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Kanton Glarus
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Obergericht
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Urteil
vom 15. September 2017
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Verfahren
OG.2017.00023
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B.______
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Beklagte und
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Berufungsklägerin
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vertreten
durch C.______
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gegen
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A.______ (Verein)
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Kläger
und
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Berufungsbeklagter
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vertreten
durch D.______
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betreffend
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Forderung
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Anträge der
Berufungsklägerin (gemäss Eingabe vom 19. April 2017
[act. 29 S. 2], sinngemäss):
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1.
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Es seien die Dispositiv-Ziffern
1 und 2 des Urteils des Kantonsgerichtspräsidenten vom 23. März 2017
im Verfahren ZG.2016.00543 aufzuheben und es sei auf die Klage des
Berufungsbeklagten vom 15. August 2016 nicht einzutreten.
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2.
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Der Berufungsklägerin sei für
das Berufungsverfahren die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren und in
der Person von Rechtsanwalt C.______ ein unentgeltlicher Rechtsbeistand zu
bestellen.
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3.
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Unter Kosten- und
Entschädigungsfolgen (für beide Instanzen) zu Lasten des
Berufungsbeklagten.
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Das Gericht zieht in Betracht:
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I.
(Prozessverlauf)
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1.
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Der Verein A.______ mit Sitz in
Glarus leitete am 3. Mai 2016 beim Vermittleramt Glarus Nord ein
Schlichtungsverfahren gegen B.______ ein. Das Vermittleramt Glarus Nord
stellte A.______ diesbezüglich am 3. Juni 2016 die Klagebewilligung
aus, mit der Begründung, B.______ sei der Schlichtungsverhandlung von
demselben Tag ferngeblieben (act. 1). Daraufhin reichte A.______
(fortan „Kläger“) am 15. August 2016 beim Kantonsgerichtspräsidenten
fristgerecht eine Forderungsklage gegen B.______ (fortan „Beklagte“) ein.
Darin beantragte der Kläger, die Beklagte sei zu verpflichten, ihm
CHF 23‘245.75 zuzüglich 5 % Zins auf CHF 22‘291.25 seit 13.
Dezember 2014 zu bezahlen, und es sei der Rechtsvorschlag in der
diesbezüglich gegen die Beklagte angehobenen Betreibung zu beseitigen
(act. 1).
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2.
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In der Folge beantragte die
Beklagte mit Eingabe vom 11. Oktober 2016, dass auf die Klage mangels
gültiger Klagebewilligung nicht einzutreten und das Verfahren einstweilen
auf die Eintretensfrage zu beschränken sei (act. 10). Der Kläger liess
sich hierzu mit Rechtsschrift vom 28. November 2016 vernehmen
(act. 18). Hierzu wiederum nahm die Beklagte mit Eingabe vom
15. März 2017 Stellung (act. 25). Schliesslich erkannte der
Kantonsgerichtspräsident mit Zwischenentscheid vom 23. März 2017, dass
er auf die Klage eintritt (act. 26).
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3.
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Gegen diesen Zwischenentscheid
erhob die Beklagte mit Rechtsschrift vom 19. April 2017 rechtzeitig
Berufung und stellte die einleitend wiedergegebenen Anträge (act. 29).
Am 18. Mai 2017 bewilligte der Obergerichtspräsident deren
Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und bestellte ihr C.______ als
unentgeltlichen Rechtsbeistand (act. 34). Weiter zog das Obergericht
die Akten des vor Klageerhebung beim Vermittleramt Glarus Nord
durchgeführten Schlichtungsverfahrens bei (act. 35-36/1-9).
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4.
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Da die Berufung – wie
nachfolgend aufgezeigt wird – offensichtlich unbegründet ist, erübrigt es
sich, die Berufungsschrift dem Kläger zur Stellungnahme zuzustellen
(Art. 312 Abs. 1 ZPO).
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II.
(Rechtsmittelvoraussetzungen)
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Beim angefochtenen Urteil des
Kantonsgerichtspräsidenten vom 23. März 2017 (act. 26) handelt es
sich um einen Zwischenentscheid im Sinne von Art. 237 Abs. 1 ZPO.
Gemäss Art. 237 Abs. 2 ZPO sind solche Zwischenentscheide selbstständig
anzufechten. Da der Streitwert CHF 10‘000.– übersteigt (vgl. z.B.
act. 2 S. 2), ist gegen das angefochtene Urteil das Rechtsmittel
der Berufung zulässig (Art. 308 Abs. 2 ZPO). Auch die übrigen
Rechtsmittelvoraussetzungen sind erfüllt. Auf die Berufung der Beklagten ist
daher einzutreten.
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III.
(Gültige Klagebewilligung als Prozessvoraussetzung)
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A. Ausgangslage
und angefochtener vorinstanzlicher Entscheid
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1.
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Die Beklagte brachte vor
Vorinstanz im Wesentlichen vor, seitens des Klägers habe an der
Schlichtungsverhandlung vom 3. Juni 2016 vor dem Vermittleramt Glarus
Nord einzig G.______ teilgenommen. Dieser sei jedoch für den Kläger
lediglich kollektivzeichnungsberechtigt. Damit sei der Kläger nicht
rechtsgültig an der Schlichtungsverhandlung anwesend gewesen. Sodann sei
der Kläger bereits bei Einreichung des Schlichtungsgesuches nicht rechtsgenügend
bevollmächtigt gewesen, da auch die bei den Akten liegende Anwaltsvollmacht
vom 1. Februar 2016 nur eine Unterschrift aufweise, obwohl der Kläger
ausschliesslich über kollektivzeichnungsberechtigte Personen verfüge.
Demnach hätte, so die Beklagte weiter, das Vermittleramt nicht zu einer
Schlichtungsverhandlung vorladen und noch weniger eine solche Verhandlung
durchführen sowie eine Klagebewilligung ausstellen dürfen. Vielmehr hätte
es das Verfahren wegen Säumnis des Klägers an der Schlichtungsverhandlung
als zurückgezogen behandeln müssen. Die dennoch ausgestellte
Klagebewilligung vom 3. Juni 2016 sei folglich ungültig und infolge Fehlens
einer Prozessvoraussetzung sei auf die Klage nicht einzutreten. Weil das
Vermittleramt mangels genügender Vertretung des Klägers eine Schlichtungsverhandlung
weder einberufen noch durchführen hätte dürfen, sei es im Übrigen
irrelevant, ob sie (Beklagte) anlässlich der Schlichtungsverhandlung
anwesend gewesen sei oder nicht (act. 10; act. 25).
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2.
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Die Vorinstanz erwog in ihrem
Urteil vom 23. März 2017 sinngemäss, die Beklagte habe vor dem
Vermittleramt Glarus Nord die mangelhafte Vertretung des Klägers nicht
gerügt. Entgegen der gemäss Art. 204 Abs. 1 ZPO geltenden
Erscheinungspflicht sei sie der Schlichtungsverhandlung ferngeblieben und
habe ihre Absenz sogar bereits im Vorfeld der Schlichtungsverhandlung
angekündigt. Durch ihre angezeigte dortige Säumnis habe sie gleichsam darauf
verzichtet, den Mangel der ungenügenden Bevollmächtigung bzw. Vertretung
des Klägers im Schlichtungsverfahren resp. an der Schlichtungsverhandlung
bereits vor dem Vermittleramt vorzubringen. Das Vorgehen der Beklagten
erscheine rechtsmissbräuchlich, indem sie der bei der Schlichtungsverhandlung
anwesenden Klägerin vorwerfe, zu dieser Verhandlung nicht mit zum
Vergleichsabschluss ermächtigten Personen erschienen zu sein, einen solchen
Vergleichsabschluss aber durch ihre eigene Abwesenheit zum Vornherein
ausgeschlossen habe (act. 26 E. II.3.).
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B. Rügen
der Beklagten in der Berufung
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In ihrer Berufung vom
19. April 2017 beanstandet die Beklagte, die Vorinstanz sei in
rechtsfehlerhafter Weise von einer gültigen Klagebewilligung ausgegangen und
habe somit das Vorhandensein der entsprechenden Prozessvoraussetzung zu Unrecht
bejaht. Sie wiederholt ferner ihr bereits vor Vorinstanz vorgebrachtes Argument,
wonach das Vermittleramt angesichts der bei Einreichung des Schlichtungsgesuchs
ungenügenden Bevollmächtigung des Klägers nicht zu einer Schlichtungsverhandlung
hätte vorladen dürfen. Auch in der Berufungsschrift moniert die Beklagte sodann,
da seitens des Klägers an der Schlichtungsverhandlung vom 3.Juni 2016 einzig
der lediglich kollektivzeichnungsberechtigte G.______ teilgenommen habe, sei
der Kläger an der Schlichtungsverhandlung nicht rechtsgültig anwesend
gewesen. Damit hätte das Vermittleramt das Verfahren wegen Säumnis des
Klägers in Anwendung von Art. 206 ZPO als zurückgezogen behandeln müssen.
Indem die Vorinstanz die dennoch ausgestellte Klagebewilligung als gültig
qualifiziert habe, habe sie gegen die Bestimmungen der ZPO verstossen und entgegen
der einschlägigen bundesgerichtlichen Rechtsprechung entschieden. Insbesondere
gelte die Rechtsprechung, dass auf ein Schlichtungsbegehren nur eingetreten
werden könne, wenn die klagende Partei an der Schlichtungsverhandlung
persönlich anwesend sei, entgegen der Auffassung der Vorinstanz unabhängig davon,
ob die beklagte Partei an dieser Verhandlung persönlich anwesend war oder
nicht (act. 29 Rz. III.1 ff.).
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C. Rechtliche
Grundlagen
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1.
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Das Gericht tritt auf eine
Klage oder auf ein Gesuch ein, sofern die Prozessvoraussetzungen erfüllt
sind (Art. 59 Abs. 1 ZPO). Das Vorliegen einer gültigen Klagebewilligung
der Schlichtungsbehörde nach Art. 209 ZPO ist, wo dem Prozess überhaupt ein
Schlichtungsversuch vorauszugehen hat, eine Prozessvoraussetzung, die das
Gericht von Amtes wegen zu prüfen hat. Während die Klagebewilligung selber
– abgesehen vom Spruch über die Kosten – keinen anfechtbaren Entscheid
darstellt, kann die beklagte Partei ihre Gültigkeit im erstinstanzlichen
Klageverfahren bestreiten. Das Gericht hat dann im Rahmen der Klärung der
Prozessvoraussetzungen zu prüfen, ob der (von der beklagten Partei) geltend
gemachte Mangel des Schlichtungsverfahrens die Ungültigkeit der
Klagebewilligung bewirkt. So erachtet es das Bundesgericht etwa als
denkbar, eine Klagebewilligung bei offensichtlicher Unzuständigkeit der
Schlichtungsbehörde oder bei Mitwirkung eines befangenen Vermittlers für
ungültig zu erklären (zum Ganzen: BGer 4A_387/2013 vom 17. Februar 2014,
E. 3.2. m.w.H.). Insgesamt ist bei Vorliegen von Verfahrensmängeln im
Schlichtungsverfahren indes nicht leichthin von einer Ungültigkeit der
Klagebewilligung auszugehen, sondern nur bei schwerwiegenden
Verfahrensfehlern (KGer FR, Urteil 102 2016 168 vom 3. März 2017,
E. 2; OG ZH, LA160012 vom 14. Oktober 2016, E. III.5.2, je
m.w.H.).
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2.
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a) Die Parteien müssen
persönlich zur Schlichtungsverhandlung erscheinen (Art. 204 Abs. 1 ZPO).
Sie können sich von einer Rechtsbeiständin, einem Rechtsbeistand oder einer
Vertrauensperson begleiten lassen (Art. 204 Abs. 2 ZPO). Nicht persönlich
erscheinen muss und sich vertreten lassen kann, wer sich auf einen
gesetzlich vorgesehenen Dispensationsgrund berufen kann, so namentlich, wer
ausserkantonalen oder ausländischen Wohnsitz hat oder wegen Krankheit,
Alter oder anderen wichtigen Gründen verhindert ist (Art. 204 Abs. 3 lit. a
und b ZPO). Bei Säumnis der klagenden Partei gilt das Schlichtungsgesuch
als zurückgezogen; das Verfahren wird als gegenstandslos abgeschrieben
(Art. 206 Abs. 1 ZPO). Bei Säumnis der beklagten Partei verfährt die
Schlichtungsbehörde, wie wenn keine Einigung zu Stande gekommen wäre, das
heisst gemäss den Artikeln 209-212 der Zivilprozessordnung (Art. 206 Abs. 2
ZPO). Sie hat somit die Klagebewilligung zu erteilen (Art. 209 Abs. 1 ZPO).
In gewissen Fällen kann sie stattdessen den Parteien einen Urteilsvorschlag
unterbreiten (Art. 210 Abs. 1 ZPO) oder auf Antrag der klagenden Partei die
Streitigkeit entscheiden (Art. 212 Abs. 1 ZPO; zum Ganzen: BGE 141 III 265,
E. 4.2 m.w.H.).
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b)
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Art. 204 Abs. 1 ZPO verlangt,
dass die für eine juristische Person als Partei an der Schlichtungsverhandlung
anwesende Vertreterin vorbehaltlos und gültig handeln kann. So muss sie
insbesondere zum Vergleichsabschluss ermächtigt sein (BGE 141 III 159,
E. 2.3 m.w.H.). Die Schlichtungsbehörde muss rasch und einfach prüfen
können, ob eine juristische Person korrekt vertreten zur
Schlichtungsverhandlung erschienen ist. Die im Handelsregister
eingetragenen Organe und die Prokuristen haben zu diesem Zweck einen
Handelsregisterauszug vorzuweisen. Die (kaufmännischen) Handlungsbevollmächtigten
haben eine Vollmacht zur Prozessführung in dieser Angelegenheit im Sinne
von Art. 462 Abs. 2 OR vorzulegen, aus der sich zudem ihre
Handlungsvollmacht im Sinne von Art. 462 OR ergibt. Faktische Organe
vermögen nichts Derartiges vorzuweisen. Eine juristische Person kann sich daher
im Schlichtungsverfahren nicht von faktischen Organen vertreten lassen.
Ebenso reicht für das persönliche Erscheinen einer juristischen Person eine
bloss bürgerliche Bevollmächtigung im Sinne von Art. 32 ff. OR
der für sie erscheinenden natürlichen Person nicht aus (BGE 141 III 159,
E. 2.6, 3.2; OG ZH, NP150031 vom 2. August 2016,
E. 4 ff., je m.w.H.). Zu beachten ist ferner, dass nachträglich
genehmigte Vertretungshandlungen ohne vorgängige Bevollmächtigung nicht als
vorbehaltlose und gültige Vertretung im erwähnten Sinne gelten (BGE 140 III
70, E. 4.3 f.; OG BE ZK 15 275 vom 26. August 2015,
E. 2.6).
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c)
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Sinn und Zweck der in
Art. 204 ZPO statuierten Verpflichtung der Parteien zum persönlichen
Erscheinen zur Schlichtungsverhandlung ist es, zwischen den miteinander im
Streit stehenden Personen vor der allfälligen Klageeinreichung ein
persönliches Gespräch bzw. eine wirkliche Aussprache zu ermöglichen (BGE
140 III 70, E. 4.3 m.w.H.). Mit Art. 204 ZPO wird also nicht etwa
der Schutz der Parteien vor unberechtigter Vertretung im Schlichtungsverfahren
und somit ihrer Entscheidungsfreiheit beabsichtigt, sondern es soll die
wirksame Durchführung des Schlichtungsversuchs gewährleistet und dadurch
die einvernehmliche Streitbeilegung gefördert werden (BGer 4A_51/2015 vom
20. April 2015, E. 3.3.).
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D. Beurteilung
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1.
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a) Folgender Sachverhalt ist
unbestritten bzw. geht unzweifelhaft aus den Akten hervor: Dem
Schlichtungsgesuch des Klägers vom 3. Mai 2016 lag eine vom
1. Februar 2016 datierende Vollmacht bei (act. 36/1 Rz. 1).
Diese Vollmacht trägt einzig die Unterschrift von G.______, der indes für
den Kläger lediglich kollektivzeichnungsberechtigt ist (act. 36/5 =
act. 4). Nach Eingang des Schlichtungsgesuchs lud das Vermittleramt
Glarus Nord am 6. Mai 2016 zur Schlichtungsverhandlung auf den
3. Juni 2016 vor (act. 36/4). Mit Schreiben vom 31. Mai 2016
zeigte Rechtsanwalt C.______ unter Beilage der entsprechenden Vollmacht an,
dass er die Beklagte vertritt. Ferner teilte er in diesem Schreiben mit,
dass seitens der Beklagten niemand an der Schlichtungsverhandlung
teilnehmen werde (act. 36/6-7).
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b)
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Die Beklagte macht geltend, an
der Schlichtungsverhandlung vom 3. Juni 2016 habe seitens des Klägers
ausschliesslich der kollektivzeichnungsberechtigte G.______ teilgenommen
(act. 10 Rz. III.5; act. 29 Rz. III.8). Der Kläger
bestreitet dies vor Vorinstanz in seiner Eingabe vom 28. November 2016
zwar pauschal (act. 18 Rz. 10 ff.), gesteht das beklagtische
Vorbringen aber in der diesbezüglichen Beilage (Protokollauszug einer
Vorstandssitzung vom 16. November 2016) ein, indem dort festgehalten
wird, dass der klägerische Vorstand die Teilnahme von G.______ als
Vertreter des Klägers an der fraglichen Schlichtungsverhandlung genehmige
(act. 19/51).
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2.
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Entgegen der Auffassung der
Beklagten weist das Schlichtungsverfahren vor dem Vermittleramt Glarus Nord
keinen Verfahrensmangel auf:
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a)
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Kein Verfahrensmangel ist
vorweg darin zu erblicken, dass das Vermittleramt nach Eingang des von der
klägerischen Rechtsanwältin mit einer einzig vom
kollektivzeichnungsberechtigten G.______ unterzeichneten und somit ungenügenden
Vollmacht eingereichten Schlichtungsgesuchs sogleich zur
Schlichtungsverhandlung vorlud. Denn weil wie erwogen (E. III.C.2b) hinsichtlich
der Schlichtungsverhandlung auch für juristische Personen eine Pflicht zum
persönlichen Erscheinen durch vorbehaltlos und gültig handlungsbefugte
Personen gilt, bestand die Möglichkeit, dass entsprechende Vertreter des
Klägers an der Schlichtungsverhandlung die Einreichung des Schlichtungsgesuchs
durch ihre Rechtsvertreterin zeitnah (vgl. Art. 203 Abs. 1 ZPO)
nachträglich genehmigen (vgl. z.B. auch OG ZH, LA160012 vom
14. Oktober 2015, E. III.5.5). Eine Nachfristansetzung im Sinne
von Art. 132 Abs. 1 ZPO oder dergleichen erübrigte sich also. Im
Übrigen hat in casu der Vorstand des Klägers am 16. November 2016,
d.h. jedenfalls nach Klageeinreichung, die Einreichung des
Schlichtungsgesuchs vom 3. Mai 2016 (act. 36/1) auch effektiv
genehmigt (act. 19/51).
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b)
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Weiter war das Vermittleramt
Glarus Nord nicht gehalten, die auf den 3. Juni 2016 angesetzte
Schlichtungsverhandlung (act. 36/4) überhaupt durchzuführen, nachdem
die Beklagte wenige Tage zuvor ausdrücklich und unmissverständlich erklärt
hatte, an ebendieser Verhandlung nicht teilzunehmen (act. 36/7). In
der Lehre wird nämlich mit überzeugenden Argumenten vertreten, dass in
diesem Fall die Schlichtungsverhandlung aus Gründen der Prozessökonomie
nicht durchgeführt zu werden braucht und der klagenden Partei die
Klagebewilligung per Post zugestellt werden darf (vgl. Gasser/Müller/Pietsch-Kojan,
Anwaltsrevue 1/2012, S. 9; a.M. Schrank, Grundsatzfragen zum
Schlichtungsverfahren – Kompetenzkompetenz, Beteiligung Dritter und
Erscheinungspflicht des Gesuchstellers bei angekündigtem Nichterscheinen des
Gesuchsgegners?, in: Kren Kostkiewicz/Markus/Rodriguez, Das
Schlichtungsverfahren nach ZPO, Bern 2016, S. 14 f. m.w.H.). Demnach
entfalten in diesem, auch vorliegend gegebenen Fall die in Art. 206
ZPO normierten Säumnisfolgen keine Wirkung und die Klagebewilligung vom
3. Juni 2016 (act. 1) ist als gültig zu betrachten.
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c)
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Schliesslich ist zu beachten,
dass im vorliegenden Fall die Beklagte selber ihre Pflicht zum persönlichen
Erscheinen an der Schlichtungsverhandlung gemäss Art. 204 ZPO verletzt
hat, indem sie dieser – unmissverständlich vorangekündigt (act. 36/7)
– fernblieb. Aufgrund ihres Schreibens vom 31. Mai 2016
(act. 36/7) war bereits vorgängig zum Schlichtungstermin vom
3. Juni 2016 klar, dass der Zweck der Schlichtungsverhandlung,
zwischen den Parteien eine Einigung zu erzielen (vgl. Art. 201
Abs. 1 ZPO), – selbst wenn der Kläger im Sinne von Art. 204 ZPO
gehörig anwesend sein würde – nicht zu erreichen sein wird. Die Beklagte
hat mithin durch ihr zum Voraus angekündetes Nichterscheinen zum Vornherein
den Verhandlungszweck, zwischen den Parteien eine Einigung herbeizuführen,
vereitelt. In dieser Situation von der klagenden Partei zu verlangen, dass
sie im Sinne von Art. 204 ZPO persönlich zur Schlichtungsverhandlung
erscheint, bloss um die Klagebewilligung abzuholen (Art. 206
Abs. 2 ZPO i.V.m. Art. 209 ZPO), ist nicht angebracht (Schmid,
ZZZ 27/2011, S. 186 f.). Dies, zumal Art. 204 ZPO wie
erwähnt (vorne, E. III.C.2c) nicht den Schutz der Parteien vor unberechtigter
Vertretung, sondern die wirksame Durchführung des Schlichtungsversuchs bzw.
die Förderung der einvernehmlichen Streitbeilegung bezweckt.
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3.
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Selbst wenn man einen
Verfahrensmangel im Schlichtungsverfahren vor dem Vermittleramt Glarus Nord
bejahen würde, weil seitens des Klägers unstrittig einzig der für ihn
kollektivzeichnungsberechtigte G.______ an der Schlichtungsverhandlung vom
3. Juni 2016 teilnahm (vgl. vorne, E. III.D.1b) und folglich das
Erfordernis des persönlichen Erscheinens gemäss Art. 204 ZPO nicht
erfüllt wurde, mithin keine Klagebewilligung hätte ausgestellt werden
dürfen, sondern das Verfahren als gegenstandslos hätte abgeschrieben werden
müssen (Art. 206 Abs. 1 ZPO), so vermöchte dieser Verfahrensmangel
aufgrund der im vorliegenden Fall herrschenden Umstände nicht die Ungültigkeit
der Klagebewilligung vom 3. Juni 2016 (act. 1) zu bewirken:
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a)
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In casu war die Beklagte wie
die klagende Partei ebenfalls zum persönlichen Erscheinen an der
Schlichtungsverhandlung verpflichtet (Art. 204 Abs. 1 ZPO). Bei
dieser Rechtslage kann von ihr nach Treu und Glauben (Art. 52 ZPO) erwartet
werden, dass sie sogleich anlässlich dieser Verhandlung oder sonstwie
während des Schlichtungsverfahrens ausdrücklich auf der Teilnahme einer
rechtsgenügenden Vertretung des Klägers an der Verhandlung besteht (vgl.
auch BGE 140 III 70, E. 5). Vorliegend tat die Beklagte dies nicht
(womit denn auch der soeben zitierte Bundesgerichtsentscheid entgegen der
Auffassung der Beklagten [z.B. act. 29 Rz. 9-14] in casu nicht einschlägig
ist). Vielmehr verzichtete sie im Voraus ausdrücklich auf eine Teilnahme an
der Schlichtungsverhandlung (act. 15/49 = act. 36/7). Unter
diesen Umständen widerspricht es dem Grundsatz von Treu und Glauben
(Art. 52 ZPO) bzw. ist es rechtsmissbräuchlich, wenn die Beklagte
später im erstinstanzlichen Gerichtsverfahren geltend macht, die ergangene
Klagebewilligung sei ungültig (Schmid, ZZZ 27/2011, S. 186 f.).
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b)
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Ausserdem hat die Beklagte in
ihrem Schreiben vom 31. Mai 2016 (act. 15/49 = act. 36/7)
dem Vermittleramt in knappen Worten mitgeteilt, ihrerseits werde niemand
zur Schlichtungsverhandlung vom 3. Juni 2016 erscheinen. Damit hat sie
– wie übrigens bereits vor Einleitung des Schlichtungsverfahrens (vgl. das
Schreiben des beklagtischen Rechtsvertreters vom 28. Oktober 2015
[act. 3/42]) – unmissverständlich zu erkennen gegeben, dass sie nicht
interessiert ist, mit dem Kläger Vergleichsgespräche zu führen. Denn wäre
ihr daran gelegen, einen solchen Einigungsversuch zu unternehmen, der
Schlichtungstermin vom 3. Juni 2016 aber ihr oder ihrem Rechtsvertreter
beispielsweise bloss wegen einer Terminkollision unpassend gewesen, so
hätte sie ohne Weiteres um Verschiebung der Schlichtungsverhandlung
ersuchen können (Art. 135 ZPO). Hinweise dafür, dass sich seitens der
Beklagten inzwischen eine gewisse Vergleichsbereitschaft eingestellt hätte,
liefert diese in ihren Rechtsschriften (act. 10; act. 25;
act. 29) keine und sind auch sonst nicht ersichtlich. Somit würde es
vorliegend einen blossen prozessualen Leerlauf und eine unnötige
Verfahrensverzögerung bedeuten, würde man die Klagebewilligung vom
3. Juni 2016 (act. 1) für ungültig erklären und auf die Klage
nicht eintreten.
|
4.
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Aus den dargelegten Gründen und
insbesondere weil gemäss der Rechtsprechung nicht leichthin von einer
Ungültigkeit der Klagebewilligung auszugehen ist (vorne, E. III.C.1.),
hat die Vorinstanz den beklagtischen Einwand der ungültigen
Klagebewilligung im Ergebnis zu Recht verworfen und ist zu Recht auf die
Klage eingetreten. Die Berufung ist demzufolge abzuweisen und der angefochtene
vorinstanzliche Entscheid ist vollumfänglich zu bestätigen.
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IV.
(Kosten- und Entschädigungsfolgen)
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|
1.
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Bei diesem Ausgang ist die
nicht selbstständig angefochtene Regelung der Kosten- und
Entschädigungsfolgen des erstinstanzlichen Verfahrens (act. 26
E. III. und Dispositiv-Ziff. 2) ohne Weiteres zu bestätigen (Art.
106 Abs. 1 ZPO).
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2.
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Da die Berufung vollumfänglich
abzuweisen ist, sind die Kosten des Berufungsverfahrens der
Berufungsklägerin (Beklagten) aufzuerlegen, jedoch zufolge ihr gewährter
unentgeltlicher Rechtspflege einstweilen auf die Gerichtskasse zu nehmen
(Art. 106 Abs. 1 ZPO; Art. 122 Abs. 1 lit. b ZPO;
Art. 123 ZPO). Der unentgeltliche Rechtsvertreter der
Berufungsklägerin ist für das Berufungsverfahren aus der Gerichtskasse
angemessen zu entschädigen (Art. 122 Abs. 1 lit. a ZPO). Dem
Berufungsbeklagten (Kläger) ist keine Parteientschädigung zuzusprechen, da
ihm im Berufungsverfahren kein nennenswerter Aufwand erwachsen ist (vgl.
Art. 95 Abs. 3 ZPO).
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____________________
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Das Gericht erkennt:
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1.
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Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des
Kantonsgerichtspräsidenten vom 23. März 2017 im Verfahren
ZG.2016.00543 wird vollumfänglich bestätigt.
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2.
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Die Gerichtskosten für das Berufungsverfahren werden auf
CHF 600.– (Pauschalgebühr) festgesetzt.
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3.
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Die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens werden der
Berufungsklägerin auferlegt, jedoch zufolge Bewilligung der unentgeltlichen
Rechtspflege einstweilen auf die Gerichtskasse genommen. Die
Nachzahlungspflicht gemäss Art. 123 ZPO bleibt vorbehalten.
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4.
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Dem Berufungsbeklagten wird für das Berufungsverfahren
keine Parteientschädigung zugesprochen.
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5.
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Rechtsanwalt C.______ wird aufgefordert, innert
10 Tagen nach Zustellung dieses Urteils dem Obergericht im Hinblick
auf die Festsetzung seiner Entschädigung als unentgeltlicher Rechtsbeistand
der Berufungsklägerin für das Berufungsverfahren seine Honorarnote
einzureichen.
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6.
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Schriftliche
Mitteilung an:
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[...]
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Rechtsmittelbelehrung
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Der vorliegende
Berufungsentscheid stellt einen selbständig eröffneten Zwischenentscheid im
Sinne von Art. 93 BGG in einer vermögensrechtlichen Streitigkeit dar,
deren Hauptsachenstreitwert CHF 30‘000.– nicht erreicht. Eine Beschwerde
in Zivilsachen nach Art. 72 ff. BGG ist somit nur zulässig, wenn
sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt (Art. 74 BGG)
sowie wenn der Entscheid einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken
kann oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid
herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein
weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (Art 93 lit. a und b
BGG). Ansonsten ist einzig die subsidiäre Verfassungsbeschwerde
im Sinne der Art. 113 ff. BGG zulässig. Die
Beschwerdeschrift an das Bundesgericht hat den Anforderungen von Art. 42
BGG (Begehren, Begründung, Unterschrift, etc.) zu genügen; sie ist dem
Bundesgericht innert 30 Tagen einzureichen, gerechnet ab Zustellung
dieses Entscheids.
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