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Kanton Glarus |
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Obergericht |
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Urteil vom 25. September 2015 |
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Verfahren OG.2014.00043 |
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A.______ Berufungskläger und |
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Anschlussberufungsbeklagter |
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vertreten durch B.______ |
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gegen |
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Staats- und Jugendanwaltschaft Berufungsbeklagte und |
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des Kantons Glarus Anschlussberufungsklägerin |
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vertreten durch X.______ |
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betreffend |
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Überschreiten der allgemeinen Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen |
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über die Anträge: |
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A. des Berufungsklägers und Anschlussberufungsbeklagten (gemäss Berufungsschrift vom 25. August 2014: |
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„ 1. Es sei Ziffer 2 (des Dispositivs) des Urteils des Kantonsgerichts vom 16. Juni 2014 in dem Sinne zu korrigieren, als dass die ausgefällte Busse von Fr. 6‘000.00 auf Fr. 480.00 zu reduzieren ist. |
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2. Es sei Ziffer 4 (des Dispositivs) des Urteils des Kantonsgerichts vom 16. Juni 2014 in dem Sinne zu korrigieren, als die Kosten vollumfänglich dem Staat auferlegt werden. |
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3. Die Anschlussberufung der Staatsanwaltschaft sei vollumfänglich abzuweisen. |
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4. Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolge für beide Instanzen zu Lasten des Staates.“ |
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B. der Berufungsbeklagten und Anschlussberufungsklägerin (gemäss Eingabe vom 21. Juli 2014, sinngemäss): |
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1. Es sei in Gutheissung der Anschlussberufung Dispositiv-Ziff. 1 des Urteils des Kantonsgerichts dahingehend abzuändern, als die Busse auf Fr. 9‘920.00 festzusetzen sei. |
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2. Es sei in Gutheissung der Anschlussberufung Dispositiv-Ziff. 5 des Urteils des Kantonsgerichts aufzuheben und dem Berufungskläger keine Parteientschädigung auszurichten. |
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3. Unter Kostenfolge zu Lasten des Beschuldigten auch im Verfahren vor Obergericht. |
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____________________ |
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Das Gericht zieht in Betracht: |
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I. |
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Prozessgeschichte und Sachverhalt |
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1.— a) A.______ fuhr am 17. August 2013 um 15.57 Uhr mit seinem Personenwagen [...] auf der Autobahn A3 Richtung Sargans. Eine damals von der Polizei auf der Höhe von Niederurnen durchgeführte Geschwindigkeitskontrolle ergab eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 27 km/h (nach Abzug der Sicherheitsmarge). |
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b) Mit Strafbefehl vom 9. September 2013 erkannte die
Staatsanwaltschaft des Kantons Glarus den Beschuldigten der Überschreitung
der signalisierten [recte: allgemeinen] Höchstgeschwindigkeit auf der
Autobahn (120 km/h) gemäss Art. 27 |
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2.— Die
Staatsanwaltschaft des Kantons Glarus überwies am 18. November
2013 den Strafbefehl als Anklageschrift (siehe Art. 356 Abs. 1
StPO) dem Kantonsgericht Glarus zur Durchführung des Hauptverfahrens. Mit
Entscheid vom 16. Juni 2014 verurteilte der Kantonsgerichtspräsident in
Anwendung von Art. 90 Abs. 1 SVG den Beschuldigten wegen
Überschreitens der signalisierten [recte: allgemeinen] Höchstgeschwindigkeit
auf Autobahnen (120 km/h) um netto 27 km/h gemäss Art. 27
Abs. 1 SVG, Art. 4a und Art. 5 VRV, Art. 22 SSV [recte:
Art. 32 Abs. 2 SVG i.V.m. Art. 4a Abs. 2 VRV] zu
einer Busse von Fr. 6‘000.- (Dispositiv Ziffer 1). Die Kosten des
Verfahrens auferlegte er zur Hälfte dem Beschuldigten (Dispositiv Ziffern 3 |
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3.— Dagegen erhob der Beschuldigte am 15. Juli 2014 fristgerecht Berufung. Die Staatsanwaltschaft reichte am 21. Juli 2014 eine bereits einlässlich begründete Anschlussberufung ein. Gestützt auf Art. 406 Abs. 1 lit. c StPO ordnete das Obergericht das schriftliche Verfahren an (act. 18). Am 25. August 2014 reichte der Berufungskläger die Berufungsschrift ein. Die Staatsanwaltschaft liess sich dazu nicht vernehmen. |
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II. |
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Materielle Ausführungen |
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1.— a) Die Vorinstanz hat die dem Beschuldigten angelastete Geschwindigkeitsüberschreitung auf der Autobahn um netto 27 km/h zutreffend noch als einfache Verletzung der Verkehrsregeln im Sinne von Art. 90 Abs. 1 SVG qualifiziert (siehe dazu BGE 123 II 106 E. 2 c S. 112 f.; 121 IV 230 E. 2 b/bb S. 232 f.). Der in tatbeständlicher Hinsicht geständige Berufungskläger beanstandet vorliegend denn auch einzig die Höhe der ihm auferlegten Busse sowie die hälftige Kostentragungspflicht für das erstinstanzliche Strafverfahren. Die Staatsanwaltschaft wendet sich in ihrer Anschlussberufung ebenfalls gegen die von der Vorinstanz festgesetzte Bussenhöhe und zusätzlich gegen die Verteilung der Verfahrenskosten. |
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b) Vorliegend war im erstinstanzlichen Verfahren ein Übertretungstatbestand zu beurteilen (siehe dazu gleich nachfolgend E. 2.a). Insofern kann mit Berufung nur gerügt werden, das angefochtene Urteil sei rechtsfehlerhaft oder die Feststellung des Sachverhalts sei offensichtlich unrichtig oder beruhe auf einer Rechtsverletzung; neue Behauptungen oder Beweise können dabei nicht vorgebracht werden (Art. 398 Abs. 4 StPO). |
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2.— a) Die einfache Verletzung von Verkehrsregeln wird mit Busse bestraft (Art. 90 Abs. 1 SVG). Es handelt sich hierbei somit um eine Übertretung (Art. 102 Abs. 1 SVG i.V.m. Art. 103 StGB), für die ohne anderslautende Regelung ein Bussenrahmen bis zu Fr. 10‘000.- gilt (Art. 106 Abs. 1 StGB). Innerhalb dieses theoretischen Strafrahmens bemisst das Gericht die Busse nach den Verhältnissen des Täters so, dass dieser die Strafe erleidet, die seinem Verschulden angemessen ist (Art. 106 Abs. 3 StGB), wobei dem Gericht ein weiter Ermessensspielraum zusteht (BGE 134 IV 60 E. 7.3.3). Für den Fall der schuldhaften Nichtbezahlung der Busse ist eine Ersatzfreiheitsstrafe auszufällen (Art. 106 Abs. 2 StGB). Insoweit der Berufungskläger in seiner Berufung die Höhe der erstinstanzlich festgelegten Busse beanstandet, macht er im Ergebnis eine rechtsfehlerhafte Strafzumessung geltend. |
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b) Übertretungen der Strassenverkehrsvorschriften des Bundes können nach dem Ordnungsbussengesetz vom 24. Juni 1970 (OBG; SR 741.03) in einem vereinfachten Verfahren mit Ordnungsbussen bis Fr. 300.- geahndet werden (Art. 1 Abs. 1 und 2 OBG). Sind die Voraussetzungen des Ordnungsbussenverfahrens erfüllt, ist dieses nach der Rechtsprechung zwingend anzuwenden (BGE 121 IV 375 E. 1a S. 377; 105 IV 136 E. 1-3). Eine Ordnungsbusse kann auch im ordentlichen Strafverfahren ausgefällt werden (Art. 11 Abs. 1 OBG). Das Ordnungsbussenverfahren ist u.a. ausgeschlossen bei Widerhandlungen, die nicht von einem ermächtigten Polizeiorgan selber beobachtet wurden. Davon ausgenommen sind Geschwindigkeitskontrollen und Feststellung von Übertretungen durch zugelassene automatische Überwachungsanlagen (Art. 2 lit. b OBG), sofern die Überschreitung der allgemeinen Höchstgeschwindigkeit innerorts nicht mehr als 15 km/h, ausserorts nicht mehr als 20 km/h und auf Autobahnen nicht mehr als 25 km/h beträgt (vgl. Art. 3 OBG; Art. 1 der Ordnungsbussenverordnung vom 4. März 1996 (OBV; SR 741.031) und Ziff. 303.1. lit. c, Ziff. 303.2. lit. d und Ziff. 303.3. lit. e Anhang 1 OBV). Das Ordnungsbussenverfahren ist ein formalisiertes und rasches Verfahren, das schematisch für die gleichen Verstösse für alle schuldhaft handelnden Täter die gleichen Bussen und Vollzugsmodalitäten vorsieht (BGE 135 IV 221 E. 2.2 S. 223). Es dient der raschen und definitiven Erledigung der im Strassenverkehr massenhaft vorkommenden Übertretungen mit Bagatellcharakter mit möglichst geringem Verwaltungsaufwand (BGE 135 IV 221 E. 2.2 S. 223; 126 IV 97 E. 2b). Das Ordnungsbussenverfahren bleibt ein Strafverfahren. Die Ordnungsbussen sind trotz ihrer Abhängigkeit von der Zustimmung des Täters echte Strafen und es gelten die Grundsätze des Strafrechts, jedoch mit der Ausnahme, dass Vorleben und persönliche Verhältnisse des Täters nicht berücksichtigt werden (BGE 115 IV 137 E. 2b). |
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c) Nach den Strafmassempfehlungen der Schweizerischen Staatsanwälte-Konferenz, Stand 2014, ist bei einer einfachen Verletzung von Verkehrsregeln durch Überschreiten der Geschwindigkeit auf einer Autobahn um 26-30 km/h eine Busse von Fr. 400.‑ vorgesehen. Verschiedene kantonale Strafverfolgungsorgane haben diese Empfehlungen übernommen, so die Oberstaatsanwaltschaften des Kantons Zürich (Strafmassempfehlungen vom 8. November 2006, S. 9) und des Kantons Schwyz (Weisung Nr. 7.1 S. 9) sowie der Verband Bernischer Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte (VBRS; Richtlinien für die Strafzumessung, gültig ab 1. Januar 2007, S. 21). Im Kanton St. Gallen beträgt die Regelbusse bei Tempo 150 km/h bei einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h Fr. 480.‑, wobei die konkrete Gefährdung anhand von Verkehrsaufkommen, Witterung und Tageszeit berücksichtigt wird (Richtlinien der Staatsanwaltschaft bei Geschwindigkeitsübertretungen). |
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3.— |
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3.1.— a) Der Berufungskläger hat am 17. August 2013 um 15.57 Uhr
bei Niederurnen die auf Autobahnen geltende allgemeine Höchstgeschwindigkeit
von |
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b) Nach der Feststellung der Vorinstanz herrschten zum Tatzeitpunkt weder widrige Witterungsverhältnisse noch besonders grosser Verkehr. Ferner ging die Vorinstanz von einem ungetrübten automobilistischen Leumund in den letzten zehn Jahren und von einem monatlichen Einkommen des Berufungsklägers von Fr. 40‘000.‑ aus. |
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3.2.— a) Im Strafbefehl vom 9. September 2013 begründete der Staatsanwalt die Höhe der von ihm auf Fr. 9‘920.‑ bemessenen Busse nicht. Einer Aktennotiz vom 9. September 2013 lässt sich entnehmen, dass er von einem monatlichen Einkommen des Berufungsklägers von Fr. 34‘000.‑ ausging; hiervon brachte er einen pauschalisierten Lebensbedarf von Fr. 3‘000.‑ in Abzug und legte dem verbleibenden Betrag von Fr. 31‘000.‑ einen Faktor von 0.32 zugrunde, was eine Bussenhöhe von Fr. 9‘920.‑ ergibt. Der Bemessung der Ersatzfreiheitsstrafe von fünf Tagen bei schuldhafter Nichtbezahlung der Busse legte er gemäss der Aktennotiz eine offenbar für vergleichbare Fälle vorgesehene (Katalog)Busse von Fr. 480.‑ zugrunde. |
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b) Nach den Erwägungen der Vorinstanz wird im Kanton Glarus bis zu einem (monatlichen) Einkommen von Fr. 4‘500.‑ die Höhe der Busse nach einem internen Bussenkatalog der Staatsanwaltschaft bestimmt. Erzielt der Beschuldigte ein höheres Einkommen, so werde die Busse nach internen Richtlinien erhöht. Die Berechnungsformel eruiere zunächst das Verhältnis der Tabellenbusse zum Einkommen eines Geringverdieners mit einem monatlichen Nettoeinkommen in Höhe von Fr. 4‘500.‑ nach Abzug eines pauschalisierten Existenzminimums von Fr. 3‘000.‑. Dieses Verhältnis werde sodann auf den zu beurteilenden Fall projiziert, damit die Busse den finanziell leistungsfähigeren Beschuldigten ähnlich hart treffe wie einen finanziell weniger leistungsfähigen Täter. Mathematisch dargestellt berechne sich die Busse bei günstigen wirtschaftlichen Verhältnissen wie folgt: (Katalogbusse [hier Fr. 480.‑]/1‘500) x (Nettoeinkommen – Existenzminimum). |
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Die Staatsanwaltschaft habe hier 32% des massgeblichen Nettoeinkommens als Ausgangsgrösse [recte wohl: Ergebnis] zugrunde gelegt, wie dies die oben dargestellte Formel der Staatsanwaltschaft des Kantons Glarus bei einer einfachen Verkehrsregelverletzung wegen Überschreitens der signalisierten Höchstgeschwindigkeit im hier zu beurteilenden Ausmass vorsehe. |
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4.— |
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4.1.— a) Der Kantonsgerichtspräsident erachtet im angefochtenen
Entscheid das Vorgehen der Staatsanwaltschaft grundsätzlich als zulässig,
wenn es nicht starr und automatisch durchgeführt werde und der blosse
Richtliniencharakter der Straftaxen im Blick behalten werde (Hinweis auf Heimgartner in: BSK StGB,
3. Aufl., N. 34 zu Art. 106). Ebenso verhalte es sich in Bezug auf
die vom Beschuldigten zur Sprache gebrachten Richtlinien für die Strafzumessung
im Kanton Bern. Bei der Strafzumessung könne sich die Staatsanwaltschaft nur
sehr beschränkt auf die Empfehlungen der Konferenz der Strafverfolgungsbehörden
der Schweiz oder ähnliche Richtlinien zur Strafzumessung berufen. Sie dürften
zwar als Referenzgrössen herangezogen werden, doch blieben die individuellen
Strafzumessungsfaktoren für die konkrete Tat eines bestimmten Täters
massgeblich (Hinweis auf ein in RBOG 2012 Nr. 33 publiziertes Urteil des
Obergerichts des Kantons Thurgau vom 4. Juni 2012). Ebenso gälten für den Richter
diese Richtlinien angesichts seines breiten Ermessens als Orientierungshilfe,
ohne ihn zu binden. Der Grundsatz der Individualisierung und die von Gesetzes
wegen geltende Beschränkung der Maximalhöhe der Busse auf Fr. 10‘000.‑
führe im Bereich der Strafzumessung zu einer gewissen, vom Gesetzgeber in
Kauf genommenen Ungleichheit. Sie reiche, entgegen der Ansicht des
Beschuldigten, für sich allein nicht aus, um einen Ermessensmissbrauch
anzunehmen (Hinweis auf BGE 123 |
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Ausgehend von einem hier als mittelschwer gewerteten Verschulden des Beschuldigten und unter Berücksichtigung seines vergleichsweise hohen Einkommens sowie mit Blick auf die Richtlinien der Staatsanwaltschaft des Kantons Glarus und den möglichen Bussenhöchstbetrag von Fr. 10‘000.‑ erachtete der Kantonsgerichtspräsident eine Busse in Höhe von Fr. 6‘000.‑ als angemessen. Die Busse bewege sich innerhalb des dem Gericht zustehenden Ermessensspielraums und berücksichtige auch das hohe Einkommen des Beschuldigten. Hingegen würde eine Busse im Bereich der vom Beschuldigten beantragten Höhe von Fr. 1‘000.‑ diesen gegenüber wirtschaftlich schwächeren Tätern ohne sachlichen Grund besser stellen. |
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b) Der Berufungskläger macht geltend, für die Bemessung der Busse sei
gemäss Art. 47 StGB vorwiegend das Verschulden des Täters massgebend. Daneben
seien insbesondere auch das Vorleben des Täters, die Verletzung oder die
Gefährdung des betroffenen Rechtsgutes zu betrachten und gestützt darauf sei
die Busse festzusetzen. Die ihm zur Last gelegte Geschwindigkeitsüberschreitung
sei mit einer in der Ordnungsbussenverordnung (OBV) aufgezählten, sehr
leichten Verletzung der Verkehrsregeln vergleichbar. Die Rechtsprechung habe
im Interesse der rechtsgleichen Behandlung Grenzwerte zur Sanktionierung von
Geschwindigkeitsüberschreitungen festgelegt. Der damit einhergehende
Schematismus gewährleiste ihre rechtsgleiche Anwendung (Hinweis auf das
Urteil des Bundesgerichts 1C_144/2011 vom 26. Oktober 2011 E. 3.3).
Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung würden
Geschwindigkeitsüberschreitungen von bis zu 30 km/h auf der Autobahn als
leichte Verkehrsregelverletzung gemäss Art. 16a SVG eingestuft (Hinweis auf Weissenberger; Kommentar zum Strassenverkehrsgesetz,
N. 8 zu Art. 16a). Eine leichte Verkehrsregelverletzung gemäss |
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c) Die Staatsanwaltschaft bringt in der Anschlussberufung vom 21. Juli 2014 vor, der Gesetzgeber habe sehr bewusst den Höchstrahmen einer Busse auf Fr. 10‘000.‑ festgesetzt. Damit habe er in Kauf genommen, dass auch Bussen in dieser Grössenordnung verhängt würden. Die Idee dahinter sei, dass Verkehrsteilnehmer mit einem hohen Einkommen nicht der Versuchung unterliegen, Geschwindigkeitslimiten zu ignorieren, weil ihnen lediglich Bussen drohten, durch welche sie keine schmerzhafte Vermögenseinbusse erleiden. Das monatliche Einkommen des Berufungsklägers liege weit jenseits von dem, was ein normaler Bürger verdiene. In dieser Situation sei es gerechtfertigt, den vom Gesetzgeber gewählten Bussenrahmen voll auszuschöpfen. Warum die Vorinstanz lediglich eine Busse von Fr. 6‘000.‑ für angemessen erachte, werde nicht konkret begründet. Es werde lediglich generell festgestellt, dass bei der Bussenbemessung – neben dem Einkommen – auch das konkrete Verschulden berücksichtigt werden müsse. Warum das Verschulden des Berufungsklägers jedoch so gering sei, dass es – trotz seines hohen Einkommens – eine so massive Reduktion der Busse rechtfertige, verschweige das Urteil in Missachtung der bundesgerichtlichen Mindestanforderungen für die Begründung der Strafzumessung. |
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4.2.— a) Die Überschreitung der allgemeinen Höchstgeschwindigkeit
auf Autobahnen zwischen 1 bis 25 km/h wird grundsätzlich im
Ordnungsbussenverfahren mit fix vorgegebenen Bussenbeträgen geahndet;
Vorleben und persönliche Verhältnisse des Täters sind explizit nicht zu
berücksichtigen (Art. 1 Abs. 3 OBG), was zusätzlich unterstreicht,
dass diese Umstände auf die Bussenhöhe keinen Einfluss haben. Bei einer
Tempoüberschreitung um 21-25 km/h beträgt nach Bussenliste die Ordnungsbusse
Fr. 260.‑ (Ziff. 303.3 Anhang 1 OBV). Demgegenüber stellt die
Überschreitung der allgemeinen Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen um |
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b) aa) Die Strafmassempfehlungen der Schweizerischen Staatsanwälte-Konferenz sehen als Sanktion für eine Geschwindigkeitsüberschreitung auf Autobahnen zwischen 26-30 km/h eine Busse in Höhe von Fr. 400.‑ vor. |
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bb) Vorliegend allerdings setzte die Staatsanwaltschaft die Busse auf Fr. 9‘920.‑ fest. Sie ging dabei von einer Regelbusse (Katalogbusse) von Fr. 480.‑ aus und wandte folgende Formel an: |
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(Katalogbusse/1‘500.-) x (Nettoeinkommen – Existenzminimum). Daraus resultiert die Busse von Fr. 9‘920.‑ [(Fr. 480.‑/Fr. 1500.‑) x (Fr. 34‘000.‑ ‑ Fr. 3000.‑) = 0.32 x 31‘000.- = Fr. 9‘920.‑]. |
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cc) Der Kantonsgerichtspräsident legte seinem Entscheid ein monatliches Nettoeinkommen von Fr. 40‘000.‑ zugrunde. Er erachtete die von der Staatsanwaltschaft festgesetzte Busse rechnerisch für nachvollziehbar, jedoch dem Verschulden als nicht angemessen. Unter Berücksichtigung des hohen Einkommens hielt er eine Busse von Fr. 6‘000.- für angemessen. |
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dd) In einem späteren Urteil vom 15. April 2015 in einem anderen Verfahren wegen Verkehrsregelverletzung (SG.2014.00092), angefochten von der Staatsanwaltschaft beim Obergericht (OG.2015.00023), änderte der Kantonsgerichtspräsident seine Praxis dahingehend, dass er nunmehr für den Regelfall nachfolgende Formel anwendet: |
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Katalogbusse x (Nettoeinkommen – Fr. 5‘000.‑ + 1) |
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Fr. 10‘000.‑ |
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Hätte der Kantonsgerichtspräsident diese neue Formel bereits auf den hier zu beurteilenden Fall angewendet, ergäbe sich vorliegend eine Busse in Höhe von Fr. 2‘160.- (Fr. 480 x (Fr. 35‘000.‑/Fr. 10‘000.‑ + 1)). |
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5.— a) Obschon die hier dem Beschwerdeführer vorgeworfene Geschwindigkeitsüberschreitung von 27 km/h auf einer Autobahn nicht mehr nach dem Ordnungsbussengesetz geahndet werden kann (Obergrenze dort bei 25 km/h), handelt es sich beim betreffenden Übertretungstatbestand gleichwohl noch um ein Massendelikt. Im Anwendungsbereich des Ordnungsbussengesetzes sind Massendelikte im Strassenverkehr im untersten Bereich des Bussenstrafrahmens für Übertretungen angesiedelt. Die Höchstgrenze der Ordnungsbussen beträgt Fr. 300.‑ (Art. 1 Abs. 2 OBG), für Überschreitungen der allgemeinen Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen um 21‑25 km/h beläuft sich die Ordnungsbusse auf Fr. 260.‑. Bereits vor diesem Hintergrund lässt sich daher die hier erstinstanzlich für eine Tempoüberschreitung von 27 km/h verhängte Busse von Fr. 6‘000.‑ mit dem Grundsatz einer rechtsgleichen Sanktionierung nicht mehr vereinbaren. Auch wenn einzuräumen ist, dass bei gesetzlichen Schwellen häufig eine sog. Schnittstellenproblematik auftritt, so ist die vorliegend enorme Diskrepanz zwischen den beiden Bussenbeträgen (Fr. 260.‑ bei 25 km/h, Fr. 6‘000.‑ bei 27 km/h) unter dem Aspekt der Rechtsgleichheit nicht hinnehmbar. Dies mag denn auch erklären, dass die Strafempfehlungen der Schweizerischen Staatsanwältekonferenz als Sanktion für eine Geschwindigkeitsüberschreitung auf Autobahnen zwischen 26-30 km/h eine Busse in Höhe von bloss Fr. 400.‑ vorsehen. Bei dieser Sachlage erweist sich die erstinstanzlich ausgefällte Busse von Fr. 6‘000.‑ als unangemessen und damit als rechtsfehlerhaft. Demnach ist in Gutheissung der Berufung des Beschuldigten das angefochtene Urteil im Strafpunkt aufzuheben und neu eine den gegebenen Verhältnissen adäquate Busse festzusetzen. |
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b) Die Geschwindigkeitsüberschreitung von hier 27 km/h fällt, obwohl ebenfalls noch eine Übertretung, nicht mehr unter das Ordnungsbussengesetz; sie ist daher nach Massgabe von Art. 106 Abs. 3 StGB zu sanktionieren. Auch wenn dabei der abstrakt mögliche Bussenrahmen bis Fr. 10‘000.‑ reicht (Art. 106 Abs. 1 StGB), ist die eben angesprochene Schnittstellenproblematik im Auge zu behalten. Sodann sind Übertretungsbussen im oberen Bereich der möglichen Bandbreite grundsätzlich für diejenigen Fälle vorzubehalten, denen ein gravierendes Täterverschulden zugrunde liegt. Zu denken ist dabei beispielsweise an eine bewusste Widerhandlung gegen das Bau- und Raumplanungsgesetz durch eigenmächtigen Abbruch eines unter Schutz gestellten Objektes oder ganz allgemein an ein notorisch oder gar an Renitenz grenzendes gesetzeswidriges Verhalten. |
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c) Die hier zu beurteilende Geschwindigkeitsüberschreitung von immerhin 27 km/h ist keineswegs zu bagatellisieren. Dennoch ist sie verschuldensmässig aufgrund der konkreten Umstände noch als leicht zu taxieren. Die rasante Fahrt des Beschuldigten erfolgte untertags auf einer richtungsgetrennten Autobahn, wobei nach den vorinstanzlichen Feststellungen damals die Witterungsverhältnisse gut waren und kein besonders grosser Verkehr herrschte. Die vom Beschuldigten geschaffene Gefährdungslage muss daher als noch gering bezeichnet werden. Ferner weist der Beschuldigte nach Erkenntnis der Vorinstanz einen ungetrübten automobilistischen Leumund in den letzten zehn Jahren auf; es handelt sich bei ihm mithin nicht um einen unverbesserlichen Verkehrssünder. |
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d) Bei dieser Ausgangslage verbietet es sich, die Busse für eine Geschwindigkeitsüberschreitung auf einer Autobahn, die nur 2 km/h über der massgebenden Grenze für Ordnungsbussen liegt, bei leichtem Verschulden wesentlich über der Höchstbusse des OBG von Fr. 300.‑ oder gar in der Nähe des Höchstwertes für eine Übertretung von Fr. 10‘000.‑ anzusetzen. Andernfalls entspricht die Busse nicht mehr dem Verschulden. Bei leichtem Verschulden rechtfertigt es sich daher bei Massendelikten selbst bei besonders günstigen finanziellen Verhältnissen nicht mehr als das Fünffache der Regelbusse als Sanktion festzusetzen. Dabei kann die vom Kantonsgerichtspräsidenten im Urteil vom 15. April 2015 (SG.2014.00092) verwendete Formel (siehe oben E. II. 4. Bst. b/dd) durchaus ein taugliches Instrument für die Ahndung von Massendelikten sein. Die Vorinstanz wendet die Formel bei monatlichen Nettoeinkommen von mehr als Fr. 5‘000.‑ an; bei Einkommen bis zu diesem Grenzbetrag gilt unbesehen um die konkrete Verdienstsituation die Regelbusse („Katalogbusse“) von Fr. 480.‑ (siehe oben E. II. 4.2. Bst. b/bb). Nach Ansicht des Obergerichts rechtfertigt es sich allerdings, bei Verkehrsregelverletzungen, die mit den im Ordnungsbussengesetz geregelten Tatbeständen verschuldensmässig vergleichbar sind, nicht nur bei bescheidenen Einkommen, sondern auch bei durchschnittlichen oder leicht überdurchschnittlichen Verdiensten bis Fr. 8‘000.‑ von der Regelbusse der Staatsanwaltschaft von Fr. 480.‑ auszugehen; demnach gilt für das Gros der Bevölkerung bei Geschwindigkeitsüberschreitungen zwar ausserhalb des Ordnungsbussengesetzes, jedoch noch immer im Übertretungsbereich jedenfalls bei leichtem Verschulden die Regelbusse. Im Unterschied zur Vorinstanz ist daher bei leichtem Verschulden bis zu einem monatlichen Nettoeinkommen von Fr. 8‘000.‑ [und nicht bloss bis Fr. 5‘000.‑] die Regelbusse von Fr. 480.‑ auszusprechen. Erst bei monatlichen Nettoeinkommen über Fr. 8‘000.‑ ist gestützt auf nachstehende Formel eine entsprechend höhere Busse zu bemessen: |
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Katalogbusse x (Nettoeinkommen – Fr. 8‘000.‑ + 1) |
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Fr. 10‘000.‑ |
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e) In Anlehnung an die von der Vorinstanz inzwischen angewendete und, vorbehältlich der dargelegten Korrektur [Reduktion des Nettoeinkommens um Fr. 8‘000.‑ und nicht bloss um Fr. 5000.‑], soeben als tauglich qualifizierte Bussenformel ergibt sich bei einem monatlichen Einkommen des Beschuldigten von Fr. 40‘000.‑ eine Bussenhöhe von Fr. 2‘016.‑ (Regelbusse von Fr. 480 x (Fr. 32‘000.‑ / Fr. 10‘000.‑ + 1)), welcher Betrag hier auf Fr. 2‘000.‑ zu runden ist. Bei diesem Berechnungsansatz werden die Bussen des Ordnungsbussengesetzes nicht sozusagen linear fortgeschrieben (anders aber die Empfehlungen der Staatsanwälte-Konferenz; oben E. II. 4.2. Bst. b/aa). Damit wird im Ergebnis dem Umstand Rechnung getragen, dass die hier zu sanktionierende Verkehrsregelverletzung eben doch bereits ausserhalb des Geltungsbereichs des Ordnungsbussengesetzes liegt und zudem im Lichte von Art. 106 Abs. 3 StGB nicht ausser Acht bleiben kann, dass der Beschuldigte über ein aussergewöhnlich hohes Einkommen verfügt. Anzufügen bleibt aber immerhin, dass es nicht unbedingt einsichtig ist, dass im Ordnungsbussengesetz die Bussenbeträge nicht für sämtliche Geschwindigkeitsüberschreitungen im Übertretungsbereich festgesetzt sind. |
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6.— |
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6.1.— Im angefochtenen Entscheid sind dem Berufungskläger gestützt auf die Art. 426 Abs. 1 und Art. 429 Abs. 1 StPO die Gerichtskosten sowie die Entscheidgebühr der Staatsanwaltschaft zur Hälfte auferlegt (Dispositiv Ziff. 4) und ihm eine reduzierte Parteientschädigung von Fr. 600.- zugesprochen worden (Dispositiv Ziff. 5). Während der Berufungskläger die vollumfängliche Kostenauflage auf den Staat verlangt, wendet sich die Staatsanwaltschaft in der Anschlussberufung im Kostenpunkt nur gegen die vorinstanzliche Zusprechung einer Parteientschädigung. |
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6.2.— Die Verlegung der Kosten gemäss Schweizerischer Strafprozessordnung (Art. 422 ff. StPO) richtet sich nach dem Grundsatz, wonach Kosten zu tragen hat, wer sie verursacht (BGE 138 IV 248 E. 4.4.1 S. 254 mit Hinweisen). Erforderlich ist ein adäquater Kausalzusammenhang zwischen dem zur Verurteilung führenden strafbaren Verhalten und den durch die Abklärung entstandenen Kosten (Urteil 6B_428/2012 vom 19. November 2012 E. 3.1 mit Hinweisen). |
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Die beschuldigte Person trägt die Verfahrenskosten, wenn sie verurteilt wird (Art. 426 Abs. 1 StPO). Diese Kostentragungspflicht gründet auf der Annahme, dass die beschuldigte Person die Einleitung und Durchführung des Strafverfahrens als Folge ihrer Tat veranlasst hat und daher zur Tragung der Verfahrenskosten verpflichtet sein soll (BGE 138 IV 248 E. 4.4.1). Wird die beschuldigte Person ganz oder teilweise freigesprochen oder wird das Verfahren gegen sie eingestellt, so hat sie unter anderem Anspruch auf Entschädigung ihrer Aufwendungen für die angemessene Ausübung ihrer Verfahrensrechte (Art. 429 Abs. 1 lit. a StPO; vgl. für das Rechtsmittelverfahren Art. 436 Abs. 1 StPO). |
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6.3.— a) Die vorinstanzliche Kosten- und Entschädigungsregelung verkennt die Natur des Strafbefehlsverfahrens. Nach Art. 426 Abs. 1 StPO trägt die beschuldigte Person die Verfahrenskosten, wenn sie verurteilt wird. Die Kostentragungspflicht ist darin begründet, dass der Beschuldigte die Einleitung und Durchführung des Strafverfahrens als Folge seiner Tat veranlasst hat (BGE 138 IV 248 E. 4.4.1). Für die Kostenauflage ist der zur Anklage gebrachte Lebenssachverhalt und der zu seiner Erstellung und Beurteilung erforderliche Aufwand der Strafverfolgungs- und Gerichtsbehörden massgebend (Urteil Bundesgericht 6B_803/2014 vom 15. Januar 2015 E. 3.4 und 3.5). |
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b) Die Staatsanwaltschaft ist Strafverfolgungsbehörde (Art. 12 StPO) und keine Erstinstanz (vgl. Art. 13, 19 und 328 ff. StPO). Der Strafbefehl stellt daher kein erstinstanzliches Urteil dar. Er ist blosser Urteilsvorschlag, der erst ohne gültige Einsprache zum rechtskräftigen Urteil wird (Art. 354 Abs. 3 StPO) und damit das Einverständnis der beschuldigten Person voraussetzt. Hält die Staatsanwaltschaft nach einer Einsprache am Strafbefehl fest, überweist sie die Sache an das erstinstanzliche Gericht, und der Strafbefehl wird zur Anklageschrift (Art. 356 Abs. 1 StPO). Strafbefehl und gerichtliche Beurteilung bilden in diesem Sinne im Fall der Einsprache eine Einheit, die insgesamt als Verfahren erster Instanz bezeichnet werden kann (Urteil Bundesgericht 6B_811/2014 vom 13. März 2015 E. 1.4 mit Hinweis auf Oberholzer, Grundzüge des Strafprozessrechts, 3. Aufl. 2012, Rz. 1472). Das Einspracheverfahren ist daher auch kein Rechtsmittelverfahren. Es gelangen deshalb die Bestimmungen über die Verlegung der Kosten im Rechtsmittelverfahren nach Massgabe des Obsiegens und Unterliegens (Art. 428 Abs. 1 StPO) nicht zur Anwendung. Vielmehr sind die prozessualen Nebenfolgen in der Weise zu bestimmen, wie wenn statt des Strafbefehls sogleich Anklage erhoben worden wäre, und die schuldig gesprochene Person hat – gesetzliche Ausnahmen vorbehalten - sämtliche (kausalen) Verfahrenskosten (Art. 422 StPO) zu tragen (erwähntes Urteil 6B_811/2014 vom 13. März 2015 E. 1.4). |
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c) Diese Grundsätze gelten auch für die Entschädigung. Mangels Freispruch oder Verfahrenseinstellung besteht kein Anspruch auf Entschädigung gemäss Art. 429 StPO. Art. 436 Abs. 2 StPO, welcher die Entschädigung im Rechtsmittelverfahren regelt, findet im erstinstanzlichen Verfahren keine Anwendung. Eine Kostenauflage gemäss Art. 426 Abs. 1 StPO schliesst in der Regel ohnehin einen Anspruch auf Entschädigung oder Genugtuung aus. Es gilt der Grundsatz, dass bei Auferlegung der Kosten keine Entschädigung (oder Genugtuung) auszurichten ist (BGE 137 IV 352 E. 2.4.2; erwähntes Urteil 6B_811/2014 vom 13. März 2015 E. 1.5). |
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6.4.— Im Lichte dieser Grundsätze ist die bloss hälftige Kostenauflage auf den Beschuldigten nicht rechtmässig. Vielmehr hätte dieser als Verurteilter die gesamten erstinstanzlichen Verfahrenskosten tragen müssen. Die Staatsanwaltschaft hat indessen gegen Dispositiv Ziff. 4 des vorinstanzlichen Entscheides keine Anschlussberufung erhoben, womit dieser Urteilspunkt in Rechtskraft erwachsen und einer Überprüfung nicht mehr zugänglich ist (Art. 404 StPO). Hingegen hat die Staatsanwaltschaft gegen Dispositiv Ziff. 5, mit welcher dem verurteilten Berufungskläger eine Parteientschädigung von Fr. 600.‑ zulasten der Gerichtskasse zugesprochen worden ist, Anschlussberufung erhoben. In diesem Punkt ist die Anschlussberufung der Staatsanwaltschaft nach dem Ausgeführten begründet. Dementsprechend hat der Berufungskläger als Verurteilter hinsichtlich des erstinstanzlichen Verfahrens keinen Anspruch auf eine Entschädigung. |
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III. |
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Zusammenfassung und Kostenregelung |
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1.— Als Ergebnis ist festzuhalten, dass die Berufung teilweise gutzuheissen ist und die Busse von Fr. 6‘000.‑ auf Fr. 2‘000.‑ reduziert wird. Unbegründet ist die Berufung im Kostenpunkt. Die Anschlussberufung der Staatsanwaltschaft gegen die vorinstanzliche Strafzumessung ist abzuweisen, hingegen ist sie hinsichtlich der Parteientschädigung gutzuheissen. In formaler Hinsicht freilich fällt das Obergericht ein neues Urteil, welches das erstinstanzliche Urteil ersetzt (Art. 408 StPO). |
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2.— Bei diesem Ausgang sind die auf Fr. 1‘500.‑ anzusetzenden Kosten des Berufungsverfahrens dem Beschuldigten und Berufungskläger zu einem Drittel aufzuerlegen (Art. 428 Abs. 1 StPO). Entsprechend steht ihm für das Rechtsmittelverfahren eine reduzierte Entschädigung zu (Art. 436 Abs. 2 StPO). Diese ist mangels Kostennote ermessensweise auf Fr. 500.‑ festzusetzen. |
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Das Gericht erkennt: |
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