Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich |
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AL.2012.00201 | ||
III. Kammer
Sozialversicherungsrichter Gräub, Vorsitzender
Sozialversicherungsrichterin Daubenmeyer
Sozialversicherungsrichterin Fehr
Gerichtsschreiberin Oertli
Urteil vom 30. September 2013
in Sachen
X.___
Beschwerdeführer
gegen
Amt für Wirtschaft und Arbeit (AWA)
Abteilung Arbeitslosenversicherung
Stampfenbachstrasse 32, Postfach, 8090 Zürich
Beschwerdegegner
Nachdem das Amt für Wirtschaft und Arbeit (AWA) mit durch Einspracheentscheid vom 13. Juni 2012 (Urk. 2) bestätigter Verfügung vom 14. März 2012 (Urk. 7/11) X.___ die Rückforderung der Arbeitslosenkasse IAW im Betrag von Fr. 35‘319.80 nicht erlassen hat,
nach Einsicht in die Beschwerde vom 13. August 2012 (Urk. 1), mit welcher der Beschwerdeführer um Erlass der Rückforderung nachsucht, und in die auf Abweisung schliessende Beschwerdeantwort vom 18. September 2012 (Urk. 6),
in Erwägung,
dass sich die Rückforderung nach Art. 95 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (AVIG) mit Ausnahme der Fälle von Art. 55 und Art. 59cbis Abs. 4 AVIG nach Art. 25 des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) richtet und gemäss Art. 25 Abs. 1 ATSG unrechtmässig bezogene Leistungen zurückzuerstatten sind,
dass wer Leistungen in gutem Glauben empfangen hat, sie nicht zurückerstatten muss, wenn eine grosse Härte vorliegt (Art. 25 Abs. 1 Satz 2 ATSG),
dass nach der Rechtsprechung guter Glaube nicht schon bei Unkenntnis des Rechtsmangels vorliegt, sondern sich der Leistungsempfänger vielmehr nicht nur keiner böswilligen Absicht, sondern auch keiner groben Nachlässigkeit schuldig gemacht haben darf, woraus erhellt, dass der gute Glaube von vornherein entfällt, wenn die zu Unrecht erfolgte Leistungsausrichtung auf eine arglistige oder grobfahrlässige Melde- und Auskunftspflichtverletzung zurückzuführen ist, wobei sich der Rückerstattungspflichtige demgegenüber auf den guten Glauben berufen kann, wenn sein fehlerhaftes Verhalten nur eine leichte Fahrlässigkeit darstellt (Urteil des Bundesgerichts C 139/03 vom 21. November 2003 E. 3.2, BGE 112 V 97 E. 2c),
dass die Arbeitslosenkasse IAW mit Verfügung vom 30. November 2011 (Urk. 7/1) – bestätigt durch den rechtskräftigen Einspracheentscheid vom 12. Dezember 2011 (Urk. 7/3, vollständig in Urk. 3/4) – den Betrag von Fr. 35‘319.80 von X.___ zurückforderte mit der Begründung, dieser habe ihr den bei der Y.___ erzielten Zwischenverdienst nie gemeldet, weshalb ihm Taggelder in zu hohem Umfang ausgerichtet worden seien,
dass der Beschwerdegegner das Gesuch um Erlass der Rückforderung mit der Begründung verneint hat, der Beschwerdeführer habe den in den Monaten August 2008 bis Dezember 2009 bei der Y.___ erzielten Zwischenverdienst auf den monatlich auszufüllenden und der Arbeitslosenkasse einzureichenden Formularen „Angaben der versicherten Person“ nicht deklariert, sondern die klar formulierte und eindeutige Frage, ob er im jeweiligen Monat eine unselbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt habe, mit „Nein“ beantwortet (Urk. 2 S. 3),
dass der Beschwerdegegner weiter ausführte, auch wenn der Versicherte seinen Zwischenverdienst gegenüber der Regionalen Arbeitsvermittlungsstelle (RAV) wie von ihm geltend gemacht erwähnt habe – wobei sich jedoch aus den Beratungsprotokollen kein einziger Hinweis auf eine solche Erwähnung ergebe – entbinde ihn dies nicht davon, das bei der Arbeitslosenkasse einzureichende Formular korrekt auszufüllen (Urk. 2 S. 3),
dass der Beschwerdegegner sodann vorbrachte, der Beschwerdeführer hätte auch anhand der Höhe der Taggelder erkennen müssen, dass die Entschädigung der Arbeitslosenversicherung zu hoch ausgefallen sei, denn es hätte ihm klar sein müssen, dass die Arbeitslosenentschädigung addiert mit seinem Einkommen aus der Zwischenverdienstbeschäftigung nicht mehr ergeben dürfe, als er bei seiner letzten Anstellung vor Eintritt der Arbeitslosigkeit verdient hatte (Urk. 2 S. 3 f.),
dass der Beschwerdeführer demgegenüber einspracheweise geltend machte, er habe die Temporärtätigkeit bei der Y.___ seinen RAV-Betreuern gemeldet und diese hätten ihm gesagt, sie würden das mit der Ausgleichskasse IAW regeln (Urk. 3/5),
dass der Beschwerdeführer weiter vorbrachte, sein steuerbares Einkommen betrage Fr. 27‘000.-- und eine Rückforderung im Betrag von Fr. 35‘319.80 würde für ihn eine grosse Härte bedeuten (Urk. 1),
dass der Beschwerdeführer auf den Formularen „Angaben der versicherten Person“ für die Monate August 2008 bis Dezember 2009 die erste Frage („Haben Sie in diesem Monat bei einem oder mehreren Arbeitgebern gearbeitet?“) immer mit einem Kreuz im entsprechenden Kästchen verneinte (Urk. 7/33-50),
dass diese Angaben unbestrittenermassen falsch waren, erzielte er doch gemäss durch rechtskräftigen Einspracheentscheid (Urk. 7/3) bestätigter Rückforderungsverfügung vom 30. November 2011 (Urk. 7/1) in den Monaten August 2008 bis Dezember 2009 einen Zwischenverdienst bei der Y.___, was auch nicht bestritten wurde,
dass das falsche Ausfüllen der Formulare ohne weiteres wenn nicht gar als vorsätzlich, so zumindest als grobfahrlässig zu qualifizieren ist, ist doch vom Versicherten zu erwarten, dass er beim Ausfüllen der Formulare die nötige Aufmerksamkeit walten lässt, und die Frage nach einer Arbeitstätigkeit nicht jeden Monat mit „Nein“ beantwortet, wenn er in Tat und Wahrheit arbeitstätig ist,
dass dem Beschwerdeführer auch auf Grund der erhaltenen Taggelder hätte klar sein müssen, dass Arbeitslosenentschädigung in zu hohem Umfang ausgerichtet wurde (Urteil des Bundesgerichts 8C_819/2012 vom 2. Mai 2013 E. 3.2.3), erzielte er doch gemäss den Abrechnungen der Arbeitslosenkasse beispielsweise im Oktober 2008 zusammen mit dem Zwischenverdienst ein Bruttoeinkommen von Fr. 6‘326.15 (Urk. 7/55: Fr. 3‘059.-- brutto Taggelder, Urk. 7/108: Fr. 3‘267.15 brutto Zwischenverdienst) und im November 2008 ein solches von Fr. 6‘255.20 (Urk. 7/56: Fr. 2‘660.-- brutto Taggelder, Urk. 7/109: Fr. 3‘595.20 brutto Zwischenverdienst) bei einem versicherten Verdienst von Fr. 3‘608.-- brutto,
dass dies angesichts der hohen Beträge (Fr. 35‘319.80 zu viel bezogene Taggelder innerhalb von 17 Monaten) dem Beschwerdeführer selbst dann hätte auffallen müssen, wenn die Y.___ seinen Verdienst nicht immer pünktlich und in jedem Monat vollständig auszahlte (vgl. Urk. 3/5 S. 1),
dass es dem Beschwerdeführer somit bei der Anwendung einer minimalen Sorgfalt hätte bewusst sein müssen, dass er Arbeitslosentaggelder in zu hohem Umfang bezogen hat,
dass die vom Beschwerdeführer behauptete, in den Beratungsprotokollen aber nicht erwähnte, Meldung des Zwischenverdienstes bei seinen RAV-Beratern ihn nicht davon entbinden konnte, das für jede Kontrollperiode einzureichende Formular korrekt auszufüllen,
dass das Amt für Wirtschaft und Arbeit am 3. Januar 2012 denn auch Strafanzeige betreffend unrechtmässiger Erwirkung von Arbeitslosenentschädigung erstattete (Urk. 7/166),
dass die Staatsanwaltschaft Winterthur / Unterland mit Strafbefehl vom 5. Juni 2012 (Urk. 7/167) feststellte, der Beschwerdeführer habe eventualvorsätzlich durch unwahre oder unvollständige Angaben für sich zu Unrecht Versicherungsleistungen erwirkt (Vergehen im Sinne von Art. 105 Abs. 1 AVIG),
dass der Beschwerdeführer nach dem Gesagten die unrechtmässigen Leistungen wenn nicht gar vorsätzlich, so zumindest grobfahrlässig entgegengenommen hat, was die Berufung auf den guten Glauben und damit auch einen Erlass der Rückforderung ausschliesst, weshalb es sich erübrigt, das Vorliegen einer grossen Härte zu prüfen,
dass der Beschwerdegegner demgemäss die Rückforderung der Arbeitslosenkasse IAW in der Höhe von Fr. 35‘319.80 zu Recht nicht erlassen hat, was zur Abweisung der Beschwerde führt,
erkennt das Gericht:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
2. Das Verfahren ist kostenlos.
3. Zustellung gegen Empfangsschein an:
- X.___
- Amt für Wirtschaft und Arbeit (AWA)
- seco - Direktion für Arbeit
sowie an:
- Arbeitslosenkasse IAW, Winterthur
4. Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit der Zustellung beim Bundesgericht Beschwerde eingereicht werden (Art. 82 ff. in Verbindung mit Art. 90 ff. des Bundesgesetzes über das Bundesgericht, BGG). Die Frist steht während folgender Zeiten still: vom siebten Tag vor Ostern bis und mit dem siebten Tag nach Ostern, vom 15. Juli bis und mit 15. August sowie vom 18. Dezember bis und mit dem 2. Januar (Art. 46 BGG).
Die Beschwerdeschrift ist dem Bundesgericht, Schweizerhofquai 6, 6004 Luzern, zuzustellen.
Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers oder seines Vertreters zu enthalten; der angefochtene Entscheid sowie die als Beweismittel angerufenen Urkunden sind beizulegen, soweit die Partei sie in Händen hat (Art. 42 BGG).
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich
Der VorsitzendeDie Gerichtsschreiberin
GräubOertli
EG/TO/IDversandt