Sozialversicherungsgericht

des Kantons Zürich

UV.2021.00191


IV. Kammer

Sozialversicherungsrichter Hurst, Vorsitzender
Sozialversicherungsrichterin Arnold Gramigna
Ersatzrichter Sonderegger
Gerichtsschreiberin Stadler

Urteil vom 22. August 2022

in Sachen

X.___

Beschwerdeführer


vertreten durch Orion Rechtsschutz-Versicherung AG

Rechtsanwältin Tanja Hill

Aeschenvorstadt 50, Postfach, 4002 Basel


gegen


Suva

Rechtsabteilung

Postfach 4358, 6002 Luzern

Beschwerdegegnerin




Sachverhalt:

1.    X.___, geboren 1967, arbeitete bei der Y.___ GmbH als Gipser in einem 100%-Pensum und war dadurch bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (Suva) gegen die Folgen von Unfällen versichert, als er am 4. August 2020 einen Arbeitsunfall hatte. Gemäss Unfallmeldung verpasste er beim Hinuntergehen einer Leiter einen Tritt und prallte dabei mit der linken Schulter gegen die Wand (Urk. 9/1). Zwei Wochen später fand die Erstuntersuchung bei der Hausärztin Dr. med. Z.___ statt (vgl. Urk. 9/13). Gestützt auf bildgebende Befunde wurde ein ausgedehnter transmuraler Riss der Supraspinatussehne sowie eine Partialruptur der Subscapularissehne und instabile lange Bizepssehne mit Partialruptur sowie AC-Gelenksarthrose diagnostiziert (Urk. 9/6, Urk. 9/7), welche am 21. September 2020 operativ versorgt wurden (Urk. 9/16). Die Suva erbrachte in der Folge die gesetzlichen Leistungen (Heilbehandlung, Taggeld; Urk. 9/2).

    Gestützt auf die kreisärztliche Beurteilung vom 15. Oktober 2020 (Urk. 9/18) sowie vom 24. November 2020 (Urk. 9/39) stellte die Suva die Taggeldleistungen per 25. November 2020 ein (vgl. Schreiben vom 11. November 2020, Urk. 9/28) und verneinte mit Verfügung vom 26. November 2020 einen Anspruch auf weitere Versicherungsleistungen (Taggeld und Heilkosten; Urk. 9/41). Dagegen erhob der Versicherte am 11. Januar 2021 (Urk. 9/47) sowie - unter Beilage einer Stellungnahme von Dr. med. A.___, FMH Chirurgie, spez. Traumatologie, orthopädische Schulterchirurgie - ergänzend am 22. März 2021 (Urk. 9/52) Einsprache. In der Folge nahm die Suva weitere Abklärungen vor und ersuchte den Kreisarzt um eine orthopädisch-chirurgische Beurteilung (Urk. 9/57). Gestützt darauf wies die Suva die Einsprache mit Einspracheentscheid vom 31. August 2021 ab (Urk. 9/60 = Urk. 2).


2.    Hiergegen erhob der Versicherte am 29. September 2021 Beschwerde und beantragte, der Einspracheentscheid vom 31. August 2021 sei aufzuheben und die Beschwerdegegnerin sei zu verpflichten, die gesetzlichen Versicherungsleistungen über den 29. September 2020 hinaus zu erbringen. Eventualiter sei die Angelegenheit zur Durchführung weiterer medizinischer Abklärungen an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen (Urk. 1).

    Die Beschwerdegegnerin schloss mit Beschwerdeantwort vom 24. November 2021 (Urk. 8) unter Hinwies auf die von ihr eingereichten Akten (Urk. 9/1-66) und insbesondere eine weitere kreisärztliche Beurteilung vom 11. November 2021 (Urk. 10) auf Abweisung der Beschwerde. Mit Verfügung vom 30. November 2021 wurde ein zweiter Schriftenwechsel angeordnet (Urk. 11). Am 20. Januar 2022 reichte der Beschwerdeführer eine Replik ein, wobei er an den bereits gestellten Rechtsbegehren vollumfänglich festhielt (Urk. 12) und eine weitere Stellungnahme von Dr. A.___ zu den Akten legte (Urk. 13). Unter Beilage einer weiteren Stellungnahme des Kreisarztes vom 1. Februar 2022 (Urk. 17) reichte die Beschwerdegegnerin am 15. Februar 2022 eine Duplik ein, in der sie weiterhin an ihrem Einspracheentscheid festhielt und die Abweisung der Beschwerde beantragte (Urk. 16), was dem Beschwerdeführer mit Verfügung vom 17. Februar 2022 zur Kenntnis gebracht wurde (Urk. 18).


3.    Auf die Vorbringen der Parteien und die eingereichten Akten wird, soweit erforderlich, im Rahmen der nachfolgenden Erwägungen eingegangen.


Das Gericht zieht in Erwägung:

1.    

1.1    Gemäss Art. 6 des Bundesgesetzes über die Unfallversicherung (UVG) werden – soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt – die Versicherungsleistungen bei Berufsunfällen, Nichtberufsunfällen und Berufskrankheiten gewährt (Abs. 1). Die Versicherung erbringt ihre Leistungen auch bei den im Einzelnen in Abs. 2 aufgeführten Körperschädigungen, sofern sie nicht vorwiegend auf Abnützung oder Erkrankung zurückzuführen sind. Ausserdem erbringt die Versicherung ihre Leistungen für Schädigungen, die der verunfallten Person bei der Heilbehandlung zugefügt werden (Abs. 3).


1.2    Die Leistungspflicht eines Unfallversicherers gemäss UVG setzt voraus, dass zwischen dem Unfallereignis und dem eingetretenen Schaden (Krankheit, Invalidität, Tod) ein natürlicher Kausalzusammenhang besteht. Ursachen im Sinne des natürlichen Kausalzusammenhangs sind alle Umstände, ohne deren Vorhandensein der eingetretene Erfolg nicht als eingetreten oder nicht als in der gleichen Weise beziehungsweise nicht zur gleichen Zeit eingetreten gedacht werden kann. Entsprechend dieser Umschreibung ist für die Bejahung des natürlichen Kausalzusammenhangs nicht erforderlich, dass ein Unfall die alleinige oder unmittelbare Ursache gesundheitlicher Störungen ist; es genügt, dass das schädigende Ereignis zusammen mit anderen Bedingungen die körperliche oder geistige Integrität der versicherten Person beeinträchtigt hat, der Unfall mit andern Worten nicht weggedacht werden kann, ohne dass auch die eingetretene gesundheitliche Störung entfiele (BGE 129 V 177 E. 3.1, 402 E. 4.3.1, 119 V 335 E. 1, 118 V 286 E. 1b, je mit Hinweisen).

    Ob zwischen einem schädigenden Ereignis und einer gesundheitlichen Störung ein natürlicher Kausalzusammenhang besteht, ist eine Tatfrage, worüber die Verwaltung beziehungsweise im Beschwerdefall das Gericht im Rahmen der ihm obliegenden Beweiswürdigung nach dem im Sozialversicherungsrecht üblichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit zu befinden hat. Die blosse Möglichkeit eines Zusammenhangs genügt für die Begründung eines Leistungsanspruches nicht (BGE 129 V 177 E. 3.1, 119 V 335 E. 1, 118 V 286 E. 1b, je mit Hinweisen).

1.3    Bei objektiv ausgewiesenen organischen Unfallfolgen deckt sich die adäquate, d.h. rechtserhebliche Kausalität weitgehend mit der natürlichen Kausalität; die Adäquanz hat hier gegenüber dem natürlichen Kausalzusammenhang praktisch keine selbständige Bedeutung (BGE 134 V 109 E. 2.1).

1.4    Ist die Unfallkausalität einmal mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit nachgewiesen, entfällt die deswegen anerkannte Leistungspflicht des Unfallversicherers erst, wenn der Unfall nicht die natürliche und adäquate Ursache des Gesundheitsschadens darstellt, wenn also Letzterer nur noch und ausschliesslich auf unfallfremden Ursachen beruht. Dies trifft dann zu, wenn entweder der (krankhafte) Gesundheitszustand, wie er unmittelbar vor dem Unfall bestanden hat (Status quo ante), oder aber derjenige Zustand, wie er sich nach dem schicksalsmässigen Verlauf eines krankhaften Vorzustandes auch ohne Unfall früher oder später eingestellt hätte (Status quo sine), erreicht ist. Ebenso wie der leistungsbegründende natürliche Kausalzusammenhang muss das Dahinfallen jeder kausalen Bedeutung von unfallbedingten Ursachen eines Gesundheitsschadens mit dem im Sozialversicherungsrecht allgemein üblichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein. Die blosse Möglichkeit nunmehr gänzlich fehlender ursächlicher Auswirkungen des Unfalls genügt nicht. Da es sich hierbei um eine anspruchsaufhebende Tatsache handelt, liegt die entsprechende Beweislast anders als bei der Frage, ob ein leistungsbegründender natürlicher Kausalzusammenhang gegeben ist nicht beim Versicherten, sondern beim Unfallversicherer. Diese Beweisgrundsätze gelten sowohl im Grundfall als auch bei Rückfällen und Spätfolgen und sind für sämtliche Leistungsarten massgebend (Urteile des Bundesgerichts 8C_600/2021 vom 3. März 2022 E. 3.2 und 8C_669/2019 vom 25. März 2020 E. 2.2, je mit Hinweisen).

    Mit dem Erreichen des Status quo sine vel ante entfällt eine Teilursächlichkeit für die noch bestehenden Beschwerden. Solange jedoch dieser Zustand noch nicht wieder erreicht ist, hat der Unfallversicherer gestützt auf Art. 36 Abs. 1 UVG Leistungen zu erbringen (Urteil des Bundesgerichts 8C_589/2017 vom 21. Februar 2018 E. 3.2.3 mit Hinweisen).

1.5    Hinsichtlich des Beweiswertes eines Arztberichtes ist entscheidend, ob dieser für die streitigen Belange umfassend ist, auf allseitigen Untersuchungen beruht, auch die geklagten Beschwerden berücksichtigt, in Kenntnis der Vorakten (Anamnese) abgegeben worden ist, in der Darlegung der medizinischen Zusammenhänge und in der Beurteilung der medizinischen Situation einleuchtet und ob die Schlussfolgerungen der Experten begründet sind (BGE 134 V 231 E. 5.1, 125 V 351 E. 3a mit Hinweis).

    Einem reinen Aktengutachten kommt voller Beweiswert zu, sofern ein lückenloser Befund vorliegt und es im Wesentlichen nur um die ärztliche Beurteilung eines an sich feststehenden medizinischen Sachverhaltes geht, mithin die direkte ärztliche Befassung mit der versicherten Person in den Hintergrund rückt (Urteil des Bundesgerichts 8C_780/2016 vom 24. März 2017 E. 6.1 mit Hinweisen). Aktengutachten sind insbesondere dann von Belang, wenn die relevanten Befunde mehrfach und ohne wesentlichen Widerspruch bereits erhoben worden sind, aber die Zuordnung zu einer Diagnose oder der Kausalzusammenhang und das Ausmass der Behinderung verschieden bewertet werden. In diesen Fällen kann in einem Aktengutachten das Für und Wider der verschiedenen Meinungen erwogen und die überwiegenden Wahrscheinlichkeit für eine bestimmte Beurteilung deutlich gemacht werden (vgl. Urteil des Bundesgerichts 8C_540/2007 vom 27. März 2008 E. 3.2).

    Nach der Rechtsprechung kommt auch den Berichten und Gutachten versicherungsinterner Ärztinnen und Ärzte Beweiswert zu, sofern sie als schlüssig erscheinen, nachvollziehbar begründet sowie in sich widerspruchsfrei sind und keine Indizien gegen ihre Zuverlässigkeit bestehen (BGE 125 V 351 E. 3b/ee). Das Anstellungsverhältnis einer versicherungsinternen Fachperson zum Versicherungsträger alleine lässt nicht schon auf mangelnde Objektivität und Befangenheit schliessen (BGE 137 V 210 E. 1.4, 135 V 465 E. 4.4). Soll ein Versicherungsfall jedoch ohne Einholung eines externen Gutachtens entschieden werden, so sind an die Beweiswürdigung strenge Anforderungen zu stellen. Bestehen auch nur geringe Zweifel an der Zuverlässigkeit und Schlüssigkeit der versicherungsinternen ärztlichen Feststellungen, so sind ergänzende Abklärungen vorzunehmen (BGE 145 V 97 E. 8.5, 142 V 58 E. 5.1, 139 V 225 E. 5.2, 135 V 465 E. 4.4 und E. 4.7).


2.    

2.1    Die Beschwerdegegnerin begründete den angefochtenen Entscheid im Wesentlichen damit, dass gestützt auf die medizinischen Akten davon auszugehen sei, dass es beim Unfallereignis vom 4. August 2020 nicht mit dem mindestens erforderlichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit zu einer richtunggebenden strukturellen Läsion an der linken Schulter gekommen sei. Vielmehr sei es unfallbedingt zu einer vorübergehenden Verschlimmerung der vorbestehenden anlagebedingten, degenerativen Problematik an der linken Schulter gekommen, welche als nach sechs bis acht Wochen abgeheilt zu gelten habe. Darüber hinausgehende Beschwerden seien degenerativ bedingt. Somit sei mit der Operation vom 21. September 2020 gemäss versicherungsmedizinischer Beurteilung ein unfallfremder Vorzustand behandelt worden (Urk. 2 S. 10).

2.2    Demgegenüber machte der Beschwerdeführer zusammengefasst geltend, durch das Unfallereignis sei es zu einer richtunggebenden Verschlimmerung gekommen. Die Rissläsion sei durch den Unfall vergrössert worden und das Gleichgewicht habe nicht mehr wiederhergestellt werden können, sodass schliesslich ein operativer Eingriff notwendig wurde. Durch das Vorliegen einer richtunggebenden Verschlimmerung könne entsprechend kein status quo ante vel sine mehr erreicht werden. Vorliegend sei eine (Teil-)Kausalität zwischen den geklagten Beschwerden in der Schulter und dem Unfallereignis zweifelsfrei gegeben, weshalb die Leistungspflicht des Unfallversicherers auch über den 29. September 2020 hinaus zu bejahen sei (Urk. 1).

2.3    Streitig und zu prüfen ist, ob der Beschwerdeführer infolge des Unfallereignisses vom 4. August 2020 über den 29. September 2020 hinaus Anspruch auf Leistungen der Beschwerdegegnerin hat.


3.    

3.1    Nach dem Unfall vom 4. August 2020 verspürte der Beschwerdeführer laut eigenen Angaben sofort einschiessende Schmerzen in der linken Schulter, welche in den folgenden 14 Tagen nicht zurückgegangen seien (vgl. Urk. 9/7). Allerdings arbeitete er zunächst weiter. Am 31. August 2020 suchte er seine Hausärztin Dr. Z.___ auf, die ihn arbeitsunfähig schrieb (Urk. 9/4), eine Magnetresonanztomografie (MRI) der linken Schulter veranlasste (vgl. Urk. 9/6) und ihn in der Folge an Dr. med. univ. B.___, Facharzt FMH für Orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates, überwies. Dr. B.___ hielt in seinem Arztbericht vom 8. September 2020 folgende Diagnosen fest (Urk. 9/7):

- Schulterkontusion und Distorsion links während der Arbeit am 4. August 2020 mit/bei:

- Ausgedehnter transmuraler Riss der Supraspinatussehne unmittelbar am Ansatz am Footprint mit nur noch im hinteren Drittel inserierenden, morphologisch aufgetriebenen und signalalterierten Sehnenfasern. Keine Atrophie oder fettige Degeneration des Muskelbauches.

- Insertionstendinopathie/Partialruptur der kranialen Abschnitte der Subscapularissehne im Kontaktbereich zur langen Bizepssehne.

- Nach ventral in Subluxation stehende lange Bizepssehne mit Tendinopathie/Partialruptur proximal des Eintrittes in den Sulcus bicipitalis.

- Verdacht auf etwas retraktile Kapsulitis.

- Deutlich aktivierte AC-Gelenksarthrose.

    Er führte aus, die globale Schulterbeweglichkeit links sei im Vergleich zur Gegenseite um einen Drittel reduziert. Die Aussenrotation sei beidseitig kräftig, die Innenrotation deutlich schmerzhaft bei negativem Lift-off-Test. Der Jobe-Test sei positiv ausgefallen, ebenso die Bizepszeichen. Weiter liege ein positiver Painful arc und eine Beeinträchtigung der Elevation über 90° vor. Die ergänzende Untersuchung habe ausserdem einen leichten Hochstand des Humeruskopfes und eine Hypersklerose im Bereich Footprint der Supraspinatussehne ergeben. Bei vorliegender transmuraler Ruptur der Supraspinatussehne und Ausdünnung sowie Partialruptur der Subscapularissehne, Instabilität der langen Bizepssehne sowie AC-Gelenksarthrose stellte er die Indikation einer operativen Versorgung.

    Am 21. September 2020 erfolgte der Eingriff mit Akromion-Aufrichtosteotomie mit Osteosynthese, AC-Gelenkresektion, Bursektomie, Bizepssehnentenodese, Rekonstruktion mit Doppelungsnaht Rotatorenmanschette x2 und Reinsertion im Bereich des Footprint (vgl. Operationsbericht, Urk. 9/16). Dr. B.___ berichtete von einem problemlosen postoperativen Verlauf. Bereits am zweiten postoperativen Tag habe das Gelenk ohne Probleme mobilisiert werden können. Er empfahl zur Ruhigstellung das Tragen des Abduktionskissens für sechs Wochen (vgl. Austrittsbericht vom 25. September 2020, Urk. 9/17) und attestierte dem Beschwerdeführer eine dreimonatige Arbeitsunfähigkeit als Gipser (Urk. 9/7; vgl. auch Urk. 9/14-15, Urk. 9/25).

3.2    Kreisarzt Dr. C.___, Facharzt für Allgemeinmedizin, verneinte in seiner Stellungnahme vom 15. Oktober 2020 einen Zusammenhang zwischen dem Unfall vom 4. August 2020 und den objektivierbaren strukturellen Läsionen. Der Schaden, der operiert worden sei, sei nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf den Unfall zurückzuführen, da weder eine zeitnahe ärztliche Behandlung noch eine zeitnah attestierte Arbeitsunfähigkeit ausgewiesen sei. Im Übrigen gebe es keine typischen Verletzungszeichen oder ossäre Begleitverletzungen. Vielmehr gebe es Hinweise auf Degeneration. Die Unfallfolgen würden sechs bis acht Wochen nach dem Ereignis keine Rolle mehr spielen (Urk. 9/18).

3.3    Im Zuge einer Verlaufskontrolle am 3. November 2020 stellte Dr. B.___ eine fortgeschrittene Konsolidierung der Akromion-Osteotomie in der linken Schulter fest. Der Beschwerdeführer habe ausserdem über einen guten Verlauf berichtet. Die Schmerzen hätten deutlich abgenommen, sodass er kaum noch Schmerzmittel einnehmen müsse. Zur Steigerung der Beweglichkeit empfahl Dr. B.___ Physiotherapie (Urk. 9/29).

    Gegenüber der Beschwerdegegnerin äusserten Dr. B.___ und Dr. A.___, Praxisvorgänger von Dr. B.___ und bei der Operation des Beschwerdeführers als Assistent beteiligt (Urk. 9/16), in ihrem Schreiben vom 18. November 2020 (Urk. 9/35), die Rehabilitation nach erfolgter Rotatorenmanschetten (RM)-Rekonstruktion benötige ein halbes Jahr und mehr. Den Fall per 25. November 2020 abzuschliessen, da ein Zustand «Status quo sine» erreicht worden sei, sei deshalb widersinnig.

3.4    In seiner ärztlichen Beurteilung vom 24. November 2020 (Urk. 9/39) hielt Kreisarzt Dr. C.___ an seiner Einschätzung vom 15. Oktober 2020 fest. Er führte aus, der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers sei mit überwiegender Wahrscheinlichkeit schon vor dem Unfallereignis in stummer oder manifester Weise an der linken Schulter beeinträchtigt gewesen. So würden die klinischen und bildgebenden Befunde sowie auch der durchgeführte operative Eingriff in typischer Weise einem Vorgehen bei anlagebedingter Impingementkonstellation bei einem prominenten Akromion Typ II nach Bigliani und einer vorliegenden hypertrophen AC-Gelenksarthrose entsprechen. Hierzu passten auch im Sinne eines chronischen räumlichen Konfliktes und einer krankhaften Abnutzung die Tendinopathien der Rotatorenmanschette und langen Bizepssehne, mit einer zystisch-degenerativen Veränderung im Ansatzbereich der Infraspinatussehne sowie insbesondere einer Schädigung und Ablösung der Supraspinatussehne mit einer reaktiven Hypersklerose am Footprint sowie ein Hochstand des Humeruskopfs mit einer degenerativen glenohumeralen Chondropathie. Derartige komplexe degenerative Veränderungen seien anlagebedingt, nicht wenige Wochen nach einem Anprall oder einer Distorsion der linken Schulter unfallursächlich erklärbar, sondern stellten das Resultat eines langfristigen - Monate bis Jahre dauernden - biologischen Umbauprozesses dar. Dementsprechend sei die im vorliegenden Fall operativ adressierte subakromiale Dekompression (mit einer Bursektomie, Bizepssehnentenodese, AC-Gelenksresektion und Aufrichtungsosteotomie des Akromions) als typischer Eingriff zur Beseitigung eines ursächlichen krankheitsbedingten räumlichen Konflikts im Bereich des Schulterdachs, aber nicht als Traumabehandlung einzuordnen.

    Im Falle einer akuten, richtunggebenden, funktionell relevanten traumatischen Schädigung mit einer akuten Zerreissung der Supraspinatussehne wäre eine unmittelbar ans Ereignis auftretende heftigste Schmerzsymptomatik und eine ebenso akut auftretende funktionelle Bewegungsbeeinträchtigung, z. B. im Sinne einer Pseudoparalyse, zu erwarten gewesen. Ebenso wäre eine unmittelbare Arbeitsunfähigkeit und Arbeitsniederlegung der Tätigkeit als Gipser zu erwarten gewesen. Dies sei vorliegend nicht der Fall gewesen. Eine ärztliche Behandlungsvorstellung erst zwei Wochen nach dem Ereignis und mit einer Fortsetzung der körperlich robusten Arbeitstätigkeit widerspreche einer akuten komplexen traumatischen Schädigung des Schultergelenks. Vielmehr entspreche diese einem chronischen, natürlich-progredienten degenerativen Krankheitsbild. Weiter kämen unfalltypische ossäre Begleitverletzungen, wie eine Bone bruise, eine Fraktur oder eine sonstige Weichteilläsion, nicht objektivierbar zur Darstellung. Schliesslich weise der Beschwerdeführer ein entsprechendes Prädilektionsalter sowie robuste körperliche Belastungen mit häufigen Überkopfarbeiten als Risikofaktoren für die Entstehung eines Schulterverschleissschadens auf. Auch die klinische primäre Symptomatik mit einem Painful arc und einer Elevations-/Abduktionseinschränkung über die Horizontale entspreche hier vielmehr einem krankhaften, vorbestehenden Impingementsyndrom. Die Unfallfolgen würden bei einer hier vorübergehenden, aber nicht objektivierbar richtunggebenden Verschlimmerung des Vorzustands, mit überwiegender Wahrscheinlichkeit in sechs bis acht Wochen nach dem Ereignis keine Rolle mehr spielen.

3.5    Im Rahmen des Einspracheverfahrens reicht der Beschwerdeführer die Stellungnahme von Dr. A.___ vom 21. Januar 2021 (Urk. 9/52/7-10) zu den Akten. Dieser konstatierte, sicherlich habe der Beschwerdeführer bereits vorgängig eine RM-Ruptur oder -Läsion (asymptomatisch) gehabt. Durch den Sturz und den Anprall sei es allerdings zu einer richtunggebenden Verschlechterung der Ruptursituation gekommen, sodass sich das vorher eingestellte biologische Gleichgewicht nicht mehr habe einstellen können. Der Sturz von der Leiter mit seitlichem Anprall zur Wand sei zwar kaum geeignet die ganze Ruptursituation zu erklären. Durch das Verfehlen des Tritts und des damit verbundenen Sturzes nach unten und seitlicher Anprall mit der Schulter gegen eine Wand, komme es jedoch zu einer starken Zugbelastung an Hand, Arm und Schulter in hochgehaltener Position des Arms, was ein Nachreissen einer vorbestehenden Rissläsion gut erklären könne. Mithin sei es durch den Unfall vom 4. August 2020 mit grosser Wahrscheinlichkeit zu einem Nachreissen der Manschette mit Vergrösserung der Rissläsion gekommen. Die RM-Ruptur sei also teilweise Folge des Unfalls und Ursache der akuten Symptomatik. Dr. A.___ hielt fest, dass auch unfallfremde Faktoren bestünden, die das Beschwerdebild beeinflussen. Nach den MRI-Bildern sei nicht die ganze RM-Ruptur frisch entstanden, sondern es müsse vorgängig ein Trauma stattgefunden haben. Auch degenerative Veränderungen könnten dazu beitragen, dass die Rotatorenmanschette ihre Festigkeit mit den Jahren verliere und sie bereits bei geringerem Trauma vollständig einreisse. Dass die Manschette alleine durch die degenerativen Veränderungen gerissen wäre, sei vorliegend allerdings auszuschliessen, da die MRI-Bilder keine wesentlichen Ausdünnungen der gerissenen Sehne, keine Atrophien und insgesamt nur wenige Hinweise auf degenerative Veränderungen zeigten. Eine vorbestehende Impingementsymptomatik sei wegen dem tief stehenden Akromion anzunehmen. Diese Veränderungen begünstigten die degenerativen Veränderungen der Sehnenmanschette, aber verursachten die Ruptur nicht selber. Weiter erklärte Dr. A.___, durch die Rissläsion sei es zu einer richtungsgebenden Verschlimmerung gekommen. Einen Status quo ante oder sine gebe es nicht, da durch den Unfall die Indikation zur Operation entstanden sei. Durch die Operation sei ein neuer Status quo erreicht worden, der normalerweise wieder eine Beschwerdefreiheit und Arbeitsfähigkeit zulasse. Dies sei nach einer RM-Rekonstruktion frühestens nach sechs Monaten der Fall.

3.6    Am 13. April 2021 erfolgte die Verlaufskontrolle neun Monate postoperativ (Urk. 9/54). Dr. B.___ berichtete von einem sehr guten Verlauf. Die Schultergelenksbeweglichkeit links sei uneingeschränkt und schmerzfrei. Der Beschwerdeführer arbeite uneingeschränkt zu 100 %.

3.7    Im Rahmen einer weiteren kreisärztlichen Beurteilung nahm Dr. med. D.___, Facharzt für Orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates, am 1. Juni 2021 zu sämtlichen Vorakten Stellung (Urk. 9/57). Dr. D.___ wies vorab darauf hin, dass die Hausärztin Dr. Z.___ in ihrem Bericht den Unfallhergang anders festgehalten habe, als er in der Unfallmeldung und von Dr. B.___ geschildert werde. Laut ihrem Bericht sei der Beschwerdeführer auf einer Leiter ins Ungleichgewicht gekommen und mit der flachen linken ausgestreckten Hand an die Wand «getätscht». Mithin sei der genaue Unfallhergang nicht eindeutig geklärt. Bemerkenswert sei jedoch, dass der Beschwerdeführer zunächst in der angestammten Tätigkeit weiter gearbeitet habe und erst am 31. August 2020 die Hausärztin aufgesucht habe. Nach Auffassung der gängigen versicherungsmedizinischen Literatur sei eine frische Verletzung einer der Sehnen der Rotatorenmanschette stark schmerzhaft und veranlasse einen Verunfallten, unverzüglich ärztliche Hilfe aufzusuchen. Zudem sei von einer sofortigen Arbeitsunfähigkeit, insbesondere in körperlichen Berufen, auszugehen. Auch die von Dr. B.___ geschilderten positiven Rotatorenmanschettentests liessen auf ein Impingementsyndrom schliessen.

    Es gebe keine Hinweise dafür, dass der vorbestehende Supraspinatussehnendefekt durch das Ereignis richtunggebend verschlimmert worden sei. Vielmehr gebe es Anhaltspunkte für eine vorbestehende Degeneration durch das Vorliegen von Geröllzysten im Ansatzbereich von Supra- und Infraspinatussehne, glenohumerale Knorpelschädigungen, die AC-Gelenkarthrose und eine Auffaserung der Bizepssehnenstruktur im Bereich des Sulcus intertubercularis-Eintritts. Auch spreche die beginnende Subluxation der Bizepssehne im Bereich des Pulley-Komplexes für verschleissbedingte Schäden, was durch die starke berufliche Belastung des Beschwerdeführers in seiner Tätigkeit als Gipser zu erklären sei.

    Dr. D.___ führte weiter aus, drei der fünf Operationsschritte von Dr. B.___ hätten dem anlagebedingten Engpass (Impingement) der Rotatorenmanschette unter dem zwischen Akromion und Humeruskopf sowie der verschleissbedingten Arthrose des ACG gegolten (ACG-Resektion, Aufrichtungsosteotomie des Akromions, Bursektomie). Ein vierter Eingriff habe der vor dem Sulcus bicipitalis degenerierten langen Bizepssehne gegolten, nämlich die Bizepstenotomie und
-tenodese. Für die Degeneration der langen Bizepssehne spreche auch die Oberrandläsion der Subscapularissehne, welche Teil des Pulley-Systems, also des Rückhalteapparates der Bizepssehne im Sulcus bicipitalis, sei. Schliesslich äusserte Dr. D.___, bei Rupturen ab Footprint sei die Bone bruise häufig zu sehen. Auch würde sich der Stumpf der Bizepssehne ödematös verändert zeigen. Vorliegend sei der Zeitraum zwischen dem Ereignis und dem MRI nicht so lange, als dass sich ein solches bereits zurückgebildet haben könnte. Somit sei eine richtunggebende Verschlimmerung eines vorbestehenden Schadens an der Supraspinatussehne nicht überwiegend wahrscheinlich.

3.8    Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens wurde die Stellungnahme von Dr. A.___ vom 14. September 2021 (Urk. 3/4) zu den Akten gereicht. Dieser konstatierte, die Anmerkung der Kreisärzte, dass eine RM-Ruptur immer eine Pseudoparalyse und starke Schmerzen hervorrufe, was sofort einen Arzt aufzusuchen notwendig mache, sei nur insofern vertretbar, wenn es sich um eine frische RM-Ruptur handle. Ein Nachreissen von verbliebenen RM-Fasern, eine sekundäre plötzliche Ausdehnung der Rupturgrösse, zeige nicht dieselben Symptome wie ein Erst-Riss. Wenn Fasern nachrissen und die Läsion plötzlich ausgedehnter werde, werde das Nachreissen als intensiver Schmerz, der sich aber nach Stunden wieder etwas beruhige, wahrgenommen. Die kontinuierliche Zunahme der Schwäche des Armes und das Verbleiben eines Dauerschmerzes, vor allem bei gewisser Belastung des Armes, sei aber typisch. Es sei deshalb nicht abwegig, dass der Beschwerdeführer nach Abklingen der akuten Schmerzen geglaubt habe, mit dem normalen Alltag weiterfahren zu können. Das Nachreissen einer bereits bestehenden Rissläsion, sei sie nun traumatisch oder degenerativ entstanden, sei ein bekannter Mechanismus.

    Betreffend die Bemerkung des Kreisarztes Dr. D.___, wonach anlässlich des Eingriffs drei der fünf Teilschritte der Operation lediglich den degenerativen Veränderungen galten, äusserte Dr. A.___, werde eine RM-Ruptur saniert und rekonstruiert, müsse man immer das ganze Schultergelenk wieder in Ordnung bringen, ansonsten der Patient später nicht beschwerdefrei werden könne. Hinsichtlich Bone bruise führte Dr. A.___ aus, dabei handle es sich um eine Prellung des Knochengewebes mit Begleitödem. Da eine RM-Rissläsion praktisch immer durch Zerrkräfte auf die Sehnenmanschette zustande komme und zudem die Rissläsionen der Fasern meist proximal des Footprints lokalisiert seien, seien Bone bruises schwer nachzuvollziehen, es sei denn, das Trauma sei mit einer Kontusion des Knochens verbunden. Bei frischen RM-Rupturen erkenne man deswegen auch sehr häufig noch die kurzen Sehnenrissstümpfe am Footprint, wogegen bei fortgeschrittenen Rupturen dieselben fehlten, da sie sich zurückgebildet hätten oder durch das Schulterdach abgerieben worden seien.

    Zusammenfassend sei festzuhalten, dass es zu einer richtungsgebenden Verschlimmerung der vorbestehenden Läsion durch Nachreissen intakt gebliebener dorsaler Restfasern mit Dekompensation des zuvor asymptomatisch eingestellten Gleichgewichts der Rotatorenmanschette gekommen sei. In diesem Kontext sei auch die nachfolgende, erfolgreiche Operation und Nachbehandlung zu werten, die letztlich in der Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit resultiert habe.

3.9    Die Beschwerdegegnerin reichte im vorliegenden Verfahren eine weitere kreisärztliche Stellungnahme von Dr. D.___ vom 11. November 2021 zu den Akten (Urk. 10). Dieser konstatierte, für die Beurteilung des Kausalzusammenhangs bei Schulterverletzungen hätten die Abläufe direkt nach dem Ereignis respektive das Verhalten des Versicherten einen hohen Stellenwert. Ein Riss einer Rotatorensehne, sei es nun partiell oder total, rufe starke Schmerzen hervor. Daher suche der Betroffene unverzüglich oder innerhalb weniger Tage nach dem Ereignis ärztliche Hilfe und stelle eine körperliche Arbeit sofort ein. Ausgedehnte Defekte, insbesondere der Supraspinatussehne, würden dazu führen, dass der Betroffene den Arm schmerzbedingt und aufgrund der Insuffizienz des Erfolgsorgans (der Sehne) nicht mehr bis oder über Schulterhöhe heben könne (sogenannte Pseudoparalyse). Das sei vorliegend nicht geschehen. Eine Arbeitsunfähigkeit sei erst ab dem 31. August 2020 attestiert worden. Eine Pseudoparalyse des Armes sei nicht dokumentiert, wobei dies bei später nachgewiesener Teilruptur der Supraspinatussehne auch nicht zu erwarten gewesen wäre. Bezüglich Verlauf der Schmerzen verwies Dr. D.___ auf die Fachliteratur, wonach ein Decrescendo-Verlauf der Schmerzen, also eine Abnahme innerhalb einiger Tage bis Wochen nach dem Ereignis, ein Hinweis auf eine frische RM-Schädigung, ein Crescendo-Verlauf, also die Zunahme der Schmerzen, hingegen ein Zeichen für eine vorbestehende Schädigung im Sinne einer Degeneration sei. Im vorliegenden Fall müsse eher ein Crescendo-Verlauf angenommen werden, da den Akten zu entnehmen sei, dass der Beschwerdeführer ärztliche Behandlung wegen zunehmender Schmerzen in Anspruch genommen habe.

    Am 7. September 2020 habe sich der Beschwerdeführer erstmals in fachorthopädischer Behandlung bei Dr. B.___ befunden. Diverse Schultertests für ein Impingementsyndrom, eine Bizepsalteration und eine AC-Gelenksarthrose seien positiv gewesen. Zudem habe Dr. B.___ im Nativröntgenbild einen leichten Humeruskopfhochstand, eine Hypersklerose im Bereich des Footprint sowie eine AC-Gelenksarthrose festgestellt. Es sei auch deshalb überwiegend wahrscheinlich davon auszugehen, dass es bei dem Ereignis nicht zu frischen Teilrupturen der Supraspinatus- und Subscapularissehne gekommen sei. Ebenso würden die Ausdünnung der Supraspinatussehne, die Zusammenhangstrennung direkt am Footprint sowie die Sklerose am Tuberculum majus auf einen degenerativen Vorzustand hindeuten. Befunde für eine akute Ruptur von Teilen der Supraspinatussehne respektive der Subscapularissehne könnten nicht nachgewiesen werden. Es würden keine verbliebenen Sehnenstummel am Tuberculum majus vorliegen und die Fasern der Supraspinatussehne würden weder ein Kinking noch ein Ödem aufweisen. Ein akutes Nachreissen von Sehnenfasern sei damit nicht ausgewiesen. Im Übrigen gebe es auch im Operationsbericht keine Hinweise auf frisch rupturierte Sehnenfasern. Im vorliegenden Fall sei von einer Schädigung des Intervalls und des Pulley-Komplexes durch häufige Mikrotraumatisierung im Rahmen der schweren körperlichen Arbeit des Beschwerdeführers und bei vorbestehendem Defekt der Supraspinatussehne auszugehen. Der vorbestehende Defekt der Supraspinatussehne habe sich sukzessive und überwiegend unmerklich weiter ausgedehnt.

    Dr. D.___ hielt zusammenfassend fest, insgesamt würden sich Hinweise auf ein vorbestehendes, tätigkeitsbedingtes Impingementsyndrom beim Beschwerdeführer ergeben. Dies sei der erheblichen hypertrophen ACG-Arthrose sowie dem bereits leichten Humeruskopfhochstand, welcher den Subacromialraum einenge, geschuldet. Die Schädigung der Supraspinatussehne sowie der oberen Subscapularissehne seien beim Ereignis allenfalls zutage getreten, seien durch dieses aber nicht richtunggebend verschlimmert worden. Die chronische Schädigung der Rotatorenmanschette sei die langfristige Folge eines Impingements, welches die Supraspinatussehne sukzessive über einen langen Zeitraum geschädigt respektive aufgerieben habe. Bei dem geltend gemachten Ereignis sei es also allenfalls zu einer Kontusion der Schulter ohne richtunggebende Verschlimmerung gekommen. Das Erreichen des Vorzustands sei vier bis sechs Wochen nach dem Ereignis anzunehmen.

3.10    Hierzu nahm Dr. A.___ mit Schreiben vom 5. Januar 2022 Stellung (Urk. 13). Er gehe davon aus, dass durch das Ereignis lediglich zusätzliche, wichtige RM-Fasern der Supraspinatus- sowie Subscapularissehne nachgerissen seien und danach oder gerade deswegen die glenohumerale Zentrierung nicht mehr habe aufrechterhalten werden können. Somit habe der Humeruskopf erst zu diesem Zeitpunkt nach oben gleiten können und deswegen sekundär mehr Schmerzen verursacht. Dass das Ereignis ein vorher eingestelltes Gleichgewicht zum Entgleisen gebracht habe, werde durch die Tatsache unterstrichen, dass der Beschwerdeführer nach dem Unfall zunehmende Schmerzen und Funktionseinbussen der Schulter beklagt habe. Die Ursache des Impingementsyndroms des Beschwerdeführers entspreche derjenigen einer Konfiguration des Akromions Bigliani Typ II. Degenerative Veränderungen im Subacromialraum infolge dieser Akromionkonfiguration seien beim Beschwerdeführer anzunehmen, ebenso die flach auslaufende Läsion der Supraspinatussehne. Entgegen der Behauptung von Dr. D.___ finde sich im Bereich der frisch gerissenen Subscapularissehne ein Ödem, das der Radiologe korrekt beschrieben habe. Schliesslich stellte Dr. A.___ fest, 80 % der Operation habe der Manschettenrekonstruktion und Bizepsrekonstruktion nach Luxation und nicht dem AC-Gelenk oder dem Akromion oder sonstigen degenerativen Veränderung gegolten. Die Fasern des gerissenen Sehnenpulleys und der Subscapularissehne hätten intraoperativ nicht chronisch, degenerativ verändert ausgesehen, sondern eher frischeren Datums gerissen. Die Sehne sei in ihrer Konsistenz noch sehr elastisch und normal dick, analog dem MRI-Befund, gewesen.

3.11    Im Bericht vom 1. Februar 2022 (Urk. 17) hielt Dr. D.___ in Bezugnahme auf die Stellungnahme von Dr. A.___ vom 5. Januar 2022 fest, dass sich der Unfallhergang tatsächlich nicht genau rekonstruieren lasse. Aufgrund der Angaben in der Schadenmeldung und im Arztzeugnis UVG sei jedoch davon auszugehen, dass es bei Unfall nicht zu einem Zugtrauma respektive einer Aussenrotations-Abduktionsverletzung (wie klassisch zitiert: Festhalten am Geländer, um einen Treppensturz zu vermeiden) gekommen sei. Somit sei insbesondere die Subscapularissehne beim Ereignis nicht überwiegend wahrscheinlich unter Stress geraten, sodass sie hätte einreisen können. Gerade die sukzessive Erweiterung eines degenerativen Rotatorenmanschettendefekts sei Ursache für das Eintreten eines Humeruskopfhochstands. Kurzfristig zu einem Humeruskopfhochstand könne es nur bei akuter Massenruptur der Rotatorenmanschette kommen, was beim Beschwerdeführer nicht der Fall gewesen sei. Die von Dr. A.___ erwähnte Ödembildung sei überwiegend wahrscheinlich auf die im Zusammenhang mit dem Defekt der Subscapularissehne stehende Tendinose zurückzuführen. Sodann sei nicht nachzuvollziehen, wie Dr. A.___ anlässlich der Operation aus dem Zustand der Sehnenstrümpfe habe Zeichen für eine frische Ruptur entnehmen können, da auch zeitlich noch weiter zurückliegende Zusammenhangstrennungen sich in gleicher Form darstellten. Es seien keine Zeichen für eine frische Zusammenhangstrennung von Teilen der Rotatorenmanschette und dem Bizepssehnen-Pulley respektive dem Rotatorenintervall nachgewiesen.


4.

4.1    Vorweg ist auf die Behauptung des Beschwerdeführers in der Beschwerde einzugehen, wonach von einem Vorliegen einer richtunggebenden Verschlimmerung auszugehen sei. Dabei stützte er sich auf die Berichte von Dr. A.___ (Urk. 1 S. 5). Dessen Ausführungen sind indessen missverständlich. Trifft ein Unfall auf einen vorgeschädigten Körper und steht medizinischerseits fest, dass weder der status quo ante noch der status quo sine je wieder erreicht werden können, so handelt es sich nach der Rechtsprechung um eine «richtunggebende Verschlimmerung» (Urteil des Bundesgerichts vom 8C_781/2017 vom 21. September 2018 E. 5.2). Dr. A.___ begründete die von ihm postulierte richtunggebende Verschlimmerung damit, dass der Unfall vom 4. August 2020 eine Operation notwendig gemacht habe (vgl. E. 3.5). Damit schloss er das Erreichen eines status quo ante aus. Gleichzeitig ging er offensichtlich von einem status quo sine aus, da er ausführte, durch die Operation sei ein neuer status quo erreicht worden, der normalerweise wieder eine Beschwerdefreiheit und Arbeitsfähigkeit zulasse. Dies sei nach einer RM-Rekonstruktion frühestens nach sechs Monaten der Fall (vgl. E. 3.5). Wie dem Bericht von Dr. B.___ vom 13. April 2021 zu entnehmen ist, erlangte der Beschwerdeführer in der Folge denn auch wieder eine volle Arbeitsfähigkeit als Gipser (vgl. E. 3.6).

    Es stellt sich damit die Frage nach dem Eintritt des Status quo sine, deren Beantwortung davon abhängt, ob der Unfall vom 4. August 2020 bloss zu einer Kontusion oder aber zu einer erheblichen traumatischen Verschlimmerung des degenerativen Vorzustands geführt hat.

4.2    Die Beschwerdegegnerin stützte sich im angefochtenen Entscheid im Wesentlichen auf die aktenbasierte Einschätzung der Kreisärzte Dr. C.___ vom 24. November 2020 (vgl. E. 3.4) und Dr. D.___ vom 31. Mai 2021 (vgl. E. 3.7). Im vorliegenden Verfahren berief sie sich zudem auf die aktenbasierten Einschätzungen von Dr. D.___ vom 11. November 2021 (vgl. E. 3.9) und 1. Februar 2022 (vgl. E. 3.11). Ein medizinischer Aktenbericht als Entscheidgrundlage ist zulässig, wenn die Akten ein vollständiges Bild über Anamnese, Verlauf und gegenwärtigen Status ergeben und diese Daten unbestritten sind; der Untersuchungsbefund muss lückenlos vorliegen, damit der Experte imstande ist, sich aufgrund der vorhandenen Unterlagen ein vollständiges Bild zu verschaffen (Urteil des Bundesgerichts 8C_833/2009 vom 26. Januar 2010 E. 5.1 mit Hinweisen; vgl. auch E. 1.5 hiervor), was vorliegend der Fall ist. Die medizinischen Akten im Dossier der Beschwerdegegnerin (vgl. E. 3.1 - E. 3.3 + E. 3.5 -E. 3.6), welche den Kreisärzten für ihre Beurteilungen zur Verfügung standen (Urk. 9/39 S. 1-4), geben den medizinischen Sachverhalt zu den vom Beschwerdeführer geltend gemachten Schulterbeschwerden umfassend wieder. Der Umstand, dass die versicherungsinternen Ärzte keine eigene Untersuchung durchgeführt haben, vermag den Beweiswert ihrer Beurteilungen nicht zu schmälern, zumal es mit der Frage nach der Unfallkausalität einen feststehenden medizinischen Sachverhalt zu erörtern galt, ohne dass zusätzliche Untersuchungen notwendig gewesen wären. Praxisgemäss können unter diesen Voraussetzungen auch reine Aktengutachten voll beweiswertig sein (vgl. etwa Urteil des Bundesgerichts 8C_325/2009 vom 23. September 2009 E. 3.4.1 mit Hinweisen).

4.3    Konkrete Indizien, die gegen die Zuverlässigkeit der kreisärztlichen Beurteilungen sprechen, sind nicht ersichtlich. Die Vorbringen von Dr. A.___ sind nicht geeignet, auch nur geringe Zweifel an der Einschätzung von Dr. C.___ und Dr. D.___ zu wecken. Zunächst ist festzuhalten, dass Dr. A.___ von einem Unfallhergang ausging, der so in den Akten keine Grundlage findet. Er postulierte, dass es beim Verfehlen eines Trittes auf der Leiter und seitlichem Anprall mit der Schulter gegen die Wand zu einer starken Zugbelastung an Hand, Arm und Schulter in hochgehaltener Position des Armes komme, was ein Nachreissen einer vorbestehenden Rissläsion gut erkläre (vgl. Urk. 9/52/7 f.). Der genaue Unfallhergang ist unklar. Die Hausärztin des Beschwerdeführers vermerkte, dass der Beschwerdeführer auf einer Leiter das Gleichgewicht verloren habe und mit der flachen linken ausgestreckten Hand an die Wand geprallt sei. Seitdem habe er Schmerzen nachts und ein bisschen bei Bewegung (Urk. 9/13). Demgegenüber ergibt sich aus der Schadenmeldung sowie dem Bericht von Dr. B.___ vom 8. September 2020, dass es zu einem Direktanprall an der linken Schulter gekommen ist (vgl. Urk. 9/1 und Urk. 9/7). So oder anderes ist aufgrund Unfallschilderungen auf ein Aufpralltrauma zu schliessen. Den Schluss auf eine Zugbelastung der linken Schulter, wie dies Dr. A.___ annimmt, lassen sie nicht zu.

4.4    Als wesentlich sehen die Kreisärzte an, dass der Beschwerdeführer erst ca. zwei Wochen nach dem Ereignis ärztliche Hilfe aufgesucht und in seiner angestammten Tätigkeit als Gipser bis zum 31. August 2021 weiter gearbeitet habe (E. 3.2, E. 3.4, E. 3.9; vgl. auch Urk. 9/57 S. 2). Dazu führte Dr. D.___ gestützt auf die Fachliteratur aus, dass ein Decrescendo-Verlauf der Schmerzen, also eine Abnahme innerhalb weniger Tage bis Wochen nach dem Ereignis, ein Hinweis auf eine frische Schädigung, ein Crescendo-Verlauf, also die Zunahme der Schmerzen, hingegen ein Zeichen für eine vorbestehende Schädigung im Sinne einer Degeneration sei (E. 3.9, Urk. 10). Diese Feststellung erachtete Dr. A.___ als erwähnenswert und stellte ihre Richtigkeit auch nicht grundsätzlich in Abrede. Hingegen beurteilte er sie vorliegend nicht als valide. Vor dem Unfall habe beim Beschwerdeführer ein labiles Gleichgewicht vorgelegen. Ein solches könne völlig asymptomatisch sein und nur wenig könne zur plötzlichen Entgleisung des Gleichgewichts und zum Humeruskopfhochstand führen. Er gehe davon aus, dass durch den Unfall wichtige RM-Fasern nachgerissen seien und danach oder gerade deswegen die glenohumerale Zentrierung nicht mehr habe aufrechterhalten werden können und somit erst jetzt der Humeruskopf habe nach oben gleiten und damit sekundär mehr Schmerzen habe verursachen können. Weiter führte Dr. A.___ aus, dass bloss ein unfallnahes Röntgenbild der Schulter vor dem Unfall zuverlässig zeigen würde, ob vor dem Unfall eine Dislokation des Humeruskopfs bestanden habe (Urk. 13). Der von Dr. A.___ postulierte Mechanismus ist zwar nicht auszuschliessen, jedoch lässt sich daraus nichts Entscheidwesentliches ableiten, vermögen doch blosse Möglichkeiten und Hinweise dem im Sozialversicherungsrecht massgeblichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit nicht standzuhalten. Das Gericht folgt vielmehr jener Sachverhaltsdarstellung, die es von allen möglichen Geschehensablaufen als die wahrscheinlichste würdigt (BGE 126 V 353 E. 5b mit Hinweisen; vgl. BGE 130 III 321 E. 3.2 u. 3.3). Dr. D.___ hat nachvollziehbar ausgeführt, dass gerade die sukzessive Erweiterung eines degenerativen Rotatorenmanschettendefekts Ursache für das Eintreten eines Humueruskopfhochstands sei. Kurzfristig zu einem Humeruskopfhochstand könne es nur bei akuter Massenruptur der Rotatorenmanschette kommen (Urk. 17). Letzteres war soweit unbestritten nicht der Fall.

4.5    Laut Einschätzung von Dr. D.___ lassen die von Dr. B.___ geschilderten Rotatorenmanschettentests mit den erhobenen Bewegungsamplituden auf ein Impingementsyndrom schliessen (E. 3.7, Urk. 9/57). Eine vorbestehende Impingementsymptomatik wird von Dr. A.___ denn auch nicht verneint. Vielmehr sei eine solche aufgrund des tief stehenden Akromion anzunehmen, was die degenerativen Veränderungen der Sehnenmanschette begünstigt, aber die Ruptur selber nicht verursacht habe (Urk. E. 3.5, Urk. 9/52/7-10). In diesem Zusammenhang wies Dr. A.___ nochmals wiederum darauf hin, dass eine RM-Rissläsion praktisch immer durch Zerrkräfte auf die Sehnenmanschette zustande komme (E. 3.8, Urk. 3/4). Von einem solchen Vorgang kann indessen, wie ausgeführt, nicht ausgegangen werden. Als einleuchtend erscheinen vielmehr die Ausführungen von Dr. D.___, wonach beim Beschwerdeführer ein vorbestehendes, tätigkeitsbedingtes Impingementsyndrom bestanden habe, dies bei einer erheblichen hypertrophen ACG-Arthrose sowie einem bereits leichten Humeruskopfhochstand, welcher den Subacromialraum eingeengt habe. Die Schädigung der Supraspinatussehne sowie der oberen Subscapularissehne sei bei dem Ereignis allenfalls zutage getreten, aber durch dieses nicht richtunggebend verschlimmert worden. Hinweise für frische Teilrupturen der Supraspinatus- und Subscapularissehne infolge des Unfallereignisses fehlten (E. 3.9, Urk. 10). Dr. A.___ stellte sich zwar auf den Standpunkt, dass die Fasern des gerissenen Sehnen-Pulleys und der Subscapularissehne sich eher als frischen Datums dargestellt hätten (E. 3.10, Urk. 13). Abgesehen davon, dass Dr. A.___ bei dieser Aussage vage blieb und diese bildgebend nicht belegt ist, zog Dr. D.___ die Möglichkeit einer solchen Feststellung in einer Konstellation wie der vorliegenden nachvollziehbar in Zweifel, indem er unter Bezugnahme auf die Literatur darauf hinwies, dass auch weiter zurückliegende Zusammenhangstrennungen sich in gleicher Form darstellten. Gerade Zusammenhangstrennungen des oberen Bereichs der Subscapularissehne wiesen auf eine Degeneration hin (E. 3.11, Urk. 17). Es ist mithin der Ansicht zu folgen, dass die chronische Schädigung der Rotatorenmanschette langfristige Folge eines Impingements gewesen war, welche die Supraspinatussehene sukzessive über einen langen Zeitraum geschädigt respektive aufgerieben hatte und es beim Unfall vom 4. August 2020 allenfalls zu einer Kontusion der Schulter gekommen war, womit das Erreichen des Vorzustands vier bis sechs Wochen nach dem Ereignis anzunehmen ist.

    Demnach ist die Beschwerde abzuweisen.




Das Gericht erkennt:

1.    Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.    Das Verfahren ist kostenlos.

3.    Zustellung gegen Empfangsschein an:

- Orion Rechtsschutz-Versicherung AG

- Suva

- Bundesamt für Gesundheit

4.    Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit der Zustellung beim Bundesgericht Beschwerde eingereicht werden (Art. 82 ff. in Verbindung mit Art. 90 ff. des Bundesgesetzes über das Bundesgericht, BGG). Die Frist steht während folgender Zeiten still: vom siebten Tag vor Ostern bis und mit dem siebten Tag nach Ostern, vom 15. Juli bis und mit 15. August sowie vom 18. Dezember bis und mit dem 2. Januar (Art. 46 BGG).

    Die Beschwerdeschrift ist dem Bundesgericht, Schweizerhofquai 6, 6004 Luzern, zuzustellen.

    Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers oder seines Vertreters zu enthalten; der angefochtene Entscheid sowie die als Beweismittel angerufenen Urkunden sind beizulegen, soweit die Partei sie in Händen hat (Art. 42 BGG).


Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich


Der VorsitzendeDie Gerichtsschreiberin




HurstStadler