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Verwaltungsgericht
des
Kantons Zürich
1. Abteilung
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VB.2023.00347
Urteil
der 1. Kammer
vom 16. November 2023
Mitwirkend: Abteilungspräsident Peter Sprenger (Vorsitz), Verwaltungsrichterin Sandra Wintsch, Verwaltungsrichter
José Krause, Gerichtsschreiberin
Regina Meier.
In Sachen
A, vertreten durch RA B,
Beschwerdeführerin,
gegen
1.1 C,
1.2 D,
beide vertreten durch RA E,
Beschwerdegegnerschaft,
und
Gemeinde Oberrieden,
Mitbeteiligte,
betreffend Zwischenentscheid;
aufschiebende Wirkung,
hat sich ergeben:
I.
Mit Präsidialverfügung vom 11. Juli
2022 erteilte die Abteilung Hochbau der Gemeinde Oberrieden A im
Anzeigeverfahren die Baubewilligung für den Neubau eines Whirlpools auf dem
Grundstück an der F-Strasse 01 in Oberrieden (Kat.-Nr. 02).
II.
Hiergegen erhoben C und D am 2. Mai
2023 Rekurs beim Baurekursgericht des Kantons Zürich. A beantragte in diesem
Verfahren mit Eingabe vom 2. Juni 2023, dem Rekurs sei die aufschiebende
Wirkung zu entziehen. Das Baurekursgericht wies dieses Begehren mit
Präsidialverfügung vom 9. Juni 2023 ab.
III.
Mit Eingabe vom 21. Juni 2023 gelangte A an das
Verwaltungsgericht und beantragte die Aufhebung der Präsidialverfügung vom 9. Juni
2023 sowie den Entzug der aufschiebenden Wirkung, unter Kosten- und
Entschädigungsfolgen zulasten der Beschwerdegegnerschaft.
Das Baurekursgericht beantragte am 27. Juni 2023 ohne
weitere Bemerkungen die Abweisung der Beschwerde. C und D reichten dem
Verwaltungsgericht am 7. Juli 2023 Akten betreffend das hängige
Rekursverfahren ein. A hielt mit Eingabe vom 24. Juni 2023 an ihren
Anträgen fest. C und D beantragten am 17. August 2023 die Abweisung der
Beschwerde; am 29. August 2023 reichten sie weitere Akten ein. A
liess sich in der Folge nicht mehr vernehmen. Auch die Gemeinde Oberrieden hat
sich nicht vernehmen lassen.
Die Kammer erwägt:
1.
1.1 Die
Anfechtbarkeit von Zwischenentscheiden richtet sich gemäss § 41 Abs. 3
in Verbindung mit § 19a Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes
vom 24. Mai 1959 (VRG) sinngemäss nach den Art. 91–93 des
Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (BGG). Gemäss Art. 93 Abs. 1
lit. a BGG ist die Beschwerde gegen selbständig eröffnete Vor- und
Zwischenentscheide unter anderem zulässig, wenn sie einen nicht
wiedergutzumachenden Nachteil bewirken können.
1.2 Die
Beschwerdeführerin macht geltend, der angefochtene Entscheid verursache mehrere
nicht wiedergutzumachende Nachteile: Durch die Unterbrechung der Bauarbeiten
sei sie gegenüber der Bauunternehmung möglicherweise vertragsbrüchig und
schadenersatzpflichtig geworden. Zudem drohten den brachliegenden
Baumaterialien Schäden durch Witterungseinflüsse und die Baustelle sei eine
Gefahr für ihre kleinen Kinder. Schliesslich werde das Institut des
Anzeigeverfahrens durch den Nachbarrekurs ausgehebelt.
Die Frage, ob ein nicht wiedergutzumachender Nachteil im
von der Beschwerdeführerin behaupteten Sinn gegeben ist, kann vorliegend
offengelassen werden, da die Beschwerde ohnehin abzuweisen ist (s. unten E. 3 f.).
1.3 Die
übrigen Prozessvoraussetzungen sind erfüllt.
2.
2.1 Gemäss § 339
Abs. 1 des Planungs- und Baugesetzes (PBG) vom 7. September 1975 hindern
Rechtsmittel gegen eine baurechtliche Bewilligung den Baubeginn und den
Baufortgang nur soweit, als der Ausgang des Verfahrens die Bauausführung
beeinflussen kann.
Diese Bestimmung umschreibt für das Baurecht im Sinn einer
lex specialis den Grundsatz der aufschiebenden Wirkung des Rekurses gemäss § 25
Abs. 1 VRG näher. Die aufschiebende Wirkung eines Rechtsmittels soll
verhindern, dass der Streitgegenstand während des Rechtsmittelverfahrens
verändert oder zerstört und damit ein Zustand geschaffen wird, der das
Wirksamwerden des rechtskräftigen Rechtsmittelentscheids erschwert oder gar
verunmöglicht. Gemäss § 25 Abs. 1 VRG kommt einem Rekurs
aufschiebende Wirkung zu, was mangels anderslautender Regelung auch für im
Anzeigeverfahren ergangene Bauentscheide gilt. Die anordnende Instanz, die
Rekursinstanz und der Vorsitzende der Rekursinstanz können jedoch gegenteilige
Anordnungen treffen (§ 25 Abs. 3 VRG).
2.2 Nach § 25
Abs. 3 VRG ist der Entzug der aufschiebenden Wirkung nur aus besonderen
Gründen zulässig, das heisst, es müssen bedeutende und dringliche öffentliche
und/oder private Anliegen den Interessen an einem Aufschub der Wirksamkeit der
Anordnung bis zur endgültigen Klärung der Rechtslage vorgehen. An die in § 25
VRG aufgeführten besonderen Gründe sind relativ hohe Anforderungen zu stellen
(BEZ 2004 Nr. 43 E. 4 mit Hinweis). Es muss sich um qualifizierte und
überzeugende Gründe handeln, ohne dass allerdings ganz ausserordentliche Gründe
vorliegen müssten. Es ist erforderlich, dass ein schwerer Nachteil droht, falls
die aufschiebende Wirkung nicht entzogen würde (Regina Kiener in: Alain Griffel
[Hrsg.], Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich [VRG],
3. A., Zürich etc. 2014 [Kommentar VRG], § 25 N. 26).
2.3 Wird das
Vorliegen besonderer Gründe bejaht, ist zudem zu prüfen, ob sich der Entzug der
Suspensivwirkung als verhältnismässig erweist. Hierzu sind in erster Linie die
sich gegenüberstehenden Interessen abzuwägen. Zusätzlich können die
Prozessaussichten miterwogen werden, sofern sie klar zutage treten (VGr, 31. März
2010, VB.2010.00079, E. 3.1 mit Hinweis; Kiener, Kommentar VRG, § 25 N. 28).
Der Entzug bzw. die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ist in einem
summarischen Verfahren zu beurteilen (vgl. Kiener, Kommentar VRG, § 25
N. 35).
3.
3.1 Die
streitgegenständliche Bewilligung wurde im Anzeigeverfahren erteilt. Für
Vorhaben von untergeordneter Bedeutung kann das ordentliche
Bewilligungsverfahren durch ein Anzeigeverfahren ersetzt werden, wenn nach den
Umständen keine Interessen von Nachbarn oder des Natur- und Heimatschutzes
berührt werden können (§ 325 Abs. 1 PBG). Gemäss § 14 lit. k
der Bauverfahrensverordnung vom 3. Dezember 1997 (BVV) findet das
Anzeigeverfahren grundsätzlich Anwendung auf offene, nicht gewerbliche
Swimmingpools wie den vorliegend streitbetroffenen. Wie die Vorinstanz richtig
ausführt, soll das Anzeigeverfahren in erster Linie das
Baubewilligungsverfahren vereinfachen und beschleunigen, wenn keine zum Rekurs
berechtigten Interessen Dritter tangiert werden. Wird aber dennoch Rekurs
erhoben, findet das ordentliche Rekursverfahren mit grundsätzlich
aufschiebender Wirkung Anwendung. Es versteht sich von selbst, dass auch im
Anzeigeverfahren ergangene Entscheide einer gerichtlichen Überprüfung
zugänglich sein müssen. Über einen allfälligen Entzug der aufschiebenden
Wirkung ist sodann im Einzelfall zu entscheiden. Das Institut des
Anzeigeverfahrens wird hierdurch nicht seines Zwecks beraubt.
3.2 Weiter ist
der Vorinstanz darin zuzustimmen, dass nicht ersichtlich ist, inwiefern Schäden
an Pool und Baumaterial drohen. Es kann davon ausgegangen werden, dass ein
Aussenpool und Baumaterialien, allenfalls zugedeckt, im Freien gelagert werden
können. Allfälligen Gefährdungen von sich im Garten aufhaltenden Kindern kann
durch eine geeignete Sicherung der Baustelle begegnet werden, und die von der
Beschwerdeführerin behaupteten, jedoch nicht weiter substanziierten drohenden
Schadenersatzansprüche oder der Verlust von Garantieansprüchen stellen
ebenfalls keine qualifizierten Gründe im Sinn des in E. 2.2 Ausgeführten
dar, auch weil es sich um bloss finanzielle Einbussen handeln würde.
3.3 Zusammengefasst
liegen keine besonderen Gründe im Sinn von § 25 Abs. 3 in Verbindung
mit § 55 VRG vor: Es sind keine bedeutenden Anliegen oder Nachteile
ersichtlich, womit es von vornherein an der Voraussetzung für den Entzug der
aufschiebenden Wirkung fehlt. Bei dieser Sachlage besteht kein Raum für eine
nachfolgende Interessenabwägung, die bei der Bejahung wichtiger Gründe anfällt
(vgl. Kiener, Kommentar VRG, § 25 N. 28 f.). Das Begehren um
Entzug der aufschiebenden Wirkung ist abzuweisen. Ohnehin wäre das Interesse
daran, dass nicht durch Vollendung der Bauarbeiten ein Zustand geschaffen
würde, der das Wirksamwerden des rechtskräftigen Rechtsmittelentscheids
allenfalls erschwerte oder gar verunmöglichte, höher zu gewichten als die von
der Beschwerdeführerin angeführten Gründe. Daran vermag auch nichts zu ändern,
dass der Pool gemäss den Vorbringen der Beschwerdeführerin klein, praktisch
geräuschlos und ins Terrain eingepasst sei.
4.
Die Beschwerde ist damit abzuweisen, soweit darauf
einzutreten ist.
Ausgangsgemäss sind die Kosten des Beschwerdeverfahrens
der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (§ 65a in Verbindung mit § 13 Abs. 2
VRG). Bei diesem Verfahrensausgang steht ihr keine Parteientschädigung zu (§ 17
Abs. 2 VRG).
5.
Der vorliegende Entscheid stellt einen Zwischenentscheid
dar. Dieser kann nur unter den Voraussetzungen von Art. 93 BGG selbständig
beim Bundesgericht angefochten werden (vgl. dazu BGr, 20. Juni 2012,
1C_522/2011, E. 1.2). Hinzuweisen ist sodann auf Art. 98 BGG, wonach
mit der Beschwerde gegen Entscheide über vorsorgliche Massnahmen nur die
Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden kann, und auf Art. 46 Abs. 2
lit. a BGG, wonach bei Verfahren betreffend vorsorgliche Massnahmen die
Fristen während der Gerichtsferien nicht stillstehen.
Demgemäss erkennt die
Kammer:
1. Die
Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2. Die
Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf
Fr. 2'000.--; die übrigen Kosten betragen:
Fr. 205.-- Zustellkosten,
Fr. 2'205.-- Total der Kosten.
3. Die
Gerichtskosten werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
4. Es
wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
5. Gegen
dieses Urteil kann im Sinn der Erwägungen Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten nach Art. 82 ff. des Bundesgerichtsgesetzes erhoben
werden. Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung an
gerechnet, beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen.
6. Mitteilung an:
a) die Parteien;
b) das Baurekursgericht.