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Geschäftsnummer: VB.2023.00284  
Entscheidart und -datum: Endentscheid vom 26.10.2023
Spruchkörper: 4. Abteilung/4. Kammer
Weiterzug: Das Bundesgericht hat eine Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen diesen Entscheid am 10.06.2025 abgewiesen.
Rechtsgebiet: Ausländerrecht
Betreff:

Wohnungskontrolle (Nichteintreten)


[Am 11. August 2022 führte die Kantonspolizei Zürich im Auftrag des Beschwerdegegners am gemeinsamen Wohnort der Beschwerdeführer eine unangemeldete Wohnungskontrolle durch und befragte die beiden zu ihrer Beziehung. In der Folge ersuchten die Beschwerdeführer um Feststellung der Widerrechtlichkeit der Anordnung der polizeilichen Kontrolle und Befragung und deren Durchführung, auf welches Begehren der Beschwerdegegner nicht eintrat.] Die polizeiliche Wohnungskontrolle und die anschliessende Befragung der Beschwerdeführer auf dem Polizeiposten waren ohne Frage geeignet, die Genannten in schutzwürdigen Grundrechtspositionen zu berühren. Sofern die betreffenden Massnahmen eine Grundrechtsverletzung bedeuteten, stellten sie zudem einen (bereits stattgefundenen) irreversiblen Realakt dar. Der Beschwerdegegner hätte demzufolge auf das Gesuch der Beschwerdeführer um Erlass einer Feststellungsverfügung eintreten müssen (zum Ganzen E. 2). Die Anordnung der strittigen Massnahmen erweist sich als rechtmässig (E. 4.1-4.6). Allerdings wurden die Beschwerdeführer vor der Wohnungskontrolle nicht auf ihre ausländerrechtliche Mitwirkungspflicht und die Folgen einer unterlassenen Mitwirkung aufmerksam gemacht; dadurch verletzte der die Kontrolle veranlassende Beschwerdegegner seine Aufklärungspflicht und damit das rechtliche Gehör der Beschwerdeführer (E.4.7 f.). Teilweise Gutheissung/Feststellung der Gehörsverletzung.
 
Stichworte:
AUFKLÄRUNGSPFLICHT
BEWEISWÜRDIGUNG
FESTSTELLUNGSBEGEHREN
FESTSTELLUNGSINTERESSE
GRUNDRECHTSEINGRIFF
MITWIRKUNGSPFLICHT
NICHTEINTRETEN
PERSÖNLICHE FREIHEIT
PRIVATSPHÄRE
RECHTLICHES GEHÖR
SCHEINEHEVERDACHT
UNTERSUCHUNGSPFLICHT
WOHNUNGSKONTROLLE
Rechtsnormen:
Art. 90 AIG
Art. 118 AIG
Art. 5 Abs. 2 BV
Art. 29 Abs. 2 BV
§ 7 VRG
Publikationen:
- keine -
Gewichtung:
(1 von hoher / 5 von geringer Bedeutung)
Gewichtung: 2
 
 

Verwaltungsgericht

des Kantons Zürich

4. Abteilung

 

VB.2023.00284

 

 

 

Urteil

 

 

 

Der 4. Kammer

 

 

 

vom 26. Oktober 2023

 

 

 

Mitwirkend: Abteilungspräsidentin Tamara Nüssle (Vorsitz), Verwaltungsrichter Marco Donatsch, Verwaltungsrichter Martin Bertschi, Gerichtsschreiberin Sonja Güntert.  

 

 

 

In Sachen

 

 

1.    A,

2.    B,

beide vertreten durch RA C,

Beschwerdeführer,

 

 

gegen

 

 

Migrationsamt des Kantons Zürich,

Beschwerdegegner,

 

 

betreffend Wohnungskontrolle (Nichteintreten),

hat sich ergeben:

I.  

A. A, ein 1987 geborener Staatsangehöriger Perus, reiste im Februar 2017 zwecks Absolvierung eines Doktorats in die Schweiz ein, wo ihm zunächst im Kanton Zürich und – nach Verlegung seiner Forschungsstelle dorthin – im Kanton Bern eine bis zuletzt 31. Dezember 2021 gültige Aufenthaltsbewilligung zu Ausbildungszwecken erteilt wurde.

Am 30. März 2021 liessen A und der 1988 geborene Schweizer B in Dietikon ihre Partnerschaft eintragen. Auf ein in der Folge gestelltes Gesuch um Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung zum Verbleib beim eingetragenen Partner hin teilte der Migrationsdienst des Kantons Bern A am 19. Oktober 2021 mit, dass die Voraussetzungen für einen Familiennachzug bei ihm nicht erfüllt seien, weil er und sein Partner weiterhin getrennte Wohnsitze haben wollten.

Hierauf ersuchten A und B das Migrationsamt des Kantons Zürich um Bewilligung des Kantonswechsels bzw. Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung für Ersteren. Dieses Gesuch wurde am 18. Januar 2022 gutgeheissen und A im Rahmen der Bestimmungen zum Familiennachzug eine – inzwischen bis am 29. März 2024 verlängerte – Aufenthaltsbewilligung für den Kanton Zürich erteilt.

B. Am 11. August 2022 führte die Kantonspolizei Zürich im Auftrag des Migrationsamts am gemeinsamen Wohnort von A und B eine unangemeldete Wohnungskontrolle durch und befragte die beiden zu ihrer Beziehung.

Vor diesem Hintergrund liessen A und B gegenüber dem Migrationsamt am 27. September 2022 – nach einem vorgängigen Schriftenwechsel – darum ersuchen, "die Widerrechtlichkeit der Anordnung der polizeilichen Kontrolle und Befragung vom 13. Juni 2022 und deren Durchführung vom 11. August 2022 festzustellen". Mit Schreiben vom 10. Januar 2023 trat das angeschriebene Amt auf das Begehren nicht ein.

II.  

Einen dagegen erhobenen Rekurs wies die Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich mit Entscheid vom 18. April 2023 ab (Dispositiv-Ziff. I), auferlegte A und B die Kosten des Rekursverfahrens von Fr. 775.- je zu gleichen Teilen unter solidarischer Haftung (Dispositiv-Ziff. II) und richtete ihnen in Dispositiv-Ziff. III keine Parteientschädigung aus.

III.  

Am 19. Mai 2023 liessen A und B Beschwerde beim Verwaltungsgericht erheben und beantragen, unter Entschädigungsfolge sei der Rekursentscheid vom 18. April 2023 aufzuheben und das Migrationsamt anzuweisen, auf ihr Gesuch um Erlass einer anfechtbaren Anordnung einzutreten und einen materiellen Entscheid zu erlassen, eventualiter sei die Widerrechtlichkeit der Anordnung der polizeilichen Kontrolle und Befragung vom 13. Juli 2022 und von deren Durchführung vom 11. August 2022 festzustellen.

Die Sicherheitsdirektion verzichtete am 25. Mai 2023 auf Vernehmlassung; das Migrationsamt erstattete keine Beschwerdeantwort.

Die Kammer erwägt:

1.  

Das Verwaltungsgericht ist für Beschwerden gegen Rekursentscheide der Vorinstanz über Anordnungen des Beschwerdegegners zuständig (vgl. §§ 41 ff. des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959 [VRG, LS 175.2]). Weil auch die übrigen Prozessvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde einzutreten.

2.  

2.1 Mit der Ausgangsverfügung vom 10. Januar 2023 trat der Beschwerdegegner auf das Gesuch der Beschwerdeführer um Feststellung der Widerrechtlichkeit der Anordnung und Durchführung der polizeilichen Kontrolle ihrer Wohnung sowie ihrer Befragung am 11. August 2022 nicht ein. Der Beschwerdegegner begründete den Nichteintretensentscheid damit, dass die Beschwerdeführer kein aktuelles Rechtsschutzinteresse an der beantragten Feststellung hätten und sich die von ihnen aufgeworfene Frage auch nicht wieder stellen könne, weil der Scheinehe- bzw. Scheinpartnerschaftsverdacht mit der strittigen Wohnungskontrolle habe entkräftet werden können.

Dagegen wenden die Beschwerdeführer im Wesentlichen ein, dass ihnen § 10c Abs. 1 lit. c VRG ein Recht einräume, die Widerrechtlichkeit der beanstandeten behördlichen Handlungen feststellen zu lassen. Sie hätten durch selbige einen beträchtlichen Eingriff in ihre Persönlichkeit und in ihre von der Bundesverfassung (Bundesverfassung vom 18. April 1999 [BV, SR 101]) und der Europäischen Menschenrechtskonvention (Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 [EMRK, SR 0.101]) garantierten Rechte auf Schutz der Privatsphäre und auf körperliche und geistige Unversehrtheit sowie auf Unverletzlichkeit der Wohnung erdulden müssen (vgl. Art. 10 Abs. 2 und Art. 13 BV sowie Art. 8 EMRK). Da im Zusammenhang mit dem Vorwurf bzw. Verdacht auf eine Scheinehe keine Verfügung erfolgt und kein Strafverfahren eröffnet worden sei, stehe ihnen jedoch einzig der Weg um Erlass einer Feststellungsverfügung über den Realakt offen, um die beanstandeten Massnahmen insbesondere nach Art. 36 BV zu überprüfen und deren Widerrechtlichkeit und somit die Verletzung verfassungs- und konventionsrechtlicher Garantien feststellen zu lassen. Auch lasse sich das vom Beschwerdegegner verlangte aktuelle und praktische Interesse nicht mit der Rechtsweg- und Rechtsschutzgarantie nach Art. 29a BV sowie Art. 6 Abs. 1 und Art. 13 EMRK vereinbaren.

2.2 Nach § 10c VRG kann, wer ein schutzwürdiges Interesse hat, von der Behörde, die für Handlungen zuständig ist, welche sich auf öffentliches Recht stützen und Rechte oder Pflichten berühren, verlangen, dass sie widerrechtliche Handlungen unterlässt, einstellt oder widerruft (lit. a), deren Folgen beseitigt (lit. b) oder deren Widerrechtlichkeit feststellt (lit. c).

Mit "Handlungen" sind in § 10c VRG Realakte gemeint, worunter etwa polizeiliche Kontrollen fallen (vgl. Alain Griffel, in: ders. [Hrsg.], Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich [VRG], 3. A., Zürich etc. 2014 [Kommentar VRG], § 10c N. 1). Diese müssen, damit einer der Rechtsschutzansprüche nach § 10 VRG entsteht, geeignet sein, Rechte oder Pflichten der gesuchstellenden Person zu berühren (Griffel, § 10c N. 19). Das Erfordernis des Berührtseins dient der Grenzziehung zwischen rechtsschutzwürdigem und nicht rechtsschutzwürdigem tatsächlichem Verwaltungshandeln. Nur Beeinträchtigungen, die einen gewissen Schweregrad aufweisen und solcherart sind, dass sie die persönliche Rechtssphäre der gesuchstellenden Person ernsthaft beeinträchtigen, begründen ein Rechtsschutzbedürfnis (zum Ganzen VGr, 15. Dezember 2022, VB.2022.00091, E. 3.1 f. mit Hinweisen). In diesem Sinn schützenswerte Rechtspositionen ergeben sich vor allem aus Grundrechten; einzubeziehen sind aber auch rechtlich geschützte Interessen aus anderen Rechtstiteln. Ein eigentlicher Eingriff in den Schutzbereich eines Grundrechts ist nicht erforderlich. Es reicht aus, wenn die gesuchstellende Person darzulegen vermag, dass ein von einem Realakt ausgehender Reflex grundrechtsrelevant ist, mithin den Grad eines Eingriffs annehmen könnte. Dazu ist eine gewisse Intensität der Betroffenheit des Privaten erforderlich (zum Ganzen BGE 146 I 145 E. 4.4 mit Hinweisen; ferner zum Ganzen VGr, 15. Dezember 2022, VB.2022.00091, E. 3.5 mit Hinweisen).

Das im Weiteren verlangte schutzwürdige Interesse kann sodann rechtlicher oder tatsächlicher Natur sein (Griffel, § 10c N. 21). Es muss zudem aktuell sein und einen praktischen Nutzen verfolgen (Griffel, § 10c N. 22).

2.3 Die am 11. August 2022 im gemeinsamen Haushalt der Beschwerdeführer durchgeführte polizeiliche Wohnungskontrolle und ihre anschliessende Befragung auf dem Polizeiposten waren ohne Frage geeignet, die Erstgenannten in schutzwürdigen Grundrechtspositionen zu berühren.

Sofern die betreffenden Massnahmen eine Grundrechtsverletzung bedeuteten, stellten sie zudem einen (bereits stattgefundenen) irreversiblen Realakt dar. Entsprechend weisen die Beschwerdeführer zu Recht darauf hin, dass sie ihre Interessen nicht mit einem Begehren um Erlass einer Leistungs- oder Gestaltungsverfügung wahren konnten bzw. könnten, weshalb die beantragte Feststellungsverfügung eine massgebliche Wiedergutmachungsfunktion zu erfüllen vermöchte (Griffel, § 10c N. 29). Auf das Erfordernis des aktuellen Interesses ist angesichts der Schwere des in vertretbarer Weise dargetanen Grundrechtseingriffs bzw. des Eingriffs in konventionsrechtlich geschützte Rechte zu verzichten (vgl. dazu die Praxis des Bundesgerichts bei der ausländerrechtlichen Haft BGE 147 II 49 E. 1.2.1, 142 I 135 E.1.3.1, 137 I 296 E. 4.3).

2.4 Der Beschwerdegegner hätte demzufolge auf das Gesuch der Beschwerdeführer um Erlass einer Feststellungsverfügung im Sinn von § 10c Abs. 1 lit. c VRG eintreten müssen.

3.  

Kommt das Verwaltungsgericht zum Schluss, eine Vorinstanz sei auf ein Begehren zu Unrecht nicht eingetreten, weist es die Angelegenheit in der Regel zurück; es kann stattdessen aber auch selber in der Sache entscheiden (§ 63 Abs. 1 und § 64 Abs. 1 e contrario VRG; Marco Donatsch, Kommentar VRG, § 63 N. 18 und § 64 N. 7).

Bei der gegebenen Akten- und Rechtslage käme es hier einem prozessualen Leerlauf gleich, die Sache zur materiellen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen, enthalten doch sowohl die Ausgangsverfügung als auch der Rekursentscheid eine materielle Eventualbegründung und vermochten sich die anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer dazu zu äussern. Das Verwaltungsgericht verzichtet daher auf eine Rückweisung und fällt selbst einen materiellen Entscheid (siehe auch BGE 121 I 1 E. 5a/bb). Den Beschwerdeführern braucht zuvor nicht Gelegenheit gegeben werden, ihre Beschwerde betreffend den materiellen Antrag ausführlicher zu begründen (siehe dazu auch BGE 139 II 233 E. 3.2 mit Hinweisen, wonach sich die Beschwerdebegründung in Fällen wie dem vorliegenden [Nichteintreten mit materieller Eventualbegründung] sowohl mit dem Nichteintreten als auch mit der materiell-rechtlichen Seite auseinandersetzen muss).

4.  

4.1 Der seitens der Beschwerdeführer behauptete Grundrechtsverstoss vermöchte die Widerrechtlichkeit im Sinn von § 10c Abs. 1 lit. c VRG der beanstandeten Massnahmen zu begründen (Griffel, § 10c N. 25), weshalb diese im Folgenden auf ihre Verfassungskonformität zu überprüfen sind.

4.2 Polizeiliche Wohnungskontrollen und Befragungen zur Partnerschaft bzw. Ehe berühren sowohl das Recht auf persönliche Freiheit nach Art. 10 Abs. 2 BV und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 13 Abs. 2 BV der davon betroffenen Personen als auch deren Anspruch auf Achtung des Privat- und Familienlebens sowie der Wohnung nach Art. 13 Abs. 1 BV. Die genannten Massnahmen bedürfen daher einer gesetzlichen Grundlage (vgl. Art. 36 Abs. 1 BV) und müssen durch ein öffentliches Interesse gerechtfertigt und verhältnismässig sein (vgl. Art. 36 Abs. 2 und Abs. 3 BV); schliesslich darf der Kerngehalt der genannten Grundrechte nicht angetastet werden (Art. 36 Abs. 4 BV).

Analoge Voraussetzungen ergeben sich aus Art. 8 Abs. 2 EMRK im Hinblick auf einen Eingriff in das von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützte Privat- und Familienleben.

4.3 Ob eine Ausländerrechtsehe bzw. -partnerschaft geschlossen wurde, entzieht sich in der Regel dem direkten Beweis und ist nur durch Indizien zu erstellen. Grundsätzlich muss die zuständige Migrationsbehörde die Umgehungsabsicht nachweisen (BGr, 6. April 2021, 2C_855/2020, E. 4.2 mit Hinweisen). Der Untersuchungsgrundsatz verpflichtet sie, denrelevanten Sachverhalt – und das sind im Scheinehekontext in erster Linie jene Tatsachen, die sich als Indizien eignen – möglichst umfassend festzustellen. Für das Verfahren im Kanton Zürich ist diese Pflicht in § 7 Abs. 1 VRG kodifiziert (siehe dazu Sebastian Kempe, Die Scheinehe im ausländer- und im zivilstandsrechtlichen Verwaltungsverfahren, Zürich etc. 2020, S. 95).

Der Untersuchungsgrundsatz wird durch die Mitwirkungspflicht der Parteien relativiert (vgl. [§ 7 Abs. 2 VRG in Verbindung mit] Art. 90 des Ausländer- und Integrationsgesetzes vom 16. Dezember 2005 [AIG, SR 142.20]). Diese kommt naturgemäss bei Tatsachen zum Tragen, die eine Partei besser kennt als die Behörden und die ohne ihre Mitwirkung gar nicht oder nicht mit vertretbarem Aufwand erhoben werden können (BGE 138 II 465 E. 8.6.4; vgl. zum Ganzen auch BGr, 11. Januar 2022, 2C_718/2021, E. 3.2.2 mit Hinweisen). Dabei kommt dem strafprozessualen Schweigerecht im Verwaltungsverfahren in aller Regel keine direkte Bedeutung zu (vgl. hierzu BGE 140 II 65 E. 3.4.2, 138 IV 47 E. 2.6; siehe ferner VGr, 16. Juni 2022, VB.2022.00063, E. 4.2 – 29. September 2021, VB.2021.00423, E. 3.2 f. – 5. Dezember 2018, VB.2018.00549, E. 3.2 [jeweils mit Hinweisen]). Begrenzt ist die Pflicht zur Mitwirkung im Einzelfall aber stets durch das Gebot der Verhältnismässigkeit (Art. 5 Abs. 2 BV; ferner Art. 96 AIG). Zudem steht sie unter der Voraussetzung, dass die betroffene Person von Behördenseite explizit auf ihr Bestehen, ihren Inhalt und ihren Umfang sowie auf die bei unterlassener Mitwirkung drohenden Nachteile im Verfahren hingewiesen wird (BGE 132 II 113 E. 3.2). Grundlage dieser Aufklärungspflicht ist der Anspruch der mitwirkungspflichtigen Person auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV; siehe zum Ganzen auch Kempe, S. 96 f.; Kaspar Plüss, Kommentar VRG, § 7 N. 107).

4.4 Gemäss § 7 Abs. 2 VRG in Verbindung mit Art. 90 AIG sind Ehegatten, bei denen aufgrund der (bereits) bestehenden Indizien auf eine Scheinehe geschlossen werden muss, demzufolge verpflichtet, bei der Sachverhaltsermittlung mitzuwirken, und zwar sowohl der gesuchstellende oder widerrufsbetroffene Ehegatte als Verfahrenspartei, wie auch der andere Ehegatte als verfahrensbeteiligte Drittperson (BGr, 18. August 2017, 2C_118/2017, E. 3.3). Soweit im Scheinehekontext relevant, umfasst die Mitwirkung bei der Sachverhaltsermittlung zweierlei; zum einen, behördliche Beweismassnahmen wie einen Augenschein der Wohnung oder eine Befragung zu dulden bzw. zu unterstützen, und zum anderen, rechtserhebliche Tatsachen und Beweismittel von sich aus zu bezeichnen bzw. vorzulegen.

Für das konkrete Vorgehen der Behörde bei der Abklärung eines Scheineheverdachts bestehen keine besonderen normativen Vorgaben. Aus § 7 VRG und Art. 5 Abs. 2 BV ergibt sich allerdings namentlich die Verpflichtung, einen Augenschein in örtlicher und zeitlicher Hinsicht so durchzuführen, dass auch Erkenntnisse zu erwarten sind. Unangemeldete Augenscheine sind zulässig, wenn ihr Zweck nur dadurch erfüllt werden kann. Die Durchsetzung der Mitwirkung der Ehegatten bzw. Partner durch Ausübung unmittelbaren Zwangs darf nicht angewandt werden. Auch sind die Parteien vor der eigentlichen Wohnungskontrolle (an der Tür) über den Umfang ihrer Mitwirkungspflicht und die Säumnisfolgen aufzuklären (zum Ganzen Plüss, § 7 N. 101 ff.; Kempe, S. 198, S. 203 f.; BGE 140 I 99 E. 3.4).

4.5 Entgegen den Beschwerdeführern bestand somit vorliegend für die am 11. August 2023 durchgeführte Kontrolle ihrer Wohnung und ihre Befragung mit Art. 90 AIG in Verbindung mit § 7 Abs. 1 VRG eine genügende gesetzliche Grundlage, zumal der damit verbundene Eingriff in rechtlich geschützte Positionen jedenfalls nicht schwer wog und in Anbetracht des unsicheren weiteren Aufenthaltsstatus des Beschwerdeführers 1 sowie der (anfänglich) getrennten Wohnsitze der Beschwerdeführer ein – gerade noch genügender – Scheinpartnerschaftsverdacht vorlag.

Der Beschwerdegegner durfte zudem für die vorstehend genannten Beweismassnahmen die Kantonspolizei Zürich beiziehen (vgl. auch BGr, 14. November 2019, 2C_613/2019, E. 2.2 f.; BGE 130 II 473 E. 4.2).

4.6 An der Bekämpfung von Scheinehen bzw. Scheinpartnerschaften besteht sodann ein öffentliches Interesse (vgl. Art. 118 AIG) und die hier vor diesem Hintergrund seitens des Beschwerdegegners angeordneten strittigen Massnahmen halten auch vor dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit stand. Dies gilt jedenfalls hinsichtlich der unangemeldeten Kontrolle der Wohnung der Beschwerdeführer. Hinsichtlich ihrer anschliessenden Befragung auf dem Polizeiposten fehlt es an entsprechenden (substanziierten) Rügen, weshalb der Frage nach der Rechtmässigkeit dieser Massnahme im vorliegenden Verfahren nicht nachzugehen ist.

Für eine möglichst umfassende Ermittlung der Indizienlage in der Scheinpartnerschaftsfrage benötigte der Beschwerdegegner einen unmittelbareren Einblick in die tatsächlichen Verhältnisse betreffend die Beziehung und das jeweilige Leben der Beschwerdeführer als etwa eine schriftliche Befragung der beiden zu diesen Punkten zu liefern vermocht hätte. So kommt dem – mit einem Augenschein der behaupteten gemeinsamen Wohnung zu überprüfenden – Umstand, ob bzw. inwieweit die Partner entsprechend den Meldeverhältnissen und/oder ihren eigenen Angaben zusammenleben, mit Blick auf das allfällige Vorliegen einer Scheinpartnerschaft grosse Indizkraft zu. Die betreffende Massnahme lässt sich nicht adäquat durch eine solche ersetzen, die – bei gleichem Erkenntnisgewinn – weniger stark in die Rechtspositionen der Beschwerdeführer eingreifen würde (zum Ganzen Kempe, S. 188 f.+205 f. und S. 212 f.).

Dass die Polizei die Wohnung der Beschwerdeführer am frühen Morgen aufsuchte, kann damit erklärt werden, dass dann die Wahrscheinlichkeit am grössten war, zumindest einen der Partner anzutreffen (Kempe, S. 208). Der Kantonspolizei Zürich kann deshalb auch in diesem Zusammenhang kein unverhältnismässiges Vorgehen vorgeworfen werden.

4.7 Nicht zu beanstanden ist im Weiteren, dass der Beschwerdegegner die Beschwerdeführer nicht vorgängig über die Durchführung der Wohnungskontrolle informierte. Zwar kommt den Parteien eines Verfahrens grundsätzlich ein grundrechtlicher Anspruch auf vorgängige Orientierung zu (Art. 29 Abs. 1 und Abs. 2 BV; Kempe, S. 195); dieser Anspruch gilt jedoch nicht absolut. Davon ausgenommen sind praxisgemäss "solche Verfahrensschritte [...], die unaufschiebbar sind oder von der Natur her eine vorgängige Ankündigung ausschliessen, weil sie diesfalls gar nicht erfolgreich sein könnten" (BGE 140 I 99 E. 3.4). Hiervon ist vorliegend auszugehen, hätten die Beschwerdeführer doch ansonsten das Objekt des Augenscheins zu ihrem Vorteil verändern können (vgl. BGE 121 V 150 E. 4b). Unter diesen Umständen hätte den Ergebnissen der strittigen Wohnungskontrolle nicht die gleiche Beweiskraft zugestanden werden können (zum Ganzen Kempe, S. 196 ff. und S. 210). Die Einschränkung des Anspruchs auf vorgängige Orientierung über die geplante Massnahme führte daher nicht zu einer Gehörsverletzung.

Allerdings wurden die Beschwerdeführer eigenen – unbestritten gebliebenen – Angaben zufolge vor der Wohnungskontrolle nicht auf ihre ausländerrechtliche Mitwirkungspflicht (Art. 90 AIG) und die Folgen einer unterlassenen Mitwirkung aufmerksam gemacht. Das heisst, die die Kontrolle durchführenden Polizisten wiesen die Beschwerdeführer nicht darauf hin, dass sie ihnen den Zutritt zur Wohnung auch verweigern könnten, die Weigerung jedoch bei der Beweiswürdigung gemäss § 7 Abs. 4 VRG – zu ihrem Nachteil – berücksichtigt würde. Dadurch verletzte(n) die Beamten bzw. der die Kontrolle veranlassende Beschwerdegegner ihre bzw. seine Aufklärungspflicht und damit das rechtliche Gehör der Beschwerdeführer.

4.8 Soweit mit der Anordnung der polizeilichen Kontrolle der Wohnung der Beschwerdeführer und ihrer Befragung am 11. August 2022 ein Eingriff in verfassungsmässige Rechte bzw. Grundrechte einherging, erweist sich dieser demnach durch das öffentliche Interesse an der Missbrauchsbekämpfung als gerechtfertigt. Im Rahmen der Durchführung der Wohnungskontrolle wurde jedoch das rechtliche Gehör der Beschwerdeführer verletzt, was – antragsgemäss – festzustellen ist.

Sollten die Beschwerdeführer die Kontrolle ihrer Wohnung sodann nur wegen der ungenügenden Aufklärung zugelassen bzw. geglaubt haben, den die Kontrolle durchführenden Polizisten Zutritt zu ihrer Wohnung gewähren zu müssen, wurde allenfalls auch ihr Recht auf persönliche Freiheit verletzt.

5.  

Nach dem Gesagten ist die Beschwerde teilweise gutzuheissen und festzustellen, dass die Durchführung der Wohnungskontrolle vom 11. August 2022 in Verletzung des rechtlichen Gehörs der Beschwerdeführer erfolgte.

6.  

Die Beschwerdeführer dringen mit ihrem Begehren betreffend die Feststellung der Widerrechtlichkeit der Durchführung der Wohnungskontrolle vom 11. August 2022 durch, nicht aber, soweit sie auch die Widerrechtlichkeit der Anordnung selbiger sowie der Anordnung und Durchführung der Befragung vom gleichen Tag festgestellt haben wollen. Ausgangemäss sind die Kosten des Rekurs- und des Beschwerdeverfahrens daher dem Beschwerdegegner und den Beschwerdeführern je zur Hälfte aufzuerlegen, wobei die Letztgenannten solidarisch haften ([§ 65a Abs. 2 in Verbindung mit] § 13 Abs. 2 und § 14 VRG).

Eine Parteientschädigung ist den Beschwerdeführern mangels überwiegenden Obsiegens nicht zuzusprechen (§ 17 Abs. 2 VRG).

Demgemäss erkennt die Kammer:

1.    Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Die Verfügung des Beschwerdegegners vom 10. Januar 2023 und Dispositiv-Ziff. I und III des Rekursentscheids vom 18. April 2023 werden aufgehoben und es wird festgestellt, dass die Durchführung der Wohnungskontrolle vom 11. August 2022 in Verletzung des rechtlichen Gehörs der Beschwerdeführer erfolgte.

In Abänderung von Dispositiv-Ziff. II des Rekursentscheids vom 18. April 2023 werden die Kosten des Rekursverfahrens dem Beschwerdegegner und den – solidarisch haftenden – Beschwerdeführern je zur Hälfte auferlegt.

2.    Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf
Fr. 2'000.--;    die übrigen Kosten betragen:
Fr.      70.--     Zustellkosten,
Fr. 2'070.--     Total der Kosten.

3.    Die Gerichtskosten werden dem Beschwerdegegner und den – solidarisch haftenden – Beschwerdeführern je zur Hälfte auferlegt.

4.    Eine Parteientschädigung wird nicht zugesprochen.

5.    Gegen dieses Urteil kann Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nach Art. 82 ff. des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (SR 173.110) erhoben werden. Sie ist binnen 30 Tagen ab Zustellung einzureichen beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14.

6.    Mitteilung an:
a)  die Parteien;
b)  die Sicherheitsdirektion;
c)  das Staatssekretariat für Migration (SEM).