Obergericht

Zivilkammer

 

Urteil vom 1. März 2019

Es wirken mit:

Präsident Frey

Oberrichter Müller

Oberrichterin Jeger

Gerichtsschreiberin Kofmel

In Sachen

A.___, vertreten durch Rechtsanwältin Clivia Wullimann,

 

Berufungsklägerin

 

 

gegen

 

 

B.___, vertreten durch Rechtsanwalt Hans Jörg Werder,

 

Berufungsbeklagter

 

betreffend Abänderung Eheschutzmassnahmen


zieht die Zivilkammer des Obergerichts in Erwägung:

I.

1. Die Parteien hatten im Jahre 2017 vor Richteramt Solothurn-Lebern ein Eheschutzverfahren geführt. Mit Urteil vom 6. Dezember 2017 war der Ehemann verpflichtet worden, ab 1. September 2017 an den Unterhalt seiner Frau einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von CHF 860.00 zu bezahlen.

2.1 Am 31. August 2018 reichte der Ehemann ein Gesuch um Aufhebung, eventuell Reduktion des Unterhaltsbeitrages ab 1. August 2018 ein. Er machte geltend, offenbar habe die Ehefrau ihr Arbeitspensum erhöht. Dann habe er die Vermutung, dass bei der Ehefrau die Wohnkosten weggefallen sein könnten, da sie in eine, ihrer Mutter gehörenden Wohnung umgezogen sei.

2.2 Anlässlich der Verhandlung vor dem Amtsgerichtsstatthalter vom 27. November 2018 machte der Ehemann geltend, der Bedarf beider Ehegatten sei gedeckt. Sie hätten beide eine Sparquote und somit sei es nicht gerechtfertigt, den Gesamtüberschuss von heute CHF 4'500.00 aufzuteilen. Die Ehefrau stellte sich auf den Standpunkt, dass der Überschuss von CHF 4'694.00 geteilt werden müsse. Mit Urteil vom 27. November 2018 reduzierte der Amtsgerichtsstatthalter den Unterhaltsbeitrag ab 1. September 2018 auf CHF 60.00 pro Monat.

3. Frist- und formgerecht erhob die Ehefrau Berufung und beantragte, der Unterhaltsbeitrag an sie sei auf mindestens CHF 557.00 seit 1. Dezember 2018 festzusetzen. Sie stellte zudem die Anträge, es sei eine mündliche Verhandlung durchzuführen und der Ehemann sei durch das Gericht gestützt auf Art. 192 ZPO im Rahmen einer Beweisaussage zu seiner derzeitigen Wohnsituation zu befragen bzw. zu verpflichten. Der Ehemann beantragte, die Berufung sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Im Weitern seien auch die Anträge auf Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung und einer Befragung von ihm im Rahmen einer Beweisaussage abzuweisen.

4. Anlässlich der Verhandlung vom 27. November 2018 vor dem Amtsgerichtsstatthalter hat eine Parteibefragung stattgefunden. Der Ehemann wurde im Rahmen seiner Befragung ausführlich zu seiner Wohnsituation befragt. Sowohl die Parteibefragung als auch die Beweisaussage sind Beweismittel. Es ist nicht ersichtlich, welche Erkenntnisse mit einer nochmaligen Parteibefragung bzw. einer Beweisaussage gewonnen werden könnten. Die Anträge auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Durchführung einer Beweisaussage im Sinne von Art. 192 Schweizerische Zivilprozessordnung (ZPO, SR 272) werden deshalb abgewiesen.

5. Über die Berufung kann deshalb in Anwendung von Art. 316 Abs. 1 ZPO aufgrund der Akten entschieden werden. Für die Parteistandpunkte und die Erwägungen des Vorderrichters wird grundsätzlich auf die Akten verwiesen. Soweit erforderlich, ist nachstehend darauf einzugehen.

II.

1. Im Urteil vom 6. Dezember 2017 hat der Amtsgerichtspräsident die zweistufige Berechnungsmethode angewandt. Einem Gesamteinkommen der Ehegatten in der Höhe von CHF 10'932.00 (Ehefrau CHF 4'134.00, Ehemann CHF 6'798.00) stand ein Gesamtexistenzminimum von CHF 8'250.00 (Ehefrau CHF 3'650.00, Ehemann CHF 4'600.00) gegenüber. Der Überschuss von CHF 2'682.00 wurde je hälftig auf die Parteien verteilt. Im angefochtenen Urteil vom 27. November 2018 wandte der Amtsgerichtsstatthalter die gleiche Berechnungsmethode an. Das Gesamteinkommen wurde auf CHF 12'843.00 (Ehefrau CHF 5'949.00, Ehemann CHF 6'894.00) und der Gesamtbedarf auf CHF 8'995.00 (Ehefrau CHF 4'082.00, Ehemann CHF 4'913.00) ermittelt. Der Überschuss von CHF 3'848.00 wurde je hälftig (je CHF 1'924.00) auf die beiden Ehegatten verteilt, was ein persönlicher Unterhaltsbeitrag von CHF 60.00 (Bedarf Ehefrau CHF 4'082.00 zuzüglich hälftiger Überschuss CHF 1'924.00 abzüglich eigener Verdienst CHF 5'949.00) ergab.

2. Die Berufungsklägerin bringt an der Berechnung des Vorderrichters lediglich Rügen an der Höhe des Bedarfs des Ehemannes an. Sie macht diesbezüglich geltend, an der Verhandlung vom 27. November 2018 seien ihr bei der Parteibefragung des Ehemannes Bedenken aufgekommen, dass dieser bezüglich seiner derzeitigen Wohnsituation wahre Aussagen tätige. Als der Amtsgerichtsstatthalter den Ehemann während der Parteibefragung auf eine allfällige Wohngemeinschaft und auf Nachfrage den Ehemann auf eine Frau [...] angesprochen habe, sei sie und ihre Rechtsvertreterin stutzig geworden, da ihnen im vorliegenden Verfahren der vorgenannte Name noch nie zur Kenntnis gelangt sei. Entgegen der Auffassung des Vorderrichters könne nicht davon ausgegangen werden, dass keine genügenden Anhaltspunkte für eine Wohngemeinschaft des Ehemannes vorliegen würden. Im Gegenteil sei mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der Ehemann eine solche aufgrund des ehelichen Unterhalts verschweige. Es müsse davon ausgegangen werden, dass der Amtsgerichtsstatthalter die Informationen bezüglich Frau [...] aufgrund eines andern hängigen Verfahrens erlangt habe. Infolge der Wohngemeinschaft reduziere sich der Bedarf des Ehemanns auf CHF 3'913.00. Der Unterhaltsbeitrag an sie erhöhe sich entsprechend auf CHF 557.00.

3. Die Berufung ist gemäss Art. 311 Abs. 1 ZPO schriftlich und begründet einzureichen. Nach Lehre und Rechtsprechung hat der Berufungskläger der Rechtsmittelinstanz im Einzelnen darzulegen, aus welchen Gründen der angefochtene Entscheid der Vorinstanz falsch ist und abgeändert werden soll. Er hat der Berufungsinstanz gegenüber insbesondere auch Anträge darüber zu stellen, wie diese entscheiden soll. Enthält die Berufungsschrift keine Begründung und keinen wenigstens sinngemässen Antrag, ist von Amtes wegen auf die Berufung nicht einzutreten. Ist die Berufung nicht geradezu ungenügend, aber in der Substanz mangelhaft, indem sie sich auf rudimentäre, pauschale oder oberflächliche Kritik am angefochtenen Urteil beschränkt, ohne im Detail auf die Argumentation der Vorinstanz einzugehen, lässt dies das Eintreten auf die Berufung zwar unberührt, kann sich aber in der materiellen Beurteilung zum Nachteil des Berufungsklägers auswirken. Es genügt beispielsweise nicht, in einer Berufungsschrift einen blossen Verweis auf die Vorakten anzubringen oder bloss zu wiederholen, was bereits vor der Vorinstanz vorgebracht wurde. Die Begründung muss hinreichend genau und eindeutig sein, um von der Berufungsinstanz ohne Mühe verstanden und nachvollzogen werden zu können. Verlangt wird, dass sich ein Berufungskläger in der Berufungsschrift detailliert mit dem vorinstanzlichen Entscheid auseinandersetzt. Es muss ersichtlich sein, was seiner Auffassung nach genau am angefochtenen Urteil falsch ist und korrigiert werden soll. Dies setzt voraus, dass der Berufungskläger im Einzelnen die vorinstanzlichen Erwägungen bezeichnet und die Aktenstücke oder Beweismittel nennt, auf denen seine Kritik beruht. Mit diesen hat er sich auseinander zu setzen. Blosse appellatorische Kritik genügt nicht (vgl. z.B. Peter Reetz/Stefanie Theiler in: Thomas Sutter-Somm et al. [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Zürich 2016, Art. 311 N 34 ff.; BGE 138 III 374 E. 4.3).

4. Dem Verhandlungsprotokoll vom 27. November 2018 ist Folgendes zu entnehmen: Im ersten Parteivortrag kommentierte die Berufungsklägerin anhand einer Berechnungstabelle, welche sie zu den Akten gab, die einzelnen Positionen für die Berechnung des Unterhaltsbeitrages. Sie gestand dem Ehemann einen Mietzins von CHF 1'200.00 sowie einen Grundbetrag für einen Alleinstehenden von CHF 1'200.00 zu, was ein Total von CHF 4'459.00 ergab. Nach durchgeführten erfolglosen Vergleichsgesprächen und nach erfolgter Parteibefragung hatten die Parteien die Gelegenheit, weitere Beweisanträge zu stellen. Der Berufungsbeklagte beantragte die Edition des neuen Mietvertrages von Frau [...], so könne belegt werden, dass sie nicht bei ihm wohne. Der Amtsgerichtsstatthalter wies diesen Antrag ab mit der Begründung, dies sei nicht nötig, da auch ohne diesen Nachweis keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Wohngemeinschaft vorliegen würden. Die daraufhin von der Berufungsklägerin gestellten und dann wieder zurückgezogenen Beweisanträge bezogen sich lediglich auf die 3. Säule.

Anlässlich der Parteibefragung hat der Berufungsbeklagte bezüglich seiner Wohnsituation tatsächlich etwas ausweichend geantwortet und wollte insbesondere den Namen der Frau, die «sporadisch» bei ihm sei, nicht nennen. Auf die konkrete Frage, ob und seit wann er mit dieser Frau zusammenlebe, hat der Berufungsbeklagte jedoch mehrmals klar gesagt, er lebe nicht im Konkubinat und die Drittperson, die im Spiel sei, habe nie richtig bei ihm gelebt bzw. habe nicht bei ihm gewohnt. Der Vorderrichter hat diese Aussagen als den Tatsachen entsprechend gewürdigt. In einem Berufungsverfahren geht es nun nicht an, dem Ehemann den vollen Mietzins sowie den Grundbetrag für einen Alleinstehenden zuzugestehen, dann auf die Feststellung, dass nicht genügend Anhaltspunkte für eine Wohngemeinschaft des Ehemannes vorliegen würden, nicht zu reagieren bzw. keine Beweismittel zur Untermauerung des Konkubinats zu nennen und erst im Berufungsverfahren einzuwenden, man habe den Verdacht, es seien Falschaussagen gemacht worden bzw. es liege ein Konkubinat vor. Das Berufungsverfahren ist nicht zur Wiederholung und Erweiterung des Beweisverfahrens da. Die Berufung muss aus diesem Grund abgewiesen werden.

5. Beim vorliegenden Verfahrensausgang hat die Berufungsklägerin die Kosten des Verfahrens vor Obergericht in der Höhe von CHF 1'000.00 zu tragen. Diese sind mit dem von ihr geleisteten Kostenvorschuss in gleicher Höhe zu verrechnen. Zudem hat die Berufungsklägerin dem Berufungsbeklagten eine Parteientschädigung zu entrichten. Diese wird antragsgemäss auf CHF 1'972.30 (inkl. Auslagen und MwSt.) festgesetzt.

 

Demnach wird erkannt:

1.     Die Berufung wird abgewiesen.

2.     A.___ hat die Kosten des obergerichtlichen Verfahrens von CHF 1'000.00 zu bezahlen, welche mit dem von ihr geleisteten Kostenvorschuss in gleicher Höhe verrechnet werden.

3.     A.___ hat B.___ für das Berufungsverfahren eine Parteientschädigung von CHF 1'972.30 zu bezahlen.

 

 

Rechtsmittel: Der Streitwert übersteigt CHF 30'000.00.

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Eröffnung des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in Zivilsachen eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Schweizerischen Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers oder seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.

 

 

Im Namen der Zivilkammer des Obergerichts

Der Präsident                                                                    Die Gerichtsschreiberin

Frey                                                                                   Kofmel