die sich durch Verkauf in Geld wandeln lassen (vgl. Peter Tuor / Bernhard Schnyder / Jörg Schmid, a. a. O., S. 805).

Im Falle einer Realgrundlast, also wenn der jeweilige Eigentümer eines anderen Grundstücks Grundlastberechtigter ist, kann die Leistung alternativ auch für die wirtschaftlichen Bedürfnisse des berechtigten Grundstücks bestimmt sein, wobei dies rein objektiv zu verstehen ist. So können nur solche Leistungen, die dem Grundstück als solchem zugutekommen, insbesondere zur Erhaltung seines Bestandes, zur Steigerung seiner Ertragsfähigkeit oder zur Erleichterung seiner Bewirtschaftung bestimmt sind, als Grundlasten begründet werden, niemals aber Verpflichtungen zu persönlicher Dienstleistung zum Zwecke der Bewirtschaftung des Grundstücks (Hans Leemann, a. a. O., N. 53 zu Art. 782). In Frage kommen vor allem Dienste und Arbeitsleistungen, beispielsweise die Pflicht zum Unterhalt eines Steges, einer Mauer oder eines Hages (Peter Tuor / Bernhard Schnyder / Jörg Schmid, a. a. O., S. 805 f.).

 

3.4.1. Die Klägerin möchte die "Unterhaltspflicht für das Ewige Licht […] zugunsten Grundstück Nr. [...], zulasten Grundstück Nr. [...]" als Grundlast ins Grundbuch eintragen lassen. Sie geht also davon aus, dass zugunsten des jeweiligen Eigentümers des Grundstücks Nr. [...] im Grundbuch [...], Gemeinde [...], eine Realgrundlast bestehe. Somit ist zu prüfen, ob sich die Leistung aus der wirtschaftlichen Natur des belasteten Grundstücks (Grundstück Nr. [...] im Grundbuch [...], Gemeinde [...]) ergibt oder für die wirtschaftlichen Bedürfnisse des berechtigten Grundstücks bestimmt ist.

Letzteres ist nicht der Fall. Es ist nicht ersichtlich, wie die Unterhaltspflicht für das Ewige Licht, die durch Lieferung von Öl für das Ewige Licht bzw. die Bezahlung der Rechnungen für die Ölkerzen zu erfüllen sei, der Erhaltung des Bestandes, der Steigerung der Ertragsfähigkeit oder der Erleichterung der Bewirtschaftung des begünstigten Grundstücks dienen soll, zumal das Ewige Licht nicht als Bestandteil dieses Grundstücks zu betrachten ist (vgl. Art. 667 Abs. 2 ZGB e contrario).

Auch ergibt sich die Leistung nicht aus der wirtschaftlichen Natur des belasteten Grundstücks. Das Grundstück Nr. [...] im Grundbuch Näfels, Gemeinde [...], wirft weder einen Ölertrag noch einen direkten Geldertrag ab. Es handelt sich um ein in der Landwirtschaftszone gelegenes Grundstück, nach Angaben des Beklagten um Wiesland. Der Lehrmeinung, wonach eine Grundlast in Form einer Geldleistung auch dann zulässig sein soll, wenn der Ertrag des belastenden Grundstücks in Erzeugnissen besteht, die sich durch Verkauf in Geld wandeln lassen, kann nicht gefolgt werden. Beinahe jedes landwirtschaftliche Grundstück, bringt – sofern es bewirtschaftet wird – direkt oder indirekt ein Erzeugnis hervor, das sich durch Verkauf in Geld wandeln lässt. So könnte auf beinahe allen landwirtschaftlichen Grundstücken eine entsprechende Grundlast gelegt werden, was feudalen Verhältnissen gleich käme und eben gerade nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprach.

Es fehlt der Unterhaltspflicht für das Ewige Licht somit der besondere Bezug zum belasteten oder begünstigten Grundstück im Sinne von Art. 782 Abs. 2 ZGB, weshalb die von der Klägerin behauptete Grundlast nicht bestehen kann.

 

3.4.2. Bei diesem Ergebnis kann offen bleiben, ob eine Grundlast im Sinne von Art. 662 ZGB i. V. m. Art. 783 Abs. 3 ZGB ausserordentlich ersessen werden kann bzw. ob die geltend gemachte Grundlast vorliegend ersessen worden ist, wie dies von der Klägerin behauptet wird (act. 24 S. 4).

 

4. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass das geltend gemachte dingliche Recht, sofern es denn überhaupt je Bestand hatte, spätestens nach der im Kanton Glarus in den Jahren 1842-1849 erfolgten Bereinigung des Hypothekarwesens untergegangen ist und in der Folge nicht mehr errichtet werden konnte (§ 1 des Gesetzes von 1842 bzw. Art. 782 Abs. 3 ZGB). Die Klage ist deshalb abzuweisen.

 

 

IV.

 

Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Prozesskosten der Klägerin aufzuerlegen (Art. 106 Abs. 1 ZPO) und von ihr zu beziehen, soweit möglich unter Verrechnung mit dem geleisteten Kostenvorschuss (Art. 111 ZPO).

Der Streitwert beträgt weniger als CHF 10'000.—. Die Pauschalgerichtsgebühr beträgt gemäss Art. 3 Abs. 1 lit. a der Verordnung zu den Kosten im Zivil- und Strafprozess (GS III A/5) CHF 200.— bis CHF 5'000.—. In Anbetracht des nicht unerheblichen Zeitaufwandes – mussten doch beträchtliche rechtsgeschichtliche Nachforschungen betrieben werden – ist die Gerichtsgebühr auf CHF 4'000.— festzulegen.

Dem Beklagten ist eine angemessene Parteientschädigung zuzusprechen
(Art. 106 Abs. 1 ZPO i. V. m. Art. 95 Abs. 1 lit. b ZPO).

Die Berufung ist unzulässig (Art. 308 Abs. 2 ZPO).

 

 

____________________

 

 

Der Präsident erkennt:

 

1.

Die Klage wird abgewiesen.

 

 

2.

Die Gerichtsgebühr wird auf CHF 4'000.― festgesetzt.

 

 

3.

Die Kosten werden der klagenden Partei auferlegt und von ihr bezogen.

 

 

4.

 

Die klagende Partei wird verpflichtet, der beklagten Partei eine Parteientschädigung von CHF 5'000.― zu bezahlen.

 

 

5.

Schriftliche Mitteilung an:

 

[...]