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Geschäftsnummer: VB.2021.00438  
Entscheidart und -datum: Endentscheid vom 03.03.2022
Spruchkörper: 4. Abteilung/4. Kammer
Weiterzug: Dieser Entscheid ist rechtskräftig.
Rechtsgebiet: Ausländerrecht
Betreff:

Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung


[Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung wegen Scheinehe] Vorliegend bestehen durchaus gewisse Indizien, die auf eine Scheinehe hindeuten. Diese fallen jedoch weniger zahlreich und gewichtig aus, als von der Vorinstanz in ihrem Entscheid angegeben (E. 3). In den Akten finden sich zahlreiche Hinweise dafür, dass der Beschwerdeführer und seine Ehefrau ein gemeinsames Leben führen. Insbesondere konnten sie in der getrennten Befragung auf diverse Fragen übereinstimmend Auskunft geben. Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung ist das Vorliegen einer Scheinehe daher zu verneinen (E. 4). Der Beschwerdeführer ist nicht mittellos (E. 8.5). Gegenstandslosigkeit UP/Abweisung URB. Gutheissung.
 
Stichworte:
AUFENTHALTSBEWILLIGUNG
AUSLÄNDERRECHTSEHE
FAMILIENNACHZUG
GESAMTBETRACHTUNG
INDIZIEN
MITTELLOSIGKEIT
SCHEINEHE
Rechtsnormen:
Art. 42 AIG
Art. 51 AIG
Art. 51 Abs. 1 lit. a AIG
§ 16 VRG
Publikationen:
- keine -
Gewichtung:
(1 von hoher / 5 von geringer Bedeutung)
Gewichtung: 3
 
 

Verwaltungsgericht

des Kantons Zürich

4. Abteilung

 

VB.2021.00438

 

 

 

Urteil

 

 

 

der 4. Kammer

 

 

 

vom 3. März 2022

 

 

 

Mitwirkend: Abteilungspräsidentin Tamara Nüssle (Vorsitz), Verwaltungsrichter Marco Donatsch, Verwaltungsrichter Martin Bertschi, Gerichtsschreiberin Selina Sigerist.  

 

 

 

In Sachen

 

 

A, vertreten durch RA B,

Beschwerdeführer,

 

 

gegen

 

 

Migrationsamt des Kantons Zürich,

Beschwerdegegner,

 

 

betreffend Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung,


 

hat sich ergeben:

I.  

A ist ein 1986 geborener nordmazedonischer Staatsangehöriger. Aus seiner im Jahr 2004 geschlossenen Ehe mit der nordmazedonischen Staatsangehörigen C gingen drei Kinder hervor. Die Ehe wurde am 27. Oktober 2017 geschieden. Am 13. Dezember 2017 heiratete A in Mazedonien (heute: Nordmazedonien) die Schweizer Staatsangehörige D, geboren 1988. Daraufhin beantragte er am 14. März 2018 über die Schweizerische Botschaft im Kosovo eine Einreisebewilligung und reiste am 25. April 2018 in die Schweiz ein. Tags darauf stellte er bei den Einwohnerdiensten der Gemeinde E ein Gesuch um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zum Verbleib bei seiner Ehegattin D. Das Migrationsamt des Kantons Zürich erteilte ihm am 12. Juni 2018 die beantragte Aufenthaltsbewilligung und verlängerte diese in der Folge, zuletzt befristet bis am 24. April 2020.

Am 5. Juni 2019 beauftragte das Migrationsamt die Stadtpolizei Zürich damit, eine Kontrolle in der Wohnung von A und D vorzunehmen und eine getrennte Befragung der Ehegatten durchzuführen. Schliesslich lehnte das Migrationsamt das Gesuch von A um Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung mit Verfügung vom 30. Juni 2020 ab.

II.  

Gegen diese Verfügung des Migrationsamts rekurrierte A am 30. Juli 2020, vertreten durch Rechtsanwalt F, an die Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich. Mit Entscheid vom 17. Mai 2021 wies die Sicherheitsdirektion den Rekurs ab (Dispositiv-Ziff. I), setzte A eine Frist zum Verlassen der Schweiz (Dispositiv-Ziff. II), auferlegte ihm die Kosten des Rekursverfahrens (Dispositiv-Ziff. III) und verweigerte eine Parteientschädigung (Dispositiv-Ziff. IV). Zudem wies sie sein Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung und um Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistands ab (Dispositiv-Ziff. V).

III.  

Am 17. Juni 2021 erhob A, vertreten durch Rechtsanwalt B, Beschwerde an das Verwaltungsgericht. Er beantragt die Aufhebung des Rekursentscheids und die Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung, eventualiter die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Neubeurteilung, sowie die Zusprechung einer Entschädigung an Rechtsanwalt F für das Rekursverfahren in der Höhe von Fr. 2'922.15; alles unter Entschädigungsfolge. In prozessualer Hinsicht beantragt er die Gewährung unentgeltlicher Rechtspflege.

Die Sicherheitsdirektion verzichtete am 24. Juni 2021 ausdrücklich auf Vernehmlassung; das Migrationsamt erstattete keine Beschwerdeantwort.

Die Kammer erwägt:

1.  

Das Verwaltungsgericht ist für Beschwerden gegen Rekursentscheide der Sicherheitsdirektion über Anordnungen des Migrationsamts auf dem Gebiet des Ausländerrechts zuständig (§§ 41 ff. des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959 [VRG, LS 175.2]). Weil auch die übrigen Prozessvoraussetzungen erfüllt sind, auf die Beschwerde einzutreten.

2.  

2.1 Nach Art. 42 Abs. 1 des Ausländer- und Integrationsgesetzes vom 16. Dezember 2005 (AIG, SR 142.20) haben ausländische Ehegatten von Schweizerinnen und Schweizern Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung, wenn sie mit diesen zusammenwohnen. Die Ansprüche aus Art. 42 AIG erlöschen, wenn sie rechtsmissbräuchlich geltend gemacht werden, namentlich um Vorschriften über die Zulassung und den Aufenthalt zu umgehen (Art. 51 Abs. 1 lit. a AIG). Unter den Begriff des Rechtsmissbrauchs fällt unter anderem die sogenannte Schein- oder Ausländerrechtsehe, welche die Eheleute (oder zumindest jemand von ihnen) nur zur Erlangung des Aufenthaltsrechts eingehen, ohne eine echte eheliche Gemeinschaft zu beabsichtigen (BGr, 5. April 2011, 2C_820/2010, E. 3.1).

2.2 Die Verwaltungsbehörde trägt die Beweislast für das Vorliegen einer Scheinehe. Ob eine solche vorliegt, entzieht sich dabei in der Regel dem direkten Beweis und lässt sich nur durch Indizien erstellen (BGE 127 II 49 E. 5a, 122 II 289 E. 2b; BGr, 4. April 2019, 2C_631/2018, E. 2.2). Solche Indizien können äussere Gegebenheiten, aber auch innere, psychische Vorgänge (wie etwa den Willen der Ehegatten) betreffen (BGr, 12. November 2019, 2C_218/2019, E. 4.3 – 16. September 2019, 2C_186/2019, E. 4.3 – 22. August 2012, 2C_302/2012, E. 2.1). Dabei darf nicht leichthin auf eine Scheinehe geschlossen werden (BGr, 2. Juli 2015, 2C_1127/2014, E. 3.2 – 5. Oktober 2011, 2C_273/2011, E. 3.3). Für die Annahme eines Rechtsmissbrauchs ist daher eine sorgfältige Prüfung des Einzelfalls unerlässlich. Es bedarf konkreter Hinweise für ein rechtsmissbräuchliches Verhalten und mithin dafür, dass die Eheleute nicht eine eigentliche Lebensgemeinschaft im Sinn einer wirtschaftlichen, körperlichen und spirituellen Verbindung führen wollen, sondern die Ehe nur aus aufenthaltsrechtlichen Überlegungen eingegangen sind bzw. aufrechterhalten haben (BGr, 11. März 2019, 2C_746/2018, E. 4.2 – 8. Januar 2019, 2C_599/2018, E. 3.2 f., je mit weiteren Hinweisen).

Es liegt in der Natur des Indizienbeweises, dass mehrere Indizien, welche für sich allein noch nicht den Schluss auf das Vorliegen einer bestimmten Tatsache erlauben, in ihrer Gesamtheit die erforderliche Überzeugung vermitteln können. Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung werden sämtliche Indizien – auch solche mit geringer(er) Beweiskraft – berücksichtigt. Die geringe(re) Beweiskraft eines Indizes führt demnach nicht zwingend zu dessen vollständiger Nichtberücksichtigung im Rahmen der Gesamtbetrachtung. Vielmehr ist es zulässig und erforderlich, den unterschiedlichen Grad der Beweiskraft einzelner Indizien und ihren Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer Tatsache zu berücksichtigen. Die Verwaltungsbehörde kann sich daher veranlasst sehen, von bekannten Tatsachen auf unbekannte zu schliessen. Dabei handelt es sich um Wahrscheinlichkeitsfolgerungen, die aufgrund der Lebenserfahrung gezogen werden. Spricht die Vermutung für eine vorhandene Täuschungsabsicht im Zeitpunkt der Bewilligungserteilung bzw. haben sich die Hinweise für eine Scheinehe so verdichtet, dass von deren Vorliegen ausgegangen werden kann, obliegt es der zur Mitwirkung verpflichteten Person (Art. 90 AIG), die Vermutung durch den Gegenbeweis bzw. durch das Erwecken erheblicher Zweifel an deren Richtigkeit umzustürzen (BGr, 4. April 2019, 2C_631/2018, E. 2.3; VGr, 19. Dezember 2019, VB.2019.00200, E. 4.2 Abs. 2 – 17. April 2019, VB.2019.00180, E. 2.4.3).

2.3 Als Indizien für die Annahme einer Scheinehe gelten unter anderem folgende Umstände: die Tatsache, dass die nachzuziehende Person von einer Wegweisung bedroht ist oder ohne Heirat keine Aufenthaltsbewilligung erlangen kann; das Vorliegen eines erheblichen Altersunterschieds zwischen den Ehegatten; die Umstände des Kennenlernens und der Beziehung, so etwa eine kurze Bekanntschaft vor der Heirat oder geringe Kenntnisse eines Ehegatten über den anderen; das Führen einer Parallelbeziehung; die Vereinbarung einer Bezahlung für die Heirat; der Umstand, dass die Eheleute nie eine Wohngemeinschaft aufgenommen haben (VGr, 17. April 2019, VB.2019.00180, E. 2.4.2 – 12. Mai 2016, VB.2015.00407, E. 2.3). Auch widersprüchliche Aussagen der Beteiligten können deren Glaubhaftigkeit herabsetzen und eine Ausländerrechtsehe nahelegen (BGr, 16. Juli 2010, 2C_205/2010, E. 3.2; VGr, 26. August 2015, VB.2015.00325, E. 5.1).

3.  

3.1 Mit der Vorinstanz können folgende Umstände als Indizien für eine Scheinehe angesehen werden:

3.1.1 Der Beschwerdeführer hat als Drittstaatsangehöriger ohne die Heirat mit einer hier anwesenheitsberechtigten Person keine realistischen Aussichten auf Erhalt einer Aufenthaltsbewilligung. Er hegte aber offenbar schon länger den Wunsch, über eine Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz zu verfügen. So hielt der Beschwerdeführer sich seit dem Jahr 2004 immer wieder in der Schweiz auf, teilweise für mehrere Monate. Gemäss Strafbefehl vom 7. Juni 2018 übte der Beschwerdeführer jeweils vom 8. Juli 2013 bis zum 27. September 2013, vom 27. Januar 2014 bis zum 10. Oktober 2014 sowie vom 26. Januar 2015 bis zum 31. Juli 2015 in der Schweiz eine Erwerbstätigkeit aus, ohne über eine Arbeitsbewilligung zu verfügen. Die Interessenlage des Beschwerdeführers ist unter diesen Umständen als allgemeines Indiz für das Vorliegen einer rein ausländerrechtlich motivierten Ehe zu werten.

3.1.2 Als weiteres Indiz für eine Scheinehe sind die Umstände der Eheschliessung am 13. Dezember 2017 in Mazedonien zu werten. Namentlich reiste D für nur einen Tag nach Mazedonien, um den Beschwerdeführer zu heiraten. Sie flog noch am gleichen Tag wieder zurück in die Schweiz. An der Hochzeit waren keine Familienangehörigen oder Freunde der Ehegatten anwesend. Der Trauzeuge war eine Person, welche sie beide nicht kannten. Die Umstände der Eheschliessung sind daher insgesamt als ungewöhnlich zu qualifizieren.

3.1.3 Zudem kam es in der getrennten Befragung zu einigen Widersprüchen in den Aussagen des Beschwerdeführers und von D, so etwa zum Thema Kinderwunsch. Während der Beschwerdeführer in der Befragung angab, es bestehe ein Wunsch nach gemeinsamen Kindern – wie viele, hätten sie noch nicht besprochen und sie würden es "von jetzt bis es klappt" versuchen, war D anderer Meinung. Sie gab in der Befragung an, dass momentan kein Wunsch nach gemeinsamen Kindern bestehe. Sie nehme keine Pille, aber sie würden mit Kondomen verhüten, und sie wolle sich ein Stäbchen einsetzen lassen.

Bezüglich der Wohnverhältnisse direkt nach der Einreise des Beschwerdeführers in die Schweiz bestehen ebenfalls gewisse Ungereimtheiten. D bezeichnete als Zeitpunkt der Aufnahme einer "tatsächlichen Wohngemeinschaft" die erste gemeinsame Wohnung. Der Beschwerdeführer gab demgegenüber an, in der Zeit nach seiner Einreise bis zum Einzug in die erste gemeinsame Wohnung zusammen mit D bei deren Vater gewohnt zu haben, und bezeichnete dies bereits als "tatsächliche Wohngemeinschaft". Darin ist jedoch kein gewichtiger Widerspruch zu sehen, zumal die Frage "Wie lange und an welcher Adresse hat nach erfolgter Eheschliessung eine tatsächliche Wohngemeinschaft bestanden?" Interpretationsspielraum lässt. Wer und weshalb das Einverständnis des Vermieters des Vaters des Beschwerdeführers dazu eingeholt hat, dass der Beschwerdeführer als Untermieter bei seinem Vater wohnen kann, ist unklar.

3.1.4 Ferner konnte D nicht angeben, wie lange der letzte Besuch des Beschwerdeführers in Nordmazedonien her ist und welches Geburtsjahr der Beschwerdeführer hat. Sein ungefähres Alter kannte sie jedoch. Zudem hatte D an der Befragung einen Besuch des Beschwerdeführers in der Schweiz, der circa drei Monate nach dem Kennenlernen stattgefunden hat, nicht mehr in Erinnerung.

3.1.5 Bei der polizeilichen Kontrolle in der gemeinsamen Wohnung am 22. August 2019 wurde D nicht angetroffen. Zumal der Beschwerdeführer und D übereinstimmend angaben, D sei bei ihrem an Parkinson erkrankten Vater gewesen, um diesem zu helfen, kann dies höchstens als geringes Indiz für das Vorliegen einer Scheinehe gewertet werden.

3.1.6 Entgegen der Ansicht der Vorinstanz deuten die Schulden von D nicht auf das Vorliegen einer Gefälligkeitsehe hin, zumal sie weder vor noch nach der Eheschliessung namhafte Beträge beglich und mit dem Beschwerdeführer die Gütertrennung vereinbarte. Diesbezüglich gab D an, sie habe die Gütertrennung gewollt, damit der Beschwerdeführer nicht für ihre Schulden bezahlen müsse, sie wolle, dass "meins meins bleibt und seins seins bleibt". Der Umstand, dass D und der Beschwerdeführer ihre Eheringe nicht ständig tragen, sagt – insbesondere aufgrund der beruflichen Tätigkeit des Beschwerdeführers in der Reinigungsbranche – nichts über das Vorliegen einer tatsächlichen ehelichen Gemeinschaft aus. Auch dass D den korrekten Nachnamen des Beschwerdeführers nicht kannte, als sie am Schalter der Einwohnerdienste E vorsprach, erstaunt nicht, zumal der Beschwerdeführer seinen Nachnamen mit "h" schreibt, während sein Vater denselben Namen trägt, diesen aber ohne "h" schreibt. Entsprechend hat auch die Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat den Nachnamen des Beschwerdeführers grundsätzlich mit, in der Kopfzeile des Strafbefehls jedoch ohne "h" geschrieben. Die nicht weiter substanziierte Angabe im Schreiben der Einwohnerdienste E, der Beschwerdeführer und D hätten nicht den "Anschein eines Ehepaars" gemacht, ist auch nicht geeignet, das Vorliegen einer Scheinehe zu belegen. Dasselbe gilt für die Feststellung der Stadtpolizei Zürich, des Beschwerdegegners sowie der Vorinstanz, im Kleiderschrank seien "auffällig" viele BHs vorgefunden worden.

3.2 Nach dem Gesagten bestehen einige Indizien bzw. Ungereimtheiten, welche darauf hindeuten, dass der Beschwerdeführer und D keine tatsächlich gelebte und echte eheliche Beziehung führen. Diese fallen jedoch weniger zahlreich und gewichtig aus, als die Vorinstanz in ihrem Entscheid angibt.

4.  

4.1 In den Akten finden sich zahlreiche Hinweise darauf, dass zwischen dem Beschwerdeführer und D Vertrautheit herrscht und sie gemeinsam Zeit verbringen.

4.1.1 Der Beschwerdeführer und D konnten in der getrennten Befragung auf diverse Fragen widerspruchsfrei Antwort geben. Sie gaben beispielsweise übereinstimmend darüber Auskunft, was sie am Vorabend gegessen hatten, wie sie das letzte Wochenende verbracht hatten, wie der Morgen vor der Befragung in der gemeinsamen Wohnung abgelaufen war und wie sie ihren Alltag gestalten. Über Vorlieben, insbesondere beim Essen, sowie über Körpermerkmale des anderen Ehegatten konnten der Beschwerdeführer und D ebenfalls Auskunft geben. Selbst intime Details wie die Tätowierung auf der Gesässbacke von D waren dem Beschwerdeführer bekannt. Zudem gaben der Beschwerdeführer und D übereinstimmend an, welche Familienangehörigen des jeweils anderen sie wie gut kennen. Die Angaben des Beschwerdeführers und von D decken sich denn auch mit den Bestätigungsschreiben der Familienangehörigen. D wusste ferner Bescheid über die Arbeit und den Lohn des Beschwerdeführers.

4.1.2 Die vom Beschwerdeführer eingereichten Schreiben von Nachbarn und Bekannten bescheinigen die gelebte eheliche Beziehung des Beschwerdeführers und von D. Zwei der Bestätigungsschreiben sind zwar – wie die Vorinstanz zutreffend festhält – als übertrieben und daher eher unglaubhaft zu qualifizieren, zumal darin ausgeführt wird, der Beschwerdeführer und D seien an diversen Festanlässen anzutreffen. Diesbezüglich widersprechen die Bestätigungsschreiben den übereinstimmenden Angaben des Beschwerdeführers und von D in der getrennten Befragung. Die grosse Mehrheit der eingereichten Schreiben stimmt jedoch mit den Ausführungen des Beschwerdeführers und von D überein und bestätigt – wenn auch teilweise etwas oberflächlich – glaubhaft die von ihnen geführte eheliche Beziehung. Die Feststellung der Vorinstanz, die Schreiben würden praktisch ausnahmslos ein reges Sozialleben des Beschwerdeführers und von D schildern, weshalb ihnen kein Gewicht beigemessen werden könne, erweist sich daher als unzutreffend.

4.1.3 Auch die vom Beschwerdeführer eingereichten Fotos von verschiedenen Daten und Anlässen, teilweise mit weiteren Person darauf, deuten auf eine gelebte eheliche Beziehung hin.

4.1.4 Die in der Wohnung vorhandenen Schminkutensilien und Frauenkleider sowie das Doppelbett sprechen dafür, dass der Beschwerdeführer und D zusammenwohnen. Der geringe Altersunterschied zwischen dem Beschwerdeführer und D lässt die tatsächlich gelebte Beziehung zudem realistisch erscheinen.

4.2 Insgesamt bestehen viele Hinweise dafür, dass der Beschwerdeführer und D ein gemeinsames Leben führen und ihre eheliche Beziehung tatsächlich leben. Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung ist daher – trotz einigen Indizien und Ungereimtheiten – davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer und D eine echte Lebens- und Schicksalsgemeinschaft begründet haben bzw. leben. Der Nachweis einer Scheinehe ist grundsätzlich durch die Migrationsbehörde zu erbringen, was nach dem Gesagten nicht gelang.

5.  

Dem Beschwerdeführer kommt folglich gestützt auf Art. 42 Abs. 1 AIG ein Anspruch auf Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung zu, zumal dieser mit der Schweizer Bürgerin D verheiratet ist und mit ihr zusammenwohnt. Es ist nicht erstellt, dass der Beschwerdeführer und D die Ehe ausschliesslich zur Umgehung der ausländerrechtlichen Vorschriften eingegangen sind. Eine rechtsmissbräuchliche Geltendmachung des Anspruchs im Sinn von Art. 51 Abs. 1 lit. a AIG ist daher zu verneinen.

6.  

Nach dem Gesagten ist die Beschwerde gutzuheissen und der Beschwerdegegner anzuweisen, die Aufenthaltsbewilligung des Beschwerdeführers zu verlängern.

7.  

Bei diesem Verfahrensausgang kann auf die beantragte persönliche Befragung des Beschwerdeführers und von D verzichtet werden.

8.  

8.1 Ausgangsgemäss sind die Kosten des Rekurs- und des Beschwerdeverfahrens dem Beschwerdegegner aufzuerlegen (§ 13 Abs. 2 Satz 1 VRG teilweise in Verbindung mit § 65a Abs. 2). Desgleichen hat dieser dem Beschwerdeführer eine angemessene Parteientschädigung von Fr. 2'000.- für das Rekurs- und von Fr. 1'500.- für das Beschwerdeverfahren zu bezahlen (§ 17 Abs. 2 lit. a VRG).

8.2 Der Beschwerdeführer ersucht um unentgeltliche Rechtspflege. Zumal der Beschwerdeführer nicht mit Gerichtskosten belastet wird, ist sein Gesuch um unentgeltliche Prozessführung als gegenstandslos geworden abzuschreiben. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtsvertretung ist zu prüfen.

8.3 Gemäss § 16 Abs. 1 und VRG haben Private, welchen die nötigen Mittel fehlen und deren Begehren nicht offenkundig aussichtslos erscheinen, auf Ersuchen Anspruch auf Bestellung einer unentgeltlichen Rechtsvertretung, wenn sie nicht in der Lage sind, ihre Rechte im Verfahren selbst zu wahren (§ 16 Abs. 2 VRG).

8.4 Offenkundig aussichtslos sind Begehren, deren Chancen auf Gutheissung um derart viel kleiner als jene auf Abweisung erscheinen, dass sie kaum als ernsthaft bezeichnet werden können (Kaspar Plüss, Kommentar VRG, § 16 N. 46). Wie der Verfahrensausgang zeigt, sind die Rekurs- und Beschwerdeanträge des Beschwerdeführers entgegen der Ansicht der Vorinstanz nicht als offensichtlich aussichtslos zu qualifizieren.

8.5 Mittellos ist, wer nicht in der Lage ist, die Gerichtskosten aus seinem Einkommen – nach Abzug der Lebenshaltungskosten – innert angemessener Frist zu bezahlen (Plüss, § 16 N. 20). Bei aufwendigen Prozessen wird die Bezahlung innerhalb von zwei Jahren, bei weniger aufwendigen Prozessen diejenige innerhalb eines Jahres als angemessen angesehen (Plüss, § 16 N. 20). Aufgrund der gesetzlichen Mitwirkungspflicht ist es Sache der gesuchstellenden Person, den Nachweis ihrer Mittellosigkeit zu erbringen. Ihr obliegt es, ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie Lebenserhaltungskosten umfassend darzustellen (VGr, 16. September 2021, VB.2021.00169, E. 5.2.1).

8.5.1 Der Beschwerdeführer reichte verschiedene Belege zu seinem Einkommen sowie seinen Ausgaben ein. Daraus geht hervor, dass sein Bruttolohn seit dem 1. Januar 2019 monatlich Fr. 6'155.20 beträgt und er einen monatlichen Nettolohn von Fr. 5'500.- erzielt. Die Ehegattin des Beschwerdeführers, D, ist nicht arbeitstätig.

8.5.2 Auf der Kostenseite sind diejenigen Ausgaben zu berücksichtigen, die zur Deckung des Lebensbedarfs der prozessführenden Person sowie ihrer Familie notwendig sind (Plüss, § 16 N. 18). Zunächst ist der sogenannte erweiterte Grundbedarf im Sinn der Richtlinien für die Berechnung des betreibungsrechtlichen Existenzminimums gemäss dem Kreisschreiben der Verwaltungskommission des Obergerichts des Kantons Zürich an die Bezirksgerichte und die Betreibungsämter vom 16. September 2009 (nachfolgend: Richtlinie) zu ermitteln (vgl. Plüss, § 16 N. 32 f.). Der Grundbedarf für in einer Haushaltsgemeinschaft lebende Ehegatten beträgt Fr. 1'700.- und ist um 20 % auf Fr. 2'040.- zu erhöhen (Richtlinie, Ziff. II 1.2; VGr, 16. September 2021, VB.2021.00169, E. 5.2.3 mit Hinweisen; Plüss, § 16 N. 35). Dazu sind vorliegend die effektiven Wohnkosten (Fr. 1'340.-; Richtlinie Ziff. III 1.1), die Kosten der Krankenkasse des Beschwerdeführers und von D (Fr. 298.- und Fr. 500.-; Richtlinie Ziff. III 2), die Prämien der Hausrats- und Haftpflichtversicherung (Fr. 30.-), die Serafe-Gebühren (Fr. 30.‑), die Kosten für ein ÖV-Abonnement (Fr. 85.-; Richtlinie Ziff. III 3.4 a) und für auswärtige Verpflegung (Fr. 210.-; Richtlinie Ziff. III 3.2) hinzuzurechnen. Ebenfalls hinzuzurechnen sind die Steuern (Fr. 333.-; Plüss, § 16 N. 37). Insgesamt resultieren damit monatliche Ausgaben in der Höhe von Fr. 4'866.-.

Die Kommunikationskosten sind bereits im Grundbetrag enthalten. Dass unmittelbar grössere notwendige Auslagen aus gesundheitlichen Gründen bevorstehen, wurde nicht substanziiert dargelegt (vgl. Richtlinie Ziff. III 5.3). Für die Mehrkosten auswärts eingenommener Hauptmahlzeiten gilt ein Ansatz von Fr. 8.- bis 10.- pro Mahlzeit, was bei einem Vollzeitpensum Verpflegungskosten von rund Fr. 210.- pro Monat ergibt. Zusätzliche Kosten für auswärtige Verpflegung wurden nicht belegt.

8.5.3 Dem Beschwerdeführer verbleiben nach der Deckung seines sowie des Lebensbedarfs von D monatlich rund Fr. 634.-. Damit kann er die anfallenden Kosten für das Rekurs- und das Beschwerdeverfahren sowie für seine Rechtsvertretung rund innerhalb eines Jahres decken.

8.6 Demnach fehlt es dem Beschwerdeführer an der erforderlichen Mittellosigkeit, weshalb sein Gesuch um Gewährung unentgeltlicher Rechtsvertretung abzuweisen ist.

9.  

Zur Rechtsmittelbelehrung des nachstehenden Dispositivs ist Folgendes zu erläutern: Soweit ein Anwesenheitsanspruch des Beschwerdeführers geltend gemacht wird, ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nach Art. 82 ff. des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (BGG, SR 173.110) zulässig; ansonsten steht die subsidiäre Verfassungsbeschwerde gemäss Art. 113 ff. BGG offen (Art. 83 lit. c Ziff. 2 und 4 BGG). Werden beide Rechtsmittel ergriffen, hat dies in der gleichen Rechtsschrift zu geschehen (Art. 119 Abs. 1 BGG).

Demgemäss erkennt die Kammer:

1.    Die Beschwerde wird gutgeheissen. Dispositiv-Ziff. I und II des vorinstanzlichen Entscheids vom 17. Mai 2021 sowie die Verfügung des Beschwerdegegners vom 30. Juni 2020 werden aufgehoben. Der Beschwerdegegner wird angewiesen, die Aufenthaltsbewilligung des Beschwerdeführers zu verlängern.

       In Abänderung von Dispositiv-Ziff. III und IV des vorinstanzlichen Entscheids vom 17. Mai 2021 werden die Kosten des Rekursverfahrens dem Beschwerdegegner auferlegt und wird dieser verpflichtet, dem Beschwerdeführer für das Rekursverfahren eine Parteientschädigung von Fr. 2'000.- zu bezahlen.

2.    Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen, soweit es nicht als gegenstandslos abgeschrieben wird.

3.    Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf
Fr. 2'000.-;     die übrigen Kosten betragen:
Fr.      70.-      Zustellkosten,
Fr. 2'070.-      Total der Kosten.

4.    Die Gerichtskosten werden dem Beschwerdegegner auferlegt.

5.    Der Beschwerdegegner wird verpflichtet, dem Beschwerdeführer für das Beschwerdeverfahren eine Parteientschädigung von Fr. 1'500.- zu bezahlen.

6.    Gegen dieses Urteil kann im Sinn der Erwägungen Beschwerde erhoben werden. Sie ist binnen 30 Tagen ab Zustellung einzureichen beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14.

7.    Mitteilung an …