| Instanz: | Obergericht |
|---|---|
| Abteilung: | I. Kammer |
| Rechtsgebiet: | OR (Obligationenrecht) |
| Entscheiddatum: | 23.04.2002 |
| Fallnummer: | 11 01 147 |
| LGVE: | 2002 I Nr. 25 |
| Leitsatz: | Art. 319 ff. und 394 ff. OR. Zur Abgrenzung von Arbeitsvertrag und Auftrag. |
| Rechtskraft: | Diese Entscheidung ist rechtskräftig. |
| Entscheid: | Aufgrund einer schriftlichen Vereinbarung der Parteien war der Kläger als Platzwart für den Sportclub X. tätig. Für die vertraglich umschriebenen Leistungen wurde eine Pauschalentschädigung pro Spielsaison vereinbart. Nach Beendigung der Zusammenarbeit forderte der Kläger vom Beklagten aus Arbeitsvertrag ausstehenden Bruttolohn, Ferienlohn und Kinderzulagen. Das Obergericht wies die Klage in Bestätigung des vorinstanzlichen Entscheids ab. Aus den Erwägungen: 4. Streitig ist, ob das Vertragsverhältnis der Parteien als Arbeitsvertrag im Sinne von Art. 319 ff. OR oder als einfacher Auftrag im Sinne von Art. 394 ff. OR zu qualifizieren ist. Die rechtliche Qualifikation des streitigen Rechtsverhältnisses erfolgt unabhängig davon, wie die Parteien ihre Rechtsbeziehung selber eingeordnet haben, denn sie ist dem Parteiwillen schlechthin entzogen. Massgebend ist die Gesamtheit der im Vertrag eingeräumten Rechte und auferlegten Pflichten (Jäggi/Gauch, Zürcher Komm., N 226 zu Art. 18 OR). Ein Arbeitsvertrag im Sinne von Art. 319 OR ist durch folgende Merkmale gekennzeichnet: Arbeitsleistung, Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation, Dauerschuldverhältnis und Entgeltlichkeit. Die Abgrenzung des Einzelarbeitsvertrages von anderen Verträgen auf Arbeitsleistung erfolgt nach diesen Begriffsmerkmalen, wobei aber zu beachten ist, dass einzelne Merkmale für verschiedene Vertragsarten identisch sein können. Der einfache Auftrag hat die Besorgung von Geschäften im Interesse des Auftraggebers zum Gegenstand. Er ist mit dem Arbeitsvertrag eng verwandt. Eine Abgrenzung zwischen diesen beiden Verträgen ist insbesondere deshalb schwierig, weil der Vertragsgegenstand bei beiden Vertragsarten der gleiche sein kann. Für die Abgrenzung steht das Begriffsmerkmal des Subordinationsverhältnisses im Vordergrund. Massgebend ist, ob der Betroffene durch betriebliche Subordination in eine fremde Arbeitsorganisation eingegliedert ist, oder ob er frei bleibt, wann und wo er seine Dienste erbringen will. Die fachliche Weisungsgebundenheit ist allerdings kein eindeutiges Kriterium. Beziehen sich die Weisungen des Auftraggebers nur auf das zu besorgende Geschäft im Sinne des anzustrebenden Ziels, kann ohne weiteres ein Auftragsverhältnis vorliegen. Erst wenn Weisungen und Instruktionen den Gang und die Gestaltung der Arbeit durch den Verpflichteten unmittelbar beeinflussen, liegt offenkundig ein Arbeitsverhältnis vor. Neben dem Subordinationsverhältnis sind daher ergänzende Abgrenzungskriterien zu prüfen. Ein solches Indiz ist die wirtschaftliche Abhängigkeit. Der Umstand, dass der Handelnde wirtschaftlich vom Berechtigten unabhängig ist, indem er beispielsweise für mehrere Personen arbeitet, spricht für die Anwendung von Auftragsrecht. Nimmt ihn dagegen die Arbeit für längere Zeit mit seiner ganzen Arbeitskraft in Anspruch und wird er dafür mit einem das übliche Lohnniveau erreichenden Betrag entschädigt, dürfte auch bei relativer Freiheit in der Ausgestaltung und Organisation der Arbeit ein Einzelarbeitsvertrag vorliegen. Indizien für das Vorliegen eines einfachen Auftrags bilden der Umstand, dass der Handelnde das erforderliche Werkzeug und Material selber stellt sowie seine Befugnis, zur Erfüllung seiner Aufgaben Hilfspersonen beizuziehen. Auch dass er die Sozialversicherungsbeiträge selber bezahlt und sich gegen Krankheit und Unfall selber versichert, weist auf eine selbständige Erwerbstätigkeit und damit auf einen einfachen Auftrag hin. Schliesslich kann auch das Zeitmoment eine Rolle spielen. Der Umstand, dass der Handelnde frei ist, wieviel Zeit er auf die Erfüllung seiner Verpflichtung verwenden und wann er diese innerhalb eines bestimmten zeitlichen Rahmens erfüllen will, spricht für einen einfachen Auftrag. Beim Arbeitsvertrag bemisst sich die Leistung grundsätzlich nach der Zeit, während beim Auftrag die Besorgung eines bestimmten Geschäfts mit dem notwendigen Zeitaufwand im Vordergrund steht. 5. Die schriftlichen Verträge im vorliegenden Fall regelten nur, welche Arbeiten dem Kläger oblagen, nicht aber, wie er sie zu erbringen hatte. Vorgegeben war ein Zeitrahmen, der aber nicht im Hinblick auf die Leistungen des Klägers aufgestellt wurde. Er ergab sich vielmehr durch den Spielplan und durch den Trainingsplan. Innerhalb dieses Rahmens war der Kläger weitgehend frei, wann und wie er seine Leistungen für den Beklagten erbringen wollte. Gesamthaft betrachtet hatte der Kläger einen klaren und zum Teil knappen Zeitrahmen zur Erbringung seiner Leistungen. In deren Organisation und Gestaltung blieb er frei und war in diesem Sinne nur beschränkt in die Betriebsorganisation des Beklagten eingegliedert. Das bloss partielle Unterordnungsverhältnis erlaubt nicht, das Vertragsverhältnis der Parteien klar als Arbeitsvertrag oder als einfachen Auftrag zu qualifizieren. Der Kläger hatte nur einen relativ kleinen Teil seiner Arbeitskraft für die Platzwartaufgaben beim Beklagten aufzuwenden. Im Übrigen konnte er sie für anderweitige Erwerbstätigkeiten einsetzen. Der Abschluss des Platzwartvertrages brachte ihn deshalb in keine wirtschaftliche Abhängigkeit vom Beklagten. Wie weit ihm seine selbständige Tätigkeit als Reinigungsunternehmer ein ausreichendes Einkommen verschaffte, ist unter diesem Gesichtspunkt nicht von Bedeutung. Erfolg oder Misserfolg in seiner zeitmässigen Haupterwerbstätigkeit können die rechtliche Qualifikation seiner Nebentätigkeit nicht beeinflussen. Der Platzwartvertrag wurde auf unbestimmte Zeit, mit Kündigungsmöglichkeit jeweils nach einem Jahr, geschlossen. Die Parteien regelten damit nicht nur eine einzelne oder eine zeitlich kurz beschränkte Verrichtung, sondern beabsichtigten eine längerdauernde Bindung. Dies spricht für den Arbeitsvertrag. Anderseits war der Kläger frei, wieviel Zeit er auf die Erfüllung seiner Verpflichtungen verwenden wollte und wann er diese im Rahmen des Spiel- und Trainingsplans erfüllen wollte. Seine Leistungen bestimmten sich nicht nach der Zeit, sondern der Zeitaufwand ergab sich unmittelbar aus seinen Verpflichtungen. Durch eine zweckmässige Organisation und Ausführung der Arbeiten konnte er seinen ihm pauschal entschädigten Zeitaufwand verkürzen. Dieser Aspekt spricht für einen einfachen Auftrag. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass das Abgrenzungskriterium des Unterordnungsverhältnisses keine eindeutige Vertragsqualifikation erlaubt. Von entscheidender Bedeutung werden daher die ergänzenden Kriterien. Auf einen Arbeitsvertrag weist die von den Parteien beabsichtigte Vertragsdauer hin. Für einen einfachen Auftrag sprechen die fehlende wirtschaftliche Abhängigkeit des Klägers vom Beklagten, die Bestimmung seines Zeitaufwandes nach der erforderlichen Leistung und nicht seiner Leistung nach der zur Verfügung stehenden Zeit, das Stellen von Material auf eigene Rechnung, die Bezahlung aller Sozialversicherungsbeiträge und der Abschluss einer Kranken- und Unfallversicherung durch den Kläger sowie der ausdrückliche Hinweis auf die selbständige Erwerbstätigkeit des Klägers im Vertrag. Die auftragsrechtlichen Aspekte überwiegen. Das Vertragsverhältnis der Parteien ist daher mit der Vorinstanz als einfacher Auftrag im Sinne von Art. 394 ff. zu qualifizieren. I. Kammer, 23. April 2002 (11 01 147) (Das Bundesgericht hat die dagegen erhobene Berufung am 26. August 2002 abgewiesen.) |