Obergericht
Beschwerdekammer
Urteil vom 10. Januar 2019
Es wirken mit:
Oberrichter Frey
Oberrichter Müller
Gerichtsschreiberin Riechsteiner
In Sachen
A.___, vertreten durch Rechtsanwalt Sascha Schürch,
Beschwerdeführerin
Bundesamt für Justiz, Bundesrain 20, Fachbereich Auslieferung, 3003 Bern,
Beschwerdegegnerin
betreffend Vollstreckbarkeitserklärung
zieht die Beschwerdekammer des Obergerichts in Erwägung:
I.
1. A.___ wurde am 5. Dezember 2013 vom Amtsgericht [...], [...], wegen «Räuberei», begangen am 13. Mai 2013 in [...], schuldig befunden und zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Das Appellationsgericht [...] bestätigte mit Urteil vom 14. März 2014 den Entscheid des erstinstanzlichen Gerichts, reduzierte allerdings die Freiheitsstrafe auf drei Jahre. Gegen das zweitinstanzliche Urteil wurde kein Rechtsmittel ergriffen und es erwuchs in Rechtskraft.
2. A.___ hat Wohnsitz in [...], Kanton Solothurn, weshalb das Justizministerium der Republik [...] das Bundesamt für Justiz (nachfolgend BJ) am 16. August 2016 um Auslieferung von A.___ zwecks Vollzug dieser Freiheitsstrafe ersuchte. In der Folge wurde sie am 21. September 2016 in Auslieferungshaft versetzt (Auslieferungshaftbefehl des BJ vom 30. August 2016) und das BJ bewilligte am 7. November 2016 ihre Auslieferung nach [...]. Dagegen liess A.___ Beschwerde ans Bundesstrafgericht führen, welche teilweise gutgeheissen wurde (Entscheid des Bundesstrafgerichts vom 30. Januar 2017). Das Bundesstrafgericht machte die Auslieferung von einer förmlichen Garantieerklärung durch die […] Behörden abhängig. Hintergrund dieser Garantieerklärung war der zum damaligen Zeitpunkt rund einjährige Sohn von A.___ (B.___, geb. […] 2015). Das Bundesstrafgericht entschied, […] müsse zusichern, dass A.___ während des Strafvollzugs in einer Anstalt eingewiesen würde, welches ihr Recht auf Familienleben gemäss Art. 8 EMRK wahren würde. Da [...] keine derartige Garantieerklärung abgab, lehnte das BJ das Auslieferungsgesuch in der Folge definitiv ab.
3. Daraufhin ersuchten die [...] Behörden beim BJ um stellvertretende Strafvollstreckung. Nachdem die kantonale Justizvollzugsbehörde ihre Bereitschaft zur stellvertretenden Strafvollstreckung signalisiert hatte, entschied das BJ am 21. Juli 2017, das [...] Ersuchen anzunehmen. In der Folge beantragte es beim Amt für Justizvollzug des Kantons Solothurn formell die Einleitung des Exequaturverfahrens.
4. Das Amt für Justizvollzug des Kantons Solothurn gelangte am 16. April 2018 an das Richteramt Thal-Gäu und ersuchte um Erstellung einer Vollstreckbarerklärung. Die Hauptverhandlung fand am 13. August 2018 statt und der Amtsgerichtspräsident von Thal-Gäu erklärte gleichentags das [...] Strafurteil als vollstreckbar (Urteil des Amtsgerichtspräsidenten von Thal-Gäu vom 13. August 2018, […]). Das Urteil des Amtsgerichtspräsidenten von Thal-Gäu gab in der Rechtsmittelbelehrung die Berufung gemäss Art. 398 ff. StPO als zulässiges Rechtsmittel an. Entsprechend dieser Rechtsmittelbelehrung liess A.___ am 12. September 2018 Berufung erklären und beantragte die vollumfängliche Aufhebung des angefochtenen Urteils.
5. Die Beschwerdekammer des Obergerichts Solothurn hielt mit Verfügung vom 31. Oktober 2018 fest, die angegebene Rechtsmittelbelehrung sei unzutreffend. Das richtige Rechtsmittel sei nicht die Berufung, sondern die Beschwerde. Folglich wurde dem Vertreter von A.___ eine Frist von zehn Tagen angesetzt, um die Rechtsmitteleingabe zu korrigieren und zu begründen. Dieser Aufforderung kam Rechtsanwalt Sascha Schürch mit der Beschwerdeschrift vom 12. November 2018 fristgerecht nach.
6. Sowohl die Vorinstanz als auch das Amt für Justizvollzug des Kantons Solothurn verzichteten auf Vernehmlassung zur Beschwerde von A.___ (nachfolgend Beschwerdeführerin). Das BJ hingegen reichte am 23. November 2018 seine Stellungnahme ein. Rechtsanwalt Sascha Schürch replizierte am 3. Dezember 2018 zur Stellungnahme des BJ und reichte am 4. Januar 2019 seine Honorarnote ein, so dass sich die vorliegende Sache als spruchreif erweist.
II.
1. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Frage der stellvertretenden Vollstreckung eines ausländischen Strafurteils in der Schweiz und damit um die Vollstreckbarerklärung eines [...] Strafurteils (Exequaturverfahren). Wie die Vorinstanz zutreffend erläutert hat, wird die internationale Rechtshilfe in Strafsachen primär durch die anwendbaren bi- bzw. multilateralen völkerrechtlichen Verträge geregelt. Vorliegend ist zwischen der Schweiz und [...] das Europäische Auslieferungsübereinkommen vom 13. Dezember 1957 (EAUe; SR 0.353.1) samt Zusatzprotokollen (SR 0.353.11-13) einschlägig. Gemäss Art. 22 EAUe gelangt das nationale Recht des ersuchten Staates zur Anwendung, soweit weder das EAUe noch die Zusatzprotokolle etwas anderes bestimmen. Dies ist vorliegend der Fall, weshalb das Bundesgesetz vom 20. März 1981 über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRSG; SR 351.1) und die dazugehörende Verordnung (IRSV; SR 351.11) vorliegend zur Anwendung gelangen.
2. Gestützt auf Art. 104 Abs. 1 IRSG entscheidet das BJ nach Rücksprache mit der kantonalen Vollzugsbehörde zunächst formell über die Annahme eines ausländischen Vollstreckungsersuchens. Nimmt das BJ das Gesuch an, so übermittelt es die Akten und seinen Antrag an die Vollzugsbehörde und informiert den ersuchenden Staat. Der nach Art. 32 StPO zuständige kantonale Richter hört die verurteilte Person an und entscheidet über die Vollstreckung (Art. 105 IRSG). Dabei prüft der Richter von Amtes wegen, ob die Voraussetzungen der Vollstreckung gegeben sind und erhebt die nötigen Beweise (Art. 106 Abs. 1 IRSG). Der Richter erklärt den ausländischen Entscheid für vollstreckbar, sofern alle Voraussetzungen erfüllt sind und trifft die für die Vollstreckung erforderlichen Anordnungen (Art. 106 Abs. 2 IRSG). Der Entscheid hat in Form eines begründeten Urteils zu erfolgen (Art. 106 Abs. 3 Satz 1 IRSG). Das kantonale Recht stellt ein Rechtsmittel zur Verfügung (Art. 106 Abs. 3 Satz 2 IRSG). Im Kanton Solothurn ist dies die Beschwerde gemäss Art. 393 ff. StPO (§ 6bis des EG StPO, BGS 321.3).
3. Die Beschwerdekammer hat im vorliegenden Verfahren zu prüfen, ob die Voraussetzungen der Vollstreckbarerklärung im Sinne von Art. 94-96 IRSG erfüllt sind. Die Beschwerdeführerin hat das Urteil umfassend in allen Punkten angefochten. Dabei wendet sie sich nicht nur gegen die Vollstreckbarerklärung des Urteils an sich, sondern erachtet insbesondere die zu vollstreckende Freiheitsstrafe als viel zu hoch und rügt, die ausgefällte Sanktion verletzte den internationalen ordre public.
4. Zunächst hat die Vorinstanz zutreffend dargelegt, dass die Voraussetzungen von Art. 94 IRSG erfüllt sind:
Das fragliche [...] Urteil des Appellationsgerichts [...] ist rechtskräftig und vollstreckbar und es liegt ein Ersuchen um stellvertretende Strafvollstreckung aus [...] vor. Die Beschwerdeführerin hat ihren Wohnsitz in [...], Kanton Solothurn. Sie ist seit Februar 2015 mit dem Schweizer C.___ verheiratet und hat mit ihm zwei gemeinsame Kinder, B.___ (geb. [...] 2015) und D.___ (geb. [...] 2018). Ihr gewöhnlicher Aufenthalt liegt in der Schweiz, womit die Voraussetzung nach Art. 94 Abs. 1 lit. a IRSG erfüllt sind. Dies wird auch von der Beschwerdeführerin anerkannt.
Gegenstand der [...] Urteile ist der Tatbestand der «Räuberei». Die Beschwerdeführerin wurde für schuldig befunden, im Alter von 18 Jahren zusammen mit zwei anderen Personen bei einem Raub respektive bei einem Entreissdiebstahl mitgewirkt zu haben. Der Tatablauf war gemäss den [...] Urteilen wie folgt: Am 29. Mai 2013 soll sich die Beschwerdeführerin zusammen mit zwei weiteren Personen (E.___ und F.___) in einem Casino in [...], [...], aufgehalten haben. Als die Beschwerdeführerin an einem Roulette-Tisch gesessen sei, habe sie beobachtet, dass eine andere Frau (die spätere Geschädigte) viel Bargeld auf sich getragen habe. Sie habe E.___ gerufen, welcher die Geschädigte ebenfalls beobachtet habe. Als man gesehen habe, dass die Geschädigte bald das Casino verlassen werde, habe die Beschwerdeführerin vorgeschlagen, der Geschädigten zu folgen. Anschliessend habe die Geschädigte das Casino tatsächlich verlassen und sei mit einem Taxi nach Hause gefahren, wobei ihr die drei Personen (Beschwerdeführerin, E.___ und F.___) mit dem Wagen von F.___ nachgefahren seien. Nachdem die Geschädigte aus dem Taxi ausgestiegen sei, sei E.___ aus dem Wagen ausgestiegen, habe die Geschädigte in den Rücken gestossen und ihr die Handtasche weggerissen. Dabei sei die Geschädigte hingefallen und habe sich Schürfungen sowie Quetschungen zugezogen. Anschliessend seien die drei Personen in F.___s Wagen weggefahren. Danach habe E.___ der Beschwerdeführerin die Handtasche überreicht, welche das Bargeld gezählt und die Wertsachen verteilt habe. Insgesamt sei ein Deliktsbetrag von umgerechnet CHF 1'480.00 erbeutet worden. Dieser Sachverhalt wurde von zwei [...] Gerichten rechtskräftig festgestellt und wird von der Beschwerdeführerin nicht bestritten. In der Schweiz wäre ein solcher Tatablauf zumindest als Gehilfenschaft zum Entreissdiebstahl strafbar (Art. 139 i.V.m. Art. 25 StGB), was auch von der Beschwerdeführerin bestätigt wird. Damit ist das Erfordernis der doppelten Strafbarkeit i.S.v. Art. 94 Abs. 1 lit. b IRSG erfüllt.
Zudem ist auch die Voraussetzung von Art. 94 Abs. 2 IRSG gegeben: Die durch das [...] Gericht verhängte Sanktion übersteigt den in der Schweiz für den Tatbestand des Diebstahls vorgesehenen Strafrahmen von 5 Jahren Freiheitsstrafe nicht. Daher erweist sich das vorinstanzliche Urteil betreffend Art. 94 IRSG als zutreffend.
5. Sodann hat die Beschwerdeführerin bereits vor der Vorinstanz und vor Bundesstrafgericht einen Verstoss gegen das Prinzip des internationalen ordre public rügen lassen. Die verhängte dreijährige Freiheitsstrafe sei angesichts der konkreten Umstände unverhältnismässig hoch, da sie im Tatzeitpunkt erst 18 Jahre alt, nicht vorbestraft und ihr Tatbeitrag marginal gewesen sei. Auch die Deliktssumme sei klein gewesen. Das [...] Urteil verletze angesichts dieser unangemessenen Strafe den internationalen ordre public, was einer Vollstreckbarkeit in der Schweiz entgegenstünde.
Was die Beschwerdeführerin in Bezug auf die Unverhältnismässigkeit der Strafe des ihr zu Last gelegten Delikts vorbringt, verfängt nicht. Den Einwendungen der Beschwerdeführerin ist zunächst entgegenzuhalten, dass ein Rechtshilfeverfahren nicht der nachträglichen Überprüfung der Strafzumessung rechtskräftiger Strafurteile durch den Rechtshilferichter dient (Urteil des Bundesgerichts 1A.265/2003 vom 29. Januar 2004, E. 2.2). Die Verhältnismässigkeit der betreffenden Strafe ist im Vollstreckungsverfahren grundsätzlich nicht weiter zu prüfen (Entscheid des Bundesgerichts 1A.199/2002 vom 5. Dezember 2002, E. 2.3). Soweit die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind, kann die Rechtshilfe nur verweigert werden, wenn das ausländische Strafurteil dem internationalen ordre public widerspräche (vgl. BGE 126 II 324 E. 4a).
Vorliegend hat bereits das Bundesstrafgericht festgehalten, in der vorliegenden Konstellation sei der internationale ordre public klarerweise nicht verletzt. Es hat mit Verweis auf die einschlägige Rechtsprechung dargelegt, auch die besondere Strenge einer Strafe stelle grundsätzlich kein Hindernis dar (vgl. Urteil des Bundesgerichts 1A.135/2005 vom 22. August 2005, E. 3.4). Ein Hinderungsgrund liege nur vor, wenn die Strafe in keinem Verhältnis mehr zur Schwere der Straftat und zum Verschulden des Täters stehe und deshalb als unerträglich harte, unmenschliche Strafe i.S.v. Art. 3 EMRK erscheine (Verweis auf das Urteil des Bundesgerichts 1A.135/2005 vom 22. August 2005, E. 3.4). Es gelangte zum Ergebnis, die vorliegende Freiheitsstrafe erscheine zwar streng, es könne aber nicht gesagt werden, die Strafe sei geradezu unerträglich hart und unmenschlich. Ausserdem handle es sich vorliegend nicht um ein offensichtliches Bagatelldelikt. Eine Verletzung des internationalen ordre public scheide deshalb klarerweise aus (Entscheid des Bundesstrafgerichts vom 30. Januar 2017, Verfahrensnummer RR.2016.311, E. 6.2).
Auch die Vorinstanz hat einlässlich und überzeugend dargestellt, weshalb im vorliegenden Fall nicht von der zurückhaltenden bundesgerichtlichen Rechtsprechung hinsichtlich des ordre public abgewichen werden darf. Sie hat nachvollziehbar erwogen, dass das in Frage stehende Delikt zwar in der Schweiz mit grosser Wahrscheinlichkeit weniger einschneidend bestraft worden wäre, dass die verhängte Sanktion jedoch im Vergleich mit den unter Art. 3 EMRK fallenden Präjudizien nicht als eine Verletzung des internationalen ordre public qualifiziert werden könne. Diese Begründung überzeugt: Zweifelsohne ist die ausgefällte Freiheitsstrafe von drei Jahren für die der Beschwerdeführerin zu Last gelegte Tat nach schweizerischem Verständnis als sehr hoch einzustufen. Dies indiziert vorliegend aber keine unerträglich harte, unmenschliche Strafe im Sinne von Art. 3 EMRK. Mit der Vorinstanz ist zudem festzuhalten, dass eine Verletzung des internationalen ordre public restriktiv zu handhaben ist. Nur gravierende Verletzungen würden eine stellvertretende Strafvollstreckung ausschliessen, was hier nicht der Fall ist.
Des Weiteren betreffend die Rügen der Beschwerdeführerin, die […] Gerichte hätten eine zu hohe Sanktion ausgefällt, ohne die besonderen Umstände des Einzelfalls zu würdigen, die Vorgehensweise der ausländischen Sachrichter bei der Strafzumessung, welche in einem Rechtshilfeverfahren grundsätzlich keiner nachträglichen Überprüfung mehr zu unterziehen ist. Dies gilt umso mehr, als hier ein rechtskräftiges und in zweiter Instanz überprüftes Sachurteil des zuständigen Gerichts eines europäischen Staates vorliegt: Vorliegend hat das Appellationsgericht [...] in seinem Urteil vom 14. März 2014 das ursprünglich vom Amtsgericht [...] ausgefällte Strafmass von fünf Jahren Freiheitsstrafe auf drei Jahre reduziert, nachdem es zu einer milderen rechtlichen Qualifikation gelangt war. Des Weiteren wich das Appellationsgericht von der für den Straftatbestand der «Räuberei» grundsätzlich vorgeschriebenen Mindeststrafe von fünf Jahren Freiheitsstrafe angesichts des jungen Alters der Beschwerdeführerin im Tatzeitpunkt ab und reduzierte das Strafmass um zwei Jahre (vgl. Urteil des Appellationsgerichts [...] vom 14. März 2014, Strafverfahren 46/14). Somit erweist sich die Rüge der Beschwerdeführerin, die für sie entlastenden Aspekte wie beispielsweise ihr jugendliches Alter hätten sich in keiner Weise zu ihren Gunsten ausgewirkt, als unbegründet. Vielmehr kann den […] Urteilen diesbezüglich entnommen werden, dass das junge Alter der Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der Tat als besonders entlastender Umstand gewertet wurde. Auch der damals einwandfreie Leumund der Beschwerdeführerin wurde in die Strafzumessung einbezogen.
Zudem berücksichtigte bereits das Amtsgericht [...] die untergeordnete Rolle der Beschwerdeführerin bei der Tat und anerkannte explizit, dass sie selber keine physische Gewalt angewendet hatte. Als straferhöhend wurde jedoch die bandenmässige Begehung der Tat gewertet, wobei ein Mitglied der Gruppe minderjährig war. Dieses Verhalten gegenüber einer minderjährigen Person qualifizierte das Amtsgericht [...] als besonders verwerflich und gewichtete diesen Umstand als strafschärfend: «Es gibt grössere Chancen, dass Minderjährige nachteilig beeinflusst werden» (Urteil des Amtsgerichts […] vom 5. Dezember 2013).
Letztlich zog das zweitinstanzliche Gericht sogar in Erwägung, angesichts des jungen Alters der Beschwerdeführerin gar keine Freiheitsstrafe, sondern eine andere Strafart auszufällen. Das Appellationsgericht ordnete die Tat letztlich jedoch als zu schwer ein, als dass die Anordnung einer alternativen Strafart möglich gewesen wäre. Im Urteil des Appellationsgericht […] steht denn auch ausdrücklich: «Hier geht es wirklich um junge Personen, aber die ihrerseits ausgeführten Handlungen, die schwere Straftaten sind, bieten keine Möglichkeit, damit andere Strafmassnahmen gesprochen werden» (vgl. Urteil des Appellationsgerichts [...] vom 14. März 2014, Strafverfahren 46/14). Das Appellationsgericht blieb schliesslich bei der Ausfällung einer Freiheitsstrafe, entscheid aber, diese in der Höhe erheblich zu reduzieren. Aus dem Gesagten ergibt sich, dass sich die vor Ort zuständigen Sachrichter einlässlich mit den Umständen des Einzelfalls auseinandergesetzt und bei der Strafzumessung eingehend gewürdigt haben.
Wie die Vorinstanz ausserdem zutreffend erläutert hat, werden gemäss Art. 94 Abs. 2 IRSG die im Ausland verhängte Sanktionen in der Schweiz vollzogen, soweit sie das Höchstmass der im schweizerischen Recht für eine entsprechende Tat vorgesehene Strafe nicht übersteigen. Vorliegend übersteigt die in Frage stehende Sanktion weder in ihrer Höhe noch in ihrer Strafart den in der Schweiz für den Tatbestand des Diebstahls vorgesehenen Strafrahmen von 5 Jahren Freiheitsstrafe. Die in […] gegen die Beschwerdeführerin verhängte Freiheitsstrafe erfüllt damit sämtliche gesetzlichen Voraussetzungen, weshalb die Rügen der Beschwerdeführerin, durch die Gutheissung des […] Begehrens würde der internationale ordre public bzw. Art. 3 EMRK verletzt, ins Leere stossen.
6. Des Weiteren lässt die Beschwerdeführerin geltend machen, eine stellvertretende Strafvollstreckung sei nur zulässig, wenn eine Auslieferung definitiv ausgeschlossen sei. Vorliegend sei die Auslieferung der Beschwerdeführerin aber gerade nicht definitiv ausgeschlossen. Zwar habe das Bundesstrafgericht die Auslieferung an eine Auflage (Garantieerklärung von [...]) geknüpft, die Auslieferung sei aber nicht als rechtlich unmöglich oder unzulässig qualifiziert worden. Auch die Tatsache, dass die […] Behörden die Garantieerklärung letztlich nicht abgegeben hätten, bedeute nicht, dass die Auslieferung nicht mehr rechtlich zulässig sei. Der Auslieferungsentscheid des BJ vom 7. November 2016 stelle daher nach wie vor eine rechtsgültige Verfügung dar, welche einer stellvertretenden Strafvollstreckung entgegenstehe. Deshalb sei eine stellvertretende Strafvollstreckung nicht zulässig.
Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden. Entgegen der Ansicht der Verteidigung hat der Auslieferungsentscheid des BJ vom 7. November 2016 keinen Bestand mehr, weil das BJ die Auslieferung der Beschwerdeführerin an die Republik […] mit Verfügung vom 10. März 2017 definitiv abgelehnt hat. In der Folge haben die […] Behörden um stellvertretende Strafvollstreckung – und nicht erneut um Auslieferung – ersucht. Zudem hat das Bundesstrafgericht in seinem Entscheid vom 30. Januar 2017 festgehalten, eine Auslieferung sei nur zulässig, wenn im Strafvollzug in […] die Mutter-Kind-Beziehung möglich sei (Entscheid des Bundesstrafgerichts vom […], Verfahrensnummer […] E. 7.4). Im Umkehrschluss ist von der Unzulässigkeit einer Auslieferung auszugehen, wenn die entsprechenden Modalitäten im Strafvollzug nicht gewährleistet werden können. Nachdem eine Auslieferung explizit an die Erfüllung einer annahmebedürftigen Auflage gemäss Art. 80p IRSG geknüpft wurde, die Auflage jedoch von den […] Behörden innert Frist nicht erfüllt wurde respektive eine entsprechende Garantieerklärung ausblieb, wurde die Auslieferung in der Folge definitiv unzulässig. Einer stellvertretenden Strafvollstreckung steht daher unter diesem Gesichtspunkt nichts entgegen.
7. Damit ist festzuhalten, dass vorliegend sämtliche Voraussetzungen gemäss Art. 94 IRSG erfüllt sind, auch wenn die zu vollziehende Strafe als sehr streng zu qualifizieren ist. Andere Hindernisse gemäss Art. 95 oder Art. 96 IRSG, welche einer Vollstreckbarerklärung entgegenstehen würden, wurden weder geltend gemacht noch sind solche ersichtlich.
8. Unter diesen Umständen erweisen sich die Rügen der Beschwerdeführerin als unbegründet. Das Urteil des Amtsgerichts [...] vom 5. Dezember 2013 i.V.m. dem Urteil des Appellationsgerichts [...] vom 14. März 2014 werden deshalb als vollstreckbar erklärt, auch wenn das Strafmass angesichts der konkreten Umstände als sehr streng wirken mag. Eine partielle Strafverbüssung ist nicht ersichtlich, weshalb sich die noch ausstehende Strafe auf drei Jahre Freiheitsstrafe beläuft. Wie bereits die Vorinstanz dargelegt hat, ist die ausgestandene Auslieferungshaft im vollen Umfang anzurechnen. Die Sanktion ist übernahmeweise in einer Strafvollzugsanstalt in der Schweiz zu vollziehen. Schliesslich erfolgt der Vollzug der Freiheitsstrafe nach schweizerischen Vollzugsmodalitäten, welche gemäss Art. 74 ff. StGB unter anderem den besonderen Umständen und der sozialen Wiedereingliederung der betroffenen Person Rechnung tragen muss.
9. Für das Exequaturverfahren werden gemäss Art. 108 i.V.m. Art. 31 IRSG keine Kosten erhoben. Die Vorinstanz hat zu Recht darauf verzichtet, für das erstinstanzliche Verfahren Kosten zu erheben, insbesondere auch für die Mitwirkung anderer Behörden. Das Verbot der Kostenauferlegung erfasst das gesamte Exequaturverfahren, und damit auch das vorliegende Rechtsmittelverfahren (Art. 106 Abs. 3 IRSG). Auf eine Kostenerhebung ist daher auch im Rahmen des vorliegenden Beschwerdeverfahrens zu verzichten. Die amtliche Verteidigung ist der Beschwerdeführerin für das Beschwerdeverfahren zu gewähren und Rechtsanwalt Sascha Schürch ist ihr als amtlicher Verteidiger beizuordnen. Dessen Entschädigung ist aufgrund der eingereichten Honorarnote auf CHF 2’009.90 festzusetzen. Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates für die Dauer von 10 Jahren, sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerin erlauben.
Demnach wird erkannt:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
2. Das Urteil des Amtsgerichts [...], [...], vom 5. Dezember 2013 i.V.m. dem Urteil des Appellationsgerichts [...], [...], vom 14. März 2014 wird als in der Schweiz vollstreckbar erklärt.
3. Die vom [...] Appellationsgericht ausgefällte Freiheitsstrafe von 3 Jahren wird in der Schweiz für vollstreckbar erklärt. Das Amt für Justizvollzug des Kantons Solothurn wird mit dem Vollzug dieser Strafe beauftragt.
4. Der ausgestandene Freiheitsentzug im Rahmen der Auslieferungshaft wird der Beschwerdeführerin an die Strafe angerechnet.
5. Es werden keine Kosten erhoben.
6. Der Beschwerdeführerin wird für das Beschwerdeverfahren die amtliche Verteidigung bewilligt und Rechtsanwalt Sascha Schürch wird ihr als amtlicher Verteidiger beigeordnet.
7. Die Entschädigung für den amtlichen Verteidiger der Beschwerdeführerin, Rechtsanwalt Sascha Schürch wird für das Beschwerdeverfahren auf CHF 2’009.90 festgesetzt. Sie ist zahlbar durch den Staat Solothurn resp. auszahlbar durch die Zentrale Gerichtskasse. Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates für die Dauer von 10 Jahren, sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerin erlauben.
Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Erhalt des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in Strafsachen eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist beginnt am Tag nach dem Empfang des begründeten Urteils zu laufen und wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers oder seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Art. 78 ff. und 90 ff. des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.
Im Namen der Beschwerdekammer des Obergerichts
Die Präsidentin Die Gerichtsschreiberin
Jeger Riechsteiner
Das Bundesgericht ist mit Urteil vom 10. April 2019 auf die dagegen erhobene Beschwerde nicht eingetreten (BGer 6B_245/2019).