Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich |
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IV.2014.00427 | ||
IV. Kammer
Sozialversicherungsrichter Hurst, Vorsitzender
Sozialversicherungsrichterin Arnold Gramigna
Sozialversicherungsrichterin Philipp
Gerichtsschreiberin Geiger
Urteil vom 20. August 2015
in Sachen
Helsana Versicherungen AG
Zürichstrasse 130, 8600 Dübendorf
Beschwerdeführerin
Zustelladresse: Helsana Versicherungen AG
Versicherungsrecht
Postfach, 8081 Zürich Helsana
gegen
Sozialversicherungsanstalt des Kantons Zürich, IV-Stelle
Röntgenstrasse 17, Postfach, 8087 Zürich
Beschwerdegegnerin
weitere Verfahrensbeteiligte:
X.___, geb. 2005
Beigeladener
gesetzlich vertreten durch die Mutter Y.___
Sachverhalt:
1. Der 2005 geborene X.___ wurde durch seine Mutter Y.___ am 23. November 2012 (Eingangsdatum) zum Bezug von Leistungen der Invalidenversicherung angemeldet (Gewährung von medizinischen Massnahmen zur Behandlung eines kongenitalen Psychoorganischen Syndroms [POS] gemäss 404 des Anhangs zur Verordnung über Geburtsgebrechen, GgV; Urk. 7/1). Die Sozialversicherungsanstalt des Kantons Zürich, IV-Stelle, holte bei Dr. med. Z.___, FMH Kinder- und Jugendmedizin sowie Entwicklungspädiatrie, den Bericht vom 4. Februar 2013 (Urk. 7/4) ein, worin sie eine Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) respektive ein POS mit ausgeprägter motorischer Ungeschicklichkeit und Hyperaktivität diagnostizierte. Mit Vorbescheid vom 19. Dezember 2013 (Urk. 7/12) stellte die IV-Stelle die Abweisung des Leistungsbegehrens in Aussicht. Dagegen erhob der Krankenversicherer von X.___, die Helsana Versicherungen AG, am 27. Dezember 2013 respektive 6. Februar 2014 (Urk. 7/14 und Urk. 7/23, unter Beilage einer Empfehlung/Bemerkung ihres Vertrauensarztes Dr. med. A.___, Urk. 7/22) und für den Versicherten selbst Dr. Z.___ am 29. Dezember 2013 (Urk. 7/15) Einwand. Die IV-Stelle hielt gestützt auf die Stellungnahme ihres Regionalen Ärztlichen Dienstes (RAD) vom 11. März 2014 (Urk. 7/25) am Vorbescheid fest und wies das Leistungsbegehren mit Verfügung vom 11. März 2014 (Urk. 2) ab.
2. Hiergegen erhob die Helsana Versicherungen AG am 14. April 2014 Beschwerde mit den Anträgen, die Verfügung vom 11. März 2014 sei aufzuheben und es sei die Beschwerdegegnerin zu verpflichten, das Geburtsgebrechen 404 GgV bei X.___ anzuerkennen, eventuell sei das Verfahren zur weiteren Abklärung an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen; unter Kostenfolgen zu Lasten der Beschwerdegegnerin (Urk. 1). Die Beschwerdegegnerin schloss mit Beschwerdeantwort vom 22. Mai 2014 auf Abweisung der Beschwerde (Urk. 6, unter Beilage ihrer Akten, Urk. 7/1-31). Mit Verfügung vom 28. Mai 2014 wurde X.___ zum Prozess beigeladen (Urk. 8). Dieser liess sich in der Folge nicht vernehmen, was den Parteien am 25. Juli 2014 mitgeteilt wurde (Urk. 10).
3. Auf die Vorbringen der Parteien und die eingereichten Unterlagen wird - soweit erforderlich - im Rahmen der nachfolgenden Erwägungen eingegangen.
Das Gericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Versicherte haben bis zum vollendeten 20. Altersjahr Anspruch auf die zur Behandlung von Geburtsgebrechen (Art. 3 Abs. 2 des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts ATSG) notwendigen medizinischen Massnahmen (Art. 13 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung IVG). Der Bundesrat bezeichnet die Gebrechen, für welche diese Massnahmen gewährt werden. Er kann die Leistung ausschliessen, wenn das Gebrechen von geringfügiger Bedeutung ist (Art. 13 Abs. 2 IVG).
Als Geburtsgebrechen gelten diejenigen Krankheiten, die bei vollendeter Geburt bestehen (Art. 3 Abs. 2 ATSG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GgV). Die blosse Veranlagung zu einem Leiden gilt nicht als Geburtsgebrechen. Der Zeitpunkt, in dem ein Geburtsgebrechen als solches erkannt wird, ist unerheblich (Art. 1 Abs. 1 GgV). Die Geburtsgebrechen sind in der Liste im Anhang aufgeführt. Das Eidgenössische Departement des Innern kann die Liste jährlich anpassen, sofern die Mehrausgaben einer solchen Anpassung für die Versicherung insgesamt drei Millionen Franken pro Jahr nicht übersteigen (Art. 1 Abs. 2 GgV). Als medizinische Massnahmen, die für die Behandlung eines Geburtsgebrechens notwendig sind, gelten sämtliche Vorkehren, die nach bewährter Erkenntnis der medizinischen Wissenschaft angezeigt sind und den therapeutischen Erfolg in einfacher und zweckmässiger Weise anstreben (Art. 2 Abs. 3 GgV).
1.2 Das Geburtsgebrechen Ziffer 404 GgV Anhang umfasst kongenitale Hirnstörungen mit vorwiegend psychischen und kognitiven Symptomen bei normaler Intelligenz (kongenitales infantiles Psychosyndrom, kongenitales hirndiffuses psychoorganisches Syndrom, kongenitales hirnlokales Psychosyndrom), sofern sie mit bereits gestellter Diagnose als solche vor der Vollendung des 9. Altersjahres behandelt worden sind.
1.3 Die bei der Frage eines Anspruchs auf medizinische Massnahmen in Zusammenhang mit einem Geburtsgebrechen gemäss Ziff. 404 GgV massgeblichen Kriterien wurden in BGE 122 V 113 und im Urteil des Bundesgerichts 8C_300/2007 vom 14. Januar 2008 umfassend dargelegt. Im Einklang mit dieser Rechtsprechung hat das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) im Kreisschreiben über die medizinischen Eingliederungsmassnahmen der Invalidenversicherung (KSME) die Voraussetzungen der Leistungspflicht für solche Geburtsgebrechen näher umschrieben: Die Störung muss zwingend vor dem vollendeten 9. Lebensjahr als solche diagnostiziert, dokumentiert und auch behandelt worden sein. Erworbene Störungen müssen sicher ausgeschlossen sein (Ziffer 404.2 KSME). Als medizinische Behandlung werden in diesem Zusammenhang die kinderpsychiatrische Behandlung des Kindes und seiner Familie sowie die medikamentöse Therapie und Ergotherapie anerkannt, nicht aber Logopädie, Psychomotorik, Spezial- oder Stützunterricht, Formen der integrativen schulischen Förderung oder andere unterstützende Massnahmen. Ärztliche oder kinderpsychologische Abklärungen und Beratung der Eltern gelten nicht als Behandlung (Urteil des Bundesgerichts I 569/00 vom 6. Juli 2001 E. 2.1).
Das POS stellt ein komplexes Leiden dar. Die Rechtsprechung anerkennt, dass es sich bei den vorausgesetzten krankhaften Beeinträchtigungen um nicht leicht fass- und messbare Elemente handelt (vgl. etwa Urteil des Bundesgerichts 8C_23/2012 vom 5. Juni 2012 E. 5.2.1 mit weiteren Hinweisen).
1.4 Die hier massgebliche Fassung des KSME vom 1. Januar 2015 enthält in Anhang 7 einen medizinischen Leitfaden zu Ziffer 404 GgV.
Nach Randziffer 404.5 KSME können die Voraussetzungen von Ziffer 404 GgV als erfüllt gelten, wenn vor dem 9. Geburtstag des Kindes mindestens Störungen des Verhaltens im Sinne krankhafter Beeinträchtigung der Affektivität oder Kontaktfähigkeit - des Antriebes - des Erfassens –perzeptive oder Wahrnehmungsstörung –, der Konzentrationsfähigkeit sowie der Merkfähigkeit ausgewiesen sind. Diese Symptome müssen kumulativ nachgewiesen (BGE 122 V 113 E. 2), jedoch nicht unbedingt gleichzeitig vorhanden sein, sondern können unter Umständen sukzessive auftreten. Wenn bis zum 9. Geburtstag nur einzelne der erwähnten Symptome ärztlich festgestellt werden, sind die Voraussetzungen für ein Geburtsgebrechen Ziffer 404 GgV nicht erfüllt. Die RAD haben kritisch und streng zu überprüfen, ob die geforderten Kriterien effektiv erfüllt und nachvollziehbar belegt sind. Allenfalls sind externe Experten beizuziehen (KSME Ziffer 2.1 des Anhangs 7).
1.5 Für die Annahme einer Leistungspflicht der Invalidenversicherung aufgrund von Art. 13 IVG genügt nach konstanter Rechtsprechung des Bundesgerichts in beweisrechtlicher Hinsicht, dass es ein Facharzt oder eine Fachärztin zumindest für wahrscheinlich hält, es liege ein im Anhang der GgV enthaltenes Gebrechen vor (BGE 100 V 104 E. 2 in fine).
2.
2.1 Die Beschwerdegegnerin stellte sich in ihrer anspruchsverneinenden Verfügung auf den Standpunkt, dass das Kriterium „Störung des Erfassens“ nicht erfüllt sei, da das logisch-analytische Denken im K-ABC bei 91 (Gesamt-IQ 80), das Erkennen des Inhaltes einer Bildergeschichte altersgemäss seien und die räumliche Wahrnehmung an der unteren Normgrenze liege (Urk. 2, unter Hinweis auf Ziffer 2.1 des medizinischen Leitfadens zu 404 GgV im Anhang 7 zum KSME).
2.2 Die Beschwerdeführerin begründet ihren Antrag auf Übernahme der Behandlungskosten für ein derartiges Geburtsgebrechen mit dem Abklärungsbericht der Kinderärztin Dr. Z.___ vom 4. Februar 2013 und der Stellungnahme ihres Vertrauensarztes Dr. A.___ vom 31. Januar 2014, wonach alle Voraussetzungen zur Anerkennung eines Geburtsgebrechens gemäss Ziffer 404 GgV Anhang erfüllt seien (Urk. 1).
2.3 Strittig zwischen den Parteien ist die Anerkennung eines Geburtsgebrechens gemäss Ziffer 404 GgV und dabei hauptsächlich die Frage, ob eine Störung des Erfassens vorliegt.
Bei Störungen des Erfassens stehen gemäss Ziffer 2.1.3 des medizinischen Leitfadens zu 404 GgV im Anhang 7 zum KSME insbesondere ausgewiesene Defizite der visuellen und auditiven Wahrnehmung im Vordergrund, wobei letztere zu Sprachentwicklungsstörungen führen können. Dabei genügt bereits das Vorliegen einer perzeptiven Teilleistungsstörung für die Bejahung einer Störung des Erfassens.
Da eine Störung des Erfassens oft gut belegbar ist, erlaubt es das KSME der Verwaltung - im Sinne eines Umkehrschlusses - auf die Prüfung der anderen Kriterien (Verhalten, Antrieb, Konzentration, Merkfähigkeit) zu verzichten, wenn das Fehlen von Störungen des Erfassens eine Zusprache des Geburtsgebrechens Ziffer 404 GgV nicht möglich macht.
3.
3.1 Dr. Z.___, die X.___ am 13. August 2011 erstmals untersuchte, diagnostizierte im Bericht vom 4. Februar 2013 (Urk. 7/4) eine ADHS/POS mit ausgeprägter motorischer Ungeschicklichkeit und Hyperaktivität im Sinne eines Geburtsgebrechens 404 GgV der Invalidenversicherung (Diagnose erstmals im August 2011 vermutet und anlässlich der Zweituntersuchung am 2. August 2012 bestätigt).
X.___ sei im August 2010 in den Kindergarten eingeschult worden, wo sich zunehmend Verhaltensauffälligkeiten gezeigt hätten, weshalb eine Reduktion des Stundenpensums auf 2 Stunden pro Tag eingerichtet worden sei. Im Sommer 2011 sei die Erstuntersuchung erfolgt, worauf eine Ergotherapie eingeleitet worden sei. Mit Klassenunterstützung, Logopädie und Ergotherapie sei die Integration in den Kindergarten eben gelungen. Die Einschulung im Sommer 2012 sei in die Kleinklasse erfolgt, wo X.___ weiterhin intensive Förderung erhalte.
Die Muttersprache von X.___ sei B.___. Heute spreche er besser Deutsch als B.___. Die während der Untersuchung anwesende Übersetzerin habe bestätigt, dass die Aussprache auf B.___ sehr auffällig sei und X.___ in dieser Sprache kaum verständlich sei. Kurze Anweisungen auf Deutsch würden gut verstanden. Komplexere Anweisungen würden meist nur teilweise verstanden. Häufig sei er auf visuelle Unterstützung angewiesen. Zwei-Punkt-Befehle, welche nicht sinnunterlegt seien (zum Beispiel einfache Rätsel) würden nicht dekodiert. X.___ wiederhole einen Teil der Frage. Er spreche in Ein- bis Zweiwortsätzen. Die Aussprache sei leicht verwaschen. Häufige Wortverstümmelungen („Getarri“ für Gitarre) oder Wortumschreibungen kämen vor. Der Wortschatz (aus HAWIVA III) liege sowohl aktiv wie passiv auf dem Niveau eines 3 10/12-Jährigen. In der Zweituntersuchung im August 2012 spreche X.___ nun zumeist in korrekten Hauptsätzen. Nebensätze würden kaum gebildet. Die Wortwahl sei einfach, gelegentlich fehlten ihm die korrekten Worte. Das Verständnis für komplexere Satzkonstruktionen sei nach wie vor nicht gegeben (S. 2-3).
Bei X.___ bestehe eine ausgeprägte rezeptive und expressive Spracherwerbsstörung mit Leistungen auf dem Niveau eines durchschnittlich 3-Jährigen. Zusätzlich hätten vor allem in der Erstuntersuchung Hinweise für eine räumliche Wahrnehmungsschwäche (entsprechende Leistungen an der untersten Normgrenze: Skalenwert 7) bestanden, was sich unter Ergotherapie bis zu Verlaufskontrolle im August 2012 gebessert habe (vgl. Ziffer 3.3 im Beiblatt).
3.2 Zum Abklärungsbericht von Dr. Z.___ sowie zur Frage, ob die Voraussetzungen für die Anerkennung eines Geburtsgebrechens Ziffer 404 GgV erfüllt sind, nahm Dr. med. C.___, FMH Arbeitsmedizin und FMH Allgemeinmedizin, vom RAD am 10. Dezember 2013 Stellung (Urk. 7/25/2). Sie führte aus, X.___ sei einjährig aus D.___ in die Schweiz eingereist und die Eltern seien Asylsuchende. Die Muttersprache sei B.___, was die Sprachschwierigkeiten erkläre beziehungsweise weshalb die Testung mit einer Übersetzerin erfolgt sei. So würden kurze Anweisungen auf Deutsch gut verstanden, komplexere Anweisungen würden nur teilweise verstanden und X.___ sei auf visuelle Unterstützung angewiesen. Das logisch-analytische Denken sei im K-ABC (Gesamt-IQ 80) bei 91, das Erkennen des Inhaltes einer Bildergeschichte altersgemäss. Die räumliche Wahrnehmung sei an der untersten Normgrenze. Damit sei das Kriterium Störung des Erfassens nicht erfüllt.
3.3 Der Vertrauensarzt Dr. A.___ hielt in seiner Stellungnahme vom 31. Januar 2014 (Urk. 7/22) zuhanden der beschwerdeführenden Helsana Versicherungen AG fest, dass die Ablehnung der Beschwerdegegnerin im Vorbescheid vom 19. Dezember 2013 nicht korrekt sei. Die Störung des Erfassens sei nicht korrekt beurteilt worden, da wesentliche Störungen des verbalen Erfassens vorlägen.
3.4 Dr. Z.___ hielt in ihrem Einwand vom 29. Dezember 2013 (Urk. 7/15) fest, dass sie mit der Beschwerdegegnerin einig gehe, dass aufgrund der räumlichen Wahrnehmung (bei grenzwertig reduzierten Werten) alleine nicht von einer relevanten Störung des Erfassens ausgegangen werden könne. Es bestehe jedoch bei X.___ eine schwerwiegende Störung der verbalen Erfassung auf allen Ebenen (Sprachwahrnehmung, Artikulation, Sprachverständnis und Sprachexpression). Diese könne nicht auf die Fremdsprachigkeit oder eine ungenügende entsprechende Förderung zurückgeführt werden, da X.___ einerseits in seiner Muttersprache noch schlechter spreche als auf Deutsch (was von einer offiziellen Übersetzerin evaluiert worden sei: die Aussprache sei sehr auffällig und X.___ in dieser Sprache kaum verständlich) und die Deutschexposition bereits deutlich mehr als zwei Jahre betrage (in dieser Zeitspanne erlernten Kinder eine Fremdsprache korrekt). Die älteren Geschwister von X.___ sprächen mit ihm bereits seit dem Alter von 3 Jahren Deutsch. Andererseits erhalte er im Kindergarten klar eine entsprechende Förderung.
Zusammenfassend zeigten sich die wesentlichen Punkte der Störung der verbalen Erfassung folgendermassen: Im Alter von 5 3/4-Jahren könne X.___ nur kurze Anweisungen auf Deutsch verstehen. Zwei-Punkte-Befehle, welche nicht sinnunterlegt seien, würden nicht dekodiert. Die Aussprache sei leicht verwaschen. Häufige Wortverstümmelungen („Getarri“ für Gitarre) als Ausdruck von falsch wahrgenommen und damit abgespeicherten Worten oder Wortumschreibungen kämen vor. Der Wortschatz (aus HAWIVA III) liege sowohl aktiv wie passiv auf dem Niveau eines 3 10/12-Jährigen. X.___ spreche spontan in Ein- bis Zweiwortsätzen. Nach intensiver Logopädie spreche X.___ in der Zweituntersuchung im August 2012 nun zumeist in korrekten Hauptsätzen. Nebensätze würden aber kaum gebildet. Die Wortwahl sei einfach, gelegentlich fehlten ihm korrekte Worte (als Zeichen der persistierenden Schwäche der auditiven Erfassung, welche zu fehlerhaften Worten führe). Das Verständnis für komplexere Satzkonstruktionen sei nach wie vor nicht gegeben.
4.
4.1 Die von der Rechtsprechung als gesetzmässig anerkannten Anspruchsvoraussetzungen für medizinische Massnahmen gemäss Art. 13 IVG bei Ziffer 404 GgV Anhang sind die rechtzeitig vor Vollendung des neunten Altersjahres erhobene Diagnose und der vor demselben Zeitpunkt liegende Behandlungsbeginn (BGE 122 V 113; Urteil des Bundesgericht 9C_932/2010 vom 11. Januar 2011 E. 2.2). Diese beiden Voraussetzungen sind vorliegend unbestritten und eindeutig erfüllt.
4.2 Störungen des Erfassens können auch als Teilleistungsstörungen auftreten (vgl. E. 2.3), so unter anderem als ausgewiesenes Defizit der auditiven Wahrnehmung, was zu Sprachentwicklungsstörungen führen kann. Dabei liegt – entgegen der Auffassung von RAD-Ärztin Dr. C.___ - bei X.___ eine Störung des verbalen Erfassens vor, und zwar auf allen Ebenen (Sprachwahrnehmung, Artikulation, Sprachverständnis und Sprachexpression). Dies liegt nicht an der Fremdsprachigkeit, da dies Dr. Z.___ klar in Abrede gestellt hat (Urk. 7/15). Zudem kann sich X.___ auch auf B.___ (Muttersprache) nur auffällig und unverständlich äussern. Diese Feststellung stand ohne Weiteres in der Kompetenz der bei der Testung anwesenden Übersetzerin und ist so zur Kenntnis zu nehmen. Wie Dr. Z.___ im Weiteren richtig festhielt, betrug die Deutschexposition bereits deutlich mehr als zwei Jahre, was gewöhnlich ausreicht, damit Kinder eine Fremdsprache korrekt erlernen.
Wenn auch die räumliche Wahrnehmung von X.___ an der untersten Normgrenze liegt, genügt die von Dr. Z.___ als Fachärztin festgestellte Teilleistungsstörung im Sinne einer Störung des verbalen Erfassens, um das Kriterium der Störung des Erfassens zu bejahen.
4.3 RAD-Ärztin Dr. C.___ beschränkte sich in ihrer Stellungnahme vom 10. Dezember 2013 auf die Prüfung der Störung des Erfassens und verzichtete entsprechend dem KMSE auf die Beurteilung der weiteren Kriterien (vgl. E. 2.3). Sie prüfte deshalb die weiteren Voraussetzungen für die Anerkennung eines Geburtsgebrechens Ziffer 404 GgV wie Störungen der Affektivität oder Kontaktfähigkeit, des Antriebes, der Konzentrationsfähigkeit sowie der Merkfähigkeit nicht.
Da jedoch eine Störung des Erfassens im Sinne einer Störung des verbalen Erfassens bei X.___ zu bejahen ist, ist die Verfügung vom 11. März 2014 somit aufzuheben und die Sache an die Beschwerdegegnerin zur Prüfung der weiteren Voraussetzungen zur Anerkennung eines Geburtsgebrechens Ziffer 404 GgV und hernach erneutem Entscheid über den Anspruch von X.___ auf medizinische Massnahmen zurückzuweisen.
5. Die Gerichtskosten werden nach dem Verfahrensaufwand und unabhängig vom Streitwert im Rahmen von Fr. 200.-- und Fr. 1‘000.-- festgelegt (Art. 69 Abs. 1bis IVG). Vorliegend sind die Kosten auf Fr. 500.-- anzusetzen und der Beschwerdegegnerin als unterliegender Partei aufzuerlegen.
Das Gericht erkennt:
1. Die Beschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass die angefochtene Verfügung vom 11. März 2014 aufgehoben und die Sache an die Sozialversicherungsanstalt des Kantons Zürich, IV-Stelle, zurückgewiesen wird, damit diese nach erfolgter Abklärung im Sinne der Erwägungen über den Anspruch von X.___ auf medizinische Massnahmen neu verfüge.
2. Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. Rechnung und Einzahlungsschein werden der Kostenpflichtigen nach Eintritt der Rechtskraft zugestellt.
3. Zustellung gegen Empfangsschein an:
- Helsana Versicherungen AG
- Sozialversicherungsanstalt des Kantons Zürich, IV-Stelle
- Y.___
- Bundesamt für Sozialversicherungen
sowie an:
- Gerichtskasse (im Dispositiv nach Eintritt der Rechtskraft)
4. Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit der Zustellung beim Bundesgericht Beschwerde eingereicht werden (Art. 82 ff. in Verbindung mit Art. 90 ff. des Bundesgesetzes über das Bundesgericht, BGG). Die Frist steht während folgender Zeiten still: vom siebten Tag vor Ostern bis und mit dem siebten Tag nach Ostern, vom 15. Juli bis und mit 15. August sowie vom 18. Dezember bis und mit dem 2. Januar (Art. 46 BGG).
Die Beschwerdeschrift ist dem Bundesgericht, Schweizerhofquai 6, 6004 Luzern, zuzustellen.
Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers oder seines Vertreters zu enthalten; der angefochtene Entscheid sowie die als Beweismittel angerufenen Urkunden sind beizulegen, soweit die Partei sie in Händen hat (Art. 42 BGG).
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich
Der VorsitzendeDie Gerichtsschreiberin
HurstGeiger