Kanton Glarus

 

Obergericht

 

 

 

Es wirken mit: Obergerichtspräsidentin Dr. iur. Petra Hauser, Oberrichterin Brigitte Müller, Oberrichter Roger Feuz, Oberrichter MLaw Mario Marti und Oberrichter Martin Ilg sowie Gerichtsschreiber Dr. iur. Alfonso Hophan.

 

Urteil vom 24. Mai 2023

 

 

Verfahren OG.2022.00088

 

 

 A.______

Beschuldigter und

Berufungskläger

 

 

verteidigt durch MLaw Jacques Marti, Rechtsanwalt,

Gerichtshausstrasse 34, Postfach 1622, 8750 Glarus   

 

 

gegen

 

 

Staats- und Jugendanwaltschaft des Kantons Glarus

Berufungsbeklagte

 

vertreten durch MLaw Simon Walser, Staatsanwalt,

Postgasse 29, 8750 Glarus

 

 

 

betreffend

 

 

Landesverweisung,

Beschlagnahme

 

 

Rechtsbegehren des Berufungsklägers (gemäss Eingabe vom 12. Dezember 2022 [act. 62, S. 2] und Eingabe vom 31. Januar 2023 [act. 75, S. 2]):

 

1.

Es sei die Ziffer 2 des Urteils des Kantonsgerichts vom 16. November 2022 aufzuheben und von einer Landesverweisung abzusehen.

 

 

2.

(In der Eingabe vom 12. Dezember 2022 [act. 62, S. 2])

 

Es sei die Ziffer 3, Position 1/9/12/13/15/16 des Urteils vom 16. November 2022 aufzuheben und die Gegenstände an den Beschuldigten rauszugeben.

 

 

 

(In der Eingabe vom 31. Januar 2023 [act. 75])

 

Es sei die Ziffer 3 des Urteils des Kantonsgerichts vom 16. November 2022 aufzuheben und die Gegenstände (ausser Position 14) an den Beschuldigten herauszugeben.

 

 

3.

Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten der Anklägerin.

 

 

Antrag der Staatsanwaltschaft (gemäss Eingabe vom 1. März 2023 [act. 78, S. 1]):

 

1.

Die Berufung des Beschuldigten sei abzuweisen und das Urteil des Kantonsgerichts Glarus vom 16. November 2022 sei in allen Punkten zu bestätigen.

 

 

2.

Die Kosten des Berufungsverfahrens seien dem Beschuldigten aufzuerlegen.

____________________

 

Das Gericht zieht in Betracht:

 

I. Prozessgeschichte

1.  

Dem vorliegenden Berufungsverfahren liegt folgender Sachverhalt zugrunde: A.______ inserierte zwischen September 2017 bis Juni 2020 auf der Internet-Plattform "ricardo.ch" zahlreiche Artikel, die er zu keinem Zeitpunkt liefern, für welche er jedoch den erzielten Auktionspreis erlangen wollte. Zu diesem Zweck verwendete er mehrere fremde Bank- und Postkonti sowie Facebook-Accounts und fälschte auch Urkunden. Zudem versuchte er seine Täterschaft unter Angabe falscher Identitäten zu verschleiern, wobei nicht involvierte Personen in den Fokus der Strafverfolgungsbehörden fielen. Auf diese Art und Weise tätigte er insgesamt 113 Verkäufe ohne entsprechenden Leistungswillen und erlangte dadurch knapp CHF 80'000.– (zum Ganzen vgl. act. 47, S. 9–52, E. II./1.–3.).

 

2.  

Die Staats- und Jugendanwaltschaft des Kantons Glarus (nachfolgend: Staatsanwaltschaft) erhob mit Schreiben vom 20. April 2022 (act. 1) Anklage gegen A.______ betreffend falsche Anschuldigung (Art. 303 Ziff. 1 Abs. 2 StGB), gewerbsmässigen Betrug (Art. 146 Abs. 1 und 2 StGB), gewerbsmässigen Missbrauch einer Datenverarbeitungsanlage (Art. 147 Abs. 1 und 2 StGB), mehrfache Urkundenfälschung (Art. 251 Ziff. 1 StGB), mehrfaches unbefugtes Eindringen in ein Datenverarbeitungssystem (Art. 143bis Abs. 1 StGB) sowie mehrfache Fälschung von Ausweisen (Art. 252 StGB).

 

3.  

Die mündliche Hauptverhandlung vor dem Kantonsgericht Glarus fand am 14. September 2022 statt (act. 31–35). Mit Urteil vom 16. November 2022 sprach die II. Kammer des Kantonsgerichts Glarus A.______ in allen Anklagepunkten schuldig. Dabei wurde er zu einer Freiheitsstrafe von 40 Monaten, unter Anrechnung der erstandenen Untersuchungshaft von 198 Tagen sowie einer Landesverweisung von 5 Jahren verurteilt. Weiter wurden zahlreiche beschlagnahmte Gegenstände von A.______ eingezogen und zur Vernichtung freigegeben (act. 47, S. 96–107, Dispositivziffern 1–3).

 

4.  

Mit Eingabe vom 29. November 2022 (act. 63/2) sowie mit ergänzendem Schreiben vom 12. Dezember 2022 (act. 62) erhob A.______ (nachfolgend: Berufungskläger) Berufung. Darin focht er das vorinstanzliche Urteil einzig mit Bezug auf den ausgesprochenen Landesverweis sowie die beschlagnahmten und zu vernichtenden Gegenstände an. Da es sich hierbei ausschliesslich um Massnahmen im Sinne der Art. 66–73 StGB handelt, teilte das Obergericht mit Schreiben vom 20. Dezember 2022 mit (act. 67), dass die Berufung im schriftlichen Verfahren behandelt wird (Art. 406 Abs. 1 lit. e StPO). Die Staatsanwaltschaft verzichtete mit Schreiben vom 16. Dezember 2022 auf das Stellen eines Nichteintretensantrags und die Erklärung einer Anschlussberufung (act. 66) und erstattete mit Schreiben vom 1. März 2023 rechtzeitig Berufungsantwort (act. 78).

 

5.  

Mit Schreiben vom 8. März 2023 (act. 81; per Mail zugestellt am 10. März 2023, vgl. act. 80) reichte der Berufungskläger unaufgefordert eine Stellungnahme ein. Sodann stellte die Bewährungshelferin des Berufungsklägers, ihren Bericht der Bewährungshilfe Glarus vom 18. April 2023 samt Beilage dem Gericht zu (act. 85–86). Das Verfahren ist spruchreif.

 

II. Formelles

1.  

Das Urteil des Kantonsgericht vom 16. November 2022 stellt ein taugliches Anfechtungsobjekt dar (Art. 398 Abs. 1 StPO). Der Berufungskläger ist zur Berufung legitimiert (Art. 382 Abs. 1 StPO), hat die Rechtsmittelfrist gewahrt und erhebt zulässige Rügen (Art. 398 Abs. 3 StPO; vgl. act. 47, S. 107 [Versand am 21. November 2022], act. 51 [Zustellung am 22. November 2022] und act. 62 [Berufung vom 12. Dezember 2022]). Das Obergericht ist Rechtsmittelinstanz in Strafsachen für die Behandlung von Berufungen (Art. 17 Abs. 1 lit. a des Gerichtsorganisationsgesetzes vom 5. September 2021 [GS III A/2; GOG]). Auf die Berufung ist einzutreten (Art. 398 ff. StPO).

 

2.  

Nach Art. 398 Abs. 3 StPO können mit der Berufung Rechtsverletzungen, einschliesslich Überschreitung und Missbrauch des Ermessens, Rechtsverweigerungen und Rechtsverzögerungen (lit. a), die unvollständige oder unrichtige Feststellung des Sachverhalts (lit. b) sowie Unangemessenheit (lit. c) gerügt werden.

 

3.  

Die Berufung hat im Umfang der Anfechtung des vorinstanzlichen Urteils aufschiebende Wirkung (Art. 402 StPO). Vorliegend wendet sich der Berufungskläger gegen das Aussprechen des Landesverweises sowie die Einziehung und Vernichtung der beschlagnahmten Gegenstände (vgl. die eingangs wiedergegebenen Anträge). Somit hat das Obergericht das vorinstanzliche Urteil nur in diesen angefochtenen Punkten zu überprüfen (Art. 404 Abs. 1 StPO), wobei es am Ende ein neues Urteil fällt (Art. 408 StPO).

 

4.  

Die Akten des vorinstanzlichen Verfahrens SG.2022.00036 (act. 1–61/3) wurden beigezogen. Die Strafuntersuchungsakten im Verfahren SA.2020.00763 bilden integrierenden Bestandteil der vorinstanzlichen Akten (act. 2).

 

III. Landesverweis

1. Zum Landesverweis

1.1. Das Gericht verweist einen Ausländer, der wegen einer der in Art. 66a Abs. 1 StGB genannten Katalogtaten verurteilt wird, unabhängig von der Höhe der Strafe, für 5 bis 15 Jahre aus der Schweiz. Der vorliegend von der Vorinstanz rechtskräftig festgestellte gewerbsmässige Betrug im Sinne von Art. 146 Abs. 2 StGB stellt eine solche Katalogtat dar (Art. 66a Abs. 1 lit. c StGB). Das Gericht kann ausnahmsweise von einer Landesverweisung absehen, wenn diese für den Ausländer einen schweren persönlichen Härtefall bewirken würde und die öffentlichen Interessen an der Landesverweisung gegenüber den privaten Interessen des Ausländers am Verbleib in der Schweiz nicht überwiegen. Dabei ist der besonderen Situation von Ausländern Rechnung zu tragen, die in der Schweiz geboren oder aufgewachsen sind (Art. 66a Abs. 2 StGB; sog. Härtefallklausel). Diese Härtefallklausel dient der Umsetzung des Verhältnismässigkeitsprinzips (Art. 5 Abs. 2 BV; BGE 145 IV 364 E. 3.2 S. 366), ist jedoch restriktiv anzuwenden (BGE 146 IV 105 E. 3.4.2. S. 108; BGE 144 IV 332 E. 3.3.1. S. 340 m.w.H.).

 

1.2. Zur Härtefallprüfung

Bei der Prüfung des Härtefalls ist in einem ersten Schritt zu prüfen, ob ein schwerer persönlicher Härtefall vorliegt und in einem zweiten Schritt ist im Rahmen einer Interessenabwägung eine Gegenüberstellung der öffentlichen und privaten Interessen vorzunehmen. Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung kann nicht gleichsam schematisch ab einer gewissen Aufenthaltsdauer eine Verwurzelung in der Schweiz und damit auch ein Härtefall angenommen werden (vgl. ausführlich BGE 146 IV 105 E. 3.4.3.–3.4.4. S. 108–110; Urteil BGer 6B_513/2021 vom 31. März 2022 E. 1.5.3. je m.w.H.). Zur Beurteilung der Verwurzelung zieht das Bundesgericht die ausländerrechtlichen Integrationskriterien bei (Art. 31 Abs. 1 der Verordnung über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit vom 24. Oktober 2007 [SR 142.201; VZAE] i.V.m. Art. 58a Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration vom 16. Dezember 2005 [SR 142.20; AIG]; vgl. BGE 146 IV 105 E. 3.4.2.–3.4.4. S. 108–110; BGE 144 IV 332 E. 3.3.2. S. 340–341 je m.w.H.). Diese Kriterien sind jedoch nicht unbesehen zu übernehmen, da der ausländerrechtliche Härtefall nicht exakt jenem von Art. 66a Abs. 2 StGB entspricht (Urteil BGer 6B_300/2020 vom 21. August 2020 E. 3.4.2.; Urteil BGer 6B_15/2020 vom 5. Mai 2020 E. 1.3.2. m.w.H.). Der besonderen Situation von in der Schweiz geborenen oder aufgewachsenen ausländischen Personen im Sinne von Art. 66a Abs. 2 in fine StGB wird dabei Rechnung getragen, indem eine längere Aufenthaltsdauer, zusammen mit einer guten Integration – beispielsweise aufgrund eines Schulbesuchs in der Schweiz – in aller Regel als starkes Indiz für das Vorliegen von genügend starken privaten Interessen und damit für die Bejahung eines Härtefalls zu werten ist (1. kumulative Voraussetzung). Bei der allenfalls anschliessend vorzunehmenden Interessenabwägung (2. kumulative Voraussetzung) ist der betroffenen Person mit zunehmender Anwesenheitsdauer ein gewichtigeres privates Interesse an einem Verbleib in der Schweiz zuzubilligen. Hingegen kann davon ausgegangen werden, dass die in der Schweiz verbrachte Zeit umso weniger prägend war, je kürzer der Aufenthalt und die in der Schweiz absolvierte Schulzeit waren, weshalb auch das private Interesse an einem Verbleib in der Schweiz weniger stark zu gewichten ist (zum Ganzen BGE 146 IV 105 E. 3.4.4. S. 110).

 

1.2.1. Zunächst ist die Integration des Berufungsklägers zu würdigen (Art. 31 Abs. 1 lit. a VZAE i.V.m. Art. 58a Abs. 1 AIG). Der Berufungskläger ist in Spanien geboren und wuchs dort auf (act. 2/10.1.07, F. 165; act. 34, F. 7). Seinen eigenen Aussagen zufolge sei er jedoch bereits ab dem vierten Lebensjahr regelmässig und jährlich jeweils über vier Monate in die Schweiz in die Ferien gekommen, da sein Vater hier gearbeitet habe (act. 34, F. 7; act. 81, S. 1). Der Berufungskläger kam dann im Jahr 2003 im Alter von elf Jahren in die Schweiz (act. 2/9.1.11, F. 1; act. 34, F. 7; act. 81, S. 1). Damit verbrachte er einen nicht unwesentlichen Teil seiner Kindheit und Adoleszenz in der Schweiz und besuchte hier ab der 5. Primarklasse die Primarschule, die Realschule und absolvierte schliesslich eine vierjährige Lehre als Elektroinstallateur (act. 2/10.1.08, F. 108; vgl. den Lehrvertrag vom 24. August 2010 in act. 2/18 [beigezogene, nicht nummerierte Akten des Migrationsamts des Kantons Glarus]). Eine ins Auge gefasste Weiterbildung habe er nicht mehr gemacht (act. 34, F. 7; act. 78, Rz. 4; falsch in act. 75, Rz. 6, 8). Während dieser Zeit habe er Fussball gespielt, an Klaus- und Fasnachtsumzügen teilgenommen und die Kirche in Glarus besucht (act. 34, F. 24). Er habe in der Schweiz seine erste Arbeitsstelle sowie seine erste eigene Wohnung gehabt, seinen Führerausweis erworben und in einer langjährige Beziehung gelebt, die seinen Aussagen zufolge kurz vor der Verlobung gestanden sei (act. 2/10.1.08, F. 103–104; act. 34, S. 7 und F. 24; act. 81). Das Integrationskriterium der Sprachkompetenz (Art. 58a Abs. 1 lit. c AIG i.V.m. Art. 77d VZAE) erfüllt der Berufungskläger, der fliessend Deutsch und Schweizerdeutsch spricht (act. 75, Rz. 4), daher ohne Weiteres. Die in der Schweiz verbrachte Zeit war zweifelsohne prägend. Gleiches gilt jedoch auch für die bis zur Einreise in die Schweiz in Spanien verbrachte (Schul-)Zeit. Nach eigenen Aussagen fühlt sich der Berufungskläger aufgrund seiner familiären Wurzeln im Geiste als Spanier, wenngleich er in dieser Hinsicht zwiegespalten zu sein scheint (vgl. act. 34, F. 25: Selbstbezeichnung als "Mischling"). Jedenfalls aber stellte selbst der Umstand, dass er in Spanien als jemand wahrgenommen werde, der "nicht wirklich von dort" sei (act. 34, F. 25), dass er die dortige Kultur nicht wirklich kenne (act. 2/10.1.07, F. 165) und dass er sich dort "nicht zurechtfinde" (act. 34, F. 21) kein Hindernis dar, als der Berufungskläger im April 2017 nach Spanien flüchtete, um sich so der hiesigen Strafverfolgung zu entziehen (act. 2/9.1.11, Rz. 1; act. 2/10.1.07, F. 37; act. 78, S. 2, Rz. 2; act. 81). In Spanien lebte er zwischen dem April 2017 und dem Sommer 2020 (act. 47, S. 78–79, E. V./1.2.). Nicht korrekt ist daher die Behauptung des Berufungsklägers, dass er sein "ganzes Leben hier verbracht" habe (act. 34, F. 24) oder auch nur dass er seit zwanzig Jahren in der Schweiz lebe (act. 75, Rz. 4). Gegenüber seiner Bewährungshelferin äusserte der Berufungskläger, dass ein Landesverweis für ihn "sehr mühsam" wäre, er aber schon wüsste, wo er in Spanien hingehen könnte. Zwar habe er keine Wohnung dort, doch spare er derzeit Geld, um vorbereitet zu sein, denn mit Erspartem könne er "schon etwas aufbauen" (act. 86, S. 10–11). Er könnte sich aber auch vorstellen, nach Norwegen auszuwandern und habe auch im Ausland nach Stellen gesucht, etwa in den Vereinigten Staaten von Amerika oder in Kanada (act. 86, S. 11).

 

1.2.2. Zu berücksichtigen sind auch die Familienverhältnisse (Art. 31 Abs. 1 lit. c VZAE). Die Mutter sowie der ältere Bruder des Berufungsklägers leben beide in [...], über weitere Verwandte in der Schweiz ist nichts bekannt (act. 1/9.1.11, Rz 1; act. 75, Rz. 5). Neben dem "schlanken" familiären Umfeld (act. 78, Rz. 6) scheint der Berufungskläger in der Schweiz nur wenige Sozialkontakte zu pflegen; seine ehemaligen Bekannten hätten ihn entweder schon beim Entschluss zur Flucht im Stich gelassen (act. 2/10.1.01a, S. 6: "Ich hatte nichts, […] keine Kollegen") oder aber in der Zwischenzeit den Kanton Glarus verlassen, weshalb sich seine derzeitigen Bekanntschaften insbesondere auf eine Person aus dem Strafvollzug (act. 78, Rz. 6; act. 86, S. 2, 9, 12) sowie auf einige Nachbarn zu beschränken scheinen (act. 81, Rz. 6). Nach eigenen Aussagen habe ihn vor seiner Flucht nach Spanien insbesondere seine damalige Freundin in der Schweiz zurückgehalten (vgl. act. 2/10.1.07, F. 23: "Sie war diejenige Person, weshalb ich so lange in der Schweiz blieb. Hätte ich sie nicht kennengelernt, wäre ich viel früher nach Spanien gegangen"). Eine Partnerin scheint der Berufungskläger derzeit aber nicht zu haben. Es ist gestützt darauf von einer unterdurchschnittlichen sozialen Einbettung und Integration auszugehen. Aktenwidrig ist sodann die Aussage, dass mit dem Tod des Vaters des Berufungsklägers während seiner Haft seine einzige familiäre Bindung zu Spanien gekappt worden sei und er in Spanien weder eine Unterkunft noch Kontakte oder Familie habe (act. 75, Rz. 5; act. 74, S. 3, E. 4.c). Bindungen sind allem Anschein nach vorhanden, ging doch der Berufungskläger noch im Dezember 2016 mit seinen Eltern nach Spanien in die Weihnachtsferien (act. 2/10.1.05, F. 154), wenngleich nicht klar ist, wohin genau sie gingen oder wen sie dort besuchten. Als der Berufungskläger kurz darauf nach Spanien flüchtete, wohnte er zuerst bei einer Bekannten aus Deutschland (act. 2/10.1.10, F. 36). Anschliessend reiste er weiter zu seiner hochbetagten Grossmutter väterlicherseits (act. 2/10.1.01a, S. 4, F. 2–3; act. 2/10.1.02, F. 66; act. 34, F. 26), in deren Haus in [...] (Galizien, Spanien) er mehrmals während seines dreijährigen Aufenthalts lebte und welche ihn zu einem späteren Zeitpunkt finanziell mit der Mietzinszahlung für sein Zimmer resp. seine kleine Wohnung in [...] (Galizien, Spanien) unterstützte (act. 2/10.1.01a, S. 4, F. 3; act. 2/10.1.02, F. 68, 71; act. 2/10.1.07, F. 74; act. 2/10.1.12, F. 143; act. 34, S. 7). Nach Aussagen des Berufungsklägers sei sie inzwischen in ein Altersheim übergesiedelt, weshalb er nicht länger bei ihr wohnen könne (act. 86, S. 3, 11). Neben diesem augenscheinlich stärksten familiären Bezug hat der Berufungskläger aber auch weitere Verwandte in Spanien (act. 2/10.1.02, F. 72). Väterlicherseits handelt es sich hierbei um eine Tante, die er jedoch "seit 15 oder 12 Jahren" nicht mehr gesehen habe (act. 34, F. 26), und mütterlicherseits um mehrere Verwandte, zu welchen er aber "seit 20, 25 Jahren" keinen Kontakt mehr habe (act. 34, F. 26; act. 2/10.1.02, F. 72). Dies unterstreicht der Berufungskläger mit der Aussage, er habe in Spanien zeitweise auf der Strasse leben (act. 2/10.1.07, F. 81) und betteln müssen (act. 2/10.1.07, F. 165), er habe keinen Kontakt mit anderen Personen gehabt (act. 2/10.1.01a, S. 6), niemanden gekannt, der ihm habe helfen können und er sei "ganz auf sich alleine gestellt" gewesen (act. 34, S. 7). Es scheint sich bei diesem Umständen allerdings um Folgen seines selbstgewählten Untertauchens zu gehandelt zu haben, namentlich um sich dem Zugriff der Strafbehörden zu entziehen (vgl. act. 34, S. 7: "Ich hatte auch Angst, dass ich verhaftet werde, wenn ich mich anmelde und in Spanien ins Gefängnis komme, weil ich in CH gesucht wurde"). Aus den Akten ergibt sich in jedem Fall kein Hindernis, weshalb der Berufungskläger inskünftig – frei von einer Strafverfolgung – nicht die Verbindung zu seiner Familie (neu) aufnehmen und ein soziales Leben führen können sollte. In dieser Hinsicht ist zu erwähnen, dass der Berufungskläger gegenüber seiner Bewährungshelferin den Besuch eines Cousins aus Spanien ankündigte (act. 86, S. 12), was auf weitere und bisher nicht erwähnte familiäre Bindungen schliessen lässt. Sodann äusserte der Berufungskläger auch die Möglichkeit, dass im Falle eines Landesverweises seine Mutter eventuell "auch nach Spanien kommen oder ev. pendeln" würde (act. 86, S. 11). Es ist also ein Landesverweis auch aufgrund der Familienverhältnisse grundsätzlich zumutbar.

 

1.2.3. Ein weiteres ausländerrechtliches Integrationskriterium stellt die Teilnahme am Wirtschaftsleben dar, wobei die Lebenshaltungskosten durch Einkommen oder Vermögen gedeckt werden müssen (Art. 31 Abs. 1 lit. d VZAE i.V.m. Art. 58a Abs. 1 lit. d AIG und. Art. 77e Abs. 1 VZAE). Obwohl der Berufungskläger in der Schweiz bis im November 2016 einer geregelten Arbeit nachging (Vorakten act. 10.1.01, F. 33; act. 34, F. 7), muss seither mit der Vorinstanz von einer nunmehr fast siebenjährigen Nichterwerbstätigkeit ausgegangen werden (act. 47, S. 78, E. V./1.2.). Dies kann tatsächlich zu Problemen beim Wiedereinstieg in das Wirtschaftsleben führen. Der Berufungskläger sagte diesbezüglich der Vorinstanz jedoch aus, dass er in der Schweiz bereits einen Arbeitsvertrag bei seiner ehemaligen Arbeitgeberin in Aussicht gestellt bekommen habe (act. 34, F. 21). Während des Berufungsverfahrens sind verschiedene Bewerbungen pendent gewesen (act. 86, S. 2, 11) und hat sich eine unterdessen bis zum Vertragsschluss konkretisiert, sodass der Berufungskläger voraussichtlich per 1. Juni 2023 auf seinem Beruf wird arbeiten können (act. 90). Insofern haben sich die Einschätzungen der Verwaltungspolizei bewahrheitet, wonach die Chancen des Berufungsklägers auf eine Anstellung im erlernten Bereich dadurch gehoben werden, dass in dieser Branche Fachkräftemangel herrscht und er über eine abgeschlossene Berufslehre verfügt (act. 74, S. 4, E. 4.c). Diese Chancen sind jedoch nicht nur in der Schweiz als hoch einzuschätzen, zumal der Berufungskläger sowohl Deutsch wie auch Spanisch spricht; entsprechend hoch ist die Möglichkeit für eine Wiedereingliederung im Herkunftsstaat zu betrachten (Art. 31 Abs. 1 lit. g VZAE). Dass er hierzu allenfalls seine schriftlichen Fähigkeiten im Spanischen noch etwas nachbessern muss, stellt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts kein Hindernis dar (BGE 146 IV 105 E. 3.5 S. 112). Obwohl der Berufungskläger aussagt, er wüsste in Spanien nicht, wie er weitermachen solle (act. 34, F. 21), ist davon auszugehen, dass der perfekt zweisprachige Berufungskläger auf dem Arbeitsmarkt in Spanien ohne Weiteres Fuss fassen kann. Immerhin hat er während seines Aufenthalts in Spanien – neben dem gewerbsmässigen Betrug – elektronische Geräte aus zweiter Hand repariert und im letzten Jahr in einer "Gaming Bar" gearbeitet, wenngleich nie legal (act. 2/10.1.01, F. 32; act. 2/10.1.02, F. 71). Hierzu erklärte der Berufungskläger, legal arbeiten sei in Spanien nicht möglich, er habe durchaus versucht ein legales Leben zu führen und eine Stelle als Stromer zu finden (act. 2/10.1.10, F. 36; act. 34, S. 7). Sein diesbezügliches Argument, wonach seine Schweizer Ausbildung in Spanien nicht zähle und nicht anerkannt werde, ist in (völker-)rechtlicher Hinsicht zumindest fragwürdig. Vielmehr ist auch hier davon auszugehen, dass der Berufungskläger sich nur darum nicht um eine formelle Anerkennung seiner Ausbildung bemühte, da er untergetaucht war (vgl. act. 2/10.1.07, F. 165. "Ich konnte keinen normalen Job machen, da ich Angst hatte, in Spanien verhaftet zu werden und in die Schweiz ausgeliefert zu werden"; act. 34, S. 7). Sollte er sich aber inskünftig anmelden und seine Ausbildung anerkennen lassen, erscheint seine gegenüber der Verwaltungspolizei gemachte Aussage, wonach es höchst unsicher sei, ob er in Spanien überhaupt arbeiten könne (act. 74, S. 3, E. 4.c) nicht länger als gerechtfertigt. Es kann vielmehr davon ausgegangen werden, dass es dem Berufungskläger grundsätzlich möglich ist, auf dem erlernten Beruf des Elektroinstallateurs oder Stromers zu arbeiten; dass die Wirtschaftslage in Spanien allenfalls schwieriger als in der Schweiz sein könnte, vermag nach bundesgerichtlicher Praxis die strafrechtliche Landesverweisung nicht zu hindern (Urteil BGer 6B_1299/2019 vom 28. Januar 2020, E. 3.4.2. m.w.H.). Sodann äusserte der Berufungskläger gegenüber seiner Bewährungshelferin, dass er sich während seines Aufenthaltes in Spanien bei seinen Arbeitgebern, den Eigentümern der "Gaming Bar", erkundigt hatte, ob er die Bar übernehmen könne, wobei diese ihm geraten hätten, sich zuerst den Strafbehörden der Schweiz zu stellen (act. 86, S. 10). Mit Blick auf die Ersparnisse, welche der Berufungskläger anhäufen möchte, um sich "etwas aufzubauen" (act. 86, S. 11) ist also auch denkbar, dass der Berufungskläger ausserhalb seines erlernten Berufs sich eine Existenz aufbauen kann.

 

1.2.4. Gesundheitsprobleme, welche im Ausländerrecht ebenfalls zu beachten sind (Art. 31 Abs. 1 lit. f VZAE; ferner Art. 58a Abs. 2 AIG i.V.m. Art. 77f lit. b VZAE), macht der Berufungskläger keine (mehr) geltend. Dies war nicht immer so: Sein Weg in die Kriminalität habe mit einem "Burnout" begonnen (act. 2/10.1.01a, S. 6; act. 2/10.1.02, F. 73; act. 34, S. 7), dann sei er in eine Depression und Paranoia gefallen, wobei er sogar Hand an sich selber gelegt habe (act. 2/10.1.01a, S. 6; act. 2/10.1.05, F. 194; act. 2/10.1.07, F. 164). Im Versuch, zu raschem Geld zu kommen, sei er zudem allmählich in eine Spielsucht mit Wetten geschlittert, von welcher er aber inzwischen losgekommen sei (act. 2/10.1.03, F. 44, 58–59; act. 2/10.1.05, F. 194; act. 86, S. 9). Seit seiner Verhaftung gab der Berufungskläger aber durchgehend an, sich gesund zu fühlen (act. 2/10.1.01a, S. 6; act. 2/10.1.07, F. 164; act. 86, S. 3, 6–7, 10). Seit seiner Entlassung aus dem Strafvollzug gehe er regelmässig ins Krafttraining und fühle sich gesund und motiviert (act. 86, S. 3, 7).

 

1.3. Würdigung

Bei einer gesamthaften Würdigung aller Umstände ergibt sich zwar, dass die Landesverweisung aus der Schweiz für den Berufungskläger eine nicht unerhebliche Härte bedeutet. Von einem schweren Härtefall, in dem die Landesverweisung als ganz klar unverhältnismässig und geradezu stossend zu bezeichnen wäre, kann aber entgegen der Ansicht der Verteidigung nicht die Rede sein. Die Härtefallklausel ist restriktiv anzuwenden. Das Einzige, was für den Berufungskläger sprechen könnte, sind seine vergleichsweise stärkeren Bindungen zur Schweiz in familiärer und beruflicher Hinsicht. Die mit der Ausweisung aus der Schweiz für den Berufungskläger verbundenen Nachteile halten sich aber noch in zumutbaren Grenzen. Eine Abwägung der privaten Interessen des Beschuldigten am Verbleib in der Schweiz und der öffentlichen Interessen an einer Landesverweisung erübrigt sich damit. Aufgrund der Verneinung eines Härtefalls besteht kein Raum, um in Anwendung der Kannvorschrift von Art. 66a Abs. 2 StGB von einer Landesverweisung abzusehen.

 

2. Völkerrechtliche Schranken

Ist – wie im vorliegenden Fall – eine Landesverweisung anzuordnen, stellt sich die Frage, ob sie im Sinne von Art. 66d StGB aufzuschieben ist oder ob ein völkerrechtlicher Vertrag einen Hinderungsgrund bildet.

 

2.1. Das Recht auf Achtung des Familienlebens im Sinne von Art. 8 Ziff. I der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (für die Schweiz am 28. November 1974 in Kraft getreten; SR 0.101; Europäische Menschenrechtskonvention [EMRK]) ist berührt, wenn eine staatliche Entfernungs- oder Festhaltemassnahme eine nahe, echte und tatsächlich gelebte familiäre Beziehung einer in der Schweiz gefestigt anwesenheitsberechtigten Person beeinträchtigt, ohne dass es dieser ohne Weiteres möglich bzw. zumutbar wäre, ihr Familienleben andernorts zu pflegen (BGE 144 I 266 E. 3.3. S. 272). Nach ständiger bundesgerichtlicher Rechtsprechung bezieht sich dieses Recht auf Achtung des Familienlebens jedoch auf die Zusammenführung von Eltern mit ihren minderjährigen Kindern, während ein Volljähriger grundsätzlich in der Lage ist, auf unabhängige Weise zu leben und sich demnach auch nicht auf dieses Recht berufen kann (BGE 145 I 227 E. 5.3. S. 233; Urteil BGer 6B_300/2020 vom 21. August 2020 E. 3.4.3. m.w.H.). Um sich auf Art. 8 Ziff. I EMRK berufen zu können, müsste für einen Volljährigen ein über die üblichen familiären Beziehung bzw. emotionalen Bindungen hinausgehendes, besonderes Abhängigkeitsverhältnis bestehen (BGE 144 II 1 E. 6.1. S. 12 f.). Ein solches ist vorliegend weder vorgebracht worden, noch lässt es sich den Akten entnehmen: Zwar lebt der Berufungskläger seit seiner Entlassung aus dem Strafvollzug bei seiner Mutter, welche ihn derzeit finanziere und welche er in ihren depressiven Phasen unterstütze, doch wolle er sich eine eigene Wohnung suchen, sobald er eine Arbeit habe (act. 86, S. 5–6). Es laufe "noch gut jetzt zuhause", doch fühle er sich "überbehütet" und möchte daher "irgendwann mal weg und etwas Grösseres haben", wobei dies auch als Wohngemeinschaft mit der Familie sein könne (act. 86, S. 9). Der Berufungskläger hat damit ein gewisses, nicht aber ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung. Auch ist die Mutter des Berufungsklägers (gesundheitlich) nicht auf ihn angewiesen, da sie zum einen bereits psychologische Hilfe im Spital Glarus aufsucht und zum anderen auf die Unterstützung ihres anderen Sohnes, des älteren Bruders des Berufungsklägers, zählen kann (act. 86, S. 9). Damit entfällt eine Anwendbarkeit von Art. 8 Ziff. I EMRK.

 

2.2.  

2.2.1. Das Königreich Spanien ist ein Mitgliedstaat der Europäischen Union (nachfolgend: EU). Der Berufungskläger kann sich deshalb als spanischer Staatsangehöriger und Unionsbürger grundsätzlich auf das Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit vom 21. Juni 1999 (SR 0.142.112.681; Freizügigkeitsabkommen [FZA]) berufen. Zu prüfen ist zunächst, ob der Berufungskläger auch über ein gültiges Aufenthaltsrecht verfügt (Urteil BGer 6B_907/2018 vom 23. November 2018 E. 2.4.3. m.w.H.), wozu entweder ein Arbeitsverhältnis notwendig ist (Art. 6 Abs. 2 Anhang I FZA) oder aber die Suche nach Arbeit, solange auch eine begründete Aussicht besteht, eingestellt zu werden. Die Vorinstanz verneinte ein Aufenthaltsrecht mit Verweis darauf, dass der Berufungskläger seit Ende 2016 nicht mehr in der Schweiz angemeldet sei, seine Niederlassungsbewilligung erloschen sei und er sich gleichzeitig nicht um eine Verlängerung bemüht habe, was als Verzicht auf sein Aufenthaltsrecht gewertet wurde (act. 47, S. 78, E. V./1.2.). Ferner gehe der Berufungskläger seit 2015 keiner Erwerbstätigkeit mehr nach, während konkrete Bemühungen um eine Arbeitsstelle oder Aussichten auf eine solche über die letzten Jahren nicht ersichtlich seien (act. 47, S. 79–80, E. V./2.2.). Seither aber hat sich die Situation verändert: Der Berufungskläger hat nach seiner Entlassung aus dem Strafvollzug vom Migrationsamt des Kantons Glarus eine Aufenthaltsbewilligung "L EU/EFTA (Kurzaufenthaltsbewilligung)" erhalten (act. 86, S. 2, 7), Bewerbungsunterlagen erstellt und steht derzeit in verschiedenen Bewerbungsverfahren, wovon eines sich offenbar bis hin zum Vertragsschluss konkretisiert hat (siehe vorne Ziff. III./1.2.3). Damit kann er sich auf das FZA berufen.

 

2.2.2. Ziel des FZA zu Gunsten der Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten der EU und der Schweiz ist die Einräumung des Rechts auf Einreise, Aufenthalt, Zugang zu einer unselbständigen Erwerbstätigkeit sowie das Recht auf Verbleib im Hoheitsgebiet der Vertragsparteien (Art. 1 lit. a FZA). Mit dem Abschluss des FZA hat die Schweiz Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten der EU im Wesentlichen ein weitgehendes und reziprokes Recht auf Erwerbstätigkeit eingeräumt, allerdings unter dem Vorbehalt eines rechtskonformen Verhaltens im Sinne von Art. 5 Ziff. 1 Anhang I FZA. Damit wurde der völkerrechtlich unbestrittene Grundsatz in das FZA übernommen, wonach jeder Staat die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern auf seinem Territorium grundsätzlich selber bestimmen und damit auch einschränken kann. Das FZA berechtigt mithin lediglich zu einem doppelt bedingten Aufenthalt in der Schweiz, nämlich einerseits nach Massgabe der spezifischen Vertragsvereinbarungen als Voraussetzung eines rechtmässigen Aufenthalts (siehe vorne Ziff. III./2.2.1) und andererseits nach Massgabe des rechtskonformen Verhaltens im Sinne von Art. 5 Ziff. 1 Anhang I FZA. Ein schuldiggesprochener Straftäter hat sich nicht an die Konformitätsbedingungen gehalten, weshalb ihm gegenüber die im FZA eingeräumten Rechte gemäss Art. 5 Abs. 1 Anhang I FZA eingeschränkt werden dürfen (BGE 145 IV 364 E. 3.4.5 S. 370).

 

2.2.3. Nach Art. 5 Ziff. 1 Anhang I FZA dürfen die aufgrund des FZA eingeräumten Rechte durch Massnahmen eingeschränkt werden, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigt sind. Eine solche (sichernde) Massnahme stellt – nach der Intention des Verfassungs- und Gesetzgebers – auch die Landesverweisung gemäss Art. 66a ff. StGB dar (vgl. Art. 121 Abs. 2 und 5 BV; Urteil BGer 6B_75/2020 vom 19. Januar 2021 E. 2.5.1. m.w.H.). Die Bestimmung von Art. 5 Ziff. 1 Anhang I FZA ist nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung eng auszulegen; es handelt sich dabei im Wesentlichen um die Prüfung der Verhältnismässigkeit staatlichen Handelns bei der Einschränkung der Freizügigkeit (BGE 145 IV 364 E. 3.8.–3.9. S. 375; Urteil BGer 6B_300/2020 vom 21. August 2020 E. 3.5.). Eine strafrechtliche Verurteilung darf nicht (allein) aus generalpräventiven Gründen zum Anlass für eine solche Massnahme genommen werden (Urteil BGer 6B_235/2018 vom 1. November 2018 E. 4.4. m.w.H.), sondern nur dann, wenn die ihr zugrunde liegenden Umstände beim Straftäter ein persönliches Verhalten erkennen lassen, das eine gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung darstellt (BGE 145 IV 364 E. 3.5.2. S. 371; BGE 130 II 176 E. 3.4.1. S. 183–184). Dies folgt aus einer Prognose des künftigen Wohlverhaltes des Straftäters, welche für sich allein genommen aber noch nicht den Ausschlag gibt (BGE 145 IV 364 E. 3.5.2. S. 371; BGE 130 II 176 E. 4.2. S. 185). Zusätzlich ist nach Art und Ausmass der möglichen Rechtsgüterverletzung zu differenzieren: Je schwerer die Gefährdung ist, desto niedriger die Anforderungen an die in Kauf zu nehmende Rückfallgefahr; so kann ein geringes, aber tatsächliches Rückfallrisiko gegenüber hohen Rechtsgütern wie z.B. die körperliche Unversehrtheit für eine aufenthaltsbeendende Massnahme im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Anhang 1 FZA genügen (BGE 145 IV 364 E. 3.5.2. S. 371; Urteil BGer 6B_75/2020 vom 19. Januar 2021 E. 2.5.1. m.w.H.). Auch eine einmalige Straftat kann eine aufenthaltsbeendende Massnahme rechtfertigen, wenn die Rechtsgutverletzung schwer wiegt; hierbei kann sich die Schwere des Verschuldens auch in der Dauer der verfahrensauslösenden Freiheitsstrafe niederschlagen (BGE 145 IV 364 E. 3.5.2. S. 372).

 

2.2.4. Der Berufungskläger wurde der falschen Anschuldigung, des gewerbsmässigen Betrugs, des mehrfachen unbefugten Eindringens in ein Datenverarbeitungssystem, der Urkundenfälschung sowie des Betrugs schuldig gesprochen und zu einer Freiheitsstrafe von 40 Monaten verurteilt (act. 47, S. 96–97, Dispositivziffern 1 und 2). Die Vorinstanz führte dazu aus, dass sich der Beschuldigte insgesamt 113 Verkäufe ohne entsprechenden Leistungswillen zu Schulden hat kommen lassen, wobei er seine Vorgehensweise an die jeweilige Situation angepasste und sich zufällig ergebende Gelegenheiten zu seinen Gunsten ausnutzte (act. 47, S. 81, E. V./2.4.). Dabei habe er sich raffinierter betrügerischer Machenschaften bedient und nicht nur seine Käufer sondern auch ihm nahestehende Personen betrogen (act. 47, S. 81, E. V./2.4.). Der Berufungskläger sagt von sich selber, er könne "schon manipulativ" sein, wenn er möchte (act. 86, S. 7) und er anerkennt, dass er rücksichtslos darin handelte, indem er Unbekannte und Bekannte nicht nur betrog, sondern auch einer (ungerechtfertigten) strafrechtlichen Verfolgung aussetzte (act. 2/10.1.07, F. 136, 164: "Es war sehr kaltherzig, dass ich die Bekannten missbrauchte"; act. 2/10.1.08, F. 3–4, 134; act. 2/10.1.09, F. 39). Der Berufungskläger rechtfertigt dies damit, dass er in all den Jahren jeweils nur in Notsituationen delinquiert habe, wenn er sonst "nichts zum Leben" gehabt habe (act. 34, S. 7; act. 2/10.1.02, F. 71; act. 2/10.1.03, F. 33: "Dann hatte ich immer wieder Unterbrüche und war wieder aktiv. Je nachdem, wie ich Geld brauchte"; act. 2/10.1.07, F. 70, 72–74; act. 2/10.1.10, F. 26: "[…] alles immer recht impulsiv […] und ich es in Notsituationen gemacht habe"; act. 81, S. 1). Solche Notsituationen rechtfertigten für ihn auch den Betrug gegenüber seinen ehemaligen Bekannten, wenn diese ihm nicht freiwillig halfen (act. 2/10.1.07, F. 81: "In der Schweiz war ich immer für diese Kollegen da. Als sie mir dann teils kein Geld gaben, interessierte es mich halt dann auch nicht, über sie betrügerische Handlungen zu begehen"; act. 2/10.1.08, F. 96). Es ist daher die Vermutung der Vorinstanz nicht von der Hand zu weisen, der Berufungskläger könnte in einer künftigen finanziellen Notlage in seine alten Handlungsmuster zurückfallen (act. 47, S. 81, E. V./2.4.). In dieser Hinsicht ist insbesondere die nach Einschätzung der Verwaltungspolizei des Kantons Glarus "bagatellisierende und externalisierende Haltung" des Berufungsklägers gegen die von ihm begangenen Delikten bedenklich. Aus Sicht der Verwaltungspolizei stelle die aufgrund der vorliegend zu behandelnden Landesverweisung "unklare Zukunftsplanung in Bezug auf die Rückfallgefahr ein Risiko dar" (act. 74, S. 3, E. 4.b). Dem ist entgegenzuhalten, dass der Berufungskläger mehrfach betont hat, er bereue sein Verhalten (act. 2/10.1.08, F. 95, 186; act. 2/10.1.09, F. 120; act. 2/10.1.10, F. 96; act. 2/10.1.11, F. 180; act. 2/10.1.13, F. 121) und deswegen ein schlechtes Gewissen zu haben angibt (act. 2/10.1.04, F. 99, 115; act. 2/10.1.07, F. 104). Die getätigten (teilweisen) Rückzahlungen (während der Straftat Rückzahlungen im Umfang von CHF 13'983.60, vgl. act. 47, S. 75, E. IV./2.3; seit der Haft Rückzahlungen im Umfang von CHF 1'300.–, vgl. act. 74, S. 3, E. 4.c; falsch in act. 75, Rz. 11: CHF 13'000.–) können als tätige Reue gewertet werden. Sodann sagt der Berufungskläger, dass die Erfahrung des Todes seines Vaters ihn davon abhalte, wieder ein Delikt zu begehen (act. 86, S. 7). Es seien ihm auch die Erfahrungen des vorliegenden Strafverfahrens "Warnlämpchen" (act. 86, S. 9). Alles in allem aber genügen diese Zahlungen und Aussagen für sich allein genommen nicht, um von einer bleibenden Durchbrechung seines bisherigen Verhaltensmuster auszugehen.

 

Es ist vielmehr mit der Vorinstanz festzustellen, dass der Berufungskläger über einen langen Zeitraum intensiv delinquiert hat (act. 47, S. 81, E. 2.4.). Er wurde immer dann zum Wiederholungstäter, wenn er in äusseren Umständen einen Anlass dazu fand, wobei er sich unfähig zeigte, diesen äusseren Umständen in einer anderen, rechtskonformen Art und Weise zu begegnen. Zwar gibt der Berufungskläger nach eigenen Aussagen an, seine Handlungen zu bereuen, spielt diese aber zugleich herunter und macht seinerseits massive Schuldzuweisungen gegenüber der Staatsanwaltschaft (vgl. act. 86, S. 7: "Das Verfahren wurde in die Länge gezogen. Die Staatsanwaltschaft trägt Schuld am Tod meines Vaters") und insbesondere gegen den fallführenden Staatsanwalt::

"Die Staatsanwaltschaft, besser gesagt Herr Walser ist so vernarrt und besessen von meiner Landesverweissung und das ich kein Bezug der Schweiz habe das er das immer in die höhe treibt und immer wieder welche Hirngespinnste sieht oder irgendetwas aufschreibt um Lücken zu fühlen, anstatt sich mit der Realität und meinem Fall oder mein wirkliches Leben zu befassen. […] Es ist schon langsam fragwürdig ob es hier sich wirklich um eine Justiz sache handelt oder um blossen puren Rassismus von der Seite von Herr Walser"(act. 81, Rz. 6).

Er sieht sich demnach selber sogar als Opfer und zeigt sich uneinsichtig, was darauf schliessen lässt, dass der Strafvollzug keinen bleibenden Eindruck hinterliess. Seine gute Führung im Strafvollzug scheint er jedenfalls nur mit Blick auf einen für ihn günstigen Ausgang im vorliegenden Verfahren getätigt zu haben (vgl. act. 86, S. 3: "Er habe sich sehr viel Mühe gegeben. Sollte er trotzdem des Landes verwiesen werden, sei alles umsonst gewesen […]"). Hierbei ist auch anzumerken, dass seit der Entlassung aus dem Strafvollzug auch kein Wiedergutmachungswille in Bezug auf die Rückzahlung an die Geschädigten mehr auszumachen ist (vgl. act. 86, S. 7: "Geschädigte müssten sich melden und Geld zurückfordern"). Es liegt also nahe, dass es sich bei den vorgängig gemachten Zahlungen sowie den grundsätzlich positiv zu wertenden Aussagen wiederum um manipulatives Verhalten seitens des Berufungsklägers handelte. Zwar ist ihm in der Schweiz allem Anschein nach ein Wiedereinstiegs in das Berufsleben gelungen (act. 90), doch kann in einer Gesamtwürdigung davon ausgegangen werden, dass der Berufungskläger bei einer finanziellen Notlage wieder in sein delinquentes Verhaltensmuster zurückfallen wird. Eine gegenwärtige und hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ist damit zu bejahen.

 

2.2.5. Die Verwaltungspolizei geht bei der Prüfung der bedingten Entlassung aus dem Strafvollzug davon aus, dass bei einem Rückfall mangels gegenläufiger Indizien mutmasslich wiederum nur Rechtsgüter "von eher minderem Gewicht" betroffen wären (act. 74, S. 3–4, E. 5.b). Es ist zu prüfen, ob diese Wertung auch unter dem Aspekt der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gemäss Art. 5 Ziff. 1 Anhang I FZA zutrifft.

 

2.2.5.1.   Der Berufungskläger wurde u.a. wegen gewerbsmässigen Betrugs verurteilt (act. 47, S. 96–97, Dispositivziffer 1). Es handelt sich dabei um eine der in Art. 66a StGB aufgeführten Katalogtaten, welche grundsätzlich eine obligatorische Landesverweisung zur Folge haben (Art. 66a Abs. 1 lit. c StGB). Dies im Gegensatz zu den nicht im Katalog aufgeführten Straftaten, bei denen die Landesverweisung im Ermessen des Gerichts liegt und im Vergleich zur obligatorischen Landesverweisung die Mindestdauer nur drei Jahre und nicht fünf Jahre beträgt (Art. 66abis StGB). Der Gesetzgeber beurteilt somit die durch einen gewerbsmässigen Betrug erfolgte Rechtsgutsverletzung für die Beurteilung einer Landesverweisung als schwerwiegend. Der Gesetzgeber sieht die bei einem gewerbsmässigen Betrug erfolgte Rechtsgutsverletzung auch im Hinblick auf den Strafrahmen als grundsätzlich schwer an, denn für diesen Tatbestand ist eine Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe nicht unter 90 Tagessätzen vorgesehen (Art. 146 Abs. 2 StGB). Es spricht nichts dagegen, diese Wertung auch für die Beurteilung einer Massnahme nach Art. 5 Ziff. 1 Anhang I FZA zu übernehmen.

 

2.2.5.2.   Darüber hinaus wurde der Berufungskläger auch wegen Betrugs i.S.v. Art. 146 Abs. 1 StGB verurteilt. Das vom Tatbestand des Betrugs geschützte Rechtsgut ist in der Lehre umstritten und umfasst, je nachdem, die Ehrlichkeit resp. den Anspruch auf Wahrheit sowie den Schutz des Vermögens (BSK StGB-Maeder/Niggli, N 9 ff. zu Art. 146 StGB). Der Gesetzgeber weist aber auch bei einem solchen "einfachen" Betrug dem verletzten Rechtsgut ein erhöhtes Gewicht zu, denn der Strafrahmen umfasst nebst Geldstrafe eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren (Art. 146 Abs. 1 StGB). Der Tatbestand des unbefugten Eindringens in ein Datenverarbeitungssystem i.S.v. Art. 143bis Abs. 1 StGB schützt die Freiheit des Berechtigten, darüber zu entscheiden, wer Zugang zu den Datenbeständen haben darf (sog. "Computerfrieden", in Anlehnung an den Hausfrieden; vgl. BSK StGB-Weissenberger, N 5 zu Art. 143bis StGB). Da es sich hierbei um ein Antragsdelikt handelt und der Strafrahmen nebst Geldstrafe eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren umfasst, kann aus Sicht des Gesetzgebers von einem mittelschweren Delikt ausgegangen werden. Beide Tatbestände stehen indes unter dem Zweiten Titel des Strafgesetzbuches ("Strafbare Handlungen gegen das Vermögen"), weshalb vorliegend vom Vermögen als massgeblichem Rechtsgut ausgegangen werden kann. Auch die Urkundenfälschung i.S.v. Art. 251 StGB, welche mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft werden kann (Art. 251 Ziff. 1 Abs. 4 StGB), schützt als Vorbereitungshandlung zu hauptsächlich Vermögensdelikten im weitesten Sinne ebenfalls das Vermögen sowie den Rechtsverkehr (BSK StGB-Boog, N 1 zu Art. 251 StGB). Der Tatbestand der falschen Anschuldigung i.S.v. Art. 303 StGB befindet sich unter dem Siebzehnten Titel des Strafgesetzbuches ("Verbrechen und Vergehen gegen die Rechtspflege") und schützt das Interesse der Allgemeinheit an der Integrität und dem korrekten Funktionieren der Justiz sowie die Persönlichkeitsrechte zu Unrecht angeschuldigter mit Bezug auf deren Würde, Ehre, Freiheit, Privatsphäre, geistiger Integrität, Vermögen und Geltung (BSK StGB-Delnon/Rüdy, N 5 f. zu Art. 303 StGB). Für dieses Delikt liegt der mögliche Strafrahmen bei Freiheitsstrafe bis zu 20 Jahren oder Geldstrafe (Art. 303 Ziff. 1 Abs. 3 i.V.m. Art. 40 Abs. 2 StGB).

 

2.2.5.3.   Die Mehrheit der Tatbestände, für welche der Berufungskläger verurteilt wurde, schützen das Vermögen. Im Analogieschluss kann auch in Bezug auf das Vermögen von einem höheren Rechtsgut ausgegangen werden (vgl. Art. 18 Abs. 1 StGB: "Leib, Leben, Freiheit, Ehre, Vermögen oder andere hochwertige Güter […]"; Hervorhebung hinzugefügt). Dies legen auch die hohen Strafrahmen von bis zu fünf Jahren nahe, welche aus Sicht des Gesetzgebers auf ein grosses Gewicht der Straftaten schliessen lassen. Auch die bei einer falschen Anschuldigung verletzten Rechtsgüter (Funktionieren der Justiz, Persönlichkeitsrechte der zu Unrecht angeschuldigten Person) wiegen schwer, was der Strafrahmen von bis zu 20 Jahren Freiheitsstrafe zum Ausdruck bringt. Es rechtfertigt sich somit eine aufenthaltsbeendende Massnahme auch aufgrund der hier gefährdeten Rechtsgüter durchaus.

 

3.  

Damit sind die (völkerrechtlichen) Voraussetzungen für eine Landesverweisung im Sinne von Art. 66a StGB auch aufgrund des FZA erfüllt. Der Antrag des Berufungsklägers ist demnach abzuweisen und ist ein Landesverweis auszusprechenden. Die von der Vorinstanz vorgesehene Dauer von fünf Jahren stellt das gesetzliche Minimum dar (Art. 66a Abs. 1 StGB) und erscheint vorliegend als angemessen.

 

IV. Beschlagnahmte Gegenstände

1.  

1.1. Das Gericht verfügt ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit einer bestimmten Person die Einziehung von Gegenständen, die zur Begehung einer Straftat gedient haben oder bestimmt waren oder die durch eine Straftat hervorgebracht worden sind, wenn diese Gegenstände die Sicherheit von Menschen, die Sittlichkeit oder die öffentliche Ordnung gefährden (Art. 69 Abs. 1 StGB). Das Gericht kann anordnen, dass die eingezogenen Gegenstände unbrauchbar gemacht oder vernichtet werden (Art. 69 Abs. 2 StGB).

 

1.2. Aufgrund des in Art. 69 Abs. 1 in fine StGB genannten Erfordernisses der konkreten Gefährdung der Sicherheit von Menschen, der Sittlichkeit oder der öffentlichen Ordnung genügt ein blosser Deliktskonnex ohne fortdauernde Gefährdung nicht: Die Einziehung rechtfertigt sich also nicht, weil der Täter mit diesen Gegenständen die Sicherheit gefährdet hat, sondern nur wenn diese Gefahr auch weiter in der Zukunft besteht (vgl. zum Ganzen BSK StGB-Baumann, N 13 zu Art. 69 StGB). Diese Gefahr hat das Bundesgericht gerade in Bezug auf Laptops verneint (vgl. Urteil BGer 1B_355/2020 vom 19. Mai 2021 E. 5.2.: "Zudem handelt es sich bei einem Laptop nicht um ein zwingend einzuziehendes illegales Deliktswerkzeug [anders als z.B. bei Waffen oder Drogen], sondern um ein elektronisches Gerät des alltäglichen Gebrauchs. Selbst wenn der Beschuldigte […] gerichtlich verurteilt würde, bliebe es ihm jedenfalls unbenommen, einen Laptop zu kaufen und [legal] zu verwenden"). Da die Sicherheitseinziehung ferner einen Eingriff in die Eigentumsgarantie gemäss Art. 26 BV darstellt, untersteht sie dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit. Nach dem daraus fliessenden Prinzip der Zwecktauglichkeit hat daher die Einziehung zu unterbleiben, wenn sie zur Erreichung des Zwecks (vorliegend der Sicherung) ungeeignet ist (vgl. BSK StGB-Baumann, N 14 zu Art. 69 StGB). Und nach dem ebenfalls aus der Verhältnismässigkeit fliessenden Prinzip der Subsidiarität darf der Eingriff nicht weiter gehen, als der Zweck dies erfordert (vgl. Botschaft über die Änderung des Schweizerischen Strafgesetzbuches und des Militärstrafgesetzes vom 30. Juni 1993, in: BBl 1993 III 277, S. 306: "Wenn nur ein Teil des Objekts als gefährlich erscheint und eine Trennung dieses Teils von der Gesamtsache ohne erhebliche Beschädigung und ohne unverhältnismässigen Aufwand möglich ist, so ist nur der gefährliche Teil einzuziehen"). Es würde mithin genügen, die strafrechtlich relevanten Daten zu löschen (vgl. Urteil BGer 1B_355/2020 vom 19. Mai 2021 E. 5.2.).

 

1.3. Ist der Grund für die Beschlagnahme weggefallen, so hebt das Gericht die Beschlagnahme auf und händigt die Gegenstände der berechtigten Person aus (Art. 267 Abs. 1 StPO). Ist die Beschlagnahme eines Gegenstandes oder Vermögenswertes nicht vorher aufgehoben worden, so ist über seine Rückgabe an die berechtigte Person oder über seine Einziehung im Endentscheid zu befinden (Art. 267 Abs. 3 StPO).

 

2.  

Im Rahmen der Untersuchung erging am 2. September 2020 ein Durchsuchungs- und Beschlagnahmebefehl (act. 2/5.1.04–5.1.04a). Die in der Folge sichergestellten Gegenstände sind aus dem Durchsuchungsprotokoll vom 3. September 2020 (act. 2/5.1.05) und Sicherstellungsprotokoll vom 31. März 2021 (act. 2/5.1.06) ersichtlich.

 

2.1. Im vorinstanzlichen Verfahren begründete die Staatsanwaltschaft ihren Antrag zur Einziehung und Vernichtung der sichergestellten Gegenstände (mit Ausnahme des spanischen Reisepasses) anlässlich der mündlichen Hauptverhandlung vom 14. September 2022 damit, dass der Berufungskläger für seine deliktische Tätigkeit diverse Datenträger verwendet habe. Alles, was er bei der Hausdurchsuchung besessen habe, habe er deliktisch erworben bzw. diene deliktischen Zwecken, weshalb auch alle sichergestellten Gegenstände einzuziehen und zu vernichten seien (act. 32, S. 27–28). Die Vorinstanz begründete ihren Entscheid zur Einziehung und Vernichtung der aufgelisteten Gegenstände (vgl. act. 47, S. 97–98, Dispositivziffer 3) damit, dass diese Gegenstände "höchstwahrscheinlich im Zusammenhang mit den verübten Straftaten" stehen würden (act. 47, S. 83, E. VI./3.).

 

3.  

3.1. Mit handschriftlicher Eingabe vom 29. November 2022 (mit dem Titel "Beschwerde Teilrekurs Beschlagnahmte Objekte") beantragt der Berufungskläger die Herausgabe von "8 aufgelisteten Gegenstände[n]" (act. 63/2, S. 1–2). Mit Eingabe vom 12. Dezember 2022 beantragt der Vertreter des Berufungsklägers, es seien das vorinstanzliche Urteil mit Bezug auf Dispositivziffer 3 "Position 1/9/12/13/15/16" aufzuheben (act. 62, S. 2; vgl. die eingangs wiedergegebenen Anträge) und die darin genannten Gegenstände herauszugeben. Mit Eingabe vom 31. Januar 2023 beantragt der Vertreter des Berufungsklägers es sei die Dispositivziffer 3 des vorinstanzlichen Urteils aufzuheben und "die Gegenstände (ausser Position 14)" an den Beschuldigten herauszugeben (act. 75, S. 2; vgl. die eingangs wiedergegebenen Anträge). Dies wird erstens damit begründet, dass die Vorinstanz im Zusammenhang mit den beschlagnahmten Gegenständen gegen ihre Begründungspflicht verstossen habe (act. 75, Rz. 14), zweitens da – entgegen der Behauptung der Staatsanwaltschaft – die deliktische Erwerbung oder Verwendung der Gegenstände unklar und nicht nachgewiesen sei (act. 75, Rz. 18–20).

 

3.2. Mit Eingabe vom 1. März 2023 nahm die Staatsanwaltschaft zu den Anträgen des Berufungsklägers Stellung (act. 78), wobei sie auf die Ausweitung der Anzahl Gegenstände hinwies, deren Herausgabe beantragt wird (siehe sogleich Ziff. IV./4.1.). Weiter wies die Staatsanwaltschaft darauf hin, dass es sicherlich auf den ersten Blick schwierig sei, bei jedem sichergestellten Gegenstand die Herkunft und den Verwendungszweck festzustellen; es müsse indes berücksichtigt werden, dass der Berufungskläger während rund vier Jahren von gewerbsmässigem Betrug lebte und daneben keine legalen Einkünfte erzielte, mit welchen er sich diese Gegenstände anders hätte beschaffen könnten (act. 78, S. 3, Rz. 8).

 

4.  

4.1.  

Die Partei, die Berufung anmeldet, hat in ihrer schriftlichen Berufungserklärung anzugeben, ob sie das Urteil vollumfänglich oder nur in Teilen anficht und welche Abänderungen des erstinstanzlichen Urteils sie verlangt (Art. 399 Abs. 3 lit. a–b StPO). Die Staatsanwaltschaft warf in ihrer Eingabe die Frage auf, ob die abgeänderten Anträge überhaupt zu hören seien (act. 78, S. 3, Rz. 7). Zwar hat der Berufungskläger tatsächlich verschieden lautende Anträge eingereicht, jedoch stellen sie allesamt fraglos eine Teilanfechtung mit Bezug auf die Dispositionsziffer 3 des vorinstanzlichen Urteils dar. Die Anpassung der Anträge ist damit zulässig.

 

4.2.  

4.2.1.  

In Abweichung der vom Berufungskläger in seinen Eingaben vom 29. November 2022 einzeln bezeichneten Gegenstände beantragte der Berufungskläger mit Eingabe vom 31. Januar 2023 die Herausgabe aller Gegenstände (mit Ausnahme der Position 14, vgl. act. 75, Rz. 20). Darunter fällt auch die "Mastercard, Prepaid, lt. auf [...]" (act. 2/5.1.06, Lager-Nr. SN 86a/21, Pos. 7), welche – wie die Staatsanwaltschaft hervorhebt – auf "[...] lautet, dessen Identität der Beschuldigte missbraucht hat" (act. 78, S. 3, Rz. 7). Da diese Kreditkarte nicht nur einen offensichtlichen Deliktskonnex aufweist, sondern vom Berufungskläger auch gar nicht auf legale Art und Weise verwendet werden kann, eine konkrete Sicherheitsgefährdung demnach bejaht werden muss, ist dieser Gegenstand einzuziehen und zu vernichten. Eine Prüfung der Verhältnismässigkeit erübrigt sich, da fraglich ist, ob sich der Berufungskläger mit Bezug auf diesen Gegenstand überhaupt auf die Eigentumsgarantie stützen könnte und er überdies mit Eingabe vom 8. März 2023 den Wunsch äusserte, dass "Dokumente und Papiere die auf anderen Personen Namen laufen" einzuziehen und zu zerstören seien (act. 81, S. 3).

 

4.3.  

4.3.1.  

Bei den folgenden Gegenständen hat weder die Staatsanwaltschaft noch die Vorinstanz den Deliktskonnex rechtsgenüglich dargelegt. Der pauschale Hinweis, dass der Berufungskläger während der Begehung der Straftat kein legales Einkommen hatte und daher vermutungsweise alle Gegenstände mittelbar aus der Straftat hervorgegangen sind, genügt den hier geltenden Anforderungen nicht (Art. 10 Abs. 1 StPO; vgl. BSK StGB-Baumann, N 5a zu Art. 69 StGB), zumal nach den Aussagen des Berufungsklägers verschiedene Gegenstände älter als die Straftat sind (vgl. bspw. act. 2/10.1.02, F. 49–53). Es sind folglich dem Berufungskläger herauszugeben:

         Diverse Rechnungen (act. 2/5.1.06, Lager-Nr. SN 86a/21, Pos. 1);

         Notizbuch (act. 2/5.1.06, Lager-Nr. SN 86a/21, Pos. 2);

         Mobiltelefon "Samsung", defekt (act. 2/5.1.06, Lager-Nr. SN 86a/21, Pos. 5);

         Externe Festplatte (act. 2/5.1.06, Lager-Nr. SN 86a/21, Pos. 6);

         Briefumschlag mit Vermerk "Alucard89" (act. 2/5.1.06, Lager-Nr. SN 86a/21, Pos. 8);

         Mobiltelephon "iPhone", grün (act. 2/5.1.06, Lager-Nr. SN 86a/21, Pos. 9);

         Mappe mit Dokumenten (act. 2/5.1.06, Lager-Nr. SN 86a/21, Pos. 10);

         Festplatte "Seagate" 750 GB act. 2/5.1.06, Lager-Nr. SN 86a/21, Pos. 11);

         Bildschirm "Acer XB240H" (act. 2/5.1.06, Lager-Nr. SN 86a/21, Pos. 13);

         Bildschirm "Alienware", schwarz, mit Kabel (act. 2/5.1.06, Lager-Nr. SN 86a/21, Pos. 15);

         Tastatur, schwarz, mit Kopfhörer (act. 2/5.1.06, Lager-Nr. SN 86a/21, Pos. 16);

         Zwei Kabel: 1x schwarz, 1x grau (act. 2/5.1.06, Lager-Nr. SN 86a/21, Pos. 17);

         PC- und Laptopmaterial, z.T. in Schachtel (act. 2/5.1.06, Lager-Nr. SN 86a/21, Pos. 19);

         PC-Maus (act. 2/5.1.06, Lager-Nr. SN 86a/21, Pos. 20);

         Verpackung leer, für Tastatur (act. 2/5.1.06, Lager-Nr. SN 86a/21, Pos. 21);

         SIM-Karte DIGI, [...] (act. 2/5.1.06, Lager-Nr. SN 86b/21, Pos. 2);

         SIM-Karte DIGI, [...] (act. 2/5.1.06, Lager-Nr. SN 86b/21, Pos. 3).

 

4.3.2. Keine konkrete Gefährdung

Der Berufungskläger gab mit handschriftlicher Eingabe vom 29. November 2022 (act. 63/2, S. 2 mit Bezug auf Positionen 14, 18 und 22), mit Eingabe vom 31. Januar 2023 (act. 75 mit Bezug auf Position 14) sowie auch mit Eingabe vom 8. März 2023 (act. 81, Rz. 7 mit Bezug auf die Positionen 3, 14 und 18) an, dass die folgenden Gegenstände zur Begehung der Straftat gedient haben:

         Mobiltelefon "iPhone" (act. 2/5.1.06, Lager-Nr. SN 86a/21, Pos. 3);

         Laptop "Acer", schwarz (act. 2/5.1.06, Lager-Nr. SN 86a/21, Pos. 14);

         Laptop "ASUS" (act. 2/5.1.06, Lager-Nr. SN 86a/21, Pos. 18);

         Vier USB-Sticks ("silber/holz", "rot", "schwarz", "Samsung") (act. 2/5.1.06, Lager-Nr. SN 86a/21, Pos. 22).

Weiter ergibt sich aus den Akten mit Bezug auf die nachfolgenden Gegenstände ein Deliktskonnex, weil sie entweder zur Begehung einer Straftat gedient haben oder aber durch eine Straftat hervorgebracht worden sind:

         Tower "Enermax", "MSI Geforce RTX" (act. 2/5.1.06, Lager-Nr. SN 86a/21, Pos. 12);

         iPhone 11 Pro Max, [...] (act. 2/5.1.06, Lager-Nr. SN 86b/21, Pos. 1).

 

Indes haben weder die Staatsanwaltschaft noch die Vorinstanz die kumulativ notwendige künftige konkrete Gefährdung der Sicherheit dargelegt. Hinzu kommt, dass das Bundesgericht Laptops als "elektronische Gerät[e] des alltäglichen Gebrauchs" betrachtet, von denen generell keine künftige konkrete Gefährdung ausgeht (siehe vorne Ziff. IV./1.2). Nach dem Grundsatz der Zwecktauglichkeit wäre eine selektive Löschung jener Dateien angemessen, die einen Deliktskonnex aufweisen, wovon wiederum private Dateien des Berufungsklägers (wie etwa Bilder und Videos seines verstorbenen Vaters, vgl. 81, S. 3) ausgenommen wären. Dies ist im vorliegenden Fall jedoch nicht möglich, da das Delikt weniger auf bestimmten Dateien als vielmehr auf einem Zugang zu Online-Plattformen beruht; so weist die Staatsanwaltschaft darauf hin, dass der Berufungskläger im Jahr 2020, nach seiner Einreise in die Schweiz, "alte Passwörter und ricardo-Accounts hervorgekramt oder wieder aktiviert" (act. 32, S. 27–28). Dieser zwar behaupteten aber nicht weiter begründeten künftigen, konkreten Gefährdung wäre weder durch eine Löschung der Dateien noch durch eine allfällige Vernichtung der internetfähigen Geräte der Berufungsklägers beizukommen, welcher sich von jedem anderen und beliebigen internetfähigen Gerät in die bisherigen Accounts einloggen oder problemlos auch neue Accounts gründen könnte. Eine Vernichtung der Gegenstände erscheint vor diesem Hintergrund als ebenso ungeeignet wie unverhältnismässig (vgl. Urteil BGer 6B_748/2008 vom 16. Februar 2009 E. 4.5.4.: "Unter dem Aspekt der Verhältnismässigkeit ist insoweit vorab zweifelhaft, ob die Einziehung in Anbetracht der leichten Wiederbeschaffungsmöglichkeit überhaupt zwecktauglich ist. Diese Frage kann jedoch offen gelassen werden, denn jedenfalls erscheint die Einziehung des Notebooks deshalb unverhältnismässig, weil der Sicherungszweck und der Eigentumseingriff in keinem vernünftigen Verhältnis zueinander stehen. Das Notebook mit erheblichem Eigenwert einzuziehen, um der [geringen] Gefahr, dass der Beschwerdeführer hiermit künftig erneut gefälschte Urkunden verfassen könnte, zu begegnen, schiesst über das Ziel hinaus").Es sind folglich diese Gegenstände dem Berufungskläger herauszugeben.

 

V. Kosten- und Entschädigungsfolgen

1.  

In formaler Hinsicht fällt das Obergericht ein neues Urteil, welches das erstinstanzliche Urteil ersetzt (Art. 408 StPO).

 

2.  

2.1. Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens tragen die Parteien nach Massgabe ihres Obsiegens oder Unterliegens (Art. 428 Abs. 1 StPO). Die Gerichtsgebühr für das Berufungsverfahren ist auf CHF 2'500.– festzusetzen (Art. 6 und Art. 8 Abs. 1 lit. b Ziff. 2 der Zivil- und Strafprozesskostenverordnung vom 22. Dezember 2010 [GS III A/5]) und beim vorliegenden Verfahrensausgang im Umfang von CHF 2'000.– dem Berufungskläger aufzuerlegen und im Umfang von CHF 500.– auf die Staatskasse zu nehmen.

 

2.2. Das urteilende Gericht legt die Entschädigung der amtlichen Verteidigung am Ende des Verfahrens fest (Art. 135 Abs. 2 StPO). Die amtliche Verteidigung wird nach dem Anwaltstarif desjenigen Kantons entschädigt, in dem das Strafverfahren geführt wurde (Art. 135 Abs. 1 StPO). Im Kanton Glarus beträgt das Honorar in Strafsachen CHF 180.– pro Stunde (Art. 6 des Tarifs für die Entschädigung der öffentlichen Verteidigung und der unentgeltlichen Rechtsvertretung vom 12. März 2004 (GS III I/5). Der von der amtlichen Verteidigung für das Verfahren vor Obergericht geltend gemachte Aufwand in der Höhe von insgesamt CHF 1'967.35 (act. 93) erscheint angemessen und ist auf die Staatskasse zu nehmen. Der Berufungskläger ist ausgangsgemäss verpflichtet, sobald es seine wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben, der Gerichtskasse vier Fünftel der Entschädigung in der Höhe von CHF 1'573.85 zurückzuzahlen (Art. 135 Abs. 4 lit. a StPO).

 

2.3.  

2.3.1. Da das Obergericht als Rechtsmittelinstanz vorliegend einen neuen Entscheid fällt, ist auch über die von der Vorinstanz getroffene Kostenregelung zu befinden (Art. 428 Abs. 3 StPO). Die Gerichtsgebühr für das vorinstanzliche Verfahren SG.2022.00036 wurde auf CHF 9'000.– festgesetzt (act. 47, S. 106, Dispositivziffer 8). Zwar obsiegt der Berufungskläger in Abweichung des vorinstanzlichen Urteils bezüglich der Herausgabe der beschlagnahmten Gegenstände, doch handelt es sich hierbei im mehr als hundertseitigen Urteil der Vorinstanz – angesichts der ansonsten hohen Komplexität des Verfahrens – um einen Nebenpunkt, der entsprechend nicht einmal zwei Seiten einnimmt. Mit Blick auf die Gerichtsgebühr fällt dieses teilweise Obsiegen nicht ins Gewicht und die vorinstanzliche Gerichtsgebühr ist als angemessen zu bestätigen.

 

2.3.2. Die von der Vorinstanz festgestellte Untersuchungsgebühr von CHF 52'000.– sowie die je CHF 500.– für die drei Verfügungen ZMG (SG.2020.00096, SG.2020.00133, SG.2021.00009) sind unverändert dem Berufungskläger aufzuerlegen.

 

2.3.3. Im Rahmen der amtlichen Verteidigung sind erstinstanzlich Auslagen in Höhe von CHF 24'125.45 angefallen (act. 47, S. 106, Dispositivziffer 8). Auch diese sind mit Hinweis auf die bereits gemachten Ausführungen (siehe vorne Ziff. V./2.3.1) als angemessen zu bestätigen und durch den Berufungskläger der Gerichtskasse zurückzuerstatten, sobald er dazu in der Lage ist (Art. 135 Abs. 4 lit. a StPO).

____________________

 

Das Gericht erkennt:

 

1.

 A.______ ist schuldig

 

 

 

 

 

der falschen Anschuldigung im Sinne von Art. 303 Ziff. 1 Abs. 2 StGB;

 

 

des gewerbsmässigen Betrugs im Sinne von Art. 146 Abs. 1 StGB i.V.m. Art. 146 Abs. 2 StGB;

 

 

des mehrfachen unbefugten Eindringens in ein Datenverarbeitungssystem im Sinne von Art. 143bis Abs. 1 StGB;

 

 

der Urkundenfälschung im Sinne von Art. 251 Ziff. 1 StGB;

 

 

des Betrugs im Sinne von Art. 146 Abs. 1 StGB.

 

 

 

 

2.

A.______ wird zu den folgenden Sanktionen verurteilt

 

 

 

 

 

Freiheitsstrafe von 40 Monaten, unter Anrechnung der erstandenen Untersuchungshaft von 198 Tagen. Es wird vorgemerkt, dass sich A.______ seit dem 10. März 2021 im vorzeitigen Strafvollzug befand und am 15. Februar 2023 bedingt aus dem Strafvollzug entlassen worden ist. Der nicht verbüsste Strafrest beträgt 311 Tage Freiheitsstrafe.

 

 

 

 

 

Landesverweisung von 5 Jahren.

 

 

 

 

3.

Nach Eintritt der Rechtskraft dieses Entscheids wird die Beschlagnahme der folgenden Gegenstände aufgehoben und sind diese A.______ auf erstes Verlangen herausgegeben:

 

       Spanischer Reisepass (act. 2/5.1.06, Lager-Nr. SN 86a/21, Pos. 4), entsprechend der diesbezüglich in Rechtskraft erwachsenen Dispositivziffer 3 des vorinstanzlichen Urteils (act. 47, S. 97);

       Diverse Rechnungen (act. 2/5.1.06, Lager-Nr. SN 86a/21, Pos. 1);

       Notizbuch (act. 2/5.1.06, Lager-Nr. SN 86a/21, Pos. 2);

       Mobiltelefon "iPhone" (act. 2/5.1.06, Lager-Nr. SN 86a/21, Pos. 3);

       Mobiltelefon "Samsung", defekt (act. 2/5.1.06, Lager-Nr. SN 86a/21, Pos. 5);

       Externe Festplatte (act. 2/5.1.06, Lager-Nr. SN 86a/21, Pos. 6);

       Briefumschlag mit Vermerk "Alucard89" (act. 2/5.1.06, Lager-Nr. SN 86a/21, Pos. 8);

       Mobiltelephon "iPhone", grün (act. 2/5.1.06, Lager-Nr. SN 86a/21, Pos. 9);

       Mappe mit Dokumenten (act. 2/5.1.06, Lager-Nr. SN 86a/21, Pos. 10);

       Festplatte "Seagate" 750 GB act. 2/5.1.06, Lager-Nr. SN 86a/21, Pos. 11);

       Tower "Enermax", "MSI Geforce RTX" (act. 2/5.1.06, Lager-Nr. SN 86a/21, Pos. 12);

       Bildschirm "Acer XB240H" (act. 2/5.1.06, Lager-Nr. SN 86a/21, Pos. 13);

       Laptop "Acer", schwarz (act. 2/5.1.06, Lager-Nr. SN 86a/21, Pos. 14);

       Bildschirm "Alienware", schwarz, mit Kabel (act. 2/5.1.06, Lager-Nr. SN 86a/21, Pos. 15);

       Tastatur, schwarz, mit Kopfhörer (act. 2/5.1.06, Lager-Nr. SN 86a/21, Pos. 16);

       Zwei Kabel: 1x schwarz, 1x grau (act. 2/5.1.06, Lager-Nr. SN 86a/21, Pos. 17);

       Laptop "ASUS" (act. 2/5.1.06, Lager-Nr. SN 86a/21, Pos. 18);

       PC- und Laptopmaterial, z.T. in Schachtel (act. 2/5.1.06, Lager-Nr. SN 86a/21, Pos. 19);

       PC-Maus (act. 2/5.1.06, Lager-Nr. SN 86a/21, Pos. 20);

       Verpackung leer, für Tastatur (act. 2/5.1.06, Lager-Nr. SN 86a/21, Pos. 21);

       Vier USB-Sticks ("silber/holz", "rot", "schwarz", "Samsung") (act. 2/5.1.06, Lager-Nr. SN 86a/21, Pos. 22);

       iPhone 11 Pro Max, IMEI 352871110960711 (act. 2/5.1.06, Lager-Nr. SN 86b/21, Pos. 1);

       SIM-Karte DIGI, 8934221906 (act. 2/5.1.06, Lager-Nr. SN 86b/21, Pos. 2);

       SIM-Karte DIGI, 8934221808 (act. 2/5.1.06, Lager-Nr. SN 86b/21, Pos. 3).

 

A.______ wird eine Frist von 30 Tagen ab Eintritt der Rechtskraft dieses Entscheids angesetzt, um die herauszugebenden Gegenstände selbst oder durch eine bevollmächtigte Person unter Vorlage eines amtlichen Ausweises nach telefonischer Voranmeldung bei der Kantonspolizei Glarus abzuholen.

 

 

 

Werden die herauszugebenden Gegenstände nicht innert Frist abgeholt, werden sie von der Kantonspolizei Glarus vernichtet.

 

 

4.

Es wird vorgemerkt, dass die Dispositivziffer 4 (betreffend abgewiesene Schadenersatzforderungen), Dispositivziffer 5 (betreffend eine anerkannte Zivilforderung), Dispositivziffer 6 (betreffend gutgeheissene Schadenersatzforderungen) und Dispositivziffer 7 (betreffend im Grundsatz bestätigte Genugtuungsforderungen) des Urteils des Kantonsgerichts Glarus vom 16. November 2022 in Rechtskraft erwachsen sind.

 

 

5.

Die Gerichtsgebühr für das Berufungsverfahren in der Höhe von CHF 2'500.– wird im Umfang von CHF 500.– auf die Staatskasse genommen und im Umfang von CHF 2'000.– A.______ auferlegt und von diesem bezogen.

 

 

6.

A.______ hat die Kosten der amtlichen Verteidigung für das Berufungsverfahren im Umfang von CHF 1'573.85 der Gerichtskasse zurückzuerstatten, sobald er dazu in der Lage ist.

 

 

7.

A.______ hat für das erstinstanzliche Verfahren eine Gerichtsgebühr von CHF 9'000.– zu bezahlen. Zudem hat er die Kosten der amtlichen Verteidigung für das erstinstanzliche Verfahren im Umfang von CHF 23'152.45 der Gerichtskasse zurückzuerstatten, sobald er dazu in der Lage ist.

8.

Die weiteren Verfahrenskosten betragen:

 

CHF

52'000.–

Untersuchungsgebühr (SA.2020.00763)

 

 

CHF

     500.–

Verfügung ZMG, SG.2020.00096 (act. 4.1.08)

 

 

CHF

     500.–

Verfügung ZMG, SG.2020.00133 (act. 4.1.20)

 

 

CHF

     500.–

Verfügung ZMG, SG.2021.00009 (act. 4.1.24)

 

 

Diese Verfahrenskosten im Umfang von gesamthaft 53'500.– werden A.______ vollumfänglich auferlegt und von ihm bezogen.

 

 

 

 

9.

Schriftliche Mitteilung an:

 

 

[...]