Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich |
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IV.2018.00110
II. Kammer
Sozialversicherungsrichter Mosimann, Vorsitzender
Sozialversicherungsrichterin Käch
Ersatzrichterin Lienhard
Gerichtsschreiberin Kübler-Zillig
Urteil vom 26. Juni 2020
in Sachen
X.___, geb. 2012
Beschwerdeführerin
gesetzlich vertreten durch die Eltern Y.___ und Z.___
diese vertreten durch Rechtsanwalt Patrick Lerch
Grieder Bugada Baumann Lerch, Rechtsanwälte
Badenerstrasse 21, Postfach, 8021 Zürich 1
gegen
Sozialversicherungsanstalt des Kantons Zürich, IV-Stelle
Röntgenstrasse 17, Postfach, 8087 Zürich
Beschwerdegegnerin
Sachverhalt:
1.
1.1 X.___, geboren am «...» 2012, wurde durch ihre Mutter am 8. März 2012 bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug von medizinischen Massnahmen im Zusammenhang mit den Geburtsgebrechen Ziff. 177 und Ziff. 183 des Anhangs der Verordnung über Geburtsgebrechen (GgV-Anhang) angemeldet (Urk. 7/1 Ziff. 5.1). Im weiteren Verlauf erteilte die Sozialversicherungsanstalt des Kantons Zürich, IV-Stelle, der Versicherten Kostengutsprachen für die Behandlung der Geburtsgebrechen und übernahm im Rahmen von medizinischen Massnahmen die Kosten für ambulante Physiotherapien, Behandlungsgeräte, Oberschenkel-Ausgleichs-Orthesen, Schuhzurichtungen sowie Prothesen (Urk. 7/13-14, Urk. 7/20-21, Urk. 7/32, Urk. 7/48, Urk. 7/57, Urk. 7/185, Urk. 7/199, Urk. 7/276, Urk. 7/279).
1.2 Am 7. Juni 2013 ersuchte der behandelnde Arzt der Versicherten auf Wunsch der Eltern um Kostenübernahme für eine rekonstruktive Operation (Urk. 7/33). Mit Vorbescheid vom 29. September 2015 stellte die IV-Stelle den Eltern der Versicherten einen Kostenbeitrag in der Höhe von Fr. 64'644.-- an die erste Operation in den Vereinigten Staaten von Amerika (USA) zuzüglich die Reisekosten für die Versicherte sowie eine Begleitperson in Aussicht (Urk. 7/114), wogegen die Eltern der Versicherten am 30. Oktober 2015 Einwände erhoben (Urk. 7/133).
Am 21. Oktober 2015 wurde die Versicherte von A.___, MD, FRCSC, West Palm Beach, Florida (USA), operiert (vgl. Operationsbericht, Urk. 7/131). Mit Mitteilungen vom 26. Oktober 2015 sowie 2. Dezember 2015 erteilte die IV-Stelle Kostengutsprache für Reisekosten (Urk. 7/125, Urk. 7/138). Am 14. Dezember 2015 ergänzte sie den Vorbescheid vom 29. September 2015 dahingehend, dass vorerst nur ein Kostenbeitrag von Fr. 44'688.-- ausbezahlt werden könne, da nicht alle Operationsschritte wie geplant durchgeführt worden seien (Urk. 7/144). Mit Verfügung vom 29. März 2016 sprach die IV-Stelle der Versicherten einen Kostenbeitrag in der Höhe von Fr. 44'688.-- an die erste Operation in den USA zu, welcher bereits ausbezahlt worden sei. Zudem erteilte sie Kostengutsprache für die Reisekosten nach Florida und zurück für die Versicherte sowie eine Begleitperson (Urk. 7/170). Die dagegen beim hiesigen Gericht am 29. April 2016 erhobene Beschwerde (Urk. 7/186) wurde mit Urteil vom 9. Januar 2017 im Verfahren Nr. IV.2016.00499 in dem Sinne gutgeheissen, dass die Sache zur weiteren Abklärung an die IV-Stelle zurückgewiesen wurde (Urk. 7/208).
1.3 Am 16. Februar 2016 wurde der Versicherten in den USA operativ eine Metallplatte entfernt (vgl. Operationsbericht, Urk. 7/163). Mit Mitteilung vom 5. April 2016 erteilte die IV-Stelle Kostengutsprache für Reisekosten nach Florida in der Höhe von insgesamt Fr. 2'780.60 (Urk. 7/176). Nach ergangenem Vorbescheid (Urk. 7/177) beteiligte sich die IV-Stelle mit Verfügung vom 20. April 2016 mit einem Beitrag von Fr. 15'987.20 an der im Februar 2016 in den USA durchgeführten Operation (Urk. 7/182). Im Zusammenhang mit einer Nachuntersuchung in den USA im Januar 2017 übernahm die IV-Stelle mit Schreiben vom 7. Februar 2017 Reisekosten in der Höhe von insgesamt Fr. 2'537.-- (Urk. 7/207) sowie am 19. September 2017 die Kosten einer in Zürich durchgeführten Nachuntersuchung durch Dr. A.___ (Urk. 7/254).
Mit Schreiben vom 26. April 2017 ersuchten die Eltern der Versicherten sodann um Übernahme der Kosten für eine erste Beinverlängerungsoperation im Juni 2017 in den USA, der nachfolgenden Operation zur Materialentfernung sowie der Physiotherapiekosten (Urk. 7/220), zogen dieses Gesuch am 29. Januar 2018 jedoch wieder zurück (Urk. 7/286).
1.4 In Umsetzung des Urteils vom 9. Januar 2017 (Urk. 7/208) holte die IV-Stelle medizinische Berichte und Stellungnahmen ein (Urk. 7/228, Urk. 7/234, Urk. 7/237, Urk. 7/239, Urk. 7/247, Urk. 7/259) und hielt nach durchgeführtem Vorbescheidverfahren (Urk. 7/269, Urk. 7/275) mit Verfügung vom 13. Dezember 2017 fest, sie beteilige sich an den Kosten in dem Umfang, welche entstanden wären, wenn die Hüftoperation bei der nächstgelegenen Durchführungsstelle in Deutschland durchgeführt worden wäre. Diese würden inklusive Reise- und Übernachtungskosten insgesamt Fr. 10'552.80 betragen. Die mit Verfügung vom 29. März 2016 ausgerichteten, darüberhinausgehenden Leistungen seien zurückzuerstatten (Urk. 7/282 = Urk. 2).
2. Die Eltern der Versicherten erhoben am 29. Januar 2018 Beschwerde gegen die Verfügung vom 13. Dezember 2017 (Urk. 2) und beantragten (Urk. 1 S. 2), diese sei aufzuheben (Ziff. 1), es seien ihr die gesetzlichen Leistungen zuzusprechen, insbesondere die Kosten der Operation vom 21. Oktober 2015 von USD 203'361.30 zuzüglich Reisekosten mit Verzugszins zurückzuerstatten (Ziff. 2) und die Beschwerdegegnerin sei anzuweisen, die angedrohte Rückforderung zu unterlassen (Ziff. 3.).
Die IV-Stelle beantragte mit Beschwerdeantwort vom 7. März 2018 (Urk. 6) die Abweisung der Beschwerde.
Am 14. März 2018 erstatteten die Beschwerdeführenden eine Replik (Urk. 9) und am 4. April 2018 verzichtete die Beschwerdegegnerin auf eine Duplik (Urk. 11).
Im Rahmen einer am 29. Oktober 2018 durchgeführten Instruktionsverhandlung (Prot. S. 4 ff.) erzielten die Parteien keine Einigung (Prot. S. 7 unten).
Am 13. März 2019 beauftragte das Gericht - nach erfolgter Konsultation der Parteien (vgl. Urk. 23-25, Urk. 28-30) - Prof. Dr. med. B.___, Chefarzt für Kinderorthopädie, Deformitätenrekonstruktion und Fusschirurgie, Universitätsklinikum C.___ (D), mit der Erstattung eines Gutachtens (Urk. 32).
Prof. B.___ erstattete sein Gutachten am 7. August 2019 (Urk. 36). Die Parteien nahmen dazu am 29. Oktober 2019 (Urk. 43) und am 28. November 2019 (Urk. 45-46) Stellung, was ihnen je zur Kenntnis gebracht wurde (Urk. 47).
Die Beschwerdegegnerin erstattete aufforderungsgemäss (Urk. 48) am 5. Juni 2020 (Eingang) eine Stellungnahme (Urk. 51) unter Hinweis auf eine Stellungnahme des RAD (Urk. 51). Dies wurde den Beschwerdeführenden am 5. Juni 2020 zur Kenntnis gebracht (Urk. 53).
Das Gericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 In formeller Hinsicht machten die Beschwerdeführerenden geltend, das Leistungsgesuch vom 26. April 2017 betreffend Übernahme der Kosten der ersten Beinverlängerung-Operation inklusive Folgebehandlungen sei nicht Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens. Es sei unklar, ob in der angefochtenen Verfügung darüber entschieden worden sei oder nicht (Urk. 1 S. 3 f. Rz 5). Die Beschwerdegegnerin führte hierzu aus, zwischen der instabilen Hüfte und der Streckung bestehe ein enger sachlicher Zusammenhang, weshalb mit der angefochtenen Verfügung entsprechend gesamthaft entschieden worden sei (Urk. 6 S. 1).
1.2 Im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren sind grundsätzlich nur Rechtsverhältnisse zu überprüfen beziehungsweise zu beurteilen, zu denen die zuständige Verwaltungsbehörde vorgängig verbindlich – in Form einer Verfügung beziehungsweise eines Einspracheentscheids – Stellung genommen hat. Insoweit bestimmt die Verfügung beziehungsweise der Einspracheentscheid den beschwerdeweise weiterziehbaren Anfechtungsgegenstand. Umgekehrt fehlt es an einem Anfechtungsgegenstand und somit an einer Sachurteilsvoraussetzung, wenn und insoweit keine Verfügung beziehungsweise kein Einspracheentscheid ergangen ist (BGE 131 V 164 E. 2.1; 125 V 413 E. 1a).
Die für die Beteiligten verbindlichen Anordnungen der Behörde, das heisst die verfügungsbedürftigen Elemente der Verfügung, sind im Dispositiv der Verfügung enthalten. Nur dieses wird rechtswirksam. Dementsprechend können auch nur diese Teile der Verfügung angefochten werden (Volz, in: Zünd/Pfiffner Rauber [Hrsg.], Kommentar zum Gesetz über das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, 2. Auflage, Zürich/Basel/Genf 2009, N 22 zu § 18).
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts kann das verwaltungsgerichtliche Verfahren aus prozessökonomischen Gründen auf eine ausserhalb des Anfechtungsgegenstandes, das heisst ausserhalb des durch die Verfügung beziehungsweise durch den Einspracheentscheid bestimmten Rechtsverhältnisses liegende spruchreife Frage ausgedehnt werden, wenn diese mit dem bisherigen Streitgegenstand derart eng zusammenhängt, dass von einer Tatbestandsgesamtheit gesprochen werden kann, und wenn sich die Verwaltung zu dieser Streitfrage mindestens in Form einer Prozesserklärung geäussert hat (BGE 130 V 501, 122 V 34 E. 2a mit Hinweisen).
1.3 Der angefochtenen Verfügung vom 13. Dezember 2017 lässt sich insbesondere folgendes entnehmen (Urk. 2 S. 1 f.):
«Wir verfügen:
1 Wir beteiligen uns an den Kosten in dem Umfang, welche entstanden wären, wenn die Hüftoperation bei der nächstgelegenen Durchführungsstelle in Deutschland durchgeführt worden wäre.
2 Die mit Verfügung vom 29. März 2016 ausgerichteten Leistungen sind - unter Abzug der Beträge gemäss Dispositivziffer 1 - zurückzuerstatten. Über die Höhe dieser Rückerstattung ergeht ein separater Entscheid.»
Dabei wird klar, dass die Beschwerdegegnerin in der angefochtenen Verfügung ausschliesslich die Kosten der erstmaligen Hüftoperation beurteilt hat, nicht jedoch die Operationen betreffend Beinverlängerungen. Streitgegenstand kann dementsprechend nur die Hüftoperation bilden. Zwar besteht zwischen diesen Operationen durchaus ein enger sachlicher Zusammenhang. Nachdem jedoch die Hüftoperation bereits im Oktober 2015, mithin vor bald fünf Jahren, durchgeführt worden war, ist nun zunächst über die diesbezüglichen Kosten zu entscheiden und allfällige weitere Fragen sind in einem separaten Verfahren zu klären.
2.
2.1 Versicherte haben bis zum vollendeten 20. Altersjahr Anspruch auf die zur Behandlung von Geburtsgebrechen (Art. 3 Abs. 2 des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts, ATSG) notwendigen medizinischen Massnahmen (Art. 13 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung, IVG). Der Bundesrat bezeichnet die Gebrechen, für welche diese Massnahmen gewährt werden. Er kann die Leistung ausschliessen, wenn das Gebrechen von geringfügiger Bedeutung ist (Art. 13 Abs. 2 IVG).
Als Geburtsgebrechen gelten diejenigen Krankheiten, die bei vollendeter Geburt bestehen (Art. 3 Abs. 2 ATSG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über Geburtsgebrechen, GgV). Die blosse Veranlagung zu einem Leiden gilt nicht als Geburtsgebrechen. Der Zeitpunkt, in dem ein Geburtsgebrechen als solches erkannt wird, ist unerheblich (Art. 1 Abs. 1 GgV). Die Geburtsgebrechen sind in der Liste im Anhang aufgeführt. Das Eidgenössische Departement des Innern kann die Liste jährlich anpassen, sofern die Mehrausgaben einer solchen Anpassung für die Versicherung insgesamt drei Millionen Franken pro Jahr nicht übersteigen (Art. 1 Abs. 2 GgV).
2.2 Als medizinische Massnahmen, die für die Behandlung eines Geburtsgebrechens notwendig sind, gelten sämtliche Vorkehren, die nach bewährter Erkenntnis der medizinischen Wissenschaft angezeigt sind und den therapeutischen Erfolg in einfacher und zweckmässiger Weise anstreben (Art. 2 Abs. 3 GgV). Der darin enthaltende Verhältnismässigkeitsgrundsatz beschlägt die Relation zwischen den Kosten der medizinischen Massnahme einerseits und dem mit der Eingliederungsmassnahme verfolgten Zweck andererseits. Dieser Aspekt der finanziellen Angemessenheit ist mit dem Kriterium der Einfachheit gemeint, wogegen die Zweckmässigkeit namentlich voraussetzt, dass die Massnahme unter medizinischen und praktischen Gesichtspunkten geeignet ist, bei der versicherten Person zum angestrebten Erfolg zu führen. Eine rein betragsmässige Begrenzung der notwendigen Massnahme kommt rechtsprechungsgemäss nur dann in Frage, wenn zwischen der Massnahme und dem Eingliederungszweck ein derart krasses Missverhältnis bestünde, dass sich die Übernahme der Eingliederungsmassnahme schlechthin nicht verantworten liesse. Zu beachten ist, dass die Geburtsgebrechen bei der Invalidenversicherung eine Sonderstellung einnehmen. Denn Versicherte können gemäss Art. 8 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 13 Abs. 1 IVG bis zum vollendeten 20. Altersjahr unabhängig von der Möglichkeit einer späteren Eingliederung in das Erwerbsleben die zur Behandlung notwendigen medizinischen Massnahmen beanspruchen. Eingliederungszweck ist die Behebung oder Milderung der als Folge eines Geburtsgebrechens eingetretenen Beeinträchtigung (vgl. Urteile des Bundesgerichts 8C_881/2015 vom 22. April 2016 E. 3.3 und 8C_664/2014 vom 21. Mai 2015 E. 2.2).
Nach der Rechtsprechung gilt eine Behandlungsart dann als bewährter Erkenntnis der medizinischen Wissenschaft entsprechend, wenn sie von Forschern und Praktikern der medizinischen Wissenschaft auf breiter Basis anerkannt ist. Das Schwergewicht liegt auf der Erfahrung und dem Erfolg im Bereich einer bestimmten Therapie. Die für den Bereich der Krankenpflege entwickelte Definition der Wissenschaftlichkeit findet prinzipiell auch auf die medizinischen Eingliederungsmassnahmen der Invalidenversicherung Anwendung. Eine Vorkehr, die mangels Wissenschaftlichkeit nicht durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung zu übernehmen ist, kann grundsätzlich auch nicht als medizinische Massnahme nach Art. 12 oder 13 IVG zu Lasten der Invalidenversicherung gehen. Die in diesem Sinn lautende, zum KUVG ergangene Rechtsprechung ist unter der Herrschaft des seit 1. Januar 1996 geltenden KVG weiterhin anwendbar. Medizinische Eingliederungsmassnahmen der Invalidenversicherung (Art. 12 und 13 IVG) sowie Analysen und Arzneimittel (Art. 4bis der Verordnung über die Invalidenversicherung, IVV) werden somit nur unter der Voraussetzung gewährt, dass sie wissenschaftlich anerkannt sind. Auch in der Invalidenversicherung gilt das fundamentale Prinzip der wissenschaftlich nachgewiesenen Wirksamkeit (vgl. dazu BGE 129 V 167 E. 3.2 mit Hinweisen), das heisst der wissenschaftlichen Anerkennung (BGE 125 V 21 E. 5a in fine, 123 V 53 E. 2b/cc; Urteil des Bundesgerichts I 519/03 vom 11. Dezember 2003 E. 5.1; zum Ganzen: Urteil des Bundesgerichts I 19/03 vom 29. Januar 2004 E. 2.4). Die Beurteilung der Wirksamkeit hat aufgrund einer vom einzelnen Anwendungsfall losgelösten retrospektiven allgemeinen Bewertung der mit einer diagnostischen oder therapeutischen Massnahme erfahrungsgemäss erzielten Ergebnisse zu erfolgen (BGE 125 V 21 E. 5a in fine, 123 V 53 E. 2b/cc; vgl. auch BGE 133 V 115 E. 3.2.1; AHI 2001 S. 76 f. E. 1b je mit Hinweisen; Urteil des Bundesgerichts I 601/06 vom 12. März 2008 E. 5.1 mit Hinweisen).
2.3 Die Eingliederungsmassnahmen werden in der Schweiz, ausnahmsweise auch im Ausland, gewährt (Art. 9 Abs. 1 IVG). Erweist sich die Durchführung einer Eingliederungsmassnahme in der Schweiz als unmöglich, insbesondere weil die erforderlichen Institutionen oder Fachpersonen fehlen, so übernimmt gemäss Art. 23bis IVV die Versicherung die Kosten einer einfachen und zweckmässigen Durchführung im Ausland (Abs. 1). Die Versicherung übernimmt die Kosten für eine einfache und zweckmässige Durchführung medizinischer Massnahmen, die notfallmässig im Ausland durchgeführt werden (Abs. 2). Wird eine Eingliederungsmassnahme aus anderen beachtlichen Gründen im Ausland durchgeführt, so vergütet die Versicherung die Kosten bis zu dem Umfang, in welchem solche Leistungen in der Schweiz zu erbringen gewesen wären (Abs. 3).
3.
3.1
3.1.1 Die Beschwerdegegnerin führte in der angefochtenen Verfügung vom 13. Dezember 2017 (Urk. 2) aus, es bestehe ein Anspruch auf einen Kostenbeitrag in dem Umfang, welche entstanden wären, wenn die Hüftoperation bei der nächstgelegenen Durchführungsstelle in Deutschland durchgeführt worden wäre. Die Kosten hätten sich dabei auf Fr. 9'786.90 für die Operation sowie einen vierzehntägigen Rehabilitationsaufenthalt, Fr. 240.90 für die Reisekosten für die Versicherte und eine Begleitperson sowie Fr. 525.-- Übernachtungspauschalen für die Begleitperson belaufen (S. 1). Die Operation in Anwendung der Super-Hip-Methode habe zu einer Stabilisierung der Hüfte geführt und dabei den Weg für eine im Sinne der Invalidenversicherung zumutbare, einfache und zweckmässige Orthoprothesenversorgung geebnet. Mit der Operation habe eine Stabilität erreicht werden können, die eine adäquate Versorgung mit einer Orthoprothese möglich mache. Die von den Eltern angestrebte komplette Korrektur der Beinlängendifferenz sei für eine optimale Orthoprothesenversorgung medizinisch nicht angezeigt. Eine einfache und zweckmässige Versorgung, wie sie die Invalidenversicherung kenne, bedinge keine Streckung, sondern einzig eine stabile Hüftsituation. Die Operation der Hüfte in Anwendung der Super-Hip-Methode könne für eine optimale Orthoprothesenversorgung als notwendig angesehen werden. Die Kosten im Zusammenhang mit der Streckung seien jedoch nicht von der Invalidenversicherung zu tragen.
Nachdem sich in der Schweiz kein Arzt finde, der eine Hüftoperation in Anwendung der Super-Hip-Methode durchführe, stelle sich die Frage nach der Durchführung dieser Operation im Ausland. Das Ärzteteam des Zentrums D.___, Deutschland, biete Operationen in Anwendung der Super-Hip-Methode an und führe diese auch erfolgreich durch. Der ärztliche Direktor und Chefarzt Dr. E.___ habe erklärt, dass er an seiner Klinik die Hüftoperation in Anwendung der Super-Hip-Methode problemlos auch hätte durchführen können. Der Umstand, dass Dr. E.___ keine persönliche Untersuchung durchgeführt habe, sei für die Beweiskraft seiner fachlichen Einschätzung nicht entscheidend. Vorliegend sei es einzig um die Frage gegangen, ob er an seinem Zentrum eine solche Operation hypothetisch auch hätte durchführen können (S. 2).
Die erste Operation bei Dr. A.___ sei von den Eltern organisiert und in Eigenregie zu einem Zeitpunkt terminiert worden, als bei der Invalidenversicherung der Sachverhalt noch in Abklärung gestanden habe. Hinsichtlich des Eingriffs habe keine Dringlichkeit vorgelegen (S. 2 f.).
Das kinderorthopädische Zentrum D.___ sei in deutschsprachigen orthopädischen sowie kinderorthopädischen Kreisen sehr renommiert. Der ärztliche Direktor und Chefarzt Dr. E.___ lege sein Hauptaugenmerk nach der Patientenbehandlung vor allem auf eine wirtschaftliche Führung der Klinik, weshalb ihm für Veröffentlichungen von Publikationen letztendlich nur wenig Zeit bleibe. Die Anzahl wissenschaftlicher Publikationen korreliere aber nicht mit der fachlichen Kompetenz eines Arztes, sondern hänge einzig mit der Entscheidung zusammen, ob und wie intensiv man sich im akademischen Bereich betätigen wolle. Dr. E.___ behandle mit Sicherheit auch Kinder mit Fehlbildungen des oberen Oberschenkelknochens, an seiner Klinik würden Hüftoperationen in Anwendung der Super-Hip-Methode durchgeführt. Es gebe keinerlei Anhaltspunkte, die an der fachlichen Kompetenz von Dr. E.___ für die im Raum stehende Operation zweifeln lasse. Er habe unter Berücksichtigung der Röntgenaufnahmen und ärztlichen Berichte eine nachvollziehbare Einschätzung abgegeben und mit Bestimmtheit erklärt, dass er die Operation aus fachlicher Sicht an seiner Klinik hätte durchführen können (S. 3).
Aus den Schreiben der für eine Zweitmeinung kontaktierten Ärzte Prof. Dr. med. F.___ sowie Prof. Dr. med. G.___ werde deutlich, dass sie letztlich dem Druck des elterlichen Wunsches nach zwei gleich langen Beinen ohne Orthoprothese nachgegeben hätten. Die Empfehlungen der Hüftoperation bei Dr. A.___ sei mehr aus psychologischen denn aus medizinischen Gründen erfolgt. Sie hätten denn auch nicht erklärt, dass sie diese Operation selbst nicht durchführen könnten, sondern stellten lediglich fest, dass Dr. A.___ wohl die meisten Fälle operiert habe. Hinzu komme, dass sie ihre Einschätzung und Empfehlung nur im Hinblick auf die Hüftoperation als ersten Schritt abgegeben und vor den Streckungsoperationen explizit gewarnt hätten. In den Vereinigten Staaten von Amerika bestehe aufgrund der viel höheren Einwohnerzahl folglich auch eine viel höhere Fallzahl für einzelne, mitunter auch seltenere Krankheiten. Das bedeute aber nicht, dass Krankheiten (richtig wohl: deren Behandlung) einfach pauschal in den Vereinigten Staaten durchgeführt würden. Es bedürfe immer einer sorgfältigen Prüfung des Einzelfalls, ob eine Behandlung in den Vereinigten Staaten angezeigt sei (S. 4).
Zusammenfassend sei die Operation der Hüfte für eine optimale, situations- und kindgerechte Orthoprothesenversorgung im Sinne der Invalidenversicherung notwendig gewesen und vom fachlich dazu befähigten Dr. med. E.___ - Ärztlicher Direktor, Zentrum D.___ (D)- an seiner Klinik ohne Weiteres durchführbar gewesen. Die Kosten für die gewünschte Beinverlängerung seien aufgrund der Risiken, die mit diesen Operationen verbunden und auch von Prof. F.___ und Prof. G.___ betont worden seien, nicht von der Invalidenversicherung zu tragen. Zudem könne mit der Hüftoperation sowie einer Orthoprothesenversorgung eine einfache und zweckmässige Versorgung erreicht werden (S. 5).
3.1.2 Im Rahmen der Beschwerdeantwort vom 7. März 2018 (Urk. 6) führte die Beschwerdegegnerin weiter aus, zwischen der instabilen Hüfte und der Streckung bestehe ein enger sachlicher Zusammenhang, weshalb entsprechend gesamthaft entschieden worden sei. Der Grund, weshalb die Eltern eine Behandlung in den Vereinigten Staaten verfolgt hätten, habe letztendlich auch an der Bereitschaft von Dr. A.___ gelegen, die von den Eltern mit Bestimmtheit gewünschte - und bei europäischen Ärzten durchaus umstrittene - Streckung durchzuführen. Die Frage, ob ein kompetenter Arzt in Europa nur die Hüfte hätte operieren können, sei nie zur Diskussion gestanden und sei von den Behandlern aus nachvollziehbaren Gründen auch nicht weiterverfolgt worden (S. 1).
3.2
3.2.1 Demgegenüber machten die Beschwerdeführenden geltend, die Behauptung der Beschwerdegegnerin, die notwendige Super Hip 2 Operation hätte auch in Deutschland bei Dr. E.___ durchgeführt werden können, werde von fachärztlicher Seite nicht bestätigt. Die hiesigen Kinderorthopäden hätten zu Recht sowohl das neue Abklärungsergebnis an sich wie auch dessen Zustandekommen kritisiert (S. 6 Rz 14). Entgegen der Behauptung der Beschwerdegegnerin seien die Ausführungen von Dr. E.___ keinesfalls belegend dafür, dass dieser die Versicherte im Jahr 2015 nach der Super Hip 2 Methode «mit Bestimmtheit» hätte operieren können (S. 7 Rz 15). Die vagen Ausführungen von Dr. E.___ könnten ohnehin die Empfehlungen der angefragten, weltweit renommierten Kinderorthopäden Prof. F.___, Prof. G.___ und Dr. H.___ nicht ersetzen. Keiner dieser Experten habe Dr. E.___ empfohlen (S. 7 Rz 16). Unzutreffend sei die Unterstellung der Beschwerdegegnerin, dass die angefragten Experten sich nur aufgrund «der klaren Vorstellungen der Eltern» zur Empfehlung Dr. A.___s hätten hinreissen lassen. Richtig sei einzig, dass niemand Dr. E.___ ins Spiel gebracht habe, alles andere sei reine Spekulation und finde in den Akten nicht die geringste Stütze (S. 7 Rz 17). Die Beschwerdegegnerin tue so, als ginge es vorliegend um eine Blinddarmoperation, mit welcher man ohne weiteres jeden beliebigen Chirurgen betrauen könne. Bei der Super Hip 2 Operation handle es sich jedoch um ein hochkomplexes chirurgisches Verfahren, welches es in casu bei einem dreijährigen Kind anzuwenden gegolten habe. Die blosse Selbsteinschätzung eines Chirurgen genüge hierfür nicht (S. 8 Rz 19). Den Akten lasse sich nicht entnehmen, dass man Dr. E.___ gefragt habe, ob er schon eine Super Hip 2 Operation durchgeführt habe (S. 8 Rz 20). Trotz Ersuchen der Beschwerdeführerenden habe sich die Beschwerdegegnerin geweigert, Dr. E.___ die entsprechenden Fragen zu unterbreiten (S. 9 Rz 21). Das neue Abklärungsergebnis der Beschwerdegegnerin sei in jeder Hinsicht unhaltbar. Es werde weder der gesetzlichen Abklärungspflicht der Beschwerdegegnerin, noch den Weisungen des rechtskräftigen Urteils des Sozialversicherungsgerichts, noch den berechtigten Ansprüchen der besorgten Eltern der Versicherten gerecht. Die Super Hip 2 Operation sei nur bei Dr. A.___ in den USA durchführbar, weshalb die Beschwerdegegnerin die hierfür angefallenen Kosten gestützt auf Art. 23bis Abs. 1 IVV vollumfänglich zu übernehmen habe (S. 9 f. Rz 23).
Das Gesuch betreffend die Beinverlängerungs-Operation sei von den Beschwerdeführerenden zurückgezogen worden. Spätestens damit seien die entsprechenden Ausführungen in der angefochtenen Verfügung nicht (mehr) streitgegenständlich und müssten nicht mehr kommentiert werden (S. 10 Rz 25).
Der bestrittene Rückforderungsanspruch sei verwirkt. Bekanntlich seien Rückforderungsansprüche innert Jahresfrist geltend zu machen, wobei fristauslösend derjenige Zeitpunkt sei, in welchem die Beschwerdegegnerin bei gebotener und zumutbarer Aufmerksamkeit die Rückforderungsvoraussetzungen hätte erkennen können. Erstmals über Dr. E.___ berichtet habe die Beschwerdegegnerin im Oktober 2015. Nachforschungen zur Höhe der in D.___ anfallenden Operationskosten habe die Beschwerdegegnerin jedoch keine angestellt, auch dann nicht, als die Beschwerdeführerenden sie im ersten Beschwerdeverfahren explizit darauf hingewiesen hätten. Eine Rückforderung wäre demzufolge so oder anders verwirkt (S. 11 Rz 28).
3.2.2 In der Replik vom 14. März 2018 (Urk. 9) hielten die Beschwerdeführenden ergänzend fest, der behauptete enge sachliche Zusammenhang zwischen Super Hip 2 Operation und Beinverlängerungs-Operation sowie die behauptete Notwendigkeit, gesamthaft entscheiden zu müssen, werde entschieden bestritten. Jede medizinische Massnahme müsse einzeln beantragt werden, worauf die Beschwerdegegnerin dann jeweils einzeln darüber entscheide beziehungsweise verfüge. Weshalb für zwei komplexe Operationen, welche erst noch mehrere Jahre auseinanderliegen würden, etwas anderes gelten solle, sei nicht ersichtlich. Die Abklärungen der Beschwerdegegnerin zur Beinverlängerungs-Operation seien ungenügend und unvollständig, weshalb die Angelegenheit ohnehin nicht spruchreif sei (S. 1 Rz 1).
3.3 Strittig und zu prüfen ist, ob die Beschwerdeführenden Anspruch auf eine Kostenübernahme der in den Vereinigten Staaten bei Dr. A.___ durchgeführten Hüftoperationen haben und bejahendenfalls in welchem Umfang.
4. Im Urteil des hiesigen Gerichts vom 9. Januar 2017 wurde die medizinische Aktenlage folgendermassen beurteilt (Urk. 7/208 S. 11 ff.):
Aus den medizinischen Akten ergibt sich, dass die Versicherte an einer schwerwiegenden Fehlstellung der linken unteren Extremität mit einem angeborenen proximalen Femurdefekt sowie Fehlstellungen im Hüft-, Knie- und Sprunggelenksbereich leidet. Auffällig dabei ist insbesondere auch die deutliche Aussenrotation des Beines. Die prognostizierte Beinlängendifferenz nach Abschluss des Wachstums beträgt zirka 30-40 cm (…). Das Vorliegen der Geburtsgebrechen Ziff. 177 und Ziff. 183 gemäss GgV-Anhang ist unbestritten, wobei die Beschwerdegegnerin der Versicherten auch bereits mehrere Kostengutsprachen für die Behandlung dieser Geburtsgebrechen erteilte (…). Ebenso unbestritten ist, dass das Leiden der Versicherten grundsätzlich behandlungsbedürftig ist und medizinische Massnahmen angezeigt sind.
Zwischen den Parteien umstritten ist allerdings, ob die im Oktober 2015 in den USA bereits durchgeführte rekonstruktive Operation einschliesslich der Superhip 2-Methode (…) nach bewährter Kenntnis der Wissenschaft angezeigt ist und den therapeutischen Erfolg in einfacher und zweckmässiger Weise anstrebt. Dabei stellt sich ebenfalls die Frage nach möglichen Alternativoptionen, welche auch in der Schweiz zur Verfügung gestanden hätten (E. 4.1).
Die konsultierten Fachärzte waren übereinstimmend der Ansicht, dass die Superhip 2-Methode in der Schweiz mangels eines entsprechenden Spezialisten nicht hätte durchgeführt werden können und Dr. A.___ diesbezüglich den grössten Erfahrungsschatz aufweise (…). Anhand der vorliegenden medizinischen Akten lässt sich allerdings nicht abschliessend beurteilen, ob die vorgenommene Superhip 2-Methode auch tatsächlich notwendig war und den therapeutischen Erfolg in einfacher und zweckmässiger Weise anstrebt. So erachtete insbesondere Prof. F.___ zunächst eine Exoprothesenversorgung bis zum Abschluss des Wachstums mit einer allfälligen operativen Korrektur als mögliche Therapieoption. Er unterstützte den Wunsch der Eltern der Versicherten für die Superhip-Operation lediglich aufgrund der fehlenden Akzeptanz der bestehenden Hypoplasie mit Exoprothesenversorgung. Dabei wies er ebenfalls auf die möglichen Risiken bis hin zur Notwendigkeit der Amputation bei Minderperfusion hin (…). Auch Dr. H.___ wies ursprünglich darauf hin, dass die möglichen therapeutischen Massnahmen in der medizinischen Fachwelt sehr kontrovers diskutiert würden und es lediglich einzelne Chirurgen weltweit gäbe, welche ein chirurgisches Vorgehen präferieren würden, wogegen der grössere Anteil der Orthopäden von chirurgischen Massnahmen grundsätzlich eher abrate, da sich dadurch kein sicheres günstiges funktionelles Ergebnis erreichen lasse (…).
In den nachfolgenden Berichten lässt sich zwar teilweise erkennen, dass die Durchführung einer Hüftoperation respektive eine Korrektur der Aussenrotation des linken Beines als notwendig erachtet wurde, dies insbesondere auch zur Orthoprothesenversorgung (…). Während die Achseneinstellung zur Exoprothesenversorgung auch von der Beschwerdegegnerin als notwendig erachtet wurde (…), bleibt die Notwendigkeit einer Hüftrekonstruktion und dabei insbesondere die Anwendung der Superhip-Methode - trotz zweimaligem Nachfragen bei Dr. H.___ (…) - weiterhin unklar. So gab Dr. H.___ an, dass es sich bei der durchgeführten Superhip-Methode um die aufwändigste Variante handle, weil während dieser Operation auch die Pseudoarthrose am Schenkelhals fusioniert und der Hüftkopf mobilisiert werde (…). Hieraus ergibt sich allerdings nicht, dass keine andere einfache und zweckmässige Behandlungsvariante in der Schweiz möglich gewesen wäre. Insbesondere kann anhand der vorliegenden medizinischen Aktenlage nicht beurteilt werden, ob für eine Orthoprothesenversorgung allenfalls eine Korrektur der Aussenrotation des linken Beines ausreichend gewesen wäre, oder ob auch eine Hüftrekonstruktion und dabei zwingend die Superhip-Methode zu erfolgen hatte. Aus den Ausführungen von Prof. G.___ sowie Dr. H.___, wonach die Voraussetzungen für eine Prothesenversorgung mit der erfolgreich durchgeführten Superhip-Operation deutlich günstiger seien als aktuell respektive die Orthoprothesenversorgung ohne die Superhip-Operation aufwändiger beziehungsweise zu einer ungünstigeren Mobilität geführt hätte (…), lässt sich nicht schliessen, dass eine Prothesenversorgung ohne die Superhip-Operation nicht möglich gewesen wäre. So gab Dr. H.___ auch an, dass ohne Stabilisierung der Hüfte eine sehr aufwändige Orthoprothesenversorgung mit Einfassung des Beckens hätte stattfinden müssen (…). Die möglichen Behandlungsvarianten lassen sich anhand der vorliegenden Akten nicht abschliessend beurteilen (E. 4.2).
Nach dem Gesagten ergibt sich somit, dass sich die vorliegende Aktenlage für die abschliessende Beurteilung als unzulänglich erweist, weshalb die angefochtene Verfügung aufzuheben und die Sache an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen ist, damit diese nach ergänzender Abklärung eine neue Beurteilung vornehme und über den Anspruch neu verfüge. In diesem Sinne ist die Beschwerde gutzuheissen (E. 4.3).
5.
5.1 Mit Schreiben vom 14. Juni 2013 (Urk. 7/37) gab Dr. med. H.___, Facharzt für Orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates, Leitender Arzt, Kinderorthopädie, Klinik I.___, an, dass bei der Versicherten eine sehr hochgradige Fehlbildung des linken Beines mit einer sehr ausgeprägten Verkürzung vorliege und mehrere Fehlstellungen im Hüft-, Knie- und Sprunggelenksbereich bestünden. Die Prognose der endgültigen Beinlängendifferenz betrage 30-40 cm. Die zuletzt durchgeführte Magnetresonanztomographie (MRI) zeige, dass ein Hüftkopfkern angelegt sei. Allerdings sei noch nicht sicher, ob sich dieser in der Pfanne bewege. Zudem bestehe eine grosse Strecke nicht verknöcherten Areals im Schenkelhalsbereich. Der Oberschenkelknochen sei ausgeprägt verkürzt. In der medizinischen Fachwelt würden die vorliegende Situation und vor allem die möglichen therapeutischen Massnahmen sehr kontrovers diskutiert und auch auf grossen Kongressen bestehe hier keine Einigkeit. Es gebe einzelne Chirurgen weltweit, welche in dieser Situation ein chirurgisches Vorgehen präferieren würden. Der weitaus grössere Anteil der Orthopäden rate grundsätzlich eher von chirurgischen Massnahmen ab, da sich dadurch kein sicheres günstiges funktionelles Ergebnis erreichen lasse. Diese Orthopäden würden zu einer orthoprothetischen Versorgung raten, welche möglicherweise durch einzelne achsenkorrigierende Massnahmen unterstützt werden könne. Dr. H.___ gab schliesslich an, dass ihm schweizweit kein Chirurg bekannt sei, welcher diese aufwändigen rekonstruktiven Massnahmen für das Hüftgelenk und das Kniegelenk durchführe. Er stelle sich die Frage, ob dieser grosse chirurgische Aufwand mit relativ komplikationsträchtigen Operationen gefolgt von mehreren Verlängerungsoperationen für das Kind einen Benefit darstelle (S. 1).
5.2 Prof. Dr. med. F.___, Facharzt für Orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates, sowie Dr. med. J.___, Assistenzärztin, diagnostizierten mit Bericht vom 4. Dezember 2013 (Urk. 7/63/1-2) einen proximalen femoralen Längsdefekt links. Es sei eine erhebliche Hypoplasie des linken Femurs bei nahezu seitengleicher Unterschenkellänge beidseits sowie einem 5-strahlig angelegten Fuss zu erkennen. Nach Abschluss des Wachstums sei eine Längendifferenz von zirka 30 cm femoral zu erwarten (S. 1). Das Kind sei zum jetzigen Zeitpunkt fröhlich, aufgeweckt mit der Hypoplasie des linken Beins selbstständig offensichtlich schmerzfrei mobil. Es bestünden folgende zwei Therapieoptionen (S. 2):
- eine Exoprothesenversorgung bis zum Abschluss des Wachstums, gegebenenfalls im Verlauf operative Korrektur, sodass eine suffiziente selbstständige Mobilität mittels Exoprothese erzielt werden könne. Dies setze jedoch die Akzeptanz der Eltern und des Kindes für die verbleibende Anomalie voraus;
- eine Superhip-Operation und nachfolgende Verlängerung femoral, so dass eine nahezu seitengleiche Beinlänge gegebenenfalls möglich wäre, was zum jetzigen Zeitpunkt allerdings nur eingeschränkt beurteilbar sei. Zu erwarten sei jedoch sicher eine erhebliche motorische Einschränkung mit zunehmender Beinverlängerung sowie gegebenenfalls resultierende, im Rahmen der zu erwartenden repetitiven Verlängerungsoperationen, bestehende neurovaskuläre Beschwerden mit möglichen Dauerfolgen bis hin zur Notwendigkeit der Amputation bei Minderperfusion.
Die Eltern hätten ihren Entschluss mit dem ausdrücklichen Wunsch zur seitengleichen Beinlänge in Kenntnis der vorgenannten Risiken sowie in Kenntnis des zu erwartenden erheblichen operativen Prozederes und der erforderlichen Behandlung bei zu erwartendem schlechtem Funktionsergebnis bereits gefasst und wünschten dennoch ausdrücklich die Beinverlängerung. Eine Akzeptanz der bestehenden Hypoplasie mit Exoprothesenversorgung, wie sie optional ebenfalls möglich wäre, scheine hier nicht möglich, weshalb der Wunsch der Eltern nach der Super-hip-Operation unterstützt werde. Der grösste diesbezügliche Erfahrungsschatz liege sicherlich bei Dr. A.___ vor (S. 2).
5.3 Prof. Dr. med. G.___, Abteilung für Kinderorthopädie und Fusschirurgie, Spital K.___, führte mit Bericht vom 26. Juni 2014 (Urk. 7/63/3-4) als Diagnose eine ausgeprägte Fehlbildung der gesamten linken unteren Extremität mit Schwerpunkt im Bereich des Femurs auf. Motorisch und neuromotorisch seien keine Auffälligkeiten festzustellen, die Entwicklung altersentsprechend (S. 1). Es liege eine schwerste Beinlängendifferenz mit extremer Verkürzung des Oberschenkels und massiver Hüftgelenkspathologie vor. Die bis zum Wachstumsende berechnete Längendifferenz betrage 35 cm. Die operativen Möglichkeiten der Extremitätenrekonstruktion seien mit den Eltern unter Hinweis auf alle möglichen Komplikationen sowie eventuell auftretenden Schwierigkeiten und Risiken ausführlich besprochen worden. Der von Dr. A.___ vorgelegte Plan erscheine zumindest im ersten Schritt sinnvoll, wonach eine Hüfteinstellung (Superhip-Methode) durchzuführen und gleichzeitig die Beugekontraktur des Kniegelenks aufzulösen und zu korrigieren sei. Die Voraussetzungen für eine Prothesenversorgung seien bei einer erfolgreichen Operation deutlich günstiger als aktuell. Es bestehe in diesem Fall weiterhin die Option, ein Verlängerungsprogramm mit mehreren Operationsschritten bis zum Beinlängenausgleich durchzuführen. In Bezug auf die Rekonstruktion des Hüftgelenks im Rahmen eines angeborenen Femurdefekts (Superhip-Methode) habe Dr. A.___ sicherlich die grösste Erfahrung. Er unterstütze daher den Wunsch der Eltern, die Operation an dessen Klinik in Florida durchführen zu lassen (S. 2).
5.4 Mit Verlaufsbericht vom 17. März 2015 informierte Dr. H.___, dass sich im Gesamtstatus der linken unteren Extremität keine wesentliche Veränderung ergeben habe. Das Bein liege weiterhin mit dem sehr ausgeprägt verkürzten Femur deutlich aussenrotiert. Das Streckdefizit des linken Knies betrage gut 40°, die Unterschenkel- und Fusspositionierung seien gut. Die Kraft der Tibialis-anterior-Sehne beziehungsweise die Fusshebung und Plantarflexion seien sehr gut. Die Beinlängendifferenz betrage gut 15 cm. Die geplante Hüftrekonstruktion bei Dr. A.___ sei aufgrund mehrerer Vorgutachten das zu präferierende Vorgehen in dieser Situation, um primär die Achseneinstellung des linken Beines zu verbessern. Über extremitätenverlängernde Möglichkeiten müsse in einem zweiten Schritt nachgedacht werden. Auch über eine mögliche Adaption der Orthoprothese sollte diskutiert werden. Bei sehr gut funktionierendem oberen Sprunggelenk beziehungsweise Fuss könnte diese Beweglichkeit als Kniegelenksbewegungsmöglichkeit eingesetzt werden (Urk. 7/142/1).
5.5 Mit Schreiben vom 11. Januar 2016 (Urk. 7/153) gab Dr. H.___ an, dass eine sinnvolle Orthoprothesenversorgung bei der schwerwiegenden Fehlstellung der linken unteren Extremität auf Dauer kaum mehr möglich gewesen wäre und daher in jedem Fall eine Hüftrekonstruktion habe erfolgen müssen. Natürlich sei die durchgeführte Super-hip-Operation die aufwändigste Variante, weil innerhalb dieser Operation gleichzeitig die Pseudoarthrose am Schenkelhals fusioniert und der Hüftkopf mobilisiert worden seien. Bei einem optimalen Verlauf dieser Operation sei ein optimales funktionelles Ergebnis im Hinblick auf die zugrundeliegende Problematik zu erwarten. Damit werde auch die weitere Orthesenversorgung erleichtert. Um in der Zukunft überhaupt eine Orthesenversorgung zu ermöglichen, wären operative Eingriffe notwendig gewesen. Der bei der Versicherten durchgeführte Eingriff wäre in der Schweiz nicht möglich gewesen. Ihm sei kein kinderorthopädischer Kollege bekannt, welcher diese Operation durchführe. Die Versicherte habe für den Moment die optimale Therapie mit höchstwahrscheinlich entscheidendem Benefit für ihr weiteres Leben erhalten. Das Vorgehen sei seiner Ansicht nach höchst unterstützenswert (Urk. 7/154).
Mit ergänzendem Schreiben vom 11. Februar 2016 (Urk. 7/158) konkretisierte Dr. H.___ seine Ausführungen dahingehend, dass eine Orthoprothesenversorgung bei der Versicherten ohne Stabilisierung der Hüfte nicht möglich gewesen wäre beziehungsweise eine sehr aufwändige Orthoprothesenversorgung mit Einfassung des Beckens hätte stattfinden müssen, was jedoch zu keiner günstigen Situation beziehungsweise zu keiner guten Mobilität geführt hätte. Wie sich herausgestellt habe, sei der Hüftkopf im Hüftgelenksbereich mobilisierbar gewesen, allerdings habe sich ein Pseudogelenk zwischen dem Hüftkopf und den Oberschenkelanteilen gezeigt, welches durch die Super-hip-Operation habe korrigiert beziehungsweise verbunden werden können. Dieses Vorgehen beziehungsweise dieses Therapieziel sei nur durch diese Operation erreichbar gewesen. Somit liege keine vergleichbare Operation vor und die vorgenommene Super-hip-Operation stelle die optimale Therapieoption für diese Problematik dar (Urk. 7/159).
5.6 Dem Bericht von Dr. A.___ vom 6. Januar 2017 (Urk. 7/210 S. 1) ist im Wesentlichen Folgendes zu entnehmen:
X.___ has undergone SUPERhip procedure a year ago. Her subtrochanteric connection to the neck has healed as has the neck to the head healed. The hip joint appears to have a good femoral head. It is well located. Despite this, on examination she has no hip motion to abduction, adduction, rotation, or flexion and extension. I did not detect even a jog of motion there. This suggests that there may be a repeat fusion of the already previously fused femoral head that was taken down. As regards lengthening, there is about 4 cm of length in the femur. I think this is probably the minimum amount of length that would allow us to lengthen. The knee motion is excellent and it goes from 0 to 120 degrees. The knee feels stable. She is able to walk and run and sit and play.
5.7 Dr. H.___ beantwortete in seinem Bericht vom 24. April 2017 (Urk. 7/228) die von der Beschwerdegegnerin gestellten Fragen und führte dabei aus, auf dem Röntgenbild sehe man ein rudimentär angelegtes Hüftgelenk und von diesem ausgehend keine knöcherne Verbindung zum kleinen Anteil des Oberschenkelknochens. Es bestehe daher keine stabile und auch keine belastbare Situation. Eine Orthoprothese hätte daher vermutlich bei rein konservativem Vorgehen eine Abstützung am Becken und vermutlich auch am Beckenring erfordert, so dass ein sehr aufwendiges Modell notwendig geworden wäre, welches natürlich auch funktionell deutlich einschränkend wäre. Es sei daher absolut notwendig gewesen, eine stabile und deutlich bessere, weil innenrotierte Reposition des gesamten linken Beines herbeizuführen und dies sei nur durch die genannte Super-Hip-Operation möglich gewesen. Durch die Super-Hip-Operation habe eine stabile Verbindung zwischen dem Hüftgelenk und dem knöchernen Oberschenkelanteil, der wiederum die Verbindung zum Kniegelenk hergestellt habe, geschaffen werden können. Durch diese stabile Verbindung könne nun die Ortho-Prothese reduziert werden auf eine Prothese, die vom Knie abwärts die Beinlänge ausgleiche und den Fuss einschliesse. Somit könne die Orthoprothese im Ausprägungsgrad deutlich reduziert werden (S. 1). Nur durch die sogenannte Super-Hip-Operation sei eine Fusion im Hüftgelenksbereich erreichbar und damit eine Erleichterung der Versorgung mit der Orthoprothese gewesen. Andere oder alternative chirurgische Massnahmen in dieser Situation seien ihm persönlich nicht bekannt. Es müsse klar gesagt werden, dass in dieser Hüftsituation wie vorliegend im eigentlichen Sinne nur Dr. A.___ die optimale hierfür abgestimmte Therapie habe durchführen können (S. 2).
5.8 Mit Schreiben vom 10. Juli 2017 beantwortete Dr. A.___ die von der Beschwerdegegnerin gestellten Fragen (Urk. 7/234). Dabei führte er folgendes aus (S. 1 f.):
1) For X.___’s first lengthening I will use a special external fixator and not a nail. Her femur is much too small to accept a nail. The external fixator I use is one that was designed by me (…). (It) is the only external fixator specifically designed to be used for congenital femoral deficiency, which is the condition X.___ was born with.
2) (…) 5 cm lengthening will take five months in the ex fix and 8 cm 8 months. Therefore the ex fix is removed between 5-8 months from the lengthening surgery.
3) It is possible to put a lengthening device on her femur several times. Typically this is done every three to four years.
5) We can maintain the range of motion of flexion and extension of hip and knee while distracting the joint and taking pressure off of it and stabilizing the joint so it cannot subluxate or dislocate during lengthening.
7) Getting hip motion by surgical revision is possible but keeping that motion is not likely unless the length of the femur is longer so that it creates a longer lever arm on the hip. Otherwise motion will always go through path of least resistance which is the knee. (…) In my experience it is usually better to do the first lengthening and get a longer femur while protecting the hip by spanning the joint. If it is stiff the lengthening will not make it stiffer.
5.9 Auf entsprechende Nachfrage der Beschwerdegegnerin führte Dr. E.___ am 18. August 2017 aus, als spezialisierte orthopädische Klinik seien sie auch mit der Behandlung von angeborenen Femurdefekten aller Schwierigkeitsgrade vertraut. Prinzipiell sei die Durchführung einer Super-hip-Operation kein Problem, wobei zu bedenken sei, dass diese Operation nur die Voraussetzung für die weitere Prothesenversorgung und Krankengeschichte darstelle und für sich alleine gesehen nicht ausreiche, um der Versicherten adäquat zu helfen. Ein solcher Eingriff müsse in ein Gesamtkonzept eingebunden werden, was sie umfassend anbieten könnten (Urk. 7/237).
Am 1. September 2017 hielt Dr. E.___ ergänzend fest, die Durchführung einer Super-hip-Operation sei ohne knöchern angelegten Hüftkopfkern und ausreichendem Schenkelhals nicht indiziert. Die Verwachsung eines Hüftkopfes mit der Hüftpfanne sei äusserst untypisch und beim angeborenen Femurdefekt sei üblicherweise keine stabile Verbindung zwischen Femurkopf und Femurschaft vorhanden, weshalb die Operation ja überhaupt erst durchgeführt werde. Die Aussenrotationsstellung sei ebenfalls ein ganz typisches Kennzeichen eines angeborenen Femurdefektes und hierfür wirklich nicht ungewöhnlich. Eine Beinlängendifferenz von 30 cm bei abgeschlossenem Wachstum stelle nach seiner Auffassung keine Indikation für eine Beinverlängerung dar, allerdings wisse er nicht, welcher klinische Ausgangsbefund vorgelegen habe. Insgesamt erscheine aber die Indikation zur Super-Hip-Operation bei ungünstiger Ausgangssituation seines Erachtens eher fragwürdig. Er könne eine ungefähre Schätzung der Kosten für eine gut indizierte Hüftgelenksrekonstruktion bei angeborenem Femurdefekt mitteilen, allerdings könne er mangels ausführlicher Kenntnis der Patientin nicht sagen, ob die Indikation zu einer solchen Operation überhaupt bestanden habe beziehungsweise ob sie altersentsprechend korrekt gewesen sei. Dies wäre nur unter Zusammenschau aller vorhandenen Unterlagen im Rahmen eines ausführlicheren Gutachtens möglich (Urk. 7/239).
Mit Schreiben vom 18. September 2017 führte Dr. E.___ weiter aus, da auf den mitgeführten Bildern durchaus ein angelegtes Hüftgelenk auf der linken Seite zu sehen sei, dessen Hüftkopfkern gut entwickelt gewesen sei, wäre eine entsprechende Operation auch bei ihnen möglich gewesen. Allerdings würden sie in einem solchen Fall, in welchem ja nur ein kleiner Hüftkopfkern vorhanden sei, noch etwas länger warten, bis genügend Hüftkopfmasse vorhanden sei, um einer entsprechenden operativen Rekonstruktion genügend Halt zu geben. Er denke, dass man im Alter von dreieinhalb Jahren noch etwas zu früh dran sei, was man auch an der mitgeschickten Dokumentation sehe. Es seien zahlreiche Kirschnerdrähte und Schlingen verwendet worden, um einen Halt zwischen dem kleinen Hüftkopfanteil und dem Oberschenkelanteil zu schaffen. Darüber hinaus habe ein gelenküberbrückender Fixateur zum Schutz der sehr wackligen Konstruktion angelegt werden müssen. Er denke, dass man hier mit etwas Zeitaufschub für eine bessere Qualität des Hüftgelenkes, was durchaus rekonstruierbar sei, den Eingriff sicherer hätte gestalten können. Allerdings kenne er den aktuellen Röntgenbefund nicht und wisse nicht, ob sich ein ausreichend stabiles Hüftgelenk habe schaffen lassen, welches vor allem auch ausreichend beweglich sei. Aufgrund des mitgeschickten Operationsbildes vermute er aber, dass das Ergebnis zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht so befriedigend sei, wie man sich das vorgestellt habe. Bei einem entsprechenden Befund hätte die Operation voraussichtlich vor der Einschulung des Mädchens durchgeführt werden können. Die Behandlungskosten wären abhängig von der Frage, ob das Mädchen stationär eine Chefarztbehandlung oder eine normale Krankenkassen-Behandlung gehabt hätte. Die Kosten für eine Standard-Rekonstruktion würden noch mitgeteilt (Urk. 7/247).
Mit Schreiben vom 11. Oktober 2017 wurde der Beschwerdegegnerin mitgeteilt, die Kosten für eine Standard-Rekonstruktion inklusive ein 14-tägiger stationärer Aufenthalt würde sich nach Rücksprache mit dem DRG-Arzt auf etwa 8'500 € belaufen (Urk. 7/259). Auf entsprechende telefonische Nachfrage von Dr. med. L.___, Regionaler Ärztlicher Dienst (RAD), führte die Sekretärin von Dr. E.___ aus, das von Dr. E.___ als «Standard-Rekonstruktion» umschrieben Prozedere enthalte im Wesentlichen die Schaffung eines Hüftgelenkes, die Konstruktion eines Schenkelhalses als stabile Verbindung zwischen Femurkopf und -Schaft, dies mithilfe von Knochenmaterial und Metall, sowie das Anbringen eines Fixateurs externe. Nicht enthalten seien allfällige Kosten für eine Orthesenherstellung (Urk. 7/261).
5.6 Dr. H.___ nahm zur angefochtenen Verfügung vom 13. Dezember 2017 am 26. Januar 2018 Stellung (Urk. 7/285) und führte dabei aus, bei der Versicherten bestehe wohl einer der schwersten Ausprägungsgrade einer longitudinalen Fehlbildung der linken unteren Extremität. Mittlerweile werde von keiner Seite aus mehr bezweifelt, dass eine korrekte Positionierung des Oberschenkels und des Hüftgelenkes notwendig sei, um eine orthoprothetische Versorgung überhaupt zu ermöglichen und andererseits auch, falls für notwendig befunden, Verlängerungsoperationen zu ermöglichen. Relativ kurz nach der Geburt sei die Familie der Versicherten bei zwei der renommiertesten Kinderorthopäden im deutschsprachigen Raum, namentlich Prof. F.___ in M.___ sowie Prof. G.___ in N.___, vorstellig geworden. Beide Spezialisten hätten ohne Zweifel angeraten, mit dieser Fehlbildung des linken Beines nach Miami zu Dr. A.___ zu reisen, da er auf diesem Gebiet die zweifellos grösste Kapazität weltweit sei. Die Beschwerdegegnerin habe eine Fortbildung für Kinderärzte in Deutschland zum Anlass genommen, Dr. E.___, welcher dort eine Fortbildung über Fehlbildungen gehalten habe, anzufragen, ob er Stellung nehmen könne zur Problematik der Versicherten. Erstaunlicherweise habe sich Dr. E.___ darauf eingelassen, ausschliesslich anhand von Röntgenbildern auszusagen, dass er diese Therapie einer Hüfteinstellung auch hätte übernehmen können. Üblicherweise sei eine derartige Aussage ohne eine klinische Untersuchung des Patienten, einer eingehenden Anamnese und Beachtung auch der soziokulturellen und familiären Situation nicht möglich. Umso mehr sei es erstaunlich, dass er diese Aussage getätigt habe. Ein ärztliches Gutachten wäre hier notwendig, unter Beachtung der oben genannten Fragestellungen, um überhaupt anerkannt werden zu können (S. 1).
Des Weiteren bestehe aber eine Begriffsproblematik: Der Begriff «Hüfteinstellung» werde generell verwendet für eine offene Reposition eines luxierten Hüftgelenkes und darauf basiere dann auch der lapidare Kostenvoranschlag, der sicher nicht das widerspiegle, was in der Situation der Versicherten notwendig gewesen und bei Dr. A.___ in Miami operativ vorgenommen worden sei. Neben der Rekonstruktion des Schenkelhalses und der diffizilen Fixierung seien auch diverse Eingriffe an den Weichteilen notwendig gewesen und damit gehe die Operation weit über eine knöcherne Operation hinaus. Der Operationsbericht liege vor, ein genaueres Studium biete sich an. Dass Dr. A.___ diese Operationstechnik entwickelt habe, stehe ausser Zweifel, deshalb und da er die meisten Patienten mit dieser Fehlbildung behandelt habe, habe er auf diesem Gebiet zweifellos die grössten Erfahrungen. Die Kosteneinschätzung und der Operationszeitpunkt aus D.___ zeige, dass hier von völlig unterschiedlichen Vorgehensweisen gesprochen werde. Im Rahmen der durchgeführten Super-hip-Prozedur sei ein vergleichbares chirurgisches Vorgehen ausser von Dr. A.___ nicht beschrieben. Er sei der Meinung, dass jede an diesem Fall beteiligte Person, nach Einholung von ausreichenden Informationen, mit seinem eigenen Kind mit dieser Problemstellung bei Dr. A.___ vorstellig geworden wäre, um die möglichst optimale Therapie für sein Kind zu bekommen. Die Versicherte befinde sich aktuell in der ersten Verlängerungsphase und es gehe ihr gut (S. 2).
6.
6.1 Im Beschluss vom 13. März 2019 (Urk. 32) betreffend Anordnung eines Gerichtsgutachtens wurde ausgeführt, dass das Gericht unter anderem von Folgendem ausgehe (S. 3 f. E. 5):
• Bei der Versicherten (…) wurde nach ihrer Geburt am 27. Februar 2012 eine ausgeprägteste Reduktionsdeformität der linken unteren Extremität, ein angeborener schwerstgradiger Femurdefekt (Aitken C Fehlbildung beziehungsweise Typ 3 nach der Paley-Klassifikation) sowie ein Verdacht auf Hüftluxation links diagnostiziert.
• Prof. Dr. med. F.___, Facharzt für Orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates, nannte in einem Bericht vom 4. Dezember 2013 die folgenden zwei Therapieoptionen:
A) eine Exoprothesenversorgung bis zum Abschluss des Wachstums, gegebenenfalls im Verlauf operative Korrektur, sodass eine suffiziente selbständige Mobilität mittels Exoprothese erzielt werden könne, was jedoch die Akzeptanz der Eltern und des Kindes für die verbleibende Anomalie voraussetze
B) eine Super («systematic utiliarian procedure for extremity reconstruction») Hip Operation und nachfolgende Verlängerung femoral, so dass eine nahezu seitengleiche Beinlänge gegebenenfalls möglich wäre, was zum jetzigen Zeitpunkt allerdings nur eingeschränkt beurteilbar sei. Zu erwarten sei jedoch sicher eine erhebliche motorische Einschränkung mit zunehmender Beinverlängerung sowie gegebenenfalls resultierende, im Rahmen der zu erwartenden repetitiven Verlängerungsoperationen, bestehende neurovaskuläre Beschwerden mit möglichen Dauerfolgen bis hin zur Notwendigkeit der Amputation bei Minderperfusion
6.2 Am 7. August 2019 erstattete Prof. B.___ das Gerichtsgutachten (Urk. 36). In seiner Beurteilung (S. 17 ff.) führte er unter anderem aus, der Femurdefekt sei nach der neueren Klassifikation, die das Knie mit einbeziehe, als ein Typ IIIb nach Paley zu klassifizieren. Am augenfälligsten sei bei diesen Behinderungen die Beinlängendifferenz. Aufgrund von Vorhersagemodellen könne die erwartete Beinlängendifferenz mit zwischen 30 und 40 cm quantifiziert werden (S. 17 unten).
Aufgrund der Beinlängendifferenz sei es unumgänglich, dass eine sogenannte Orthoprothese verschrieben werde. Diese gleiche den immensen Beinlängenausgleich aus und ermögliche es erst dem Kind, am Leben teilzunehmen und eine gewisse Eigenmobilität zu erreichen (S. 18 Mitte). Bei dieser Versorgung zeigten sich mehrere näher beschriebene Schwierigkeiten (S. 18 f.).
Ein standardisiertes Vorgehen gebe es dafür bisher nicht. Dies unter anderem, weil sich von den verschiedenen vorgeschlagenen Lösungen auch deswegen noch keine als Standardvorgehen durchgesetzt hat, weil keine bisher richtig gut habe zeigen können, dass hiermit regelhaft gute Ergebnisse erzielt würden (S. 20 oben).
Bei den Operationstechniken könne man eigentlich - was im Prinzip auch Prof. F.___ getan habe - zwei Verfahren unterscheiden, nämlich Operationen, welche die Becken-Hüft-Oberschenkel-Situation zu stabilisieren versuchten, so dass das Bein unter dem Becken stehe und eine orthoprothetische Versorgung möglichst ohne Beckeneinfassung ermögliche (S. 20 Mitte). Die andere operative Methode bestehe in dem Versuch einer wie auch immer gearteten Hüftgelenksrekonstruktion mit vorhandenen angelegten Teilen. Bei diesen Verfahren versuche man trotz der schlechten Ausgangslage durch verschiedenste Ersatzoperationen doch noch eine Art Hüftgelenk zu formen. Dies könne erfolgen, indem durch Knochentransplantation und einem eventuellen Hüftkopf ein neues oberes Femurende kreiert werde. Dies sei vorliegend von Dr. A.___ vorgeschlagen worden (S. 21 f.).
Eine Verlängerung solcher grossen Defekte sei in den allermeisten Fällen bei einer erwarteten Beinlängendifferenz von 30 bis 40 cm sehr, sehr selten erfolgreich verlaufen. Dem Gutachter und auch in der Literatur sei bisher kein Fall bekannt, bei dem dies unter Erhalt einer guten Beinfunktion gelungen sei. Dies müsse jedoch nicht bedeuten, dass dies nicht irgendwann einmal gelingen könne. Es gebe viele Dinge, die heute medizinisch und chirurgisch operativ gelöst werden könnten, die vor 20 Jahren operationstechnisch als noch unlösbar gegolten hätten (S. 22 unten).
6.3 Sodann beantwortete der Gutachter die ihm unterbreiteten Fragen (S. 25 ff.). Sie sind der besseren Verständlichkeit nachstehend wie im Original (Urk. 32 S. 4 ff. E. 6) und kursiv wiedergegeben, gefolgt von den - teils etwas gekürzten - Ausführungen des Gutachters.
1) Welcher Kenntnisstand und welche Lehrmeinungen betreffend die Behandlungsoptionen des diagnostizierten Leidens lagen 2012 und 2015 vor?
Beim hier vorliegenden proximalen Femurdefekt (Typ Aitken C, Typ Paley IIIb) handelt es sich um eine extrem seltene Fehlbildung, zu der es in dem Sinne keine Lehrmeinung gibt. Es gibt hier nur einige wenige Experten (weltweit 10-15), die überhaupt das Krankheitsbild regelmässig behandeln und die möglichen Behandlungsoptionen auch selber durchführen.
(…)
Behandlungsmöglichkeiten sind im Wesentlichen die von Prof. F.___ beschriebenen Optionen A und B: Möglichkeit A ist die Fusion des Femurs mit dem Becken (Umdrehplastik / Kings-Procedure), Möglichkeit B ist das sogenannte Super Hip procedure. Es gibt hier keine Lehrmeinung, welches Vorgehen die besten Möglichkeiten hat. Der prinzipielle Unterschied ist, dass bei Lösung A (Kings-Procedure) die Kniegelenksbeweglichkeit nicht unbedingt hervorragend werden muss. Bei Lösung A (Rotationsplastik) muss die Kniegelenksbeweglichkeit so weit hergestellt werden, dass eine Streckung im Kniegelenk möglich ist, sonst kann die Rotationsplastik funktionell nicht korrekt arbeiten. Bei Lösung B ist es auch unbedingt erforderlich, das Kniegelenk aus seiner Beugekontraktur zu befreien.
Es gibt also keinerlei Lehremeinungslösung für dieses komplexe Problem, sondern drei relativ gleichwertige therapeutische Optionen, die dem Ziel, dem Kind Mobilität zu ermöglichen, allesamt dienen.
2) Sind die Optionen A und B zutreffend umschrieben; gab oder gäbe es weitere Behandlungsalternativen (C etc.)?
Die Optionen A und B sind zutreffend umschrieben. Ich habe die Option A etwas weiter differenziert, da diese hier relativ kursorisch beschrieben wurde. Im Prinzip gibt es keine weiteren Behandlungsalternativen.
3) Was wäre zu erwarten gewesen, wenn das Leiden unbehandelt geblieben wäre?
Das Leiden wäre in keinem Fall unbehandelt geblieben. Man hätte das Kind immer mit einem Hilfsmittel behandelt. Auch bei den operativen Behandlungsalternativen ist grundsätzlich eine Hilfsmittelversorgung als Behandlung erforderlich. Egal, welche operative Option gewählt worden wäre (hier ist auch das super hip procedure eingeschlossen), ein Laufen ohne Hilfsmittel wäre vollkommen unwahrscheinlich.
(…)
Zur Option A:
4) Kann zum heutigen Zeitpunkt und gestützt auf die Aktenlage gesagt werden, dass eine prothetische Versorgung angezeigt gewesen wäre? Welche Operation beziehungsweise welche Operationsschritte wären notwendig gewesen, um die Hüfte soweit zu stabilisieren, dass eine prothetische Versorgung mit gutem funktionalem Ergebnis zu erwarten gewesen wäre?
Zum heutigen Zeitpunkt, gestützt auf die Aktenlage, kann gesagt werden, dass eine orthoprothetische Versorgung dringend erforderlich gewesen ist. Das Kind hätte sonst nicht laufen lernen können. (…) Wann und wie welche Operationsschritte notwendig gewesen wären, kann so nicht gesagt werden. Die Verläufe sind in keinster Weise regelhaft, sondern vollkommen individuell.
(…)
5) Haben die anatomischen und neurologischen Voraussetzungen für eine derartige hüftstabilisierende Operation vorgelegen?
Es haben die anatomischen neurologischen Voraussetzungen für eine derartige hüftstabilisierende Operation vorgelegen.
6) Wäre zu erwarten gewesen, dass eine Hüft-Endoprothese hätte implantiert werden können? Hätte der vorliegende Femurstumpf ein Implantat tragen können?
Es ist sehr zu unterscheiden zwischen einer Hüftendoprothese und einer äusseren sogenannten Exoprothese. Hier handelt es sich um ein Implantat und keine Exoprothese. Im Prinzip ist eine Hüftendoprothese hier nicht einsetzbar. Es hätte nur der vorhandene Femurknochenstumpf entfernt werden können und dann ein sogenanntes totales Femur eingebaut werden können, d.h. mit künstlichem Ersatz von Knie- und Hüftgelenk und Oberschenkelknochen. Ob dies jedoch technisch möglich gewesen wäre, kann man aus der Aktenlage heraus aktuell auch noch nicht sagen. Man benötigt hier eine Mindestbauhöhe von rund 20 cm, um ein solches totales Femur einzubringen. Es ist schwer zu sagen, ob im weiteren Verlauf ein entsprechender Abstand zwischen Becken und Kniegelenk eingetreten wäre.
(…)
7) Wäre es möglich gewesen, den Unterschenkel als Träger einer Hüft-Endoprothese zu nutzen und die Funktion des Unterschenkels mit einer Exoprothese darzustellen?
Eine Hüftendoprothese in Kombination mit einer Knieendoprothese, einem sogenannten totalen Femur, kann man erst nach Wachstumsabschluss einsetzen. Ob diese Dimensionen nach Wachstumsabschluss in diesem speziellen Fall möglich gewesen wären, weiss ich nicht. Ich kann nur sagen, dass dies prinzipiell möglich ist, und ich dies auch schon in 2 Fällen getan habe. Dadurch kann auch eine Hüftstabilisierung erfolgen und anschliessend eine orthoprothetische Versorgung erfolgen (Exo-Prothese).
8) Bitte schätzen Sie die hypothetischen Erfolgschancen eines kombinierten endoprothetischen Femur- und Hüftkopfersatzes ein, insbesondere auch bezüglich des Mitwachsens der Nerven, der Gefässe und der Muskulatur.
Die hypothetischen Erfolgschancen eines kombinierten endoprothetischen Femur- und Hüftkopfersatzes, insbesondere auch bezüglich des Mitwachsens der Nerven, der Gefässe und der Muskulatur kann ich überhaupt nicht abschätzen. Eine solche Rekonstruktion würde auch erst nach Wachstumsabschluss erfolgen. Man kann in dieses Becken beim Kleinkind keine Hüftprothese einbauen, die halten wird.
Wir haben sehr viel Erfahrung in diesem Bereich mit der Tumorchirurgie. (…). Insgesamt hat diese Chirurgie einen stark experimentellen Charakter. Solche Chirurgie wird ausschliesslich durchgeführt in aussichtslosen Situationen mangels bewährter Alternativen. Und hier als Alternative zur Amputation des gesamten Beines in Hüftgelenkshöhe.
9) Hätte eine die Hüfte stabilisierende und eine prothetische Versorgung ermöglichende Operation auch in einem medizinischen Zentrum in Europa, beispielsweise in Deutschland, durchgeführt werden können? Wenn ja: in welchen / welchem?
Eine solche hüftstabilisierende und prothetische Versorgung hätte auch in einem medizinischen Zentrum in Europa, beispielsweise in Deutschland, durchgeführt werden können.
(…)
Zur Option B
10) War die von Dr. A.___ entwickelte SUPER Hip 2 Operation die einzige mögliche Operationstechnik, um die Stabilisierung der Hüfte zu erreichen und eine prothetische Versorgung zu ermöglichen?
Die von Dr. A.___ entwickelte Super Hip II-Operation war nicht die einzige Möglichkeit, um eine Stabilisierung der Hüfte zu erreichen und eine prothetische Versorgung zu ermöglichen. Es steht auch noch sehr in Frage, ob überhaupt eine prothetische Versorgung möglich sein wird. Wir reden ja über Möglichkeiten, die eventuell durchgeführt werden könnten, wenn das Kind ausgewachsen ist. Das Super Hip Procedure allein erweitert auch noch nicht die Möglichkeiten, eine Endoprothese einzubauen.
Das Super Hip 2 Procedure erreicht auch noch nicht eine Knochenlänge, in die ein Schaft einer Hüftprothese eingebaut werden kann. Dies ginge nur, wenn nach einem Super Hip 2 Procedure zusätzlich auch eine Knochenverlängerung durchgeführt wird. Tatsache ist aber, dass eine Knochenverlängerung nur nach einem Super Hip 2 Procedure möglich ist. Wenn diese zusätzlich noch erfolgreich verläuft, wird es eventuell möglich sein, nach Wachstumsabschluss eine Hüftendoprothese zu implantieren.
11) Welche Erfahrungswerte existieren in Bezug auf eine Verlängerung des Femurs in mit vorliegendem Fall vergleichbaren (anatomischen und neurologischen) Konstellationen?
Solche Fälle zu verlängern, hat experimentellen Charakter. Es ist sicherlich möglich, eine gewisse Verlängerung zu erzielen, einen vollständigen Beinlängenausgleich mit funktionsfähigen eigenen Gelenken (dass das Bein genauso lang ist wie das andere) konnte bisher keiner erzielen.
(…)
12) Um wieviele Zentimeter wurden in vergleichbaren Fällen nach gesicherten statistischen Werten Extremitäten bisher erfolgreich verlängert? Mit welchem langfristigen funktionalen Ergebnis?
Es gibt hier keine grossen Kohorten, wir bewegen uns im experimentellen Bereich, man versucht hier Grenzen hinauszuschieben und versucht immer mehr zu verlängern. Insgesamt kann man sagen, dass Verlängerungen im Bereich des Femurs bis 20 cm realistisch sind. Ab 20 cm werden Verlängerungen immer schwieriger. (…) Hinsichtlich des langfristigen funktionellen Ergebnisses ist es so, dass grundsätzlich die Gefahr einer Hüftluxation und einer Einsteifung des Kniegelenkes droht. Diese Gefahr nimmt zu, je länger verlängert wird.
(…)
13) Entspricht die durch Dr. A.___ durchgeführte SUPER Hip 2 Operation als Behandlungsart einer bewährten medizinischen Therapie, d.h. wird die SUPER Hip 2 Operation von Medizinern auf breiter Basis anerkannt und angewendet? Falls ja, durch welche Kliniken? Sind in diesen Kliniken Fälle von mit der Situation der Versicherten vergleichbarem Schweregrad des Leidens publiziert worden?
Grundsätzlich gibt es keine bewährte medizinische Therapie für diesen Gliedmassendefekt, die auf breiter Basis anerkannt ist und angewendet wird. Die Fälle sind zu verschieden, die Fälle sind zu selten.
Das Super Hip 2 Procedure ist hier aber unter Experten ein anerkanntes und auch von mehreren Zentren angewandtes Verfahren. Hierbei gibt es jedoch weltweit wohl maximal 5 Zentren, die überhaupt Erfahrung mit diesem Verfahren haben. Insofern kann man hier nicht von einer breiten Basis sprechen, sondern von einer Superspezialisierung.
Insgesamt ist auch die Publikationslage aufgrund der seltenen Fälle äusserst dünn. Bei einem Typ lllb ist die Anwendung eines Super Hip 2 Procedure sinnvoll und logisch. Grosse Publikationsreihen gibt es aber darüber nicht.
Wir bewegen uns hier in einem Bereich, der noch eher experimentell ist, wo man versucht, bei diesen schwersten Fehlbildungen durch Rekonstruktionen mit neuen Verfahren Grenzen zu verschieben und Ergebnisse möglich zu machen, die bisher vollkommen unmöglich waren.
14) In welchem Umfang ist ein Mitwachsen der Muskulatur, der übrigen Weichteile sowie insbesondere der Blutgefässe und Nerven (insb. Nervus ischiadicus) zu erwarten?
Grundsätzlich ist es so, dass durch die Verlängerungsverfahren nur neuer Knochen gezüchtet wird. Die Weichteile werden gedehnt. Es ist bekannt und auch durch tierexperimentelle Studien untersucht, dass durch diesen Dehnungsreiz die Muskeln, Gefässe und Nerven mitwachsen. Dies ist auch beim natürlichen Wachstum so. Nur die Knochen haben Wachstumsfugen, an denen neuer Knochen produziert wird, die Muskeln haben keine Wachstumszonen, an denen neue Muskulatur produziert wird.
(…)
Erfahrungsgemäss werden wiederholte Verlängerungen bei proximalem Femurdefekt, fibularer Hemimelie und tibialer Hemimelie mit zunehmender Frequenz immer schwieriger. Die Weichteile reagieren mehr oder weniger immer träger auf diese enorme Dehnung und setzen immer mehr Spannungswiderstand entgegen. Dies ist auch der Grund, warum Verlängerungen ab 20 cm extrem schwierig werden. Die Folgen sind aber weniger, dass jetzt Gefässe oder Nerven abreissen, sondern dass durch diese immensen Weichteilspannungen die Gelenke sämtlich zerstört werden können.
15) Welche Komplikationen sind im Zusammenhang mit Verlängerungsoperationen im Allgemeinen und im vorliegenden Fall im Speziellen möglich bzw. zu erwarten?
Komplikationen im Zusammenhang mit Verlängerungsoperationen durch Fixateur externe sind:
• fehlende Regeneratbildung
• Entstehung von Fehlstellungen
• Brüche mit Verlust der Verlängerung
• Kontrakturen (Einsteifungen) von Gelenken, Ausrenkung von Gelenken, Infektionen bis zu Verlust der Extremität
16) Wie hoch ist das Infektionsrisiko kurz-, mittel- und langfristig insbesondere mit Bezug auf Knocheninfektionen und Osteomyelitis? Ist es wahrscheinlich, dass eine Infektion lokal begrenzt bleibt, oder ist es eher wahrscheinlich, dass disseminierte Infektionen auftreten, allenfalls auch nach längerem Zeitraum, die dann nicht nur eine Amputation des Beines, sondern allenfalls gar eine Beckenteilresektion nach sich ziehen könnten?
Das Infektionsrisiko bei einer Fixateurbehandlung wird sehr stark überschätzt. Im Gegenteil, der Fixateur externe ist ja das Mittel der Wahl, einen infizierten Knochen zu behandeln. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass disseminierte Infektionen auftreten, in der Regel treten an den Knochenschrauben immer kleinere Infektionen auf, die jedoch mit Antibiose hervorragend beherrschbar sind. Es ist extrem unwahrscheinlich, dass durch eine solche Infektion die Amputation des Beines erforderlich wird. Fast auszuschliessen ist eine Beckenteilresektion.
17) Ist nach Abschluss der Verlängerungsoperationen mit funktionellen Beeinträchtigungen zu rechnen und falls ja mit welchen?
Nach Abschluss der Verlängerungsoperation ist mit erheblichen funktionellen Beeinträchtigungen zu rechnen. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass eine gute Kniegelenksbeweglichkeit nach Verlängerungsoperationen von über 30 cm entstehen wird, es wird sicher eine starke Bewegungseinschränkung geben. Wenn man ein hervorragendes Ergebnis hat, ist die volle Kniestreckung möglich und vielleicht eine Beugung bis 45°. Das Hüftgelenk wird höchstwahrscheinlich komplett einsteifen. So wie es sich dargestellt hat, ist in der Hüfte eine knöcherne Fusion entstanden, eine eventuelle Beweglichkeit ist nur in der Falschgelenksbildung zwischen Hüftkopf und Oberschenkelknochen zu erwarten. Hierbei habe ich jetzt aber das Ergebnis beschrieben, nachdem man es hypothetischerweise geschafft hätte, die 30-35 cm Beinverlängerung durchzuführen. Ich denke jedoch, dass dies höchstwahrscheinlich nicht möglich sein wird, und die vollständige Beinverlängerung nicht erreicht werden kann aufgrund der dargelegten Schwierigkeiten.
18) Zum kurz-, mittel- und (erwarteten) langfristigen Nutzen der Operation vom 21. Oktober 2015:
(a) Konnte damit die als Folge des Geburtsgebrechens eingetretene beziehungsweise in Zukunft noch zu erwartende Beeinträchtigung der Versicherten behoben oder zumindest gemildert werden?
Durch die Operation am 21. Oktober 2015 konnte die als Folge des Geburtsgebrechens eingetretene beziehungsweise in Zukunft noch zu erwartende Beeinträchtigung der Versicherten deutlich gemildert werden. Durch die Stabilisierung des Beines im Hüftgelenksbereich beziehungsweise der Positionierung des Oberschenkelknochenrestes unter das Becken ist eine deutlich bessere orthetische Versorgung möglich, da eine feste Verbindung zwischen Oberschenkel und Becken besteht, und somit Becken-umfassende Orthoprothesen nicht erforderlich sind
(b) Konnte damit einem später drohenden stabilen, nur schwer oder nicht mehr korrigierbaren Defekt vorgebeugt werden?
Hier kann ich nur darauf verweisen, dass die Entwicklung solcher Defekte, die - wie ich nochmals betone - extrem selten sind und jeder Fall anders, dann nicht so einfach vorhergesagt werden. Die Frage, inwiefern durch die Operation einem später drohenden, nur schwer oder nicht mehr korrigierbaren, Defekt hätte vorgebeugt werden können, ist so nicht beantwortbar, sondern reine Spekulation.
Es wird mit hoher Wahrscheinlichkeit immer schwieriger, eine Orthoprothesenversorgung zu machen, wenn ein völlig instabiles Bein quasi mehr oder weniger neben dem Becken steht. Ob man diese Operation mehr oder weniger auch hätte später machen können, ist nicht mit letzter Sicherheit beantwortbar. Klar ist jedoch, dass je jünger das Kind operiert wird, umso eher ist der Körper in der Lage, die transplantierten Knochen in irgendeiner Form so zu modellieren, dass sie eine Funktion übernehmen können.
Gegebenenfalls analoge Angaben betreffend weitere Optionen (C etc.)
19) Wie beurteilen Sie das von den Eltern und Dr. A.___ intendierte und bereits begonnene Vorgehen aus medizin-ethischer Sicht (Lebensqualität während und nach Abschluss der Behandlungen, entwicklungspsychologischer Einfluss der Behandlung auf das Kind, Häufigkeit und Ausmass von Komplikationen intra- und postoperativ sowie mittel- und langfristig nach der Behandlung, Integrationschancen nach dem hier gewählten Behandlungsverfahren im Vergleich zu anderen Behandlungskonzepten)?
Aus medizinisch-ethischer Sicht steht es für mich völlig ausser Frage, dass die Eltern eines so schwer behinderten Kindes nur die besten Chancen für dieses Kind erreichen wollen. Das Kind ist sehr krank und hat eine sehr schwere Behandlung bekommen, die eventuell noch fortgesetzt wird.
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20) Wie beurteilen Sie den bisherigen Verlauf und welche Erfolgschancen sehen Sie ausgehend vom bisherigen operativen Vorgehen beziehungsweise hypothetischerweise beim Vorgehen gemäss Option A?
Der bisherige Verlauf ist mehr oder weniger erwartungsgemäss, es ist zur Versteifung des Hüftgelenkes gekommen. Das Kniegelenk konnte mobilisiert werden. Dies ist ein gutes Ergebnis nach sogenanntem Super Hip Procedure. Prinzipiell besteht auch in der jetzigen Situation die Möglichkeit, hier weitere Verlängerungen anzugehen.
Hypothetischerweise wäre ein ähnlich gutes Ergebnis höchstwahrscheinlich mit den anderen Verfahren erzielt worden, wobei hier natürlich nicht mehr die Möglichkeit besteht, nachher Verlängerungen vorzunehmen. Das übergeordnete Ziel, dem Kind eine altersentsprechende Mobilität zu ermöglichen, wird höchstwahrscheinlich mit sämtlichen Verfahren erreicht und ist auch mit dem durchgeführten Verfahren erreicht worden.
21) Erwiese sich allenfalls eine minimale Verlängerung im Hinblick auf eine zweckmässige prothetische Versorgung als hilfreich?
Eine minimale Verlängerung ist für die orthoprothetische Versorgung eher hinderlich, solche Veränderungen führen dazu, dass der Fuss weiter nach unten wandert und damit eventuell Gelenke innerhalb der Orthoprothese immer schwieriger einzubauen sind. Verfolgt man jedoch den Ansatz, eine Endoprothese (künstliches Hüftgelenk oder totalen Femur) einzubauen, ist natürlich eine minimale Verlängerung sehr wichtig, da anders eine Implantation solcher Endoprothesen nicht möglich ist.
Zusammenfassende Beurteilung
22) Beziffern Sie die Ihres Erachtens mit den Optionen A und B (allenfalls auch C etc.) verbundenen ungefähren angemessenen Kosten.
Ich kann die mit Option A und B verbundenen ungefähren angemessenen Kosten nicht beziffern. Über die in Deutschland und der Schweiz praktizierten DRG-Abrechnungen wird so getan, als sei jeder Eingriff quasi mehr oder weniger gleich schwer, als könne dies jeder Operateur durchführen, und als würde alles im Case-Mix untergehen. Dies hat aber zur Folge, dass eine Spezialisierung mit solch aufwendigen Operationen in Deutschland und der Schweiz zu einem wirtschaftlichen Ruin führt, da das DRG-System in keinster Weise in korrekter Art und Weise die Aufwendungen für solche rekonstruktiven Eingriffe abbildet.
(…)
23) Bitte nehmen Sie dazu Stellung, inwiefern die Optionen A und B (allenfalls auch C etc.) folgende Kriterien erfüllen:
a) Wirksamkeit: Nach wissenschaftlichen Methoden nachgewiesene generelle Eignung der Option, das Ziel einer Behebung oder Verringerung der gesundheitlichen Beeinträchtigung zu erreichen
Aufgrund der Seltenheit der Erkrankung und der hohen Individualisierung innerhalb dieser seltenen Erkrankung ist es nicht möglich, mit wissenschaftlichen Methoden generell die Eignung der Operation, das Ziel einer Behebung oder Verringerung der gesundheitlichen Beeinträchtigung zu erreichen, zu bewerten. Es muss hier das versucht werden, was Aussicht auf Erfolg verspricht. Eine generelle Analyse, welche Methoden wieviel Erfolg erreichen könnten, ist bisher nicht möglich und wird höchstwahrscheinlich auch in Zukunft nicht möglich sein.
b) Zweckmässigkeit: Überwiegt der erwartete / zu erwartende Nutzen die allfälligen Risiken und Nebenwirkungen?
Sämtliche Behandlungsoptionen sind zweckmässig. Es überwiegt der erwartete beziehungsweise zu erwartende Nutzen die allfälligen Risiken und Nebenwirkungen. Es erfolgt durch diese Operationen eine Hüftstabilisierung, die eine bessere orthoprothetische Versorgung möglich macht.
c) Wirtschaftlichkeit: Welches ist die günstigere von als wirksam und zweckmässig beurteilten Optionen?
Die Wirtschaftlichkeit ist sehr schwer abzuschätzen. Es wäre vor allen Dingen fatal, sich ausschliesslich auf die Kosten von Operationen zu beziehen. Es ist ja in der Regel bei solchen Krankheitsbildern eine lebenslange Versorgung mit orthopädischen Hilfsmitteln erforderlich. Je nach Ausmass des Hilfsmittels mit Beckenkorb, ohne Beckenkorb, eventuell Einbau eines modernen Kniegelenkes (Genion) etc. können allein für eine einzige Hilfsmittelversorgung 50.000 € in Deutschland fällig werden. In der Schweiz wird es sicherlich nicht günstiger sein.
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24) Bitte nehmen Sie, soweit nicht schon erfolgt, zu den vorliegenden Arztberichten Stellung.
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25) Haben Sie ergänzende Bemerkungen?
(…)
7.
7.1 Die Parteien erhoben in ihren Stellungnahmen zum Gerichtsgutachten keine Einwände bezüglich dessen Qualität. Die Beschwerdeführenden (Urk. 43) nahmen zustimmend Bezug auf einzelne Ausführungen des Gutachters, und die Beschwerdegegnerin erachtete das Gutachten ausdrücklich als Grundlage für den Entscheid verwendbar (Urk. 45 S. 1). Beide Parteien sahen ihren Standpunkt als durch einzelne von ihnen benannte Feststellungen im Gutachten bestätigt.
7.2 Das Gericht entnimmt den Antworten des Gutachters (vorstehend E. 6.3) die folgenden entscheidrelevanten Feststellungen:
Der proximal Femur-Defekt (Aitken C / Paley IIIb), an welchem die Versicherte leidet, ist eine extrem seltene Fehlbildung, für deren Behandlung die folgenden drei relativ gleichwertigen therapeutischen Möglichkeiten bestehen (Antwort zu Frage 1):
- A1 Fusion des Femurs mit dem Becken mittels Umdrehplastik
- A2 Fusion des Femurs mit dem Becken mittels Kings-Procedure
- B: Super Hip Procedure
Die Super Hip II-Operation (B) ist beziehungsweise war nicht die einzige Möglichkeit, um eine Stabilisierung der Hüfte zu erreichen und eine prothetische Versorgung zu ermöglichen. Lediglich eine (spätere) Knochenverlängerung ist nur nach einem Super Hip 2 Procedure möglich (Antwort auf Frage 10). Das übergeordnete Ziel, dem Kind eine altersentsprechende Mobilität zu ermöglichen, wird höchstwahrscheinlich mit sämtlichen Verfahren erreicht (Antwort auf Frage 20), und sämtliche der genannten Behandlungsoptionen sind zweckmässig (Antwort auf Frage 23b).
Eine hüftstabilisierende und prothetische Versorgung hätte auch in einem medizinischen Zentrum in Europa, beispielsweise in Deutschland, durchgeführt werden können (Antwort auf Frage 9).
Die Fälle einer Knochenverlängerung des Femurs haben experimentellen Charakter; ein vollständiger Beinlängenausgleich mit funktionsfähigen eigenen Gelenken ist bisher noch nicht gelungen (Antwort auf Frage 11). Realistisch sind Verlängerungen des Femurs bis 20 cm, darüber werden Verlängerungen - aus näher dargelegten Gründen (Antwort auf Frage 14) - immer schwieriger (Antwort auf Frage 12). Auch nach Abschluss der Verlängerungsoperation(en) ist mit erheblichen funktionellen Defiziten zu rechnen, wobei eine Verlängerung um die angestrebten 30-35 cm höchstwahrscheinlich nicht erreichbar ist (Antwort auf Frage 17).
Das Super Hip 2 Procedure ist ein unter Experten anerkanntes und auch verschiedentlich angewandtes Verfahren in einem Bereich, der noch eher experimentell ist (Antwort auf Frage 13).
Durch die Operation am 21. Oktober 2015 konnte die vorhandene beziehungsweise noch zu erwartende Beeinträchtigung der Versicherten deutlich gemildert werden. Durch die Stabilisierung des Beines im Hüftbereich beziehungsweise der Positionierung des Oberschenkelknochenrestes unter das Becken ist eine deutlich bessere orthetische Versorgung möglich (Antwort auf Frage 18a).
Es liegt ein gutes Ergebnis nach dem erfolgten Super Hip Procedure vor. Ein ähnlich gutes Ergebnis wäre hypothetischerweise höchstwahrscheinlich auch mit den anderen Verfahren erzielt worden, wobei bei diesen die Möglichkeit nicht besteht, nachher Verlängerungen vorzunehmen (Antwort auf Frage 20).
7.3 Fallentscheidend an den vorstehend zusammengefassten Ausführungen des Gutachters ist seine Feststellung, dass es grundsätzlich drei relativ gleichwertige therapeutische Optionen gibt. Darunter ist mit dem Super Hip 2 Procedure ein zwar unter Experten anerkanntes und auch verschiedentlich angewandtes Verfahren, das aber den experimentellsten Charakter der möglichen Optionen hat. Nur mit diesem Verfahren erfolgt anstelle einer prothetischen Versorgung eine Beinverlängerung, deren Prognose laut Gerichtsgutachten eher zurückhaltend ausfällt. Die beiden anderen Verfahren mit einer hüftstabilisierenden und prothetischen Versorgung hätten auch in Europa (beispielsweise in Deutschland) durchgeführt werden können.
Damit ist die Frage, ob die Operationen mangels inländischer Fachkompetenz nur in den USA haben durchgeführt werden können, zu verneinen. Soweit sie nicht in der Schweiz, sondern im (nahen) Ausland erfolgt wären, sind die Kosten einer einfachen und zweckmässigen Versorgung zu übernehmen. Soweit sie aus anderen beachtlichen Gründen im Ausland erfolgt wären, sind die Kosten in dem Umfang zu übernehmen, die in der Schweiz angefallen wären (vorstehend E. 2.3).
Für beide Varianten (einfache und zweckmässige Versorgung / Inlandbehandlung) lassen sich die Kosten beziffern (nachstehend E. 7.5).
7.4 Mit Vorbescheid vom 29. September 2015 stellte die Beschwerdegegnerin den Beschwerdeführenden einen Kostenbeitrag von Fr. 64'644.-- in Aussicht (Urk. 7/114), dies basierend auf Angaben der RVK, DRG-Prüfstelle, vom 3. August 2015 (Urk. 7/90), in welchen Bezug genommen wurde auf DRG 128B und 108B (S. 2 Mitte). Gemäss Verfügung vom 29. März 2016 wurden davon Fr. 44'688.--zuzüglich Reisekosten bereits ausbezahlt (Urk. 7/170).
7.5 Mit Gerichtsverfügung vom 20. Februar 2020 (Urk. 48) wurde die Beschwerdegegnerin aufgefordert, eine ergänzende Darstellung der im Vorbescheid vom 29. September 2015 (vorstehend E. 7.3) berücksichtigten Operationsschritte abzugeben sowie eine ärztliche Stellungnahme zur Frage, wie sich diese Operationsschritte in Bezug auf die durch den Gerichtsgutachter dargelegten Behandlungsoptionen tariftechnisch verhalten.
Laut Stellungnahme vom 4. Juni 2020 (Urk. 52) wurde in der Anfrage an den RAD vom 14./28. Mai 2020 ausgeführt, geplant gewesen seien drei Operationsschritte, nämlich (S. 1):
- Hüftrekonstruktion mit Korrektur der Aussenrotation, um im Hinblick auf eine prothetische Versorgung und/oder Verlängerung eine Stabilität zu schaffen; DRG 108B
- Eingriff am Knie, um das Knie funktional für die Hüftbewegung zu nutzen; DRG 128B
- Eingriff am Sprunggelenk, um dieses funktional als Knie zu benutzen; DRG 108B
Am 21. Oktober 2015 durchgeführt worden seien nur die ersten zwei Schritte. Dafür seien Fr. 44'688.-- vergütet worden. Am 16. Februar 2016 sei eine Metallentfernung erfolgt, die mit Fr. 15'987.20 vergütet worden sei (S. 2 oben).
Am 4. Juni 2020 führte Dr. med. O.___, Facharzt für Orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates, RAD, aus, der erste Operationsschritt (Transfixation der Hüfte) werde im Gerichtsgutachten (S. 23 Mitte) für erforderlich gehalten. Der zweite Operationsschritt (Verbesserung der Kniegelenksbeweglichkeit) sei gemäss dem Gerichtsgutachten (S. 23) ebenfalls dringend erforderlich. Die Entfernung des Osteosynthesematerials sei notwendig gewesen, um das Restwachstum nicht zu behindern (S. 3 oben).
Kings-Procedure oder Umkehrplastik seien zwei operative Verfahren, die zwar unterschiedliche operative Schritte umfassten, aber trotzdem beide in das grobe Raster der DRG unter 108B / 128B abgebildet werden könnten (S. 3 Mitte).
7.6 Mit den vorstehend genannten Beträgen ist der Rahmen abgesteckt, innerhalb dessen die Beschwerdegegnerin gesetzlich zur Kostenübernahme berechtigt und verpflichtet ist.
Nachdem sie diese Kosten bereits übernommen hat, ist die angefochtene Verfügung in teilweiser Gutheissung der dagegen erhobenen Beschwerde mit der entsprechenden Feststellung aufzuheben.
8.
8.1 Die Verfahrenskosten gemäss Art. 69 Abs. 1bis IVG sind ermessensweise auf Fr. 1’000.-- festzusetzen und ausgangsgemäss zu 3/5 den Beschwerdeführenden und zu 2/5 der Beschwerdegegnerin aufzuerlegen.
8.2 Den teilweise obsiegenden und anwaltlich vertretenen Beschwerdeführenden steht eine auf 2/5 reduzierte Prozessentschädigung zu, die beim praxisgemässen Stundenansatz von Fr. 220.-- (zuzüglich Mehrwertsteuer) ermessensweise auf Fr. 2'000.-- (inklusive Barauslagen und Mehrwertsteuer) zu bemessen und von der Beschwerdegegnerin zu bezahlen ist.
8.3 Die Beschwerdegegnerin ist zu verpflichten, dem Gericht die Kosten des Gutachtens von Prof. B.___ von € 1'773.22 (Urk. 38), entsprechend Fr. 1'957.60, zu erstatten.
Das Gericht erkennt:
1. In teilweiser Gutheissung der Beschwerde wird die Verfügung der Sozialversicherungsanstalt des Kantons Zürich, IV-Stelle, vom 13. Dezember 2017 mit der Feststellung aufgehoben, dass ein Anspruch auf Kostenübernahme in dem Umfang besteht, in welchem diese bereits vergütet worden sind.
2. Die Gerichtskosten von Fr. 1’000.-- werden Y.___ und Z.___ zu drei Fünfteln sowie der Beschwerdegegnerin zu zwei Fünfteln auferlegt. Rechnung und Einzahlungsschein werden den Kostenpflichtigen nach Eintritt der Rechtskraft zugestellt.
3. Die Beschwerdegegnerin wird verpflichtet, Y.___ und Z.___ eine reduzierte Prozessentschädigung von Fr. 2’000.-- (inkl. Barauslagen und MWSt) zu bezahlen.
4. Die Beschwerdegegnerin wird verpflichtet, der Gerichtskasse die Gutachtenskosten von Fr. 1'957.60 zu erstatten. Rechnung und Einzahlungsschein werden ihr nach Eintritt der Rechtskraft zugestellt
5. Zustellung gegen Empfangsschein an:
- Rechtsanwalt Patrick Lerch
- Sozialversicherungsanstalt des Kantons Zürich, IV-Stelle
- Bundesamt für Sozialversicherungen
sowie an:
- Gerichtskasse (im Dispositiv nach Eintritt der Rechtskraft)
6. Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit der Zustellung beim Bundesgericht Beschwerde eingereicht werden (Art. 82 ff. in Verbindung mit Art. 90 ff. des Bundesgesetzes über das Bundesgericht, BGG). Die Frist steht während folgender Zeiten still: vom siebten Tag vor Ostern bis und mit dem siebten Tag nach Ostern, vom 15. Juli bis und mit 15. August sowie vom 18. Dezember bis und mit dem 2. Januar (Art. 46 BGG).
Die Beschwerdeschrift ist dem Bundesgericht, Schweizerhofquai 6, 6004 Luzern, zuzustellen.
Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers oder seines Vertreters zu enthalten; der angefochtene Entscheid sowie die als Beweismittel angerufenen Urkunden sind beizulegen, soweit die Partei sie in Händen hat (Art. 42 BGG).
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich
Der VorsitzendeDie Gerichtsschreiberin
MosimannKübler-Zillig