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Geschäftsnummer: VB.2019.00654  
Entscheidart und -datum: Endentscheid vom 19.03.2020
Spruchkörper: 1. Abteilung/1. Kammer
Weiterzug: Dieser Entscheid ist rechtskräftig.
Rechtsgebiet: Raumplanungs-, Bau- und Umweltrecht
Betreff:

Baubewilligung (Wiederaufnahme von VB.2018.00291)


Wohnüberbauung mit 128 Wohnungen zwischen stark befahrenen Strassen: Lärmschutz (Anwendung von Art. 31 Abs. 1 und 2 LSV; Rspr. BGr). Art. 31 Abs. 2 LSV setzt voraus, dass die Immissionsgrenzwerte (IGW) durch Massnahmen nach Art. 31 Abs. 1 LSV nicht eingehalten werden können. Nach Auffassung des Bundesgerichts muss vor Erteilung der Ausnahmebewilligung nachgewiesen werden, dass alle in Betracht fallenden baulichen und gestalterischen Massnahmen geprüft worden sind. Erst wenn erstellt sei, dass sämtliche verhältnismässigen Massnahmen ausgeschöpft worden seien, komme als "ultima ratio" die Gewährung einer Ausnahme nach Absatz 2 von Art. 31 LSV in Betracht. Vorliegend weisen sämtliche Wohnungen im westlichen und nördlichen Gebäudetrakt den starkbefahrenen Strassen zugewandte lärmempfindliche Räume auf (vor allem Schlafräume, vereinzelt Wohnräume). Im westlichen Trakt sind sämtliche dieser Räume von täglichen und nächtlichen Überschreitungen der IGW betroffen. Ein konsequenter Versuch, die lärmempfindlichen Räume möglichst auf die ruhige Gebäudeseite auszurichten, ist nicht erkennbar. Die von den Vorinstanzen angeführten Massnahmen zur Erreichung eines angemessenen Wohnkomforts wie schalltechnisch optimierte Balkone und lärmabgewandte Lüftungsfenster fallen nicht unter die vom Bundesgericht verlangten gestalterischen und baulichen Leistungen im Sinn von Absatz 1 von Art. 31 LSV. Letzteres bezeichnet diese vielmehr als Ersatzmassnahmen zur Milderung der Auswirkungen der Grenzwertüberschreitungen, welche Voraussetzung für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung im Sinn von Absatz 2 von Art. 31 LSV sind. Die streitbetroffene Planung, welche aus Zeiten der Lüftungsfensterpraxis stammt, vermag den Anforderungen der bundesgerichtlichen Rechtsprechung nicht mehr gerecht zu werden. Gutheissung.
 
Stichworte:
AUSNAHME
BAUBEWILLIGUNG UND BAUBEWILLIGUNGSVERFAHREN
BAULICHE MASSNAHMEN
BUNDESGERICHT
LÄRMIMMISSIONEN
LÄRMSCHUTZ
LÜFTUNGSFENSTERPRAXIS
SUBSIDIARITÄT
Rechtsnormen:
Art. 31 LSV
Art. 31 Abs. I LSV
Art. 31 Abs. II LSV
Publikationen:
- keine -
Gewichtung:
(1 von hoher / 5 von geringer Bedeutung)
Gewichtung: 2
 
 

Verwaltungsgericht

des Kantons Zürich

1. Abteilung

 

VB.2019.00654

 

 

 

Urteil

 

 

 

der 1. Kammer

 

 

 

vom 19. März 2020

 

 

 

Mitwirkend: Abteilungspräsident Lukas Widmer (Vorsitz), Verwaltungsrichterin Maja Schüpbach Schmid, Verwaltungsrichterin Sandra Wintsch, Gerichtsschreiberin Laura Diener.

 

 

 

In Sachen

 

 

A AG, vertreten durch RA B,

Beschwerdeführerin,

 

 

gegen

 

 

1.    C AG, vertreten durch RA D,

 

2.    Gemeinderat Schwerzenbach, vertreten durch RA E,

 

3.    Baudirektion des Kantons Zürich,

Beschwerdegegnerschaft,

 

 

betreffend Baubewilligung (Wiederaufnahme von VB.2018.00291),

 

 

 

 

 

hat sich ergeben:

I.  

Mit Beschluss vom 12. Oktober 2015 erteilte der Gemeinderat Schwerzenbach der F AG die Baubewilligung für die Erstellung der Wohnüberbauung G auf den Grundstücken Kat.-Nrn. 01, 02, 03, 04, 05, 06, 07 und 08 an der H-Strasse in Schwerzenbach. Die von der Baudirektion des Kantons Zürich mit Verfügung vom 25. August 2015 erteilte strassenpolizeiliche, lärmschutzrechtliche und gewässerschutzrechtliche Bewilligung wurde koordiniert mit der Baubewilligung eröffnet.

II.  

Dagegen wandte sich die I AG am 27. November 2015 mit Rekurs ans Baurekursgericht Zürich und beantragte die Aufhebung der angefochtenen Bewilligungen, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten der Bauherrschaft. Im Laufe des Rekursverfahrens trat die C AG als neue Grundeigentümerin anstelle der F AG sowie die A AG anstelle der Rekurrentin in das Rekursverfahren ein. Mit Entscheid vom 4. April 2018 wies das Baurekursgericht den Rekurs ab, soweit es darauf eintrat.

III.  

A. Mit Beschwerde vom 9. Mai 2018 gelangte die A AG an das Verwaltungsgericht und beantragte die Aufhebung des Entscheids des Baurekursgerichts vom 4. April 2018, der Verfügung der Baudirektion vom 25. August 2015 sowie der Baubewilligung vom 12. Oktober 2015 sowie "die Abweisung des im Amtsblatt des Kantons Zürich Nr. 09 publizierten Baugesuchs für die Grundstücke Kat.-Nrn. 07, 06, 08, 03, 05, 04, 01 und 02". Ausserdem stellte sie den Eventualantrag, es sei die Sache zur Durchführung des gesetzmässigen Verfahrens an das Baurekursgericht zurückzuweisen; alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen (zzgl. MWST) zulasten der Beschwerdegegnerschaft.

Am 29. Mai 2018 beantragte das Baurekursgericht Zürich ohne weitere Bemerkungen die Abweisung der Beschwerde. Mit Eingabe vom 8. Juni 2018 beantragte die Bauherrschaft die vollumfängliche Abweisung der Beschwerde, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten der Beschwerdeführerin. Die Baudirektion des Kantons Zürich stellte am 11. Juni 2018 den Antrag, es sei die Beschwerde abzuweisen. Zur Begründung verwies sie auf die Mitberichte des Amts für Strassen vom 4. Juni 2018 bzw. des Tiefbauamts vom 7. Juni 2018. Schliesslich beantragte auch der Gemeinderat Schwerzenbach am 18. Juni 2018 die Abweisung der Beschwerde soweit darauf eingetreten wird, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten der Beschwerdeführerin. Am 12. Juli 2018 erstattete die Beschwerdeführerin ihre Replik. Dazu nahm die kantonale Baudirektion am 16. August 2018 Stellung und hielt an ihrem Antrag auf Abweisung der Beschwerde fest. Die Baubewilligungsbehörde stellte am 27. August 2018 den Antrag um Abnahme der Vernehmlassungsfrist und Zustellung der Stellungnahme des kantonalen Tiefbauamts, Fachstelle Lärmschutz, unter Ansetzung einer neuen Frist zur Beantwortung. Mit Präsidialverfügung vom 29. August 2018 wurde dem Gemeinderat Schwerzenbach die Frist zur freigestellten Vernehmlassung letztmals erstreckt bis 11. September 2018. Die entsprechende Stellungnahme des Gemeinderats Schwerzenbach ging am 30. August 2018 ein. Die Bauherrschaft liess sich in der Folge nicht mehr vernehmen.

Das Verwaltungsgericht wies die Beschwerde der A AG mit Entscheid vom 29. November 2018 ab (Verfahren VB.2018.00291).

B. Die dagegen von der A AG am 31. Januar 2019 erhobene Beschwerde hiess das Bundesgericht am 20. August 2019 gut, soweit es darauf eintrat, und wies die Streitsache zur weiteren Behandlung an das Verwaltungsgericht Zürich zurück.

Das Verwaltungsgericht eröffnete in der Folge das vorliegende Geschäft und zog die vom Bundesgericht zurückerhaltenen bisherigen Akten bei.

Die Kammer erwägt:

1.  

Das Verfahren VB.2018.00291 ist als Geschäft VB.2019.00654 wiederaufzunehmen.

2.  

Das Verwaltungsgericht ist gemäss § 41 Abs. 1 in Verbindung mit § 19 Abs. 1 lit. a des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959 (VRG) zur Behandlung der vorliegenden Beschwerde zuständig.

3.  

Die Baugrundstücke liegen gemäss der geltenden Bau- und Zonenordnung der Gemeinde Schwerzenbach in der Industriezone I2 mit Sonderbauvorschriften. Ausserdem sind die Baugrundstücke Gegenstand des privaten Gestaltungsplans J, welcher vom Gemeinderat am 9. Mai 2011 genehmigt wurde. Sie grenzen im Nordosten an die K-Strasse (Staatsstrasse), im Nordwesten an die L-Strasse (Hauptverkehrsstrasse) sowie im Südwesten und Südosten an die H-Strasse an. Die Bauherrschaft plant die Erstellung einer Überbauung mit 128 Wohnungen, Atelier- und Gewerbeflächen sowie einer Unterniveaugarage mit 130 Abstellplätzen. Die Baukörper sind als Blockrandüberbauung um einen begrünten Innenhof angeordnet.

4.  

4.1 Die Beschwerdeführerin macht primär geltend, die geplante Überbauung könne aus lärmschutzrechtlichen Gründen nicht bewilligt werden. Die gewährten Lärmerleichterungen seien bundesrechtswidrig.

4.2 Die Baugrundstücke liegen in der Wohn- und Gewerbezone mit der Empfindlichkeitsstufe ES III, in welcher die Immissionsgrenzwerte für Strassenlärm 65 dB(A) am Tag und 55 dB(A) nachts betragen (vgl. Lärmschutzverordnung vom 15. Dezember 1986 [LSV] Anhang 3, Ziff. 2). Wie das Baurekursgericht zutreffend ausführt und im Übrigen unbestritten ist, liegt die Lärmbelastung der geplanten Wohnbauten gemäss Lärmgutachten an den gegen Norden und Westen ausgerichteten Fassaden zwischen 1 und 3 dB(A) über den genannten Immissionsgrenzwerten (vgl. Lärmgutachten).

4.3 Gemäss Art. 22 des Bundesgesetzes über den Umweltschutz vom 7. Oktober 1983 (Umweltschutzgesetz, USG) werden Baubewilligungen in lärmbelasteten Gebieten für neue Gebäude, die dem längeren Aufenthalt von Personen dienen, nur erteilt, wenn die Immissionsgrenzwerte (IGW) nicht überschritten werden (Abs. 1). Liegt eine Überschreitung der Immissionsgrenzwerte vor, so werden Baubewilligungen nur erteilt, wenn die Räume zweckmässig angeordnet und die allenfalls notwendigen zusätzlichen Schallschutzmassnahmen getroffen werden (Abs. 2 von Art. 22 USG). Art. 31 Abs. 1 LSV präzisiert, dass Neubauten und wesentliche Änderungen von Gebäuden mit lärmempfindlichen Räumen nur bewilligt werden dürfen, wenn die Immissionsgrenzwerte eingehalten werden können durch die Anordnung der lärmempfindlichen Räume auf der dem Lärm abgewandten Seite des Gebäudes (lit. a) oder durch bauliche oder gestalterische Massnahmen, die das Gebäude gegen Lärm abschirmen (lit. b). Können die Immissionsgrenzwerte durch Massnahmen nach Absatz 1 nicht eingehalten werden, so darf die Baubewilligung nur erteilt werden, wenn an der Errichtung des Gebäudes ein überwiegendes Interesse besteht und die kantonale Behörde zustimmt (Abs. 2 von Art. 31 LSV). Die Bejahung eines solchen Interesses setzt zwingend eine umfassende Interessenabwägung im konkreten Einzelfall voraus (BGr, 2. April 2019, 1C_106/2018, E. 4.2).

Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung können Zielkonflikte zwischen dem Lärmschutz (als Gesundheitsschutz) und der raumplanerisch gebotenen Siedlungsverdichtung bestehen. Dem wichtigen Anliegen einer hochwertigen Siedlungsentwicklung nach innen kann jedoch – mit Zustimmung des Kantons (Art. 31 Abs. 2 LSV) – auf dem Wege der Ausnahmebewilligung Rechnung getragen werden (BGr, 2. April 2019, 1C_106/2018, E. 4.3, auch zum Folgenden). Bauvorhaben, die aus dieser Sicht wünschenswert erscheinen, kann eine Ausnahmebewilligung erteilt werden, wenn die IGW nicht wesentlich überschritten sind, sofern sich deren Einhaltung nicht in städtebaulich befriedigender Weise erreichen lässt und mittels Lüftungsfenstern an den lärmabgewandten Seiten und allfälligen weiteren Massnahmen ein angemessener Wohnkomfort sichergestellt werden kann (BGE 142 II 100 E. 4.6; BGr, 10. August 2016, 1C_313/2015, 1C_317/2015, E. 3.5).

5.  

5.1 Art. 31 Abs. 2 LSV setzt voraus, dass die IGW durch Massnahmen nach Art. 31 Abs. 1 LSV nicht eingehalten werden können. Nach Auffassung des Bundesgerichts muss vor Erteilung der Ausnahmebewilligung nachgewiesen werden, dass alle in Betracht fallenden baulichen und gestalterischen Massnahmen geprüft worden sind. Erst wenn erstellt sei, dass sämtliche verhältnismässigen Massnahmen ausgeschöpft worden seien, komme als "ultima ratio" die Gewährung einer Ausnahme nach Absatz 2 von Art. 31 LSV in Betracht (Subsidiarität; BGr, 2. April 2019, 1C_106/2018 E. 4.7 mit Hinweis).

5.2 Die Vorinstanz verweist auf das Lärmgutachten und führt aus, die lärmempfindlichen Räume könnten über die strassenseitig liegenden, schalltechnisch optimierten Balkone belüftet werden. Bei den lärmbelasteten Wohnungen an der Nordfassade sei der Grundriss so gestaltet worden, dass vorwiegend eine Belüftung zur lärmabgewandten Seite möglich sei. Dazu werde die Voraussetzung mit mindestens der 1/5-Breite des Durchgangs im Verhältnis zur Distanz zwischen dem Raummittelpunkt und dem Lüftungsfenster erfüllt. Zudem würden die notwendigen Lüftungsfenster einen Fensterflächenanteil von mindestens 5 % Bodenfläche (des zu belüftenden Raumes) aufweisen. Es verblieben einzelne Räume, für welche eine Ausnahme notwendig sei. Zusammen mit der Baudirektion des Kantons Zürich und der Bauherrschaft sei darauf hinzuweisen, dass sich die Lärmsituation für alle geplanten Wohnungen mittels der von der kantonalen Behörde angeordneten baulichen Massnahmen verbessern werde. Weitere Optimierungen seien aufgrund der Lage der Baugrundstücke zwischen zwei stark befahrenen Strassen nicht möglich. Andere, städtebaulich vertretbare Massnahmen seien nicht ersichtlich. Ausserdem sei die projektierte Überbauung für die Entwicklung des Quartiers von grosser Bedeutung. Es bestehe ein gewichtiges öffentliches Interesse an einer Wohnüberbauung im Quartier. Verdichtetes Bauen gewinne stetig an Wichtigkeit. Die Bauparzelle sei angesichts ihrer zentralen Lage für eine Wohn- und Gewerbenutzung überaus geeignet. Ein angemessener Wohnkomfort sei trotz der verbleibenden Überschreitung der IGW sichergestellt. Die Überschreitung der IGW an den Lüftungsfenstern betreffe in jeder Wohnung nur einen Raum. Es stünden daher sämtlichen Bewohnern genügend Räume zur Verfügung, bei welchen die IGW bei offenem Fenster eingehalten seien. Auch verfüge jede Wohnung über einen lärmabgewandten Aussenraum. Ausserdem sei mit dem Einbau der kontrollierten Be- und Entlüftung für eine ausreichende Frischluftzufuhr auch bei geschlossenen Fenstern gesorgt. Die Erteilung einer Ausnahmebewilligung sei daher gerechtfertigt.

Die Fachstelle Lärmschutz des Tiefbauamtes des Kantons Zürich (Fachstelle Lärmschutz) weist – wie bereits im Rekursverfahren – darauf hin, dass nach geeigneten baulichen Massnahmen nur 14 Wohnungen verblieben, welche je einen lärmempfindlichen Raum mit Grenzwertüberschreitungen von maximal 2 dB aufwiesen und einer Ausnahmebewilligung bedürften. Lärmabgewandte Lüftungsfenster und Balkone seien geeignete Massnahmen, um bei den meisten massgeblichen Lüftungsfenstern die IGW einzuhalten. Lärmschutzmassnahmen müssten verhältnismässig sein; es sei daher die möglichst einfachste bauliche Massnahme mit der grösstmöglichen lärmreduzierenden Wirkung anzuordnen, andernfalls es an der Erforderlichkeit in sachlicher Hinsicht und an der Zumutbarkeit in wirtschaftlicher Hinsicht für die Bauherrschaft fehle. Vorliegend würden die IGW in der Mitte der offenen Fenster oder Balkontüren unter Berücksichtigung der lärmreduzierenden Wirkung der Balkone eingehalten. Die getroffenen Massnahmen würden nicht nur die Schalldämmung der Aussenhülle, sondern auch die lärmoptimierte Anordnung der lärmempfindlichen Räume betreffen. Schliesslich sei der Gestaltungsplan ein geeignetes Mittel, um dem Lärmschutzrecht bereits im Planungsverfahren Rechnung zu tragen.

5.3 Diesen Ausführungen der Vorinstanzen kann – im Lichte der bundesgerichtlichen Rechtsprechung – nicht beigepflichtet werden. Eine Bewilligung nach Art. 31 Abs. 2 LSV kommt nur infrage, wenn der Nachweis erbracht wurde, dass sämtliche verhältnismässigen Massnahmen im Sinn von Art. 31 Abs. 1 LSV ausgeschöpft worden sind (vgl. VGr, 18. Dezember 2019, VB.2018.00027, E. 5.5). Die Bestimmung von Absatz1 von Art. 31 LSV verlangt eine Anordnung der lärmempfindlichen Räume auf der dem Lärm abgewandten Seite des Gebäudes oder eine bauliche Abschirmung des Gebäudes gegen Lärm.

Vorliegend weisen sämtliche Wohnungen im westlichen und nördlichen Gebäudetrakt den starkbefahrenen Strassen zugewandte lärmempfindliche Räume auf (vor allem Schlafräume, vereinzelt Wohnräume). Im westlichen Trakt sind sämtliche dieser Räume von täglichen und nächtlichen Überschreitungen der IGW betroffen. Im Nordtrakt sind ebenfalls mehr als die Hälfte der Wohnungen in allen vier Obergeschossen betroffen. Wenn die Fachstelle Lärmschutz von 14 Wohnungen spricht, bei welchen die IGW am Lüftungsfenster überschritten seien, so ist dies zu präzisieren: Es handelt es sich um diejenigen Wohnungen, bei welchen die IGW am einzigen Lüftungsfenster auch nach Planung der schallreduzierenden Massnahmen wie schalltechnisch optimierten Balkonen etc. nicht eingehalten werden können.

Die Planunterlagen machen deutlich, dass die vorliegenden Grundrisse durchwegs so gestaltet sind, dass die lärmempfindlichen Räume teilweise auf die Strasse hin orientiert und lärmunempfindliche Räume wie Küchen, Nasszellen, Treppenhäuser etc. im Innern des Gebäudes angeordnet sind. Ein konsequenter Versuch, die lärmempfindlichen Räumen möglichst auf die ruhige Gebäudeseite auszurichten, ist nicht erkennbar. Die von den Vorinstanzen angeführten Massnahmen zur Erreichung eines angemessenen Wohnkomforts wie schalltechnisch optimierte Balkone und lärmabgewandte Lüftungsfenster fallen nicht unter die vom Bundesgericht verlangten gestalterischen und baulichen Leistungen im Sinn von Absatz 1 von Art. 31 LSV. Das Bundesgericht bezeichnet diese vielmehr als Ersatzmassnahmen zur Milderung der Auswirkungen der Grenzwertüberschreitungen (vgl. BGr, 2. April 2019, 1C_106/2018 E. 4.6 f.). Sie stellen nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung eine Voraussetzung für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung im Sinn von Absatz 2 von Art. 31 LSV dar (BGE 142 II 100 E. 4.6, BGr, 10. August 2016, 1C_313/2015 und 1C_317/2015 E. 3.5 sowie BGr, 2. April 2019, 1C_106/2018 E. 4.3).

5.4 Die streitbetroffene Planung, welche aus Zeiten der Lüftungsfensterpraxis stammt, vermag den Anforderungen der bundesgerichtlichen Rechtsprechung nicht mehr gerecht zu werden. Weshalb eine Ausrichtung der lärmunempfindlichen Räume auf die Strassenseite hin nicht auf städtebaulich befriedigende Art und Weise gelingen könnte, ist nicht plausibel und wird von den Vorinstanzen auch nicht weiter begründet. Nicht ersichtlich ist schliesslich, weshalb eine – aus lärmrechtlicher Sicht – bessere räumliche Anordnung im Rahmen der Vorgaben des rechtskräftigen Gestaltungsplans nicht realisierbar sein sollte. Letzteres wird denn auch nicht geltend gemacht.

5.5 Zusammenfassend fehlt es daher an einer der Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung gemäss Art. 31 Abs. 2 LSV, welche nach der Rechtsprechung lediglich als ultima ratio infrage kommt. Das Bauvorhaben ist unter lärmschutzrechtlichen Aspekten nicht bewilligungsfähig. Die Beschwerde erweist sich in diesem Punkt als begründet. Dies führt zur Aufhebung der angefochtenen Baubewilligung.

6.  

Im Weiteren beanstandet die Beschwerdeführerin die mangelnde Erschliessung des Baugrundstücks. Sie macht geltend, es sei keineswegs ausreichend, wenn festgestellt werde, die geplante Erschliessung entspreche den Vorgaben des Gestaltungsplans. Im Gestaltungsplanverfahren sei von der Erstellung von 94 Wohnungen ausgegangen worden. Inzwischen sollten 128 Wohnungen realisiert werden, was einer Erhöhung um 36 % entspreche. Das Baugesuch weiche daher wesentlich vom Gestaltungsplan ab. Dies beeinflusse auch die Erschliessungssituation. Die neue Situation sei von den Vorinstanzen nicht beurteilt worden.

Da die angefochtene Baubewilligung bereits aus lärmrechtlichen Gründen aufgehoben werden muss, ist diese Erschliessungsrüge im vorliegenden Verfahren nicht mehr zu beurteilen.

7.  

7.1 Zusammenfassend ist die Beschwerde gutzuheissen. Der Entscheid des Baurekursgerichts vom 4. April 2018, die Baubewilligung vom 12. Oktober 2015 sowie die Bewilligung der kantonalen Baudirektion vom 25. August 2015 sind aufzuheben.

Die Angelegenheit ist zur Neuregelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen für das Rekursverfahren an das Baurekursgericht zurückzuweisen.

7.2 Ausgangsgemäss sind die Kosten des Beschwerdeverfahrens der Beschwerdegegnerschaft aufzuerlegen (§ 65a Abs. 2 in Verbindung mit § 13 Abs. 2 VRG). Eine Parteientschädigung steht bei diesem Ergebnis weder der Bauherrschaft noch der Baubewilligungsbehörde zu (§ 17 Abs. 2 VRG). Hingegen ist die Bauherrschaft zu einer angemessenen Parteientschädigung an die Beschwerdeführerin zu verpflichten.

Demgemäss erkennt die Kammer:

1.    Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Baurekursgerichts vom 4. April 2018 sowie die Baubewilligung vom 12. Oktober 2015 und die Verfügung der Baudirektion vom 25. August 2015 werden aufgehoben.

2.    Die Sache wird zur Neuregelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen des Rekursverfahrens an das Baurekursgericht zurückgewiesen.

3.    Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf
Fr. 9'000.--;    die übrigen Kosten betragen:
Fr.    150.--     Zustellkosten,
Fr. 9'150.--     Total der Kosten.

4.    Die Kosten werden der Beschwerdegegnerschaft zu je einem Drittel auferlegt.

5.    Die private Beschwerdegegnerin wird verpflichtet, der Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung von Fr. 5'500.- zu bezahlen, zahlbar innert 30 Tagen ab Rechtskraft dieses Urteils.

6.    Gegen dieses Urteil kann Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nach Art. 82 ff. des Bundesgerichtsgesetzes erhoben werden. Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung an gerechnet, beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen.

7.    Mitteilung an …