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Kanton Glarus
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Obergericht
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Urteil
und Beschluss vom 23. September 2016
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Verfahren
OG.2015.00006
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A.______
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Beschuldigter,
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Berufungskläger und
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Anschlussberufungsbeklagter
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verteidigt
durch B.______
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gegen
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1. Staats-
und Jugendanwaltschaft
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Anklägerin und
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Berufungsbeklagte
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2. C.______
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Privatkläger,
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Berufungsbeklagter und
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Anschlussberufungskläger
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vertreten
durch D.______
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betreffend
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fahrlässige
Körperverletzung
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Anträge
des Beschuldigten, Berufungsklägers und Anschlussberufungsbeklagten
(gemäss Berufungserklärung vom 15. Januar 2015 [act. 27] sowie
den Ausführungen der Substitutin des Verteidigers an der Verhandlung vom
23. Oktober 2015 [act. 47-49], sinngemäss):
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1.
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Es sei das Urteil der
Strafgerichtskommission des Kantonsgerichts Glarus vom 15. Oktober
2014 im Verfahren SG.2014.00061 vollumfänglich aufzuheben.
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2.
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Es sei der Beschuldigte vom
Vorwurf der fahrlässigen Körperverletzung im Sinne von Art. 125
Abs. 1 StGB freizusprechen.
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3.
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Die Zivilforderungen des
Privatklägers seien auf den Zivilweg zu verweisen.
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4.
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Es sei ein unfallanalytisches
Gutachten einzuholen, insbesondere betreffend die Lichtverhältnisse am
Unfallort, die genaue Lage der Unfallstelle sowie der Fahrgeschwindigkeit
des Privatklägers zum Zeitpunkt des Aufpralls.
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5.
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Es sei ein Augenschein an der
Unfallstelle bei gleichgelagerten Verhältnissen wie am Unfalltag
durchzuführen.
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6.
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Alles unter Kosten- und
Entschädigungsfolgen zu Lasten des Staates.
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Anträge
des Privatklägers, Berufungsbeklagten 2 und Anschlussberufungsklägers (gemäss
Anschlussberufungserklärung vom 10. Februar 2015 [act. 32] sowie
den Ausführungen seiner Rechtsvertreterin an der Verhandlung vom
23. Oktober 2015 [act. 47-48, 50], sinngemäss):
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1.
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Es sei Dispositiv Ziff. 4
des Urteils der Strafgerichtskommission des Kantonsgerichts Glarus vom
15. Oktober 2014 im Verfahren SG.2014.00061 aufzuheben.
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2.
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Der Beschuldigte sei zu
verpflichten, dem Privatkläger, Berufungsbeklagten 2 und
Anschlussberufungskläger eine Genugtuung nach Ermessen des Gerichts,
mindestens aber von CHF 10‘000.– zu bezahlen.
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3.
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Alles unter Kosten- und
Entschädigungsfolgen zu Lasten des Beschuldigten.
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Anträge der Anklägerin, Berufungsbeklagten 1
und Anschlussberufungsklägerin (gemäss Eingaben vom 9. Februar
2015 [act. 31] und vom 14. September 2015 [act. 37], sinngemäss):
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Es sei
die Berufung des Beschuldigten abzuweisen und das angefochtene Urteil
vollumfänglich zu bestätigen.
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____________________
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I.
Prozessverlauf und Gegenstand der Berufung
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1.
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Dem vorliegenden Berufungs-
bzw. Anschlussberufungsverfahren liegt ein Verkehrsunfallereignis vom
25. Oktober 2013 in Schwanden (Glarus Süd) zugrunde, bei welchem sich
der Privatkläger C.______ verletzte. Die Staatsanwaltschaft des Kantons
Glarus erliess deswegen gegen A.______ am 15. April 2014 bzw.
28. April 2014 (Rektifikat) einen Strafbefehl (act. 1/I/031 und
act. 1/I/032 = act. 2) wegen fahrlässiger Körperverletzung im
Sinne von Art. 125 Abs. 1 StGB. Da A.______ gegen diesen
Strafbefehl rechtzeitig (vgl. act. 1/I/033 i.V.m. act. 1/III/001)
Einsprache erhob (act. 1/III/001), überwies die Staatsanwaltschaft die
Sache am 22. Juli 2014 der Strafgerichtskommission des Kantonsgerichts
des Kantons Glarus zur Durchführung des Hauptverfahrens (vgl. act. 3).
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2.
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Die Strafgerichtskommission
sprach A.______ mit Urteil vom 15. Oktober 2014 (act. 16 =
act. 23) der fahrlässigen Körperverletzung im Sinne von Art. 125 Abs.
1 StGB schuldig. Sie bestrafte ihn mit einer bedingten Geldstrafe von
20 Tagessätzen zu je CHF 70.– und setzte die Probezeit auf zwei
Jahre fest. Zudem wurde A.______ mit einer Busse von CHF 500.– belegt
und verpflichtet, C.______ CHF 3‘000.– als Schadenersatz sowie
CHF 1‘500.– als Genugtuung zu bezahlen.
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3.
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Dieses vorinstanzliche Urteil
wurde den Parteien am 14. November 2014 in unbegründeter Fassung
(act. 16) zugestellt (act. 17-18, 20, 22). Mit Eingabe vom
24. November 2014 (act. 22) meldete A.______
rechtzeitig Berufung an. Das begründete Urteil (act. 23) wurde ihm am 30. Dezember
2014 zugestellt (act. 26). Mit Eingabe vom 15. Januar 2015
(act. 27) reichte A.______ innert Frist die Berufungserklärung ein.
Daraufhin erhoben die Staatsanwaltschaft wie auch der Privatkläger C.______
fristgerecht Anschlussberufung (vgl. act. 29-32), wobei Erstere ihre
Anschlussberufung (act. 31) mit Schreiben vom 14. September 2015
(act. 37) wieder zurückzog. In ihren Berufungs- bzw.
Anschlussberufungserklärungen respektive anlässlich der am 23. Oktober
2015 abgehaltenen Berufungsverhandlung (act. 38; act. 47-50)
liessen die Parteien die eingangs erwähnten Anträge stellen. Vorgängig zur
Berufungsverhandlung führte das Gericht in Anwesenheit der Parteien am
Abend des 20. Oktober 2015 an der Unfallstelle in Schwanden einen Augenschein
durch (vgl. act. 35, 38, 44).
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4.
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Im Nachgang zur
Berufungsverhandlung zog das Gericht zwecks Ergänzung der Beweise die Akten
des bei der […], dem Unfallversicherer des Privatklägers C.______,
laufenden Verfahrens bei (act. 54-58). Diese Akten wurden den Parteien
zwecks Gewährung des rechtlichen Gehörs (vgl. Art. 3 Abs. 2
lit. c StPO; hierzu auch Heimgartner/Niggli, BSK-StPO, Art. 349
N 1; Schmid, Handbuch StPO, N 1339) am 4. November 2015
zugeschickt (act. 59). A.______ liess sich hierzu mit Eingabe vom
12. November 2015 (act. 64), der Privatkläger C.______ mit
ebensolcher vom 16. November 2015 (act. 65) vernehmen. Diese
Schriftsätze wurden den Parteien mit Schreiben vom 20. November 2015
(act. 67) je wechselseitig zur Kenntnisnahme zugestellt
(act. 68 f.).
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II.
Anklagevorwurf und vorinstanzlicher Entscheid
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1.
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Dem Beschuldigten A.______ wird
im – zufolge Einsprache als Anklageschrift geltenden (Art. 356
Abs. 1 Satz 2 StPO) – Strafbefehl vom 15. bzw. 28. April
2014 (act. 1/I/031 bzw. act. 2) Folgendes vorgeworfen: Er sei am
25. Oktober 2013 um 20:45 Uhr mit dem Personenwagen GL […] auf
der Hauptstrasse von Glarus in Richtung Schwanden gefahren und habe eingangs
Schwanden beabsichtigt, nach links in die Sernftalstrasse abzubiegen. Dabei
habe er den entgegenkommenden und vortrittsberechtigten Motorradfahrer
C.______ übersehen, welcher höchstwahrscheinlich ohne Licht unterwegs
gewesen sei. In der Folge sei es zu einer seitlichen Kollision zwischen dem
Motorrad und dem Personenwagen gekommen, bei welcher sich der Geschädigte
erhebliche Beinverletzungen zugezogen habe.
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2.
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Die Vorinstanz erwog im
angefochtenen Urteil vom 15. Oktober 2014 (act. 23
E. II.12., III.4.) zusammengefasst, aus der bei den Akten liegenden
Fotodokumentation ergebe sich, dass der Privatkläger auf einem – auch ohne
eingeschaltetes Frontlicht – genügend beleuchteten Strassenabschnitt
gefahren sei. Dementsprechend, so die Vorinstanz weiter, hätte der Beschuldigte
den Privatkläger bei pflichtgemässer Aufmerksamkeit sehen und diesem den
Vortritt lassen müssen. Darauf habe der Privatkläger vertrauen dürfen, insbesondere
nachdem der Beschuldigte vor dem Abbiegen seine Fahrt wesentlich
verlangsamt habe. Somit habe sich der Beschuldigte der fahrlässigen Körperverletzung
im Sinne von Art. 125 Abs. 1 StGB schuldig gemacht.
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3.
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Der Beschuldigte bestreitet
diese vorinstanzlichen Erwägungen. Er macht (auch) berufungsweise im
Wesentlichen geltend (vgl. u.a. act. 49, insbesondere S. 4
unten), ihm könne kein pflichtwidriges Verhalten vorgeworfen werden. Daher
sei er vom Vorwurf der fahrlässigen Körperverletzung im Sinne von
Art. 125 Abs. 1 StGB freizusprechen. Der Privatkläger (vgl. u.a.
act. 50 Rz. 12) und die Anklägerin (vgl. act. 37) schliessen
sich demgegenüber weitgehend den Ausführungen der Vorinstanz an und halten
den Beschuldigten diesbezüglich für schuldig.
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III.
Prozessuales
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1.
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Beim von der Anklägerin dem
Beschuldigten vorgeworfenen Tatbestand der fahrlässigen einfachen
Körperverletzung im Sinne von Art. 125 Abs. 1 StGB (vgl.
act. 2) handelt es sich um ein Antragsdelikt. Der als Prozessvoraussetzung
erforderliche Strafantrag des Privatklägers C.______ wurde rechtzeitig
gestellt (vgl. act. 1/I/005 i.V.m. act. 1/I/001 sowie Art. 30
Abs. 3 StGB und Art. 31 StGB; entgegen der Angabe im Strafbefehl
[act. 2] wurde der Strafantrag nicht vom gesetzlichen Vertreter von
C.______, sondern von diesem selbst unterzeichnet, vgl. act. 1/I/005
i.V.m. act. 1/I/003 S. 1 und S. 7). Mit seinem Strafantrag
hat sich C.______ als Privatkläger konstituiert und hat im vorliegenden Strafverfahren
Parteistellung (Art. 118 Abs. 1 und 2 i.V.m. Art. 104
Abs. 1 lit. b StPO).
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2.
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a) Der in Art. 9 StPO
normierte Anklagegrundsatz verlangt, dass der in der Anklageschrift bzw. im
nach erfolgter Einsprache als Anklageschrift geltenden (Art. 356
Abs. 1 Satz 2 StPO) Strafbefehl umschriebene Sachverhalt nicht
nur die Subsumtion aller Merkmale des objektiven, sondern darüber hinaus
auch die Subsumtion aller Merkmale des subjektiven Tatbestands ermöglichen
muss. Bei Fahrlässigkeitsdelikten sind in der Anklageschrift zum einen das
Verhalten, aus dem sich die Pflichtwidrigkeit ergeben soll zu bezeichnen,
und zum anderen alle Umstände anzuführen, aus denen sich die
Pflichtwidrigkeit des vorgeworfenen Verhaltens sowie die Vorhersehbarkeit
und Vermeidbarkeit des eingetretenen Erfolges ergeben soll (zum Ganzen:
Wohlers, ZK-StPO, Art. 9 N 13 m.w.H.).
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|
Das Gericht kann bei
mangelhaften Anklageschriften bzw. Strafbefehlen nicht eigenmächtig
Korrekturen an diesen vornehmen, ist es doch nicht Anklagebehörde, sondern
hat den ihm unterbreiteten Anklagesachverhalt rechtlich zu würdigen (BGer
6B_633/2015 vom 12. Januar 2016, E. 1.4.1.; OG ZH SB130197 vom
2. Oktober 2014, E. 3.2.2). Gemäss der auch im Berufungsverfahren
geltenden (Art. 379 StPO; Schmid, PK-StPO, Art. 329 N 10;
BGer 6B_777/2011 vom 10. April 2012, E. 2) Bestimmung von
Art. 329 Abs. 2 StPO hat das Gericht vielmehr im Falle von
Mängeln der Anklageschrift die Anklage erforderlichenfalls bzw. wenn die
Prüfung der Anklage ergibt, dass zurzeit kein Urteil ergehen kann, zur
Ergänzung oder Berichtigung an die Staatsanwaltschaft zurückzuweisen. Eine
Rückweisung soll demnach nur dann erfolgen, wenn seitens des Gerichts die
Überzeugung besteht, dass eine ergänzte Anklage später – zumindest mit
einiger Wahrscheinlichkeit – zu einer Verurteilung führen wird. Gelangt das
Gericht nach antizipierter Würdigung zum Schluss, dass sich die in der
Anklageschrift fehlenden Sachverhaltsaspekte ohnehin nicht erstellen
liessen bzw. dass diese in Bezug auf die rechtliche Qualifikation des
Anklagevorwurfs nichts zu ändern vermöchten, ist von einer Rückweisung der
Anklage abzusehen (zum Ganzen: OG ZH SB120447 vom 12. November 2013,
E. 1.5 m.w.H.; Schröder, BJM 2015, S. 91 ff.).
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b) Im zufolge Einsprache als
Anklageschrift geltenden Strafbefehl vom 28. April 2014 (act. 2
S. 1) heisst es in Bezug auf die für die Beurteilung des gegen den
Beschuldigten erhobenen Fahrlässigkeitsvorwurfs relevanten Umstände des
Verkehrsunfalls lediglich, der Privatkläger sei höchstwahrscheinlich ohne
Licht unterwegs gewesen. Weitere Angaben, welche für eine Subsumtion unter
den Tatbestand der fahrlässigen Körperverletzung im Sinne von Art. 125
Abs. 1 StGB (Beurteilung der Sorgfaltswidrigkeit) unabdingbar sind
(vgl. hinten, E. V.2.), so insbesondere Angaben zu den Sichtverhältnissen
bzw. zur Sichtbarkeit des Privatklägers, finden sich in der Anklageschrift
keine. Eine Rückweisung der mangelhaften Anklageschrift zur Ergänzung an
die Anklägerin (Art. 329 Abs. 2 StPO i.V.m. Art. 379 StPO) kann indes
unterbleiben, da – wie die nachfolgenden Erwägungen zeigen – aufgrund der
verfügbaren und bei den Akten liegenden Beweismittel sich ohnehin nicht
erstellen lässt, dass der entgegenkommende Privatkläger vor dem
Unfallereignis für den Beschuldigten gut sichtbar war, bzw. da dem Gericht
diesbezüglich aufgrund der nachfolgenden Erwägungen (insbesondere der am
Augenschein gewonnenen Eindrücke) so oder anders erhebliche, nicht zu
unterdrückende Zweifel verblieben. Ausserdem waren die Sichtverhältnisse
bzw. die Sichtbarkeit des Privatklägers bereits Thema der vorinstanzlichen
Hauptverhandlung (vgl. act. 13 S. 2 f., 5, 7) und aufgrund
der Erwägungen im angefochtenen vorinstanzlichen Urteil (vgl. act. 23
E. II.12.) auch des Berufungsverfahrens, sodass sich der Beschuldigte
auch in dieser Hinsicht wirksam zu verteidigen vermochte (vgl. denn auch
z.B. dessen diesbezügliche Ausführungen in act. 49).
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IV.
Sachverhalt
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1.
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a) Der Beschuldigte anerkennt
den im Strafbefehl (act. 2) wiedergegeben Sachverhalt insoweit, als er
bestätigte, am 25. Oktober 2013 abends mit dem Personenwagen GL […]
von Glarus auf der Hauptstrasse in Richtung Schwanden unterwegs gewesen zu
sein und eingangs Schwanden in die Sernftalstrasse abgebogen zu haben.
Ebenso stellt er nicht in Abrede, dass er bei diesem Abbiegevorgang
grundsätzlich vortrittsbelastet war und sich eine Kollision mit dem
entgegenkommenden Privatkläger ereignete, durch welche Letzterer verletzt
wurde (vgl. u.a. act. 1/I/002, 1/III/001, 13 S. 2, 49 S. 2).
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b) Umstritten ist demgegenüber,
welche Umstände anlässlich dieses Unfall-ereignisses herrschten und ob der
Beschuldigte mangelnde Aufmerksamkeit zeigte. Nachfolgend ist daher
aufgrund der vorhandenen Beweismittel zu prüfen, welcher Sachverhalt in
Bezug auf diese Umstände als erstellt betrachtet werden kann.
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c) Zu ebendiesen Beweismitteln
fällt vorweg auf, dass der Privatkläger erstmals erst am 12. Januar
2014, mithin erst rund zweieinhalb Monate nach dem am 25. Oktober 2013
geschehenen Unfall polizeilich befragt wurde (vgl. act. 1/I/003),
obwohl sich dieser vom 19. November 2013 bis am 1. Dezember 2013
nicht mehr im Kantonsspital Graubünden, sondern auf der
Rehabilitationsabteilung des Kantonsspitals Glarus sowie ab dem
21. Dezember 2013 überhaupt nicht mehr in Spitalpflege befand (vgl. act. 1/I/014
und act. 58/1-2, 5, 11-15, 28; vgl. hierzu auch die Vorbringen der
Verteidigung in act. 11 S. 3 Rz. 2). Diese Einvernahme
erfolgte zudem – gleich wie die spätere staatsanwaltliche Einvernahme vom
8. Juli 2014 (act. 1/IV/002; hier wurde der Privatkläger überdies
fälschlicherweise anstatt als Auskunftsperson [vgl. Art. 178
lit. a StPO i.V.m. act. 1/I/005] als Zeuge einvernommen) – nicht
in Gegenwart des Beschuldigten. Es ist aus den Akten auch nicht
ersichtlich, dass der Beschuldigte über das Stattfinden dieser Einvernahmen
informiert wurde (insbesondere fehlen Vorladungskopien und diesbezügliche
Zustellnachweise). Angesichts dessen, dass – wie nachfolgend erwogen wird –
ohnehin ein Freispruch des Beschuldigten zu ergehen hat, braucht indes auf
diese möglichen Verletzungen der Teilnahmerechte des Beschuldigten (vgl.
Art. 147 StPO) nicht weiter eingegangen zu werden.
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2.
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Das Gericht legt seinem Urteil
denjenigen Sachverhalt zugrunde, den es nach seiner freien, aus dem
Augenschein, der Hauptverhandlung und den Untersuchungsakten geschöpften
Überzeugung als verwirklicht erachtet (Art. 10 Abs. 2 StPO). Eine
strafrechtliche Verurteilung kann nur erfolgen, wenn die Schuld des
Beschuldigten mit hinreichender Sicherheit erwiesen ist. Es darf namentlich
kein vernünftiger Zweifel darüber bestehen, dass sich der dem Beschuldigten
in der Anklageschrift vorgeworfene Tatbestand tatsächlich verwirklicht hat.
Wenn sich das Gericht nach Erschöpfung aller Erkenntnisquellen weder von
der Existenz noch von der Nichtexistenz der beweisbedürftigen Tatsachen zu
überzeugen vermag, kommt der den Beschuldigten begünstigende Grundsatz
"in dubio pro reo" zur Anwendung. Hat das Gericht also erhebliche
und nicht zu unterdrückende Zweifel (d.h. solche, die sich nach der
objektiven Sachlage aufdrängen), so muss es den Beschuldigten freisprechen
(Art. 10 Abs. 3 StPO; zum Ganzen u.a.: BGE 127 I 38 E. 2a;
Schmid, Handbuch StPO, N 227 f.; OG ZH SB140270 vom
28. November 2014 E. III.3.2).
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3.
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a) Zunächst ist unstrittig und
erstellt, dass zum Zeitpunkt des anklagegegenständlichen Unfallereignisses
weder die Fahrtüchtigkeit des Beschuldigten noch jene des Privatklägers
eingeschränkt war. Vielmehr fielen bei beiden Personen entsprechende
Alkohol- bzw. Drogentests negativ aus (vgl. act. 1/I/006-013). Die Kantonspolizei hat sodann die
involvierten Fahrzeuge des Beschuldigten und des Privatklägers wie auch
deren Fahrberechtigungen anlässlich ihrer Kontrolle auf der Unfallstelle
für in Ordnung befunden (1/I/001 S. 3, 4 und 5). Insbesondere ist davon
auszugehen, dass in diesem Polizeirapport erwähnt worden wäre, falls die
Reifen des Motorrads – wie von der Verteidigung mit nicht näher
spezifiziertem Verweis auf bei den Akten liegende Fotoaufnahmen gerügt
(act. 47 S. 4; act. 49 S. 2 f.) – tatsächlich übermässig
abgefahren gewesen wären. Ein Mangel bezüglich dieser Reifen ist daher
nicht erstellt. Schliesslich ist im Polizeirapport vom 6. Februar 2014
(act. 1/I/001 S. 4) erwähnt, dass der Privatkläger seit dem 11. Juni 2013 im Besitz eines
Führerausweises der Kategorie A1 war, mithin berechtigt war, sein Motorrad
CH-Racing CH 50, welches unter die Kategorie Motorrad bis 50 cm3 bzw.
max.4 kW fällt, zu lenken (Art. 3 Abs. 2 VZV und Art. 6
Abs. 1 lit. c Ziff. 1 VZV).
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b) Weiter ist allseits
unstrittig, dass der Privatkläger anlässlich des Unfall-ereignisses
schwarze Kleidung getragen hat (act. 1/I/002
S. 3; act. 13 S. 2; act. 50 Rz. 2, 9) und
sein Motorrad schwarz mit wenigen gelben Verzierungen ist
(act. 1/I/001 S. 4; act. 1/I/002
S. 3; act. 1/I/017 S. 4). Aufgrund von Fotoaufnahmen
der Kantonspolizei Glarus ist ferner erstellt, dass der Schutzhelm des
Privatklägers weiss mit einigen schwarzen Verzierungen ist (act. 43, Fotos
Nr. 4847 und 4848). Diesbezüglich hat somit der Beschuldigte
anlässlich der vorinstanzlichen Hauptverhandlung nicht richtig ausgesagt
(vgl. act. 13 S. 2:
dunkler Schutzhelm). Dies allein ist jedoch seiner Glaubwürdigkeit bzw. der
Glaubhaftigkeit seiner Aussagen nicht abträglich, da es sich um ein Detail
handelt und der Schutzhelm nach dem Unfall in beträchtlicher Distanz
entfernt vom Kollisionsort lag (vgl.
act. 43 v.a. Fotos-Nr. 4847 und 4848 sowie hinten,
E. IV.7f), d.h. wohl ausserhalb des Bereichs, auf welchen der Beschuldigte
nach dem Unfall seine Wahrnehmung hauptsächlich gerichtet hatte. Ausserdem war bei dieser vorinstanzlichen
Befragung seit dem Unfall bereits längere Zeit verstrichen.
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c) Als Uhrzeit, zu welcher der Unfall stattfand, wird im Strafbefehl (act. 2)
20:45 Uhr genannt (vgl. auch Polizeirapport [act. 1/I/001 S. 1]). Dies deckt sich mit der Schilderung
der Auskunftsperson F.______ (act. 1/I/004 S. 2), wonach er im
Zeitraum zwischen 20:30 Uhr bis 21:00 Uhr in Schwanden auf der Hauptstrasse
ein in Fahrtrichtung Glarus fahrendes Motorrad gesehen habe, bei welchem
vorne kein Licht geleuchtet habe. Weiter ist im Einsatzprotokoll des
Rettungsdiensts (act. 1/I/015) als Alarmzeit 20:56 Uhr vermerkt und im
Polizeirapport heisst es, die Meldung durch den Sanitätsnotruf an die Polizei
sei um 20:50 Uhr erfolgt (act. 1/I/001 S. 5). Es ist daher als
erstellt zu betrachten, dass der Unfall – wie im als Anklageschrift
geltenden Strafbefehl festgehalten – am 25. Oktober 2013 um zirka
20:45 Uhr geschah. Bei der Zeitangabe 21:40 Uhr des Polizeibeamten im Protokoll zur Einvernahme des
Beschuldigten vom 25. Oktober
2013 (act. 1/I/002 S. 2) und in den Aufträgen zur Blut- und
Urinentnahme (act. 1/I/006, 010, 011) dürfte es sich hingegen um ein
Versehen handeln.
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4.
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a) Gemäss Strafbefehl (act. 2) war der Privatkläger „höchst
wahrscheinlich ohne Licht unterwegs“. Gemeint ist damit, dass beim Motorrad
des Privatklägers bei der Unfallfahrt die Frontbeleuchtung nicht in Betrieb
war. Dass hingegen das Rücklicht ordnungsgemäss funktionierte, wurde von
keiner Seite in Abrede gestellt und ist gutachterlich belegt (act. 1/I/018
S. 8; vgl. auch
act. 1/I/001 S. 2 und 4 sowie act. 1/I/017, wo stets nur von
nicht funktionierender Frontbeleuchtung die Rede ist, sowie als weiteres Indiz die Aussagen der
Auskunftsperson F.______ in act. 1/I/004 S. 2).
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b) Der Privatkläger erklärte in seiner polizeilichen Einvernahme vom
12. Januar 2014 (act. 1/I/003 S. 5), die (Front-)
Beleuchtung an seinem Motorrad habe funktioniert, als er zu Hause
losgefahren sei. Ob diese später funktioniert habe, wisse er nicht. Er habe
aber nicht bemerkt, dass sie nicht mehr funktioniert hätte. Bei seiner
Befragung durch die Staatsanwaltschaft am 8. Juli 2014 (act. 1/IV/002
S. 3) gab er wiederum an, das (Front-) Licht an seinem Motorrad sei
eingeschaltet gewesen und habe bei seiner Fahrt gebrannt.
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c) Demgegenüber machte der Beschuldigte bereits unmittelbar
nach dem Unfall gegenüber der Polizei geltend, er sei sich „ganz sicher“,
dass der Privatkläger ohne Licht (gemeint wohl: ohne Frontbeleuchtung)
herangefahren sei (act. 1/I/002
S. 2 f.). Auch in den folgenden staatsanwaltlichen bzw. vorinstanzlichen
Einvernahmen (act. 1/IV/001;
act. 13 S. 3) bestätigte er diese Angabe. Anzeichen (wie z.B.
Lügensignale), aufgrund welcher diese stets gleichbleibenden Aussagen als
unglaubhaft zu werten wären, bestehen keine.
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d) Sodann liegen Aussagen eines F.______ vor, welche dieser am 7. November
2013 als Auskunftsperson gegenüber der Polizei machte. F.______ gab an
(act. 1/I/004 S. 2 f.), er habe zwischen zirka 20:30 Uhr bis
21:00 Uhr auf der Hauptstrasse in Schwanden auf Höhe der Doppelturnhalle
ein in Richtung Glarus fahrendes Motorrad mit heulendem Motor wahrgenommen.
Dabei sei ihm aufgefallen, dass dieses vorne kein Licht, weder Stand- noch
Abblendlicht, gehabt habe. Die Aussagen von F.______ weisen einige Anhaltspunkte
auf, welche die Beschreibung als realitätsgetreu bzw. glaubhaft erscheinen
lassen, so z.B. seine Gefühlsäusserung, wonach er für sich gedacht habe,
der Fahrer habe auch noch Mut, in der Nacht ohne Licht zu fahren
(act. 1/I/004 S. 2) und das stellenweise vorsichtige Berichten
(klare Deklaration, dass er nicht mehr wisse, welche Witterung geherrscht
habe und dass es ihm zufolge Dunkelheit unmöglich ist, das Motorrad zu
beschreiben, act. 1/I/004 S. 2 f.). Die Verteidigung weist
sodann zutreffend darauf hin (act. 13 S. 6), dass zur Tages- und
Jahreszeit des Unfalls auf der Hauptstrasse in Schwanden gewöhnlich nicht
überaus viele Motorräder unterwegs sein dürften, womit – trotz mehrerer auf
der Hauptstrasse ab Höhe Doppelturnhalle bis zur Unfallstelle bestehender
Abzweigungsmöglichkeiten (so der Privatkläger in act. 50 Rz. 11)
– der Schluss naheliegt, es könnte sich beim von F.______ gesehenen
Motorradfahrer um den Beschuldigten handeln.
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e) Zusätzlich zu diesen glaubhaften Angaben von F.______ und zu den
konstanten Aussagen des Beschuldigten liegt ein Untersuchungsbericht des Forensisch-Naturwissenschaftlichen
Diensts der Kantonspolizei St. Gallen vom 29. November 2013
(act. 1/I/018) vor. Darin konstatiert dieser (act. 1/I/018
S. 8), das Motorrad sei mit eingeschaltetem Licht gefahren (gemeint
wohl: Lichtschalter auf „Ein“, vgl. auch Polizeirapport [1/I/001
S. 5], Untersuchungsantrag
[act. 1/I/016 S. 2] und Fotodokumentation
[act. 1/I/017 S. 5]) und beide linke Richtungsanzeiger und das Rücklicht seien zum
Zeitpunkt des Unfalls in Betrieb gewesen. Bei der Frontbeleuchtung habe die
wissenschaftliche Untersuchung einen widersprüchlichen Befund ergeben.
Seitens des Forensisch-Naturwissenschaftlichen Diensts könne deshalb weder
ausgeschlossen noch bestätigt werden, dass zum Unfallzeitpunkt irgendein
Licht der Frontbeleuchtung geleuchtet habe.
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f) Aufgrund dieser Beweislage bestehen zumindest erhebliche,
unüberwindliche Zweifel, dass beim Motorrad des Privatklägers in der
unmittelbaren Zeitspanne um den Unfall die Frontbeleuchtung in Betrieb war.
Daher muss im Folgenden in dubio pro reo (Art. 10 Abs. 3 StPO;
vgl. vorne, E. IV.2.) mit der Vorinstanz (act. 23 E. II.11.)
davon ausgegangen werden, dass diese Frontbeleuchtung um die Unfallzeit
nicht funktionierte bzw. nicht leuchtete (so in einer ähnlichen
Fallkonstellation auch OG ZH SB130514 vom 13. März 2014
E. 3.4.1.). Dies, zumal der Privatkläger im Zusammenhang mit dem
anklagegegenständlichen Ereignis durch die Jugendanwaltschaft mit
Strafbefehl vom 25. Februar 2014 (act. 1/I/029) rechtskräftig
(vgl. act. 47 S. 7 oben) wegen Fahrens ohne Licht bei beleuchteter Strasse nachts resp. mit defekten
Frontlichtern im Sinne von Art. 41 Abs. 1 SVG,
Art. 30 Abs. 1 VRV i.V.m. Art. 90 Abs. 1 SVG schuldig
gesprochen und mit einem Verweis bestraft wurde.
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5.
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a) Im Bereich des Unfallorts
galt am 25. Oktober 2013 – wie noch heute – eine signalisierte
Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h (act. 1/I/001 S. 1; OG GL,
OG.2015.00045 vom 27. Mai 2016 E. III.B.). Der Privatkläger gab
an, dort auf seinem Motorrad mit einer Geschwindigkeit von zirka 70 km/h
gefahren zu sein (act. 1/I/003
S. 3; act. 1/IV/002 S. 3). Der Beschuldigte seinerseits
führte aus, er glaube, das Motorrad sei „eher schnell“ gefahren
(act. 1/I/002 S. 3).
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b) Da keine weiteren Beweise zur vom Privatkläger gefahrenen Geschwindigkeit
vorliegen, ist davon auszugehen, dass dieser auf der geraden Strecke (vgl. act. 1/I/001 S. 1;
act. 1/I/017 S. 3 oben) unmittelbar vor dem Unfallereignis mit einer Geschwindigkeit von
zirka 70 km/h fuhr (zur Frage, ob der Privatkläger vor der Kollision
gebremst hat, vgl. hinten, E. IV.7e).
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6.
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a) Zu den zum Unfallzeitpunkt
herrschenden äusseren Bedingungen ist dem Polizeirapport vom 6. Februar 2014 (act. 1/I/001 S. 1)
und der polizeilichen Fotodokumentation (act. 1/I/017) zu entnehmen,
dass die Strasse trocken war und nächtliche Lichtverhältnisse herrschten,
der Strasse entlang aber die in einem längeren Bereich in regelmässigen
Abständen installierte (vgl.
act. 1/I/017 S. 2 f. sowie den
Planausschnitt der Technischen Betriebe Glarus Süd betreffend öffentliche
Beleuchtung, act. 41) Strassenbeleuchtung (Natriumdampflampen,
100 Watt, vgl. act. 41) funktionierte (vgl. auch die Aussage
des Privatklägers in act. 1/I/003
S. 4).
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b) Umstritten ist, wie gut die
Strasse im Bereich des Unfallorts (Hauptstrasse in Schwanden auf Höhe des
Gebäudes der Fridolin Druck und Medien Walter Feldmann AG [nachfolgend:
„Fridolin-Gebäude“]) zum Zeitpunkt des Vorfalls aufgrund dieser
Strassenbeleuchtung ausgeleuchtet war. Der Beschuldigte gab anlässlich
mehrerer Befragungen an, es sei trotz Vorhandenseins einer
Strassenbeleuchtung dunkel gewesen und er habe niemanden kommen sehen,
sondern der Privatkläger sei mit seinem Motorrad plötzlich aus dem Dunkeln
erschienen (vgl. act. 1/I/002 S. 2 ff.; act. 13 S. 2 f; act. 47
S. 2; vgl. auch die Ausführungen seiner Verteidigung in act. 13
S. 5). Demgegenüber hält der Rechtsbeistand des Privatklägers
dafür, im Bereich der Unfallstelle habe eine ausserordentlich gute Beleuchtung
bestanden, womit keine Rede davon sein könne, dass es dunkel gewesen sei
(vgl. act. 13 S. 4; act. 50
Rz. 2, 6, 12).
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c) Das Obergericht führte am 20. Oktober 2015 abends ab 20:30
Uhr im Bereich der Unfallstelle einen Augenschein durch. Dieser wurde so
terminiert und organisiert, dass in jeder Hinsicht möglichst authentische
Verhältnisse wie seinerzeit am Unfalltag (25. Oktober 2013 um zirka
20:45 Uhr) herrschten. Die Kantonspolizei sperrte Teile der Haupt- und der
Sernftalstrasse mehrmals kurzzeitig für den normalen Verkehr und es wurde
ein dunkel gekleideter Motorradfahrer mit einem dunklen Motorrad einige
Male ohne eingeschaltete Frontbeleuchtung und mit einer Geschwindigkeit von
jeweils 70 km/h von Schwanden her auf der Hauptstrasse an der Unfallstelle
vorbei in Richtung Mitlödi fahren gelassen. Während dieser Fahrten
postierten sich die Mitglieder des Gerichts sowie die Parteien an
verschiedenen Stellen im Bereich der Abzweigung Hauptstrasse/Sernftalstrasse,
so unter anderem auch in einem in Fahrtrichtung Schwanden auf der
Einspurstrecke zur Sernftalstrasse unmittelbar vor der Abzweigung mit
eingeschaltetem Abblendlicht abgestellten Polizeifahrzeug (Personenwagen;
vgl. zum Ganzen: act. 35, 38, 41-42, 44, 46).
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d) Was die Lichtverhältnisse anbelangt, stellte das Obergericht an
diesem Augenschein erstens fest, dass die Dämmerung bereits deutlich
fortgeschritten und es entsprechend dunkel war. Zweitens fiel dem
Obergericht auf, dass trotz Betriebs der bereits beschriebenen (vorne,
E. IV.5a), in regelmässigen Abständen angebrachten Strassenbeleuchtung
ein ungefähr 20-25 Meter langer Bereich der
Hauptstrasse, nämlich eine auf Höhe des nördlichen Endes des Fridolin-Gebäudes
(d.h. zirka 30 Meter [nördliches Ende] bis zirka 55 Meter
[südliches Ende] vom südlichen Ende der Einspurstrecke entfernt) liegende
Fläche auf der Fahrspur in Richtung Glarus (vgl. nachfolgende Skizze) –vor
allem je weiter man hin zur Strassenseite blickt, an welcher das
Fridolin-Gebäude liegt –, recht dunkel war bzw. als in deutlich schlechterem
Masse ausgeleuchtet erschien als die übrigen Teile der Hauptstrasse, insbesondere
als der unmittelbare Bereich der Verzweigung und als der Bereich weiter
südlich nach dem Werkhof gegen Schwanden hin. Eine mögliche Erklärung
für das Bestehen dieses dunklen Bereichs liegt dabei darin, dass ungefähr
an dieser Stelle der Hauptstrasse die Strassenseite ändert, an welcher die
Strassenbeleuchtung angebracht ist (von Schwanden her kommend Beleuchtung
zunächst am rechten Strassenrand, danach ab den überdachten Parkplätzen
nördlich des Werkhofs von Schwanden her gesehen am linken Strassenrand,
vgl. act. 1/I/017 S. 2 und S. 3 oben; sowie act. 41)
und dass die Strassenbeleuchtung im Bereich der überdachten Parkplätze nördlich
des Werkhofs im Vergleich zu den übrigen Strassenleuchten um mehrere Meter
zurückversetzt ist (vgl. Planausschnitt der Technischen
Betriebe Glarus Süd betreffend öffentliche Beleuchtung, act. 41,
Position der Leuchte Nr. 406 im Vergleich zu den Positionen der
Leuchten Nr. 403-405 sowie act. 1/I/017 S. 2 und
S. 3 oben). Ohne nennenswerten Einfluss auf diesen
dunklen Bereich blieben dabei am Augenschein die am Fridolin-Gebäude
angebrachte Beleuchtung der Firmentafel (vgl. act. 1/I/017 S. 3
oben) wie auch die Beleuchtung des unmittelbar bei der Einmündung der
Sernftalstrasse in die Hauptstrasse liegenden Fussgängerstreifens (vgl.
act. 1/I/017 S. 2 und act. 41 Lampe Nr. 407), dies
wohl, weil sich diese beiden Lichtquellen weiter nördlich als der
ausgemachte dunkle Bereich befinden.
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e) Dieser am
Augenschein – übrigens nicht nur vom Gericht, sondern auch von der Verteidigung
(vgl. act. 49 S. 2) – gewonnene Eindruck, dass in
Fahrtrichtung Glarus im Bereich des Fridolin-Gebäudes entgegen den von der
Vorinstanz allein gestützt auf die bei den Akten liegenden Fotoaufnahmen
angestellten, entsprechenden Erwägungen (act. 23 E. II.12.) eine
schlecht ausgeleuchtete Fläche besteht, geht zumindest
andeutungsweise auch aus einigen bei den Akten liegenden Fotoaufnahmen
hervor (vgl. act. 1/I/017 S. 3 oben sowie
act. 43 Fotos Nr. 4796, 4798, 4824, 4834 und 4835). Aus diesen Aufnahmen
ist der soeben geschilderte Verlauf der Strassenbeleuchtung ersichtlich
und lässt sich der genannte dunkle Bereich ebenfalls erahnen. Allerdings
ist in all den genannten Fotos auf der Hauptstrasse ein Polizeifahrzeug mit
eingeschalteter weisser Front- und oranger Dachbeleuchtung zu sehen, was
die Aussagekraft dieser Aufnahmen in Bezug auf die Frage der zum Zeitpunkt
des Unfalls herrschenden Lichtverhältnisse deutlich schmälert. Allgemein
ist sodann hinsichtlich dieser Fotoaufnahmen zu beachten, dass diese allesamt nicht unmittelbar zum
Zeitpunkt des Unfalls (zirka 20:45 Uhr, vgl. vorne, E. IV.3c) erstellt
wurden, sondern einige Zeit später (vgl. die bei Einlegen der Foto-CD
[act. 43] im Explorer erscheinenden Angaben unter „Änderungsdatum“,
wobei unklar bleibt, ob es sich dabei um den Zeitpunkt der Erstellung der
Aufnahmen oder um jenen der Bearbeitung [auf CD brennen] derselben
handelt). Wahrscheinlich war es somit zu dieser Zeit dunkler als anlässlich
des Unfalls. Dennoch geben die Aufnahmen einen gewissen Aufschluss
zumindest über das Verhältnis bzw. die Lage dunklerer und hellerer Stellen
auf der Hauptstrasse, auch wenn Fotoaufnahmen selbstredend möglicherweise
ein Bild vermitteln, welches nicht vollständig den in
der Realität herrschenden Verhältnissen entspricht.
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f) Die
Rechtsvertretung des Privatklägers machte in der
Berufungsverhandlung vom 23.
Oktober 2015 (act. 50 Rz. 2, 6, 12) geltend, dass es am konkreten
Unfalldatum, d.h. am 25. Oktober 2013 um zirka 20:45 Uhr, insgesamt
heller gewesen sei als am Abend des Augenscheins (20. Oktober 2015 von
20:30 Uhr bis 21:00 Uhr), weil damals der Mond sichtbar gewesen sei. Allerdings
finden sich in den Akten nirgendwo Anhaltspunkte, aufgrund derer sich
ermitteln liesse, welcher Einfluss damals vom Mond auf die bei der
fraglichen Strassenverzweigung herrschenden Lichtverhältnisse ausging. Dies
lässt sich heute auch sonst nicht mehr verlässlich bzw. auf objektivierte
Weise rekonstruieren. Deshalb und zumal zweifelhaft ist, ob der Mond zur
Zeit des Unfalls in Schwanden überhaupt bereits aufgegangen war (vgl.
www.mondverlauf.de [Eingabe: Schwanden und Unfalldatum 25. Oktober
2013], wonach der Mondaufgang damals dort erst um 23:16 Uhr erfolgte), muss
in dubio pro reo davon ausgegangen werden (Art. 10 Abs. 3 StPO),
dass allfälliger Mondschein höchstens marginalen Einfluss auf die Lichtverhältnisse
am Unfallort bzw. zur Unfallzeit hatte. Dies, zumal auf den bei den Akten
liegenden Fotoaufnahmen (act. 1/I/017; act. 43) kein Mondeinfluss
erkennbar ist, obwohl diese wie soeben erwähnt einige Zeit nach dem Unfall
erstellt wurden und daher auf diesen zufolge weiter fortgeschrittener Dämmerung
ein Mondeinfluss eher besser als zum Unfallzeitpunkt sichtbar sein sollte.
Insgesamt ist somit punkto Lichtverhältnisse mangels anderer
Beweismittel primär auf die beim Augenschein gewonnenen, vorne wiedergegebenen
Eindrücke der Gerichtsmitglieder, insbesondere deren Feststellung des
beschriebenen (E. IV.6d-e), ausgeprägten dunklen Bereichs abzustellen.
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g) Im
Übrigen fiel den Gerichtsmitgliedern, als sie sich anlässlich des Augenscheins
im am südlichen Ende des Einspurstreifens abgestellten Polizeifahrzeug
befanden, auf, dass das herannahende Motorrad im Innern des Polizeifahrzeugs
bei ausgeschalteter Radio- bzw. Musikanlage nur leise hörbar und zudem das
Sichtfeld etwas eingeschränkt bzw. jedenfalls nicht derart umfassend war,
wie dies gewisse Fotoaufnahmen suggerieren (vgl. z.B. act. 43 Fotos Nr. 4796, 4798, 4824, 4834 und 4835).
Selbstverständlich ist hierbei zu berücksichtigen, dass es sich bei den
beiden Unfallfahrzeugen des Privatklägers und des Beschuldigten um andere
Modelle mit unter anderem möglicherweise andersartigen Lärmdämmungs- und
Sichtwinkel-Eigenschaften als die beim Augenschein verwendeten Fahrzeuge
handelt. Dennoch sind die soeben genannten Umstände mangels anderer
diesbezüglicher Sachverhaltserhebungen bei der nachfolgenden Würdigung
jedenfalls untergeordnet auch mit zu berücksichtigen (Art. 10
Abs. 3 StPO). Dies mitunter, weil der Beschuldigte – der nach eigenen
Aussagen beim Autofahren ab und zu Radio höre, nicht aber telefoniere und
am Unfallabend nicht einmal ein Mobiltelefon dabeigehabt habe (act. 13 S. 3) –
ebenfalls angab, er habe vom
herannahenden Motorrad nichts gehört (act. 13 S. 3), was nach dem
Gesagten jedenfalls nicht völlig unglaubhaft ist.
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7.
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a) In Bezug auf
den Beginn des vom Beschuldigten ausgeführten Abbiegevorgangs in die
Sernftalstrasse stimmen die Angaben der Beteiligten untereinander sowie mit
den weiteren Akten überein (Fahrt von Mitlödi herkommend auf der
Hauptstrasse und dann Einbiegen in die Einspurstrecke vor der Verzweigung;
vgl. u.a. act. 1/I/002 S. 2 und act. 1/I/003 S. 3). Laut
seinen eigenen Aussagen hat der Beschuldigte beim Einspuren den linken
Richtungsanzeiger betätigt (act. 1/I/002 S. 2) und Gegenteiliges
lässt sich mangels Zeugen (vgl. act. 1/I/002 S. 3 und
act. 1/I/001 S. 5, wo als Auskunftsperson einzig F.______ [vgl.
E. IV.4d] genannt wird) nicht (mehr) erstellen, womit dies in dubio
pro reo (Art. 10 Abs. 3 StPO) als erstellt zu betrachten ist. Aus
denselben Gründen ist mangels anderslautender Beweismittel davon
auszugehen, dass der Beschuldigte mit Abblendlicht und nicht mit Fernlicht
unterwegs war, zumal der Bereich der fraglichen Verzweigung mit einer
Strassenbeleuchtung versehen ist (vgl. E. IV.6a). Weiter sagten sowohl
der Beschuldigte als auch der Privatkläger aus, dass Ersterer vor dem
Linksabbiegen am südlichen Ende der Einspurstrecke angehalten habe (vgl.
u.a. act. 1/I/002 S. 2 und act. 1/I/003 S. 3; die
Rechtsvertretung des Privatklägers zitiert diesen in act. 13
S. 4 unrichtig, wenn sie ausführt, gemäss ihm sei der Beschuldigte mit
20-30 km/h auf der Einspurstrecke gefahren und ohne anzuhalten abgebogen;
vielmehr gab auch der Privatkläger an, der Beschuldigte habe sein Fahrzeug
beim Einspuren angehalten [so explizit in act. 1/I/003 S. 3] und
bezog sich die vom Privatkläger geäusserte Geschwindigkeitsangabe auf den
Kollisionszeitpunkt [vgl. act1/I/003 S. 3 und act. 1/IV/002
S. 3]). Wenngleich dies nicht mittels weiterer
Beweismittel untermauert ist und ein Anhalten auf der Einspurstrecke dann,
wenn man keinen Gegenverkehr erblickt, nicht als zwingend geboten erscheint
(vgl. hinten, E. V.2b), ist somit aufgrund der insoweit übereinstimmenden
Aussagen des Beschuldigten und des Privatklägers sowie in dubio pro reo
(Art. 10 Abs. 3 StPO) als erstellt zu betrachten, dass dieser vor
dem anklagegegenständlichen Linksabbiegen am südlichen Ende des
Einspurstreifens zumindest kurz anhielt. Dafür spricht auch, dass gemäss
Untersuchungen des kriminaltechnischen Diensts der Kantonspolizei im
Bereich der Verzweigung weder Brems- noch Pneuabdruckspuren festgestellt
werden konnten (act. 1/I/017 S. 3). Derartige Spuren wären
hingegen wohl eher zu verzeichnen gewesen, wenn der Beschuldigte bei seinem
Abbiegmanöver keinen solchen Halt eingelegt hätte, wäre er doch auf diese
Weise mit einer höheren Geschwindigkeit über die Verzweigung gefahren und
zum Kollisionspunkt gelangt (ähnlich auch die Verteidigung in act. 13
S. 6).
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b) Den weiteren
Verlauf seiner Fahrt nach dem Halt auf der Einspurstrecke schildert der
Beschuldigte wie folgt
(act. 1/I/002 S. 2 f.; act. 13 S. 2 f.;
act. 47 S. 2): Am südlichen Ende der
Einspurstrecke stehend habe er ein erstes Mal zur Gegenfahrbahn geschaut
und geprüft, ob ihm kein anderer Verkehrsteilnehmer entgegenkomme. Nachdem
er niemanden gesehen habe, sei er angerollt. Als er angefahren sei, habe es
auch bereits „geklöpft“. Aus dem Dunklen sei ein Motorrad ohne Licht von Schwanden her in Richtung
Mitlödi gekommen. Zum Reagieren sei es aber schon zu spät gewesen. Er habe
den Motorradfahrer erst kurz vor der Kollision bemerkt, als dieser bereits
sehr nahe bei ihm gewesen sei und daher sei es trotz sofortigem Stopp zur
Kollision gekommen. An dieser Schilderung fällt zwar
die Aussage auf, wonach er erstmals erst am Ende der Einspurstrecke stehend
zur Gegenfahrbahn geschaut habe, blickt man doch üblicherweise bereits
während der Fahrt auf der Einspurstrecke ein erstes Mal zumindest flüchtig
dorthin. Mangels anderer Beweise zum Einspurverhalten des Beschuldigten ist
indes dennoch von dessen Version des Ablaufs auszugehen, zumal er abgesehen
von diesem Sachverhaltselement zum weiteren Verlauf seiner Fahrt nach dem
Halt auf der Einspurstrecke detaillierte und damit glaubhafte Aussagen
machte. Zudem ist mangels anderweitiger Anhaltspunkte und in dubio
pro reo (Art. 10 Abs. 3 StPO) davon auszugehen, dass er bei
seinem Halt auf der Einspurstrecke vor dem Losfahren pflichtgemäss (vgl.
hinten, E. V.1b-c) auch noch zur Sernftalstrasse hinblickte, um zu
prüfen, ob dieser Bereich frei von Verkehr und insbesondere von die Strasse
querenden Fussgängern ist (Fussgängerstreifen auf der Sernftalstrasse in
unmittelbarer Nähe der Verzweigung, vgl. E. IV.6d). Der
Privatkläger seinerseits gibt – weniger detailliert, aber insoweit konstant
– an (act. 1/I/003 S. 3; act. 1/IV/002 S. 3): er habe gesehen wie der
Personenwagen von Mitlödi hergekommen sei und eingespurt habe, um in
Richtung Feuerwehrstützpunkt Kärpf zu fahren. Dann sei dieser beim Abbiegen
in ihn hineingefahren.
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c) Zur
Geschwindigkeit des Beschuldigten zum Zeitpunkt der Kollision finden sich
unterschiedliche Schilderungen der Beteiligten. Der Beschuldigte erklärte
zunächst in seiner polizeilichen Einvernahme vom 25. Oktober 2013, er
sei angefahren und da habe es auch bereits „geklöpft“ (act. 1/I/002
S. 3). In der staatsanwaltlichen Einvernahme vom 27. Juni 2014
(act. 1/IV/001 S. 2) gab er dann an, der Motorradfahrer sei in ihn hineingefahren,
während er stillgestanden sei. Anlässlich der Hauptverhandlung vor
Vorinstanz vom 15. Oktober 2014 (act. 13 S. 2 f.) führte er
aus, er sei angefahren, habe eine Geschwindigkeit von nicht einmal 10 km/h
gehabt und bei der Kollision noch gebremst, aber es sei zu spät gewesen.
Der Motorradfahrer sei nicht ausgewichen. Der Privatkläger führte in seiner
polizeilichen Einvernahme vom 12. Januar 2014
(act. 1/I/003 S. 3) ebenfalls aus, der Personenwagen des Beschuldigten sei bei
der Kollision nicht schnell gefahren, vielleicht mit 20 km/h. Er habe
noch versucht, nach rechts zu fahren, um die Kollision zu vermeiden, was
aber nicht gelungen sei. Gebremst habe er nicht, da er zum Reagieren keine Zeit
mehr gehabt habe. Vor der Staatsanwaltschaft hielt der Privatkläger daran
fest (act. 1/IV/002 S. 3), dass der Personenwagen noch gefahren
sei, als es zur Kollision kam, und zwar mit einer Geschwindigkeit von zirka
20 bis 30 km/h. Er habe noch auszuweichen und zu bremsen versucht. Trotzdem
sei das Auto hinten links in ihn hineingefahren.
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d) Davon
ausgehend, dass der Beschuldigte am südlichen Ende der Ein-spurstrecke
einen Kontrollhalt tätigte (vgl. soeben, E. IV.7a) und da der Kollisionspunkt
nur zirka fünf bis sechs Meter von dieser Stelle entfernt liegt (vgl. u.a.
act. 1/I/017 S. 2 und S. 3 unten [Endlage minus kurzer
Anhalteweg]) sowie weil das Motorrad in geringer Distanz (zirka drei bis
vier Meter) zum Personenwagen zu liegen gekommen ist (vgl. u.a. act. 1/I/017
S. 3), erscheint es als sehr wahrscheinlich, dass der Personenwagen
des Beschuldigten zum Zeitpunkt der Kollision lediglich mit geringer
Geschwindigkeit unterwegs war, wie dies auch der Privatkläger zumindest
anlässlich seiner ersten Einvernahme bestätigte (act. 1/I/003
S. 3; vgl. auch die bei den Akten liegende E-Mail von X.______
vom 15. Juli 2014 [act. 1/III/004], wonach anzunehmen sei, dass
der eben erst wieder angefahrene Personenwagen schneller zum Stillstand
gekommen sei als das – mit einer Geschwindigkeit von rund 70 km/h
herannahende [vgl. oben, E. IV.5b] – Motorrad, er aber nicht beurteilen
könne, ob der Personenwagen zum Unfallzeitpunkt komplett stillgestanden
sei). Allein der Umstand, dass am Personenwagen des Beschuldigten doch
erhebliche Schäden zu verzeichnen sind ((vgl.
act. 1/I/017 S. 3 und act. 43, u.a. Fotos Nr. 4803-4806
und 4809-4811), vermag an dieser Schlussfolgerung nichts zu ändern
und kann auch auf die bei der Kollision vorherrschende Dynamik (vgl. die
vorinstanzliche Vermutung [act. 23 E. II.12.], wonach ein
Grossteil der Bewegungsenergie in der Kollision aufgegangen sein könnte)
zurückzuführen sein. Im Übrigen ist es aufgrund des
Schadensbilds (vgl. nachfolgend E. IV.7f) und der Aussagen des
Privatklägers nicht plausibel, dass der Privatkläger in den Personenwagen
des Beschuldigten hineinfuhr, wie Letzterer vor der Staatsanwaltschaft
behauptete (act. 1/IV/001 S. 2). Wäre der Personenwagen nämlich
tatsächlich bereits stillgestanden, mithin das Motorrad des Privatklägers
in diesen geprallt, so fänden sich kaum auf der in Fahrtrichtung linken
Seite des Personenwagens derart ausgeprägte Schäden wie die eingetretenen
(vgl. act. 1/I/017 S. 3; act. 43 Fotos Nr. 4803-4806
und 4809-4811). Vielmehr wären diesfalls Schäden auf der anderen Wagenseite
bzw. weitergehende Schäden als die Eingetretenen im Frontbereich zu erwarten
gewesen (so zutreffend auch der Privatkläger in act. 50 Rz. 10).
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e) Ebenfalls kann
als erstellt gelten, dass der Privatkläger mit seinem Motorrad vor der
Kollision nicht bremste bzw. dass er dies zwar noch versuchte, es aber
bereits zu spät war (vgl. dessen glaubhafte Aussagen in act. 1/I/003
S. 4 und act. 1/IV/002 S. 3 sowie die polizeiliche
Fotodokumentation, act. 1/I/017 S. 3, wonach weder Brems- noch
Pneuabdruckspuren festgestellt werden konnten).
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f) Schliesslich
ist auf die Aspekte Endlage der Fahrzeuge und Schadensbild einzugehen. Aus
der polizeilichen Fotodokumentation (act. 1/I/017) sowie aus den
weiteren seitens der Polizei eingereichten Fotoaufnahmen (act. 43) ist
ersichtlich, dass der Personenwagen des Beschuldigten in einem seitlichen
Abstand von zirka drei bis vier Metern von der Hauptstrasse auf der in
diese einmündenden Sernftalstrasse zum Stehen kam. Beim Personenwagen des Beschuldigten
sind auf der in Fahrtrichtung linken Seite im vorderen Bereich sowie an der
Front und an der Motorhaube erhebliche Schäden eingetreten (vgl.
act. 1/I/001 S. 3 unten, act. 1/I/017 S. 3 sowie
act. 43 u.a. Fotos Nr. 4803-4806 und 4809-4811).
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Das Motorrad des
Privatklägers lag zirka drei bis vier Meter nord-/nordöstlich des
Personenwagens ebenfalls bereits deutlich im Bereich der Sernftalstrasse
(vgl. u.a. act. 1/I/017 S. 2 f. sowie diverse Fotos in
act. 43). Bei dieser Faktenlage erscheint die Aussage des
Privatklägers (act. 1/I/003
S. 4 und act. 1/IV/002 S. 3), wonach er
noch versucht habe, nach rechts auszuweichen, um die Kollision zu
vermeiden, als glaubhaft (so auch die Rechtsvertretung des Privatklägers in
act. 13 S. 4 unten; vgl. ferner die vorinstanzlichen Erwägungen
in act. 23 E. II.12.), wenngleich denkbar ist, dass auch die bei
der Kollision wirkenden Kräfte zur seitlichen Verschiebung der Fahrzeuge
weg von der Hauptstrasse auf die Sernftalstrasse beigetragen haben (unglaubhaft
ist demgegenüber die Aussage des Beschuldigten an der vorinstanzlichen
Hauptverhandlung [act. 13 S. 3], dass der Motorradfahrer nicht
ausgewichen sei). Gemäss Polizeirapport (act. 1/I/001 S. 4 unten)
erlitt das Motorrad Totalschaden und aus den in den Akten liegenden Fotoaufnahmen
(act. 1/I/017 S. 4 ff.; act. 43 Fotos
Nr. 4809-4816, 4827-4829, 4861-4870) ist ersichtlich, dass vor allem
die linke Seite des Motorrads, primär im hinteren Bereich, beschädigt
wurde.
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Dieses beim
Motorrad und beim Personenwagen vorliegende Schadensbild deutet darauf hin,
dass das Motorrad seitlich und eher im hinteren Bereich vom
Personenwagen getroffen wurde (vgl. auch den Polizeirapport vom 6. Februar 2014 [act. 1/I/001
S. 2], in welchem aus der Perspektive des Personenwagens des
Beschuldigten von einer „frontalen/seitlichen“ Kollision die Rede ist), als es sich
schon fast nicht mehr im Abbiegebereich des Personenwagens befand (ebenso
die Vorinstanz in act. 23 E. II.12.).
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Zur Endlage des
Privatklägers selbst finden sich in den Akten einzig eine Notiz im Polizeirapport,
wonach der verletzte Privatkläger in Rücklage auf dem Trottoir gelegen sei
(act. 1/I/001 S. 5 oben), nicht aber weitere Beweismittel.
Insbesondere sind auf den bei den Akten liegenden Fotoaufnahmen
(act. 43) keine entsprechenden Strassenmarkierungen auszumachen (vgl.
z.B. act. 43 Fotos-Nr. 4841-4846, wo zwar Markierungen zu den
Positionen der Fahrzeuge, nicht aber solche zur Lage des verletzten
Privatklägers erkennbar sind). Weiter ist festzuhalten, dass der linke
Turnschuh des Privatklägers am Fussraster seines Motorrads eingeklemmt
wurde (act. 1/I/017 S. 4). Sodann hat der
Privatkläger bei der Kollision seinen Schutzhelm verloren und dieser kam in
erheblicher Entfernung von der Unfallstelle nördlich der Verzweigung
Hauptstrasse/Sernftalstrasse im Wiesland zu liegen (siehe act. 43
Fotos Nr. 4847-4848 sowie die Aussagen des Beschuldigten in act. 1/I/002 S. 3 und act. 13 S. 2 f., dass der Schutzhelm weit „weggeflogen“
sei, obwohl der Privatkläger diesen bei seiner Fahrt getragen habe). Der Beschuldigte
gab hierzu anlässlich der vorinstanzlichen Hauptverhandlung an
(act. 13 S. 2 f.), der Privatkläger habe – von ihm darauf
angesprochen – gesagt, er habe den Schutzhelm wohl nicht richtig aufgehabt.
Es ist zwar bemerkenswert, dass das Motorrad, welches immerhin mit einer
Geschwindigkeit von rund 70 km/h unterwegs war (vgl. vorne, E. IV.5b),
wie soeben erwähnt nahe beim Personenwagen zu liegen kam und zugleich der
Schutzhelm des Privatklägers weit wegkatapultiert wurde. Letztlich sind die
genauen Gründe für diese Unfallendlage der involvierten Fahrzeuge, des
Privatklägers selbst und von dessen Schutzhelm jedoch für die
Beurteilung der Strafbarkeit des Beschuldigten nicht von Relevanz (vgl.
hinten, E. V.), weshalb diese Thematik hier nicht vertieft zu werden braucht.
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8.
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a) Der Beschuldigte beantragt
im Berufungsverfahren (act. 27 S. 2 f.; act. 47
S. 2) die Einholung eines unfallanalytischen Gutachtens „insbesondere
betreffend eine Lichtanalyse am Unfallort, der Eruierung der genauen Unfallstelle
sowie einer Einschätzung der Fahrgeschwindigkeit des Privatklägers zum
Zeitpunkt des Aufpralls“.
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b) Was die Lichtverhältnisse am
Unfallabend anbelangt, wurden seitens des Obergerichts mit der Anfrage an
die Technischen Betriebe Glarus Süd vom 20. Oktober 2015 (vgl. act. 41)
sowie mit dem Augenschein (vgl. act. 35, 38, 41-44, 46) weitere
Erkundigungen getätigt, aufgrund welcher sich dieser Aspekt vorliegend
hinreichend verlässlich beurteilen lässt (vgl. vorne, E. IV.6b-f). In
Bezug auf die Fahrgeschwindigkeit des Privatklägers ist aufgrund der
Tatsache, dass an der Unfallstelle keinerlei Brems- und/oder Pneuabdruckspuren
festgestellt werden konnten (act. 1/I/017 S. 3), nicht davon auszugehen,
dass ein Gutachten erkenntnisbringend sein könnte (so übrigens vor
Vorinstanz auch der Beschuldigte: act. 11 S. 1 unten). Die
Eruierung der genauen Kollisionsstelle schliesslich ist vorliegend, wo es
um die Frage allfälliger Sorgfaltspflichtverletzungen des Beschuldigten
geht, nicht entscheidrelevant (vgl. die nachstehenden Erwägungen sowie BGer
6S.686/2001 vom 18. Februar 2002). Nach dem Gesagten ist daher der
Beweisantrag des Beschuldigten um Einholung eines unfallanalytischen Gutachtens
abzuweisen (Art. 318 Abs. 2 StPO analog).
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9.
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Zusammenfassend ist nach
Würdigung sämtlicher in Betracht fallender Beweismittel folgender
Sachverhalt erstellt:
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Der Beschuldigte fuhr am Abend
des 25. Oktober 2013 mit seinem Personenwagen von Glarus her auf der
Hauptstrasse in Richtung Schwanden und beabsichtigte eingangs Schwanden
nach links in die Sernftalstrasse, auf welcher sich unmittelbar nach der
Verzweigung ein Fussgängerstreifen befindet, abzubiegen. Hierfür befuhr er
um zirka 20:45 Uhr mit Abblendlicht sowie den linken Richtungsanzeiger
betätigend die vor der Verzweigung bestehende Einspurstrecke und hielt vor
dem Linksabbiegen an deren südlichem Ende an. In diesem Moment schaute er
ein erstes Mal zur Gegenfahrbahn und prüfte, ob ihm kein anderer
Verkehrsteilnehmer entgegenkommt sowie ob die Abbiegestrecke frei von Verkehr
und Fussgängern ist. Da er auf der Gegenfahrbahn und im Bereich seines
beabsichtigten Abbiegewegs niemanden sah, fuhr er wieder an, worauf es zur
Kollision mit dem Privatkläger, einem entgegenkommenden vortrittsberechtigten
Motorradfahrer, kam.
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Dieser war von Schwanden her auf
der unmittelbar vor der Verzweigung gerade verlaufenden Hauptstrasse mit
einer Geschwindigkeit von zirka 70 km/h (entsprechend der dort
signalisierten Höchstgeschwindigkeit) unterwegs in Richtung Glarus, wobei
dessen Frontbeleuchtung um die Unfallzeit nicht funktionierte bzw. nicht
leuchtete. Er trug schwarze Kleidung, sein Motorrad war schwarz mit wenigen
gelben Verzierungen und sein Schutzhelm weiss mit einigen schwarzen
Verzierungen. Der Personenwagen des Beschuldigten fuhr zum Zeitpunkt der
Kollision infolge erst gerade erfolgten Anrollens nach dem auf der
Einspurstrecke getätigten Halt lediglich mit geringer Geschwindigkeit.
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Der Privatkläger versuchte noch
zu bremsen, was nicht mehr gelang, und nach rechts auszuweichen, um eine
Kollision zu vermeiden. Dennoch wurde das Motorrad vom
Personenwagen seitlich und eher im hinteren Bereich getroffen, als es sich
schon fast nicht mehr im Abbiegebereich des Personenwagens befand. Auf der
Unfallstelle wurden weder Pneuabdruck- noch Bremsspuren festgestellt. Der Personenwagen des Beschuldigten kam in einem seitlichen Abstand
von zirka drei bis vier Metern von der Hauptstrasse auf der einmündenden
Sernftalstrasse zum Stehen. Er wurde auf der in Fahrtrichtung linken Seite
im vorderen Bereich sowie an der Front und an der Motorhaube erheblich
beschädigt. Das Motorrad des Privatklägers lag zirka drei bis vier Meter
nord-/nordöstlich des Personenwagens ebenfalls bereits deutlich im Bereich
der Sernftalstrasse. Es erlitt Totalschaden, wobei vor allem die linke
Seite des Motorrads, primär im hinteren Bereich, beschädigt wurde. Der Privatkläger lag nach der Kollision mit
erheblichen Beinverletzungen in Rücklage auf dem Trottoir, wobei sein linker
Turnschuh am Fussraster seines Motorrads eingeklemmt blieb. Sodann wurde bei der Kollision der Schutzhelm des Privatklägers weggeschleudert
und dieser kam in erheblicher Entfernung von der Unfallstelle nördlich der
Verzweigung Hauptstrasse/Sernftalstrasse im Wiesland zu liegen.
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Weder die Fahrtüchtigkeit des
Beschuldigten noch jene des Privatklägers war zum Zeitpunkt des Unfalls
eingeschränkt, sie besassen die erforderlichen Fahrberechtigungen und deren
Fahrzeuge wiesen keine Mängel auf.
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Die Strassen waren damals
trocken und die Dämmerung jedenfalls bereits deutlich fortgeschritten,
sodass nächtliche Lichtverhältnisse herrschten. Der Hauptstrasse entlang
funktionierte aber die bei der Verzweigung in einem längeren Bereich in regelmässigen
Abständen installierte und mit 100 Watt-Natriumdampflampen ausgestattete
Strassenbeleuchtung. Trotz Betriebs dieser Strassenbeleuchtung ist südlich
der Verzweigung Hauptstrasse/Sernftalstrasse, beginnend ungefähr auf Höhe
des nördlichen Endes des Fridolin-Gebäudes (d.h. rund in 30 Metern
Entfernung vom südlichen Ende der Einspurstrecke), ein ungefähr 20 bis 25
Meter langer, auf der Fahrspur in Richtung Glarus liegender Bereich der
Hauptstrasse – insbesondere je weiter man hin zur Strassenseite blickt, an
welcher sich das Fridolin-Gebäude befindet – deutlich schlechter
ausgeleuchtet als die übrigen Teile der Hauptstrasse und der Verzweigung.
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Diesen Sachverhalt gilt es im
Folgenden rechtlich zu würdigen.
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V.
Rechtliche Würdigung
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1.
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Gemäss Art. 125
Abs. 1 StGB wird auf Antrag bestraft, wer fahrlässig einen Menschen am
Körper oder an der Gesundheit schädigt. Der objektive Tatbestand der
einfachen Körperverletzung im Sinne dieser Bestimmung ist vorliegend
unstrittig erfüllt, nachdem aus den bei den Akten liegenden medizinischen
Berichten ersichtlich ist, dass der Privatkläger erhebliche Beinverletzungen
erlitt, was wie erwähnt (vorne, E. IV.1a) auch vom Beschuldigten anerkannt
wird. Zu prüfen ist somit, ob auch der subjektive Tatbestand der fahrlässigen
Körperverletzung im Sinne von Art. 125 Abs. 1 StGB erfüllt ist.
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2.
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a) Fahrlässig begeht der Täter
ein Verbrechen oder Vergehen, wenn die Tat darauf zurückzuführen ist, dass
er die Folgen seines Verhaltens aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit nicht
bedacht oder darauf nicht Rücksicht genommen hat. Pflichtwidrig ist die
Unvorsichtigkeit, wenn der Täter die Vorsicht nicht beachtet, zu der er
nach den Umständen und nach seinen persönlichen Verhältnissen verpflichtet
ist (Art. 12 Abs. 3 StGB). Ein Schuldspruch wegen eines
Fahrlässigkeitsdelikts setzt somit voraus, dass der Täter den Erfolg durch
Verletzung einer Sorgfaltspflicht verursacht hat. Sorgfaltswidrig ist die
Handlungsweise, wenn der Täter zum Zeitpunkt der Tat auf Grund der Umstände
sowie seiner Kenntnisse und Fähigkeiten die damit bewirkte Gefährdung der
Rechtsgüter des Opfers hätte erkennen können und müssen und wenn er
zugleich die Grenzen des erlaubten Risikos überschritten hat. Wo besondere
Normen ein bestimmtes Verhalten gebieten, bestimmt sich das Mass der dabei
zu beachtenden Sorgfalt in erster Linie nach diesen Vorschriften. Fehlen
solche, kann auf analoge Regeln privater oder halbprivater Vereinigungen
abgestellt werden, sofern diese allgemein anerkannt sind. Dies schliesst
nicht aus, dass der Vorwurf der Fahrlässigkeit auch auf allgemeine
Rechtsgrundsätze wie etwa den allgemeinen Gefahrensatz gestützt werden
kann. Die Vorsicht, zu der ein Täter verpflichtet ist, wird letztlich durch
die konkreten Umstände und seine persönlichen Verhältnisse bestimmt (zum
Ganzen statt vieler: BGE 135 IV 56 E. 2., 2.1.; BGer 6S.686/2001 vom
18. Februar 2002 E. 2a je m.w.H.).
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|
b) Der Umfang der
Sorgfaltspflichten eines nach links abbiegenden Automobilisten richtet sich
nach den Bestimmungen des Strassenverkehrsgesetzes (SVG) und der
Verkehrsregelnverordnung (VRV). Gemäss diesen Erlassen hat derjenige, der nach
links abbiegen will, gegen die Strassenmitte zu halten, d.h. einzuspuren,
und vor dem Abbiegen dem entgegenkommenden Fahrzeugen den Vortritt zu
lassen (Art. 36 Abs. 1 und 3 SVG). Weiter dürfen beim Einspuren der für den
Gegenverkehr bestimmte Raum nicht beansprucht (Art. 13 Abs. 2 VRV), die
Kurve nicht geschnitten (Art. 13 Abs. 4 VRV) und die vortrittsberechtigten
entgegenkommenden Fahrzeuge in ihrer Fahrt nicht behindert werden (Art. 14
Abs. 1 VRV). Der Vortrittsbelastete hat seine Geschwindigkeit frühzeitig zu
mässigen und, wenn er warten muss, vor Beginn der Verzweigung zu halten
(Art. 14 Abs. 1 VRV; zum Ganzen: BGer 6B_438/2015 vom 28. Oktober 2015
E. 1.3.3.; BGer 6S.686/2001 vom 18. Februar 2002 E. 2a). Zu
beachten ist auch die Grundregel von Art. 26 Abs. 1 SVG, wonach sich
jedermann im Verkehr so verhalten muss, dass er andere in der
ordnungsgemässen Benützung der Strasse weder behindert noch gefährdet. Abs.
2 dieser Bestimmung auferlegt den Verkehrsteilnehmern sodann eine Pflicht
zu besonderer Vorsicht unter anderem für denjenigen Fall, dass Anzeichen
dafür bestehen, wonach sich ein Strassenbenützer nicht richtig verhalten
könnte. Einem Verkehrsteilnehmer ist dann ein Verstoss gegen Art. 26 Abs. 2
SVG vorzuwerfen, wenn er bei Einhaltung der erforderlichen Aufmerksamkeit
den sich verkehrswidrig verhaltenden Strassenbenützer hätte wahrnehmen
müssen und durch ein Brems- oder Ausweichmanöver eine Kollision hätte
vermeiden können. Dabei richtet sich das Mass der Sorgfalt bzw.
Aufmerksamkeit nach den gesamten Umständen, namentlich der Verkehrsdichte,
den örtlichen Verhältnissen, der Zeit, der Sicht und den voraussehbaren
Gefahrenquellen (OG ZH, SB130514 vom 13. März 2014 E. 3.5.; BGE
129 IV 282 E. 2.2.1, BGE 127 II 302 E. 3c; BGer 6S.686/2001 vom
18. Februar 2002 E. 2c je m.w.H.). Aus der soeben erwähnten
Grundregel von Art. 26 Abs. 1 SVG wird auch der Vertrauensgrundsatz
abgeleitet. Demgemäss darf jeder Strassenbenützer darauf vertrauen, dass
sich die anderen Verkehrsteilnehmer ordnungsgemäss verhalten. Ein solches
Vertrauen ist jedoch dann nicht gerechtfertigt, wenn Anzeichen dafür
bestehen, dass sich ein Strassenbenützer nicht richtig verhalten wird oder
wenn ein Fehlverhalten eines anderen Verkehrsteilnehmers auf Grund einer
unklaren Verkehrssituation nach der allgemeinen Erfahrung unmittelbar in
die Nähe rückt. Das bedeutet indessen nicht, dass derjenige, der in
erkennbarer Weise gegen Verkehrsregeln verstösst, von anderen Verkehrsteilnehmern
erwarten darf, dass sie die damit geschaffene Gefahr durch eine erhöhte
Vorsicht ausgleichen. Umgekehrt kann sich aber auf den Vertrauensgrundsatz
nur berufen, wer sich selbst verkehrsregelkonform verhalten hat (BGer
6B_168/2015 vom 21. Mai 2015 E. 1.5.; BGer 6S.686/2001 vom
18. Februar 2002 E. 2c m.w.H.).
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|
c) Das Bundesgericht hat zudem
in Fällen, in welchen es um Unfälle auf Strassenverzweigungen bzw.
diesbezügliche Vorwürfe von Sorgfaltspflichtsverletzungen ging, unter
anderem folgende Grundsätze entwickelt (vgl. ferner die Hinweise in OG ZH,
SB130514 vom 13. März 2014 E. 3.6.):
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|
Mit ihren Blicken haben
Fahrzeuglenker die ganze Strassenbreite zu erfassen und nicht allein das,
was sich unmittelbar vor ihnen auf ihrer Fahrbahnhälfte ereignet.
Allerdings wird nicht verlangt, die Aufmerksamkeit auf eine Stelle ausserhalb
des zu erwartenden Verkehrsgeschehens zu richten (BGE 116 IV 230 E. 2). In
erster Linie muss der Automobilist somit auf die zu erwartenden Gefahren
achten und daneben höchstens sekundär auf ungewöhnliche und abwegige
Verhaltensweisen anderer Verkehrsteilnehmer (BGE 122 IV 225 E.
2c). In einer Situation, in der ein Fahrzeuglenker seine Aufmerksamkeit
gleichzeitig auf verschiedene Stellen richten muss, kann von ihm nicht verlangt
werden, dass er an einem Ort etwas erkennt, was nur schwer sichtbar ist
(BGer 6S.686/2001 vom 18. Februar 2002 E. 2c). Schliesslich ist
es nicht zulässig, eine Sorgfaltswidrigkeit daraus abzuleiten, dass
rückblickend gesehen bei optimalem Verhalten möglicherweise der Fehler
eines anderen Verkehrsteilnehmers früher hätte erkannt werden können. Nach
dem Bundesgericht kann man nicht verlangen, dass im Strassenverkehr
jedermann zu jeder Zeit ein Höchstmass an Aufmerksamkeit und Umsicht
erbringt (BGE 122 IV 225 E. 2c
a.E. m.w.H.).
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3.
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Aus den nachfolgenden
Erwägungen wird deutlich, dass dem Beschuldigten – entgegen der Ansicht der
Vorinstanz (act. 23 E. II.12 und III.) und des Privatklägers
(vgl. z.B. act. 50 Rz. 12) – in Bezug auf das anklagegegenständliche
Unfallereignis aufgrund des erstellten Sachverhalts weder eine Unaufmerksamkeit
noch ein anderweitiges pflichtwidriges Verhalten vorgeworfen werden kann:
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4.
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Wie schon im Rahmen der
Sachverhaltserstellung (vorne, E. IV.3-9) zum Ausdruck kam, war die
Erkennbarkeit des auf seinem Motorrad von Schwanden herkommenden
Privatklägers für den Beschuldigten aus mehreren Gründen eingeschränkt.
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|
a) So war gemäss den
vorstehenden Erwägungen die Dämmerung zum Zeitpunkt des Unfalls jedenfalls
bereits deutlich fortgeschritten und der Privatkläger war – mit Ausnahme
des Schutzhelms – dunkel gekleidet auf seinem überwiegend schwarzen
Motorrad, bei welchem die Frontbeleuchtung nicht funktionierte, unterwegs.
Aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung ist bekannt und auch das
Bundesgericht hat wiederholt darauf hingewiesen, dass die Sicht bei Dämmerung
sogar ungünstiger und schwieriger ist als bei voller Nacht, weil wegen der
herabgesetzten Helligkeit die Kontraste verflachen und vor allem
dunkelfarbige Objekte dann nur schwer erkennbar sind (BGer 6S.686/2001 vom
18. Februar 2002 E. 2c m. H. auf BGE 97 IV 165 E. 2b).
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b) Dieser Erkennbarkeit des
Privatklägers aus Sicht des Beschuldigten ist überdies abträglich, dass ein
rund 30 bis 55 Meter vor dem südlichen Ende der Einspurstrecke liegender
Bereich der Fahrbahn des entgegenkommenden Privatklägers durch die im
Gebiet der Unfallstelle vorhandene Strassenbeleuchtung nur schlecht
ausgeleuchtet wurde, mithin dort ein eigentlicher „dunkler Bereich“ bestand
(vgl. vorne, E. IV.6d-e).
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|
c) Hinzu kommt die angesichts
der am gerichtlichen Augenschein gewonnen Eindrücke durchaus realistische
Möglichkeit, dass entgegenkommende Motorfahrzeuge wie z.B. das Motorrad des
Privatklägers im Innern des Fahrzeugs des Beschuldigten nur in sehr
beschränktem Masse hörbar sind. Insbesondere ist zu bezweifeln, dass für
den in seinem Personenwagen sitzenden Beschuldigten das mit einer
Geschwindigkeit von 70 km/h herannahende Motorrad des Privatklägers
bereits in derart weiter Entfernung hörbar war, um noch rechtzeitig vor dem
Einbiegen auf den Bereich der Gegenfahrbahn bremsen bzw. den Vortritt
gewähren zu können. Weiter ist nach dem Augenschein nicht völlig undenkbar,
dass im am südlichen Ende der Einspurstrecke angehaltenen Personenwagen
auch der Sichtwinkel (z.B. aufgrund der sogenannten A-Säulen [Verbindung Motorhaube-Frontscheibe-Fahrzeugdach])
eingeschränkt war. Ganz generell ist sodann zu bemerken, dass – wie anlässlich
des gerichtlichen Augenscheins zu erkennen war – bei einer vom Privatkläger
unmittelbar vor der Kollision gefahrenen Geschwindigkeit von 70 km/h
dessen Anfahrt auf die Verzweigung innert sehr kurzer Zeit stattfand (vgl.
hierzu auch sogleich, E. V.5.).
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d) Bereits im Lichte dieser
Umstände ist aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung zu folgern, dass der
mit seinem Motorrad herannahende Privatkläger für den Beschuldigten nicht
bzw. nur schwer erkennbar war. Wenn der Privatkläger ausführt (act. 50
Rz. 9), anlässlich des obergerichtlichen Augenscheins sei der ohne
Licht fahrende und komplett schwarz gekleidete Motorradfahrer aus dem auf
der Einspurstrecke stehenden Personenwagen sichtbar gewesen, so ist hierzu
anzumerken, dass er nicht angibt, zu welchem Zeitpunkt bzw. an welcher
Stelle er seiner Auffassung nach sichtbar war und dass alle Beteiligten
anlässlich des Augenscheins wussten, dass ein Motorradfahrer ohne Licht
entgegenkommen wird, mithin speziell gefasst und konzentriert waren, womit
sich insofern ein verzerrter Eindruck ergibt (so auch die Verteidigung in
act. 49 S. 2). Insgesamt verbleiben daher bereits aufgrund der
bis hierhin angestellten Erwägungen entgegen der Auffassung des Privatklägers
(vgl. z.B. act. 13 S. 4, 7; act. 47 S. 6; act. 50
Rz. 9, 12 f.) erhebliche Zweifel, dass dieser für den
Beschuldigten im relevanten Moment derart genügend sichtbar war, dass er
ihn hätte sehen können.
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5.
|
Diese soeben gewonnene
Erkenntnis wird weiter aufgrund folgender Weg-Zeit-Rechnung untermauert:
Wie vorne erwogen, richtete der von Mitlödi herkommende und vor dem
Fridolin-Gebäude links einspurende Beschuldigte vor seinem Abbiegemanöver
in die Sernftalstrasse seinen Blick erstmals bewusst auf die Gegenfahrbahn,
als er am südlichen Ende der Einspurstrecke anhielt (vgl. vorne,
E. IV.7b). Ausserdem blickte er in diesem Moment noch zur
Sernftalstrasse und zum dortigen Fussgängerstreifen, um zu prüfen, ob dort
die Fahrbahn für seine Abbiegefahrt frei ist. Diese Blicke nehmen nach der
allgemeinen Lebenserfahrung durchaus zumindest rund zwei Sekunden Zeit in Anspruch.
In einer solchen Zeitspanne von zwei Sekunden legte der vor dem
Unfallereignis auf der Hauptstrasse im Bereich des Fridolin-Gebäudes mit
einer Geschwindigkeit von 70 km/h in Richtung Glarus fahrende Privatkläger
eine Distanz von rund 38.9 Metern zurück (70 km/h : 3.6 = 19.45 m/s x
2 s = 38.9 m; vgl. Giger, Komm. SVG, Art. 32 N 5 ff.). Die
Distanz zwischen dem südlichen Ende der Einspurstrecke und dem nördlichen
Ende des auf der Fahrbahn in Richtung Mitlödi/Glarus auf der Höhe des
Fridolin-Gebäudes ausgemachten, schlecht ausgeleuchteten Bereichs beträgt
rund 30 Meter, jene zu dessen südlichem Ende rund 55 Meter (vgl.
vorne, E. IV.6d-e). Es ist nach diesen Berechnungen bzw.
Feststellungen somit durchaus möglich und plausibel, dass sich der
Privatkläger genau dann auf diesem anlässlich des Augenscheins
festgestellten, schlecht ausgeleuchteten Bereich der Hauptstrasse befand,
als der Beschuldigte auf der Einspurstrecke stehend seine Kontrollblicke in
Richtung Gegenfahrbahn und Sernftalstrasse tätigte, und dass der
Beschuldigte den Privatkläger aus diesem Grund nicht herannahen sah. Erst
in einem Bereich von rund 30 Metern Entfernung zum südlichen Ende der
Einspurstrecke können – insbesondere aufgrund der Erkenntnisse aus dem
Augenschein und entgegen dem Privatkläger (act. 47 S. 6), gemäss
welchem er bzw. sein Motorrad auf der gesamten Strecke von nördlich des
Werkhofs bis zur Verzweigung Hauptstrasse/Sernftalstrasse einsehbar gewesen
seien – die Lichtverhältnisse als derart hinreichend gut bezeichnet werden,
dass vom Beschuldigten verlangt werden kann, dass er den Privatkläger hätte
sehen müssen. Angesichts dessen, dass der herannahende Privatkläger aber
mit einer Geschwindigkeit von 70 km/h bzw. 19.45 m/s fuhr, und unter
Zubilligung einer zumindest minimalen Reaktionszeit blieb dem Beschuldigten
indes ab diesem Moment, ab dem er den Motorradfahrer sehen konnte, zu wenig
Zeit, um den Verkehrsunfall noch durch eine entsprechende Reaktion
(Bremsen, Ausweichen) zu vermeiden. Dies, zumal er während des gesamten Abbiegevorgangs
nicht nur die Gegenfahrbahn, sondern auch die Abbiegestrecke (Beginn der
Sernftalstrasse samt Fussgängerstreifen) zu überblicken hatte (vgl. hierzu
vorne, E. V.2c und sogleich, E. V.6.). Dem Beschuldigten kann
somit unter den gegebenen Umständen (insbesondere Fahren des Privatklägers
ohne funktionierendes Vorderlicht und schlechte Lichtverhältnisse auf
Teilen der Fahrbahn des Privatklägers) weder eine Unaufmerksamkeit noch ein
anderweitiges pflichtwidriges Verhalten vorgeworfen werden. Dies nicht
zuletzt, da – wie aus der obenstehenden Sachverhaltserstellung deutlich
wurde – für den Beschuldigten keine Anzeichen dafür bestanden, dass ihm ein
Motorradfahrer ohne funktionierendes Vorderlicht entgegenkommen könnte. Er
musste somit nach dem vorne erwähnten Vertrauensgrundsatz entgegen der Auffassung
des Privatklägers (u.a. act. 47 S. 6, wonach es zum alltäglichen
Wissen gehöre, dass Leute ohne Licht unterwegs sein können) nicht mit dem
ihm vorschriftswidrig (Art. 41 Abs. 1 SVG; Art. 30 Abs. 1 VRV; vgl. auch
act. 1/I/029) entgegenkommenden Privatkläger rechnen (BGer 6S.686/2001
vom 18. Februar 2002 E. 2c).
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6.
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Zu beachten ist sodann wie
bereits angetönt, dass der Beschuldigte anlässlich seines Abbiegemanövers
von der Hauptstrasse in die Sernftalstrasse seine Aufmerksamkeit nicht nur
auf die Gegenfahrbahn, sondern auch auf die Einspurstrecke bzw. die
Einfahrt in die Sernftalstrasse samt dortigem Fussgängerstreifen, mithin
gleichzeitig auf verschiedene Stellen richten musste und mangels anderer
Anhaltspunkte in dubio pro reo davon auszugehen ist, dass er dies auch tat
(vgl. vorne, E. IV.7b). Nach dem Bundesgericht kann in einer solchen
Situation vom abbiegenden Beschuldigten nicht verlangt werden, dass er an
einem Ort etwas erkennt, was nur schwer sichtbar ist (BGer 6S.686/2001 vom
18. Februar 2002 E. 2c m.w.H.). Die Verteidigung des Beschuldigten
(act. 49 S. 3) weist in diesem Zusammenhang zutreffend darauf
hin, dass sich ein „durchschnittlich besonnener Strassenbenützer“ bei Dunkelheit
bei seinem Abbiegemanöver in Bezug auf das Vortrittsrecht primär an
beleuchteten Fahrzeugen orientiert und dass der Entscheid, Vortritt zu gewähren
oder loszufahren in der Regel innert kurzer Zeit getroffen wird. Insofern
ist die Haltung des Privatklägers (act. 47 S. 6, 8; act. 50
S. 4), der Beschuldigte habe die ihm obliegende Sorgfaltspflicht verletzt,
weil er als Einspurender nicht seine gesamte Aufmerksamkeit auf die
Hauptstrasse in Richtung Schwanden gerichtet habe, nicht zutreffend. Vielmehr
ist – wie vorne erwogen (E. IV.7b) – davon auszugehen, dass der Beschuldigte
am südlichen Ende der Einspurstrecke stehend zur Gegenfahrbahn blickte,
dort aber aufgrund der Umstände (insbesondere Fahren des Privatklägers ohne
funktionierendes Vorderlicht und schlechte Lichtverhältnisse auf Teilen der
Fahrbahn des Privatklägers, vgl. E. V.4.) nur Dunkelheit und kein
Licht sah und deshalb davon ausging, dass kein Gegenverkehr naht, welchem
er Vortritt zu gewähren hätte, worauf er seine Aufmerksamkeit auch der
Abbiegestrecke und der Sernftalstrasse zuwandte, zumal dort unmittelbar
nach der Einmündung ein Fussgängerstreifen folgt. Bei diesem Handeln des
Beschuldigten kann ihm aufgrund der soeben sowie vorne (E. V.2c)
erwähnten bundesgerichtlichen Rechtsprechung keine Sorgfaltswidrigkeit vorgeworfen
werden.
|
7.
|
Zusammenfassend bestehen im
vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte für eine mangelnde Aufmerksamkeit
oder für ein anderes pflichtwidriges Verhalten des Beschuldigten. Im
Gegenteil ist dieser gehörig aufmerksam respektive durchaus vorsichtig
gefahren, indem er rechtzeitig den linken Richtungsanzeiger stellte, die
Einspurstrecke befuhr, an deren südlichem Ende gänzlich anhielt, zur
Gegenfahrbahn sowie zum Abbiegeweg bzw. zur Sernftalstrasse hinblickte und
in der Folge mit geringer Geschwindigkeit sein Abbiegemanöver begann. Der
Beschuldigte vermochte den ihm ohne funktionierendes Vorderlicht mit einem
überwiegend schwarzen Motorrad entgegenkommenden, dunkel gekleideten
Privatkläger bei der gebotenen Aufmerksamkeit nicht rechtzeitig zu erkennen.
Dem Beschuldigten ist somit weder eine Sorgfaltspflichtverletzung noch
sonst ein strafbares Verhalten am fraglichen Verkehrsunfall, der beim
Privatkläger zu erheblichen Verletzungen führte, vorzuwerfen. Er ist
demnach in Gutheissung der Berufung vom Vorwurf der fahrlässigen
Körperverletzung im Sinne von Art. 125 StGB
freizusprechen.
|
|
VI.
Zivilforderungen
|
|
1.
|
Die Vorinstanz verpflichtete
den Beschuldigten, dem Privatkläger CHF 3'000.– als Schadenersatz und
CHF 1‘500.– als Genugtuung zu bezahlen (act. 23 E. VI.,
Dispositiv-Ziff. 3 und 4).
|
2.
|
Im Berufungsverfahren verlangt
der Privatkläger mit seiner Anschlussberufung (act. 32; act. 50
S. 2), der Beschuldigte sei zu verpflichten, ihm eine Genugtuung nach
Ermessen des Gerichts, mindestens aber von CHF 10‘000.– zu bezahlen.
Der Beschuldigte beantragt (act. 27 S. 2; act. 47 S. 2),
die Zivilforderungen des Privatklägers seien auf den Zivilweg zu verweisen.
|
3.
|
Da der Beschuldigte – wie
soeben dargelegt – vollumfänglich freizusprechen ist und sich der
Sachverhalt zufolge einiger in Anwendung des Grundsatzes „in dubio pro reo“
getätigter Annahmen zivilrechtlich nicht als spruchreif erweist, ist die
Zivilklage des Privatklägers in Abweisung der Anschlussberufung bzw. entsprechend
dem Antrag des Beschuldigten (act. 27 S. 2) vollumfänglich
(Schadenersatz und Genugtuung) auf den Zivilweg zu verweisen (Art. 126 Abs. 2 lit. d StPO).
|
|
VII.
Beschlagnahmte Gegenstände
|
|
1.
|
Gemäss Art. 267
Abs. 3 StPO ist im Endentscheid über das Schicksal beschlagnahmter
Gegenstände und Vermögenswerte zu entscheiden, wenn die Beschlagnahme nicht
bereits vorher aufgehoben worden ist.
|
2.
|
Gemäss den Akten
(act. 1/I/020; act. 1/I/001 S. 4 unten; act 1/I/030)
wurde das Motorrad CH-Racing CH 50, […], des Privatklägers durch die
Polizei sichergestellt (recte: als Beweismittel beschlagnahmt, vgl.
Art. 263 Abs. 1 lit. a StPO). Dies nebenbei bemerkt ohne
dass ein Beschlagnahmebefehl gemäss Art. 263 Abs. 2 StPO erging.
|
3.
|
Aus den Akten ist nicht
ersichtlich, dass über das Schicksal dieses beschlagnahmten Motorrades
bereits entscheiden worden wäre. Jedenfalls hat die Vorinstanz hierzu im
angefochtenen Entscheid (act. 23) entgegen Art. 81 Abs. 4
lit. e StPO und Art. 267 Abs. 3 i.V.m. Art. 263
Abs. 1 lit. a StPO keine Anordnung getroffen.
|
4.
|
Gemäss Polizeirapport
(act. 1/I/001 S. 5 unten) ist das fragliche Motorrad zwar total
beschädigt und durch den Privatkläger beim Strassenverkehrsamt ausser Verkehr
gesetzt worden. Dennoch ist dieses, nachdem es nicht mehr als Beweismittel
benötigt wird und eine Einziehung sowie eine Verwendung zur Kostendeckung
nicht in Frage kommt, dem Privatkläger auszuhändigen, sofern er es
zurückerhalten möchte (Art. 267 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 StPO).
|
|
VIII.
Kosten- und Entschädigungsfolgen
|
|
1.
|
Der Beschuldigte wird mit dem
vorliegenden Urteil vollumfänglich freigesprochen. Demzufolge sind die
Kosten der Untersuchung und des erstinstanzlichen Gerichtsverfahrens auf
die Gerichtskasse zu nehmen (Art. 426 Abs. 1 und 2 StPO).
|
2.
|
a) Im Berufungsverfahren tragen
die Parteien die Kosten grundsätzlich nach Massgabe ihres Unterliegens oder
Obsiegens (Art. 428 Abs. 1 StPO). Dieser Grundsatz gilt auch für
die Kostenregelung bei Anschlussberufungen. Bei teilweisem Obsiegen werden
die Verfahrenskosten nach Massgabe der gutgeheissenen bzw. abgewiesenen
Anträge verlegt (zum Ganzen z.B. Domeisen, BSK-StPO, Art. 428
N 5-12).
|
|
b) Der Beschuldigte obsiegt mit
seinen Anträgen im Berufungsverfahren vollumfänglich. Der Privatkläger
unterliegt mit seiner auf den Zivilpunkt (Genugtuung) bezogenen
Anschlussberufung in vollem Umfang. Insgesamt erscheint es daher
angemessen, die Kosten des Berufungsverfahrens zu einem Sechstel dem
Privatkläger aufzuerlegen und im Übrigen auf die Gerichtskasse zu nehmen.
Aufgrund des jungen Alters des Privatklägers und um sein Fortkommen nicht
übermässig zu belasten, ist jedoch der auf ihn entfallende Kostenanteil
gestützt auf Art. 425 StPO abzuschreiben (zum Ganzen z.B. Domeisen,
BSK-StPO, Art. 425 N 4 ff.).
|
3.
|
a) Zufolge des ergehenden
Freispruchs sind dem Beschuldigten die Kosten seiner erbetenen Verteidigung
zu ersetzen, zumal angesichts der tatsächlichen und rechtlichen Komplexität
des Falles eine anwaltliche Verbeiständung geboten war (Art. 429
Abs. 1 lit. a StPO, für das Berufungsverfahren i.V.m.
Art. 436 Abs. 1 StPO). Da der Beschuldigte infolge der Verweisung
der vom Privatkläger erhobenen Zivilklage auf den Zivilweg nicht als obsiegend
im Sinne von Art. 432 Abs. 1 StPO gilt (Wehrenberg/Frank, BSK
StPO, Art. 432 N 6), geht diese Entschädigung zu Lasten der
Gerichtskasse.
|
|
b) Der Verteidiger des
Beschuldigten reichte zur Bezifferung seines Entschädigungsanspruchs eine
Honorarnote (act. 74) über CHF 8‘168.60 ein (Leistungen inkl.
Auslagen und MwSt. seit Mandatierung [vgl. act. 5-6] bis am
8. September 2016). Die darin geltend gemachten Aufwendungen und Auslagen
sind nicht zu beanstanden und erscheinen unter Berücksichtigung der
konkreten Bedeutung und Schwierigkeit des Falles als angemessen. Für die
noch anstehenden Abschlussarbeiten (u.a. Lektüre, Analyse und Besprechung
des vorliegenden Entscheids mit dem Klienten) sind weitere 1.5 Stunden
zu einem Stundenansatz von CHF 180.– zu entschädigen. Dementsprechend
ist dem Beschuldigten für das gesamte Verfahren eine Entschädigung für
seine anwaltliche Verteidigung von insgesamt CHF 8‘460.20 (inkl. MwSt.
und Auslagen) aus der Gerichtskasse zuzusprechen.
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c) Dem Privatkläger ist
ausgangsgemäss weder für das vorinstanzliche Verfahren noch für das
Berufungsverfahren eine Entschädigung zuzusprechen (Art. 433
Abs. 1 e contrario, für das Berufungsverfahren i.V.m. Art. 436
Abs. 1 StPO; vgl. auch act. 23 E. VII.2.).
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Das Gericht erkennt und beschliesst:
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1.
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Der
Beschuldigte A.______ wird vom Vorwurf der fahrlässigen Körperverletzung
im Sinne von Art. 125 StGB freigesprochen.
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2.
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Die Zivilklage des
Privatklägers C.______ (Schadenersatz und Genugtuung) wird auf den Zivilweg
verwiesen.
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3.
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Das beschlagnahmte Motorrad
CH-Racing CH 50, […], wird dem Privatkläger nach Rechtskraft des
vorliegenden Entscheids nach telefonischer Absprache mit der Kantonspolizei
Glarus gegen Quittung herausgegeben. Wird das Motorrad nicht innert
90 Tagen nach Rechtskraft des vorliegenden Entscheids abgeholt, wird
es durch die Kantonspolizei Glarus verwertet bzw. auf Kosten der
Staatskasse entsorgt.
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4.
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Die Kosten der Untersuchung und
des vorinstanzlichen Verfahrens werden auf die Gerichtskasse genommen.
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5.
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Die Gerichtsgebühr für das
Berufungsverfahren wird festgesetzt auf CHF 2‘000.–.
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6.
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Die Kosten des
Berufungsverfahrens werden dem Privatkläger zu einem Sechstel auferlegt,
jedoch abgeschrieben, und im Übrigen auf die Gerichtskasse genommen.
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7.
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Dem Beschuldigten wird für das
gesamte Verfahren aus der Gerichtskasse eine Entschädigung für anwaltliche
Verteidigung von insgesamt CHF 8‘460.20 (inkl. MwSt. und Auslagen)
zugesprochen, zahlbar an Rechtsanwalt B.______.
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8.
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Dem Privatkläger wird für das
gesamte Verfahren keine Entschädigung zugesprochen.
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9.
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Schriftliche Mitteilung an:
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