Versicherungsgericht
Urteil vom 23. Oktober 2014
Es wirken mit:
Vizepräsidentin Weber-Probst
Oberrichter Kiefer
Oberrichter Kamber
Gerichtsschreiber Isch
In Sachen
A.___, vertreten durch lic.iur. Daniel Bitterli, Rechtsanwalt,
Beschwerdeführer
gegen
Intras Kranken-Versicherung AG, Tribschenstrasse 21, Postfach 2568, 6002 Luzern,
Beschwerdegegnerin
betreffend Einspracheentscheid vom 30. September 2013 (Krankenversicherung KVG)
zieht das Versicherungsgericht in Erwägung:
I.
1. A.___, geb. [...] 1969 (nachfolgend Beschwerdeführer), ist bei der Intras Krankenversicherung AG (nachfolgend Beschwerdegegnerin) in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung gemäss KVG versichert. Der Beschwerdeführer leidet unter anderem an einem Aufmerksamkeitsdefizits- / Hyperaktivitätssyndrom (ADHS) seit Kindesalter sowie an einer unklaren Autoimmunerkrankung. Im Zusammenhang mit dem ADHS nahm der Beschwerdeführer seit dem Jahr 2002 das Medikament Ritalin ein, wobei die diesbezüglichen Kosten von der Beschwerdegegnerin übernommen wurden.
2. Mit Schreiben vom 30. Juli 2012 (IA [Akten der Intras] 1) teilte die Beschwerdegegnerin dem Beschwerdeführer mit, Ritalin sei für die Behandlung für ADHS bei Kindern sowie für Narkolepsie bei Erwachsenen zugelassen. Somit erfolge die Anwendung vorliegend nicht im Rahmen der zugelassenen Indikationen. Zudem seien auch die Voraussetzungen gemäss Art. 71a KVV nicht erfüllt. Somit werde eine Kostenübernahme abgelehnt.
Nach diversen Schriftenwechseln hielt die Beschwerdegegnerin an dieser Meinung auch mit Verfügung vom 12. Februar 2013 (IA 5) fest. Die dagegen erhobene Einsprache vom 13. März 2013 wies die Beschwerdegegnerin mit Entscheid vom 30. September 2013 (A.S. [Akten-Seite] 1 ff.) ab.
3. Gegen diesen Einspracheentscheid lässt der Beschwerdeführer am 29. Oktober 2013 fristgerecht Beschwerde beim Versicherungsgericht erheben (A.S. 6 ff.) und folgende Rechtsbegehren stellen:
«
1. Der Einspracheentscheid der Intras-Kranken-Versicherung AG vom 30. September 2013 sei vollumfänglich aufzuheben.
2. Die Beschwerdegegnerin sei zu verpflichten, für die weitere und bereits erfolgte Behandlung des Beschwerdeführers mit Ritalin Kostengutsprache sowie die entsprechenden Vergütungen zu leisten.
3. Unter Kosten- und Entschädigungsfolge.»
4. Mit Beschwerdeantwort vom 25. November 2013 (A.S. 18 ff.) schliesst die Beschwerdegegnerin auf Abweisung der Beschwerde
5. Mit Eingabe vom 27. November 2013 (A.S. 23 ff.) reicht der Beschwerdeführer ein Gutachten der B.___ ein.
6. Mit Stellungnahme vom 22. Dezember 2013 (A.S. 70 f.) verweist der Beschwerdeführer im Wesentlichen auf seine bisherigen Ausführungen.
7. Mit Eingabe vom 23. Dezember 2013 (A.S. 69) reicht die Beschwerdegegnerin ein Urteil des Kantonsgerichts Luzern vom 25. November 2013 ein.
8. Mit Stellungnahme vom 14. Januar 2014 (A.S. 77) verweist die Beschwerdegegnerin ebenfalls im Wesentlichen auf ihre bisherigen Ausführungen.
9. Mit Stellungnahme vom 14. Februar 2014 (A.S. 82 ff.) lässt sich der Beschwerdeführer abschliessend vernehmen.
10. Auf die weiteren Ausführungen der Parteien in deren Rechtsschriften wird nachfolgend, soweit erforderlich, eingegangen.
II.
1. Die Sachurteilsvoraussetzungen (Einhaltung von Frist und Form, örtliche und sachliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts) sind erfüllt. Auf die Beschwerde ist einzutreten.
2. Die soziale Krankenversicherung gewährt Leistungen u.a. bei Krankheit (Art. 3 ATSG; Art. 1a Abs. 2 lit. a KVG). Die obligatorische Krankenpflegeversicherung übernimmt die Kosten für die Leistungen, die der Diagnose und Behandlung einer Krankheit und ihrer Folgen dienen. Diese Leistungen umfassen u.a. die ärztlich verordneten Arzneimittel der Spezialitätenliste (SL; Art. 52 Abs. 1 lit. b KVG; Art. 25 Abs. 1 und Abs. 2 lit. b KVG). Voraussetzung für eine Kostenübernahme im Einzelfall ist neben der Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit der Behandlung (Art. 32 Abs. 1 KVG), dass der Einsatz des Medikaments im Rahmen der von der Heilmittelbehörde (Swissmedic) genehmigten medizinischen Indikationen und Dosierungen (BGE 131 V 349) sowie gemäss den Limitierungen nach Art. 73 KVV (zu deren Bedeutung BGE 130 V 532 E. 3.1 S. 536) erfolgt (BGE 136 V 395 E. 5.1 S. 398).
3. Gemäss den Ausführungen des Beschwerdeführers sei die Kostenübernahme des Medikaments Ritalin zu Lasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) im Rahmen eines «Off-label-use» gerechtfertigt. So könne auch der Einsatz eines in der Schweiz zugelassenen Arzneimittels ausserhalb der von Swissmedic registrierten oder im Rahmen der Spezialiätenliste zugelassenen Indikationen, Dosierungen oder Anwendungsarten zur Pflichtleistung werden, wenn dieser im Rahmen eines Behandlungskonzepts erfolge, wobei das Arzneimittel diesfalls einen grossen therapeutischen Nutzen bringen und dem Gebot der Wirtschaftlichkeit genügen müsse. Gemäss Art. 71a Abs. 1 lit. a KVV sei ein Behandlungskomplex gegeben, wenn der Einsatz des Arzneimittels eine unerlässliche Voraussetzung für die Durchführung einer anderen von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung übernommenen Leistung bilde und diese eindeutig im Vordergrund stehe. Der zweite Ausnahmetatbestand sei gemäss Art. 71a Abs. 1 lit. b KVV gegeben, wenn vom Einsatz des Arzneimittels ein grosser therapeutischer Nutzen gegen eine Krankheit erwartet werde, die für die versicherte Person tödlich verlaufen oder schwere und chronische gesundheitliche Beeinträchtigungen nach sich ziehen könne, und wegen fehlender therapeutischer Alternative keine andere wirksame und zugelassene Behandlungsmethode verfügbar sei. Der Beschwerdeführer werde seit dem Jahr 2002 mit Ritalin therapiert. Die Behandlung habe ausserordentliche Erfolge gezeigt, zumal der Beschwerdeführer nunmehr in der Lage sei, sein psychosoziales Verhalten besser zu kontrollieren und keinerlei Kokain mehr konsumiere. Zudem sei darauf hinzuweisen, dass er seit geraumer Zeit an einer unklaren Autoimmunerkrankung leide und diesbezüglich in Behandlung stehe. Er müsse zusätzlich unter anderem Methotrexat, NSAR, Antihypertonika und Statine einnehmen, wobei jeweils die Reaktion auf eine Veränderung der Medikation nicht vorausgesagt werden könne. So seien auch die in der vorliegenden Behandlung involvierten Ärzte übereinstimmend der Ansicht, dass bei einem plötzlichen Medikamentenwechsel nach langjähriger Therapie mit Ritalin mit erheblichen Verschlechterungen des Gesundheitszustandes gerechnet werden müsse, zumal insbesondere die Ursache der Autoimmunerkrankung unklar und die Verträglichkeit mit den übrigen zahlreich eingenommenen Medikamenten hochproblematisch sei. So sei denn auch die Einnahme von Ritalin nach Einschätzung der behandelnden Personen offensichtlich unerlässlich, um im Rahmen eines Behandlungskonzepts die gesundheitlichen Probleme des Beschwerdeführers ganzheitlich angehen zu können. Insbesondere jedoch könne im vorliegenden Einzelfall der Wechsel der Medikation auf ein Alternativpräparat zu erheblichen Komplikationen führen, womit keinesfalls ohne Not eine Veränderung vorgenommen werden sollte, da bei der versicherten Person eine Umstellung tödlich verlaufen oder schwere und chronische gesundheitliche Beeinträchtigungen nach sich ziehen könne, und wegen fehlender therapeutischer Alternative keine andere wirksame und zugelassene Behandlungsmethode verfügbar sei. Somit sei ein Behandlungskomplex gegeben und der Einsatz des Arzneimittels bilde eine unerlässliche Voraussetzung für die Durchführung einer anderen von der OKP übernommenen Leistung, nämlich der Behandlung der Autoimmunerkrankung, zumal diese eindeutig im Vordergrund stehe. Demnach seien die Voraussetzungen von Art. 71a Abs. 1 lit. a KVV erfüllt. Dasselbe gelte für Art. 71a Abs. 1 lit. b KVV. Schliesslich sei die Übernahme der Kosten für Ritalin auch deswegen gerechtfertigt, weil diese erheblich tiefer liegen würden als diejenigen der Alternative Concerta. So seien die Kosten von Ritalin seit 2002 durch die Beschwerdegegnerin über eine erhebliche Zeit finanziert worden, womit sie die Behandlung möglich gemacht und den therapeutischen Nutzen anerkannt habe. Nunmehr eine weitere Übernahme der Kosten abzulehnen sei nicht nachvollziehbar. Des Weiteren sei auf das B.___-Gutachten vom 31. Oktober 2013 (Beschwerdebeilage 3) zu verweisen, wo festgehalten werde, dass das ADHS gegenwärtig mit Ritalin behandelt werde und der Beschwerdeführer unter dieser Medikation kompensiert sei. Er sei unter dieser Medikation auch während mehreren Jahren einer Arbeit im AKW bzw. dem eigenen Geschäft nachgegangen und sei mit Hilfe des Ritalins fahrtauglich. Insofern seien die Gutachter zum Schluss gekommen, dass unter den Bedingungen einer Ritalin-Therapie seitens des ADHS keine Arbeitsunfähigkeit bestehen. In der Gesamtbeurteilung seien die Gutachter denn auch zum Schluss gekommen, dass eine weitere Behandlung mit Ritalin indiziert sei. Im Übrigen könne es nicht angehen, von einem Patienten die Veränderung einer erfolgreichen Therapie mit ungewissen Folgen zu verlangen, nachdem ihm das Medikament längere Zeit vergütet worden sei. Hätte die Beschwerdegegnerin von Beginn weg die Vergütung abgelehnt, hätte man von Anfang an Alternativen prüfen können.
Demgegenüber vertritt die Beschwerdegegnerin die Ansicht, ihre Abklärung habe ergeben, dass Ritalin vom Beschwerdeführer nicht gemäss der im Arzneimittelkompendium des Schweizerischen Heilmittelinstituts Swissmedic enthaltenen Indikation eingenommen werde. So werde dieses Medikament zur Behandlung einer Aufmerksamkeits-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) bei Kindern ab 6 Jahren und Jugendlichen bis 18 Jahren im Rahmen einer therapeutischen Gesamtstrategie eingesetzt. Der Beschwerdeführer leide an ADHS im Erwachsenenalter. Somit könne er Concerta, welches bei ADHS im Erwachsenenalter indiziert sei, einnehmen. Der Beschwerdeführer mutmasse lediglich, dass er negativ auf ein Alternativpräparat reagieren würde, denn ein tatsächlicher Medikamentenwechsel habe gar noch nie stattgefunden. Die Beschwerdegegnerin bestreite, dass ein Behandlungskomplex nach Art. 71 a Abs. 1 lit. a KVV bestehe und der Einsatz von Ritalin eine unerlässliche Voraussetzung für die Durchführung der Behandlung der unklaren Autoimmunerkrankung sei. Wie der Beschwerdeführer selber festhalte, sei seine Reaktion auf Alternativpräparate wie Concerta oder Focalin unbekannt. Insofern der Beschwerdeführer geltend mache, Ritalin weise nachweisbar einen grossen therapeutischen Nutzen gegen eine Krankheit auf, welche für ihn tödlich verlaufen oder schwere chronische gesundheitliche Beeinträchtigungen nach sich ziehen könnte, sei festzuhalten, dass Ritalin nicht direkt die Behandlung der unklaren Autoimmunerkrankung des Beschwerdeführers bezwecke, sondern bisher aufgrund der bestehenden ADHS-Problematik eingesetzt worden sei. Ausserdem sei die ADHS-Problematik keineswegs tödlich oder in gravierendem Ausmass beeinträchtigend und könne nicht den Anforderungen von Art. 71a Abs. 1 lit. b KVV genügen. Zudem sei auch eine Austauschbefugnis zu verneinen. So sei es nicht zulässig, anstelle einer beanspruchten Nichtpflichtleistung die Kosten von an ihrer Stelle möglichen Pflichtleistungen zu vergüten. Sodann werde auf ein Urteil des Kantonsgerichts Luzern vom 23. September 2013 verwiesen, in welchem die Thematik des Off-labe-use im Zusammenhang mit Ritalin bei Erwachsenen unter ähnlicher Sachlage und gemäss der geltenden Rechtslage dargelegt werde.
4. Strittig ist somit die Übernahme der Kosten für das Medikament Ritalin durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung. In diesem Zusammenhang sind folgende medizinische Unterlagen relevant:
4.1 Der behandelnde Arzt des Beschwerdeführers, Dr. C.___, hält in seinem Bericht «Fragebogen Ritalin» vom 20. Juli 2012 zuhanden der Beschwerdegegnerin folgende Diagnosen fest:
· ADS, St. n. Kokainkonsum seit Ritalinmedikation 2002 sistiert
· V.a. SAPHO (Synovitis Akne Pustulosis Hyperostose Osteitis) z. Zt. in Behandlung in Rheumatologie/Nephrologie D.___, bei/mit:
o Aktuell: MRI Fuss links vom 11. Juli 2012: Tonsynovitis M. tibialis post. um den medialen Mallolus, Intermetatarsale Bursitis I/II - III/IV, kleine Erosion lateral am Köpfchen MT V mit leichter Synovialitis. Synovialitis im DIP-Gelenk D IV, Klinik für Radiologie und Nuklearmedizin, D.___ 07/12
o chronisch rez. Arthritiden/Arthralgien unklarer Aetiologie mit/bei
o Daktilitis Dig II links, Ansatztendinose Calcaneus links, OSG Arthritis links, Sacroiliitis bds. und entzündliche Enthesopathie LWS, DD undifferenzierte Spondylarthropathie
o kraniomandibuläe Dysfunktion mit Diskopathie beider Kiefergelenke
o chronische Lumbalgien gemischter Aetiologie bei Hypermobilitätssyndrom und chronisch rezidivierendes Lumbospondylogensyndrom
o St.n. Spondylolyse L5 bds.
o St.n. rezidivierenden Infekten der Haut unklarer Aetiologie
o rezidivierende Sinusitiden
· arterielle Hypertonie
· Dyslipidämie
· Adipositas
· St.n. Dengue-Fieber
Weiter hielt Dr. C.___ fest, der Beschwerdeführer hätte sich zwischenzeitlich auch sozial wieder gut integrieren können. Ebenso habe er nach erfolgreicher Entzugsbehandlung und Kontrolluntersuchungen seinen Führerschein wieder zurückerlangt. Bezüglich SAPHO hätten die bis dato durchgeführten therapeutischen Massnahmen (u.a. Cortison, Enbrel, Methotrexat) einen ungenügenden Effekt gezeigt. Es bestehe immer noch eine 100 %ige Arbeitsunfähigkeit bei konstanten Schmerzproblematik/Entzündungszeichen bei unterschiedlicher, wechselnder Lokalisation. Einen Absetzversuch von Ritalin in dieser für den Beschwerdeführer schwierigen medizinischen-psychischen-sozialen Situation erachte er zu diesem Zeitpunkt als absolut kontraindiziert (Akten Intras [IA] 19).
4.2 Mit Schreiben vom 25. September 2012 führte Dr. C.___ aus, es mache formal und inhaltlich wenig Sinn, die bis jetzt bewährte und verträgliche Therapie mit Ritalin auf das teurere Concerta zu ändern. Insbesondere da der Beschwerdeführer zur Zeit verschiedene Medikamente einnehmen müsse (u.a. Methotrexat, NSAR, Antihypertonika, Statine). Einen Wechsel der Ritalin-Medikation auf Concerta bei unbekannter Verträglichkeit und Interaktionen sehe er beim aktuellen fragilen Gesundheitszustand (rezidivierende Schübe akuter Gelenkentzündungen) nicht indiziert (IA 17).
4.3 In seiner Beurteilung vom 30. Oktober 2012 (IA 3) hielt der Vertrauensarzt der Beschwerdegegnerin, Dr. E.___, fest, Ritalin sei weder von der Swissmedic noch vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) für die Behandlung von Erwachsenen zugelassen. Es bestehe eine auf dem Markt zugelassene Behandlungsalternative mit Concerta. Da dieses Präparat wirkstoffgleich mit Ritalin sei, könne die Argumentation des Beschwerdeführers von zu erwartenden Nebenwirkungen in der Umstellungsphase nicht nachvollzogen werden. Er erachte die Umstellung von Ritalin auf Concerta als zumutbar und unproblematisch. Da die Wirksamkeit von Ritalin bei Erwachsenen bisher wissenschaftlich nicht ausgewiesen sei, sehe er daher keine andere Möglichkeit, als das Kostengutsprachegesuch abzulehnen.
4.4 Der behandelnde Arzt, Dr. F.___, Transplantationsimmunologie und Nephrologie, Universitätsspital Basel, führte in seinem Schreiben vom 17. Dezember 2012 (IA 13) aus, er betreue den Beschwerdeführer nun seit mehreren Monaten aufgrund seiner unklaren Autoimmunerkrankung. Aktuell zeige sich glücklicherweise ein stabiler Verlauf über die letzten Monate unter unveränderter Medikation. Er denke auch, dass es bei der aktuellen stabilen Situation nicht sinnvoll sei, die schon langjährige Therapie mit Ritalin nun zu wechseln, da beim Beschwerdeführer mit möglichen Verschlechterungen des Zustandes gerechnet werden müsse. Daher erachte er einen Wechsel auf Concerta in der aktuellen Situation als nicht sinnvoll und förderlich.
4.5 Im B.___-Gutachten vom 31. Oktober 2013 (A.S. 27 ff.) wurde ausgeführt, das ADHS werde gegenwärtig mit Ritalin behandelt. Unter dieser Medikation sei der Beschwerdeführer kompensiert. Er sei unter dieser Medikation auch während mehreren Jahren einer Arbeit im AKW bzw. dem eigenen Geschäft nachgegangen und sei mit Hilfe des Ritalins fahrtauglich. Insofern komme man zum Schluss, dass unter den Bedingungen einer Ritalin-Therapie seitens des ADHS keine Arbeitsunfähigkeit bestehe. In der Gesamtbeurteilung hielten die Gutachter schliesslich fest, dass eine weitere Behandlung mit Ritalin indiziert sei.
5. Ritalin mit dem Wirkstoff Methylphenidati hydrochloridum ist seit dem 6. Oktober 1954 heilmittelrechtlich zugelassen. Nach der Fachinformation von Swissmedic (Arzneimittelkompendium) ist Ritalin indiziert zur Behandlung einer Aufmerksamkeitsdefizit- / Hyperaktivitätsstörung (ADHS) bei Kindern ab 6 Jahren und Jugendlichen bis 18 Jahren im Rahmen einer therapeutischen Gesamtstrategie (http://compendium.ch/mpro/mnr/1338/html/de#7150). Das Arzneimittelkompendium wird in Zusammenarbeit mit den Arzneimittelherstellern bzw. -importeuren publiziert, die damit einer gemäss Art. 13 Abs. 2 und Art. 14 Abs. 1 der Verordnung des Schweizerischen Heilmittelinstituts vom 9. November 2001 über die Anforderungen an die Zulassung von Arzneimitteln (Arzneimittel-Zulassungs-verordnung, AMZV; SR 812.212.22) bestehenden Pflicht nachkommen. Die Wirksamkeit von Ritalin/-SR/-LA bei der Behandlung von ADHS wurde in kontrollierten klinischen Studien denn auch nur an Kindern und Jugendlichen zwischen 6 und 17 Jahren, die die DSM-IV-Kriterien für ADHS aufwiesen, dokumentiert (s. Arzneimittelkompendium, a.a.O.).
Der Beschwerdeführer war im Zeitpunkt des Entscheides 43 Jahre alt. Diesbezüglich steht fest, dass die für den Einsatz von Ritalin geltende Indikation «bei Kindern ab 6 Jahren und Jugendlichen bis 18 Jahren» nicht erfüllt war. Es liegt somit ein sogenannter «Off-Label-Use» vor.
5.1 Nach der Rechtsprechung sind ausnahmsweise die Kosten für ein Arzneimittel der Spezialitätenliste auch zu übernehmen, wenn es für eine Indikation abgegeben wird, für welche es keine Zulassung besitzt (sog. Off-Label-Use oder Einsatz «ausserhalb der Etikette» 2C_93/2008 E. 4.2). Voraussetzung ist, dass ein sogenannter Behandlungskomplex vorliegt (BGE 130 V 532 E. 6.1 S. 544) oder wenn für eine Krankheit, die für die versicherte Person tödlich verlaufen oder schwere und chronische gesundheitliche Probleme nach sich ziehen kann, oder wegen fehlender therapeutischer Alternativen, keine andere wirksame Behandlungsmethode verfügbar ist, sofern das Arzneimittel einen hohen therapeutischen (kurativen oder palliativen) Nutzen hat (BGE 136 V 395 E. 5.2 S. 399 mit Hinweisen; SVR 2009 KV Nr. 1 S. 1, 9C_56/2008 E. 2.3).
5.2
5.2.1 Seit 1. März 2011 sind diese Ausnahmetatbestände der «Übernahme der Kosten eines Arzneimittels der Spezialitätenliste ausserhalb der genehmigten Fachinformation oder Limitierung» in Art. 71a Abs. 1 KVV positivrechtlich normiert (AS 2011 653 ff.). Danach ist ein Behandlungskomplex gegeben, wenn der Einsatz des Arzneimittels eine unerlässliche Voraussetzung für die Durchführung einer anderen von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung übernommenen Leistung bildet und diese eindeutig im Vordergrund steht (lit. a; vgl. BGE 130 V 532 E. 6.1 S. 544). Ein solcher Behandlungskomplex ist vorliegend zu verneinen. Die behandelnden Ärzte sprechen denn auch nur hypothetisch davon, dass bei einem plötzlichen Medikamentenwechsel nach langjähriger Therapie mit Ritalin eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes möglich sei. Eine hypothetische Möglichkeit einer Unverträglichkeit reicht als Grund jedoch nicht aus, um von der «Notwendigkeit» ausgehen zu müssen, dass das Ritalin beibehalten wird. Dass der Einsatz von Ritalin eine unerlässliche Voraussetzung für die Durchführung der Behandlung der Autoimmunerkrankung bildet, ist aufgrund der vorliegenden Akten nicht erstellt.
5.2.2 Der zweite Tatbestand gemäss Art. 71a Abs. 1 lit. b KVV wäre dann gegeben, wenn vom Einsatz des Arzneimittels ein grosser therapeutischer Nutzen gegen eine Krankheit erwartet wird, die für die versicherte Person tödlich verlaufen oder schwere und chronische gesundheitliche Beeinträchtigungen nach sich ziehen kann, und wegen fehlender therapeutischer Alternativen keine andere wirksame und zugelassene Behandlungsmethode verfügbar ist (lit. b). Der Begriff des hohen therapeutischen Nutzens orientiert sich an der gleichlautenden Voraussetzung für eine befristete Bewilligung nicht zugelassener Arzneimittel im Sinne von Art. 9 Abs. 4 des Bundesgesetzes vom 15. Dezember 2000 über Arzneimittel und Medizinprodukte (HMG). Eine solche Zulassung setzt nach Art. 19 Abs. 1 lit. c der Verordnung des Schweizerischen Heilmittelinstituts vom 22. Juni 2006 über die vereinfachte Zulassung von Arzneimitteln und die Zulassung von Arzneimitteln im Meldeverfahren (VAZV) voraus, dass Zwischenergebnisse von klinischen Studien vorliegen, die darauf hinweisen, dass von der Anwendung ein grosser therapeutischer Nutzen zu erwarten ist (BGE 136 V 395 E. 6.5 S. 402 mit Hinweisen).
Vorweg kann diesbezüglich festgehalten werden, dass ADHS keine Krankheit ist, die für davon betroffene Personen tödlich verlaufen oder schwere und chronische gesundheitliche Beeinträchtigungen nach sich ziehen kann (Urteil des Bundesgerichts vom 25. April 2012, 9C_785/2011 E. 5.3.2). Zudem ist es vorliegend unbestritten, dass von Ritalin keine direkte Wirkung hinsichtlich der Autoimmunerkrankung zu erwarten ist. Die zweite Ausnahme für eine Vergütung von Ritalin durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung fällt daher ebenfalls ausser Betracht, zumal mit dem von der Beschwerdegegnerin vorgeschlagenen Medikament Concerta eine anerkanntermassen wirksame und zugelassene alternative Behandlungsmethode vorliegt. So ist Concerta mit dem Wirkstoff Methylphenidati hydrochloridum in der galenischen Form von Tabletten seit dem 31. Juli 2003 heilmittelrechtlich zugelassen (Swissmedic Journal 7/2003 S. 574) und nach der Fachinformation von Swissmedic zur Behandlung einer Aufmerksamkeitsdefizit- / Hyperaktivitätsstörung bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen indiziert. Die Wirksamkeit von Concerta bei der Behandlung von ADHS wurde in kontrollierten klinischen Studien an Kindern und Jugendlichen zwischen 6 und 17 Jahren und Erwachsenen ab 18 bis 65 Jahren, die die DSM-IV-Kriterien für ADHS aufwiesen, dokumentiert (s. dazu Arzneimittelkompendium: http://compendium.ch/mpro/mnr/9999/html/de). Demzufolge ist auch die zweite Voraussetzung gemäss Art. 71a Abs. 1 lit. b KVV zu verneinen.
6. Insofern der Beschwerdeführer geltend macht, es könne nicht angehen, von einem Patienten die Veränderung einer erfolgreichen Therapie mit ungewissen Folgen zu verlangen, nachdem ihm das Medikament längere Zeit vergütet worden sei, beruft er sich sinngemäss auf den Grundsatz von Treu und Glauben bzw. Vertrauensschutz.
6.1 Der Vertrauensschutz (Art. 9 BV; allgemeine Voraussetzungen: BGE 127 I 31 E. 3a, BGE 121 V 65 E. 2a; RKUV 2000 KV 126 223; 9C_918/2007 E. 3.1) kann aufgrund einer fehlerhaften oder pflichtwidrig unterlassenen Auskunft oder aufgrund eines irreführenden Verhaltens des Krankenversicherers (RKUV 1999 KV 97 521 E. 4b; K 145/01 E. 3b; K 35/04 E. 6.2) eine vom materiellen Leistungsrecht abweichende Behandlung der versicherten Person gebieten (9C_918/2007 E. 4.1). Ein solches Verhalten kann die anstandslose, ungerechtfertigte Ausrichtung von Leistungen über einen längeren Zeitraum sein, auf welche der Krankenversicherers aufgrund des Vertrauensschutzes gegebenenfalls nicht mehr zurückkommen kann (9C_918/2007 E. 3.3; RKUV 1999 KV 97 526 E. 5b; K 107/05 E. 3.4; K 141/01 E. 6; K 44/03 E. 5.2=SVR 2006 KV Nr. 6; s.a. RKUV 1989 K 818 324, RKUV 1984 K 564 18, 22). Das irreführende Verhalten kann auch in ausweichenden, nicht bedeutsamen Antworten (RKUV 1991 K 862 68) oder mitunter auch in einem Untätigsein bestehen. So darf eine versicherte Person, die von ihrem Arzt in ein Spital eingewiesen und dort aufgenommen wird, grundsätzlich darauf vertrauen, dass aus objektiver ärztlicher Sicht Spitalbedürftigkeit besteht, und darf zumindest ab dem Zeitpunkt, ab dem sie eine ablehnende Stellungnahme zum gestellten Kostengutsprachegesuch erwarten durfte, in guten Treuen die Disposition treffen, weiterhin auf Kosten der OKP in der Klinik zu verbleiben (K 50/03 E. 8).
6.2 Nach der Rechtsprechung kann im Verhalten einer Krankenkasse, welche irrtümlicherweise – während längerer Zeit nicht kassenpflichtige Leistungen erbracht hat, die bindende Zusicherung erblickt werden, diese Leistungen würden auch weiterhin gewährt werden. In einem solchen Fall darf die Kasse ihre Leistungspraxis nicht ändern, wenn die versicherte Person, welche den Fehler nicht kannte und auch nicht kennen musste, gestützt auf das Verhalten der Kasse Dispositionen getroffen hat, die sie nicht mehr rückgängig machen kann. Hat die Kasse jedoch in einem Krankheitsfall fälschlicherweise Leistungen erbracht, kann beispielsweise bei einem Rückfall ein Jahr später aus dieser Leistungserbringung nicht auf eine Vertrauensgrundlage geschlossen werden. Denn aus einer einmaligen Kostenübernahme kann nicht auf eine konstante Kassenpraxis geschlossen werden, welche einen Vertrauensschutz zu begründen vermöchte (Urteil des Bundesgerichts vom 19. November 2004, K 44/03 E. 5.2; RKUV 1999 Nr. KV 97 S. 526 E. 5b mit Hinweisen).
Vorliegend hat die Beschwerdegegnerin gemäss unbestrittenen Angaben seit dem Jahr 2002 die Behandlungskosten für die Therapie mit Ritalin übernommen. Mit Schreiben vom 30. Juli 2012 teilte sie dem Beschwerdeführer sodann mit, die Anwendung von Ritalin erfolge vorliegend nicht im Rahmen der zugelassenen Indikationen, weshalb eine Kostenübernahme abgelehnt werde. Dass der Beschwerdeführer im Vertrauen auf eine weitere Kostenübernahme der Ritalinbehandlung Dispositionen getroffen hat, die er nicht mehr rückgängig machen kann, ist aus den Akten nicht ersichtlich. Die Argumentation des Beschwerdeführers, wonach man von Beginn weg Alternativen hätte prüfen können, wenn die Beschwerdegegnerin die Vergütung von Anfang an abgelehnt hätte, vermag daran nichts zu ändern. Im Übrigen hat die Beschwerdegegnerin die Vergütung des Medikaments nicht rückwirkend, sondern lediglich für die Zukunft abgelehnt (Bundesgerichtsurteil 9C_246/2007 vom 16. Oktober 2007, E. 3.2.2). Die Beschwerde ist somit auch in diesem Punkt abzuweisen.
7. Insofern der Beschwerdeführer vorbringt, eine Übernahme der Kosten für Ritalin sei auch deswegen gerechtfertigt, weil diese erheblich tiefer liegen würden als diejenigen der Alternative Concerta, ist schliesslich auf die sogenannte «Austauschbefugnis» einzugehen. Die aus dem Verhältnismässigkeitsgrundsatz (vgl. Art. 8 Abs. 1 IVG) fliessende, zunächst in den invalidenversicherungsrechtlichen Teilbereichen der Hilfsmittelversorgung (Art. 21 IVG) und der medizinischen Massnahmen (Art. 12 f. IVG) entwickelte Rechtsfigur der Austauschbefugnis findet in ständiger Rechtsprechung in verschiedenen Sozialversicherungszweigen Anwendung (BGE 127 V 123 E. 2a, 120 V 285 E. 4a und 292 E. 3c). Austauschbefugnis bedeutet, dass die versicherte Person auf der Grundlage und nach Massgabe des Gesetzes mit einer Geldzahlung zu entschädigen ist, wenn sie aus schützenswerten Gründen von einem gesetzlichen Leistungsanspruch keinen Gebrauch macht und stattdessen einen funktionell gleichen Behelf zur Erreichung desselben gesetzlichen Zieles wählt. Der Kerngehalt der Austauschbefugnis liegt darin, dass es grundsätzlich ohne Bedeutung ist, auf welchem Weg oder durch welches Mittel das gesetzliche Ziel angestrebt wird (BGE 131 V 111 E. 3.2.1). Die Möglichkeit der Austauschbefugnis darf auch bei Arzneimitteln nicht generell ausgeschlossen werden, wenn dadurch die Zielsetzungen, die das KVG mit der Einrichtung der Spezialitätenliste verfolgt, nicht unterlaufen werden (SBVR, Soziale Sicherheit, 2. Auflage 2007, Gebhard Eugster, Bundesgesetz über die Krankenversicherung [KVG], S. 517 N 361). Der Ersatz von Pflichtleistungen durch Nichtpflichtleistungen ist jedoch in der Regel ausgeschlossen (BGE 131 V 111 E. 3.2.2 S. 111 f. mit Hinweis). Diese Regel muss auch hier gelten. Demnach ist die Beschwerde abzuweisen.
8. Bei diesem Verfahrensausgang ist keine Parteientschädigung zuzusprechen.
Grundsätzlich ist das Verfahren kostenlos. Von diesem Grundsatz abzuweichen, besteht im vorliegenden Fall kein Anlass.
Demnach wird erkannt:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
2. Es werden weder eine Parteientschädigung zugesprochen noch Verfahrenskosten erhoben.
Rechtsmittel
Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit der Mitteilung beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten eingereicht werden (Adresse: Bundesgericht, Schweizerhofquai 6, 6004 Luzern). Die Frist beginnt am Tag nach dem Empfang des Urteils zu laufen und wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar (vgl. Art. 39 ff., 82 ff. und 90 ff. des Bundesgerichtsgesetzes, BGG). Bei Vor- und Zwischenentscheiden (dazu gehört auch die Rückweisung zu weiteren Abklärungen) sind die zusätzlichen Voraussetzungen nach Art. 92 oder 93 BGG zu beachten.
Versicherungsgericht des Kantons Solothurn
Die Vizepräsidentin Der Gerichtsschreiber
Weber-Probst Isch