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Basel-Stadt Appellationsgericht 07.02.2024 ZB.2023.32 (AG.2024.111) – Entscheidsuche

Basel-Stadt Appellationsgericht 07.02.2024 ZB.2023.32 (AG.2024.111)

Basel-Stadt Appellationsgericht 07.02.2024

Kündigung und Erstreckung des Mietverhältnisses

Appellationsgericht

des Kantons Basel-Stadt

Dreiergericht

 

ZB.2023.32

 

ENTSCHEID

 

vom 7. Februar 2024

 

 

Mitwirkende

 

Dr. Olivier Steiner, lic. iur. André Equey, MLaw Manuel Kreis

und Gerichtsschreiber MLaw Thomas Inoue

 

 

 

Parteien

 

A____                                                                             Berufungskläger 1

[...]                                                                                                Beklagter

vertreten durch [...], Rechtsanwältin,

[...]

 

B____                                                                          Berufungsklägerin 2

[...]                                                                                                  Beklagte

vertreten durch [...], Rechtsanwältin,

[...]

 

gegen

 

C____                                                                            Berufungsbeklagte

[...]                                                                                                  Klägerin

vertreten durch [...], Rechtsanwalt,

[...]

 

 

Gegenstand

 

Berufung gegen einen Entscheid des Zivilgerichts

vom 9. März 2023

 

betreffend Kündigung und Erstreckung des Mietverhältnisses

 


 

Sachverhalt

 

Mit Mietvertrag vom 8. April 2021 mieteten A____ und B____ (Mieter) von der C____ (Vermieterin) eine 3 ½-Zimmerwohnung am [...] in Basel. Mit amtlichem Formular vom 13. August 2021 kündigte die Vermieterin allen Mietern in der Liegenschaft [...] per Ende März 2023. Im Begleitschreiben begründete sie die Kündigung damit, dass die Liegenschaft mit Baujahr 1981 zwischenzeitlich stark in die Jahre gekommen sei und deshalb umfassende Sanierungen unter anderem der Sanitäranlagen, Küchen und Bäder, Böden, Elektroinstallationen sowie Brandschutzinstallationen unumgänglich seien; der Umfang der Sanierung lasse einen Verbleib der Mieter in der Liegenschaft nicht zu.

 

Die Mieter fochten diese Kündigung bei der Staatlichen Schlichtungsstelle für Mietstreitigkeiten (Schlichtungsstelle) an. Nachdem die Vermieterin den Urteilsvorschlag der Schlichtungsstelle abgelehnt hatte, gelangte die Vermieterin mit Klage vom 8. Juni 2022 an das Zivilgericht Basel-Stadt und beantragte, es sei festzustellen, dass die Kündigung weder nichtig noch missbräuchlich sei, und es sei keine Erstreckung zu gewähren. Am 14. Dezember 2022 führte das Zivilgericht eine mündliche Hauptverhandlung durch; neben der Vermieterin (und ihrem Vertreter), den Mietern des vorliegenden Verfahrens (und ihrer Vertreterin) waren auch die Mieter in den anderen acht Kündigungsverfahren anwesend. Nach der Hauptverhandlung fanden Vergleichsgespräche statt, die allerdings scheiterten. Mit Entscheid vom 9. März 2023 stellte das Zivilgericht fest, dass die Kündigung vom 13. August 2021 gültig sei, und erstreckte das Mietverhältnis einmalig bis Ende Januar 2024. Auf Gesuch der Mieter wurde dieser Entscheid schriftlich begr.det.

 

Gegen den schriftlich begründeten Entscheid erhoben die Mieter am 22. Juni 2023 Berufung beim Appellationsgericht. Darin beantragen sie die Aufhebung des angefochtenen Entscheids und der Kündigung; eventualiter sei das Mietverhältnis um vier Jahre zu erstrecken; subeventualiter sei der angefochtene Entscheid aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an das Zivilgericht zurückzuweisen. Mit Berufungsantwort vom 14. September 2023 beantragt die Vermieterin die Abweisung der Berufung. Mit unaufgefordert eingereichter Replik vom 29. September 2023 halten die Mieter an ihren Anträgen fest. Mit Noveneingabe vom 16. Oktober 2023 teilte die Vermieterin mit, dass alle drei Baurekurse gegen das Sanierungsprojekt abgewiesen worden seien. Mit Eingaben vom 2. und 13. November 2023 nahmen die Parteien dazu Stellung. Die Akten des Zivilgerichts wurden beigezogen. Der vorliegende Entscheid wurde auf dem Zirkulationsweg gefällt.

 

 

Erwägungen

 

1.         Eintreten

 

In vermögensrechtlichen Angelegenheiten steht die Berufung gegen erstinstanzliche Entscheide offen, wenn der Streitwert der zuletzt aufrechterhaltenen Rechtsbegehren mindestens CHF 10'000.– beträgt (Art. 308 Abs. 2 der Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO, SR 272]). Ist wie vorliegend die Gültigkeit einer Kündigung umstritten, entspricht der Streitwert dem Mietzins, der bis zum Zeitpunkt geschuldet ist, auf den frühestens eine neue Kündigung ausgesprochen werden könnte, sollte sich die angefochtene Kündigung als ungültig erweisen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist dabei die dreijährige Frist nach Art. 271a Abs. 1 lit. e des Obligationenrechts (OR, SR 220) zu berücksichtigen, während welcher der Vermieter nicht kündigen darf (BGE 137 III 389 E. 1.1; BGE 144 III 346 E. 1.2.2). Nach der Praxis des Appellationsgerichts ist für die Streitwertberechnung nicht der Nettomietzins massgebend, sondern der Bruttomietzins (AGE ZB.2019.8 vom 6. Juni 2019 E. 1). Im vorliegenden Fall beträgt der monatliche Bruttomietzins CHF 1'700.–, so dass der Streitwert von CHF  10'000.– ohne weiteres erreicht wird (Klagebeilage 1; 36 Monatsbruttomietzinse à CHF 1’700.– = CHF 61’200.–). Auf die im Übrigen frist- und formgerecht erhobene Berufung ist demnach einzutreten. Zuständig zur Beurteilung der vorliegenden Berufung ist das Dreiergericht des Appellationsgerichts (§ 92 Ziff. 6 des Gerichtsorganisationsgesetzes [GOG, SG 154.100]).

 

2.         Entscheid des Zivilgerichts

 

Im angefochtenen Entscheid prüfte das Zivilgericht in einem ersten Schritt, ob die Kündigung vom 13. August 2021 missbräuchlich ist. Es legte zunächst die Voraussetzungen dar, unter welchen eine Kündigung – namentlich mit Blick auf eine Sanierung – missbräuchlich ist, und fasste die Standpunkte der Parteien zusammen (Zivilgerichtsentscheid, E. 2 bis 4). Sodann prüfte es, ob die von der Vermieterin getätigten Abklärungen und erarbeiteten Unterlagen genügen, um ein hinreichend ausgereiftes Sanierungsprojekt anzunehmen und die Missbräuchlichkeit der Kündigung auszuschliessen. Es bejahte ein hinreichend ausgereiftes Projekt, dies mit Blick auf das Vorprojekt vom 28. Mai 2021 und die Kostenschätzung vom 15. Juli 2021. Aufgrund des Begleitschreibens zur Kündigung, mit welchem die Vermieterin transparent über ihr Sanierungsprojekt informiert habe, hätten die Mieter abschätzen können, dass sie während der Sanierung nicht in der Wohnung bleiben könnten. Aus dem Umstand, dass zwischen dem Abschluss des Mietvertrags vom 8. April 2021 und dem Auftrag der Vermieterin zur Erstellung eines Vorprojekts vom 12. Mai 2021 lediglich etwas mehr als ein Monat liege, könnten die Mieter nichts zu ihren Gunsten ableiten. Die Kündigung sei nicht missbräuchlich (E. 5). Aufgrund der Gültigkeit der Kündigung prüfte das Zivilgericht in einem zweiten Schritt, ob das Mietverhältnis zu erstrecken sei. Es bejahte die Frage und gewährte eine einmalige Erstreckung bis Ende Januar 2024 (E. 6).

 

3.         Missbräuchlichkeit der Sanierungskündigung

 

3.1      Vorliegen eines ausgereiften Sanierungsprojekts

 

3.1.1   Zum Vorliegen eines ausgereiften Sanierungsprojekts hielt das Zivilgericht fest, dass die Liegenschaft [...] im Jahr 1981 gebaut und seither nie umfassend saniert worden sei. Die Vermieterin gebe an, sie habe die Sanierungsplanung auf die Baupläne von 1981, die Fotos der Wohnungen und die Erkenntnisse der langjährigen Liegenschaftsverwaltung gestützt. Im Zeitpunkt der Kündigung vom 13. August 2021 hätten die Planunterlagen des Vorprojekts vom 28. Mai 2021 und die Kostenschätzung vom 15. Juli 2021 vorgelegen. Die Planunterlagen des Vorprojekts umfassten Grundriss-, Längs- und Querschnittpläne sowie Fassadenpläne. Die detaillierte Kostenschätzung umfasse 41 Positionen und weise Sanierungskosten von CHF 3,6 Millionen aus; im Titel der Kostenschätzung sei die Rede von einer «Gesamtsanierung» und von einem Ersatz von Lift, Fenstern und Storen, Nasszellen und Küchen. Zudem werde in der Kostenschätzung festgehalten, auf welchen Grundlagen sie basiere (Baupläne von 1981, Fotodokumentation und Informationen der Liegenschaftsverwaltung) und dass keine Begehung und keine Abklärungen zum Asbest, zur Kanalisation oder zu weiteren Gebäudeteilen durchgeführt worden seien. Der Auftrag vom 12. Mai 2021 für die Erstellung eines Sanierungsprojekts und einer Kostenschätzung laute auf eine umfangreiche Sanierung. Unbestrittenermassen habe die Vermieterin zudem bereits im 2019 eine Zustandsanalyse der Liegenschaft vorgenommen und sich dabei für eine Totalsanierung entschieden (Zivilgerichtsentscheid, E. 5.2).

 

Zum Einwand der Mieter, verschiedene Abklärungen und Anpassungen am Sanierungsprojekt seien erst nach der Kündigung vorgenommen worden, hielt das Zivilgericht zunächst fest, es sei richtig, dass eine Begehung der Liegenschaft durch Baufachleute am 23. September 2021 und damit nach der Kündigung vom 13. August 2021 stattgefunden habe. Ebenfalls richtig sei, dass verschiedene bautechnische Abklärungen (Schadstoffe, Erdbebensicherheit, Energiestandard) erst zwischen Oktober und Dezember 2021 erfolgt seien. Richtig sei schliesslich auch, dass nach der Kündigung Projektanpassungen vorgenommen worden seien. Diese Einwände änderten aber nichts daran, dass im Kündigungszeitpunkt ein ausgereiftes Sanierungsprojekt vorgelegen habe. Ein Projekt, das sich noch in der Entwicklungsphase befinde, entbehre nicht jeglicher greifbarer Realität. Es dürfe sich für die Vermieterin auch nicht nachteilig auswirken, dass sie die Kündigung mit einer Frist von 19 Monaten ausgesprochen habe: Einerseits sei den Mietern dadurch eine längere Zeit für die Wohnungssuche eingeräumt worden; andererseits basierten die Kündigungen deshalb nicht auf einem unausgereiften Projekt. Die Baueingabe sei am 13. Dezember 2021 (vier Monate nach der Kündigung) erfolgt und die Baubewilligung am 15. Februar 2022 (sechs Monate nach der Kündigung). Die Gültigkeit der Kündigung setze nicht voraus, dass bereits ein Baugesuch eingereicht oder gar die Baubewilligung erteilt worden sei; es müsse möglich sein, dass die Vermieterin auch nach der Kündigung Abklärungen vornehme, ohne dass dies bereits zur Missbräuchlichkeit der Kündigung führe (E. 5.3).

 

Zusammenfassend hielt das Zivilgericht fest, dass sich das Gericht aufgrund des Sachverhalts vom Vorliegen eines Sanierungsprojekts, der Bereitschaft und Möglichkeit der Vermieterin zu dessen Realisierung sowie von der Notwendigkeit des Auszugs der Mieter überzeugen müsse. Dabei trage der Mieter die Beweislast für die Missbräuchlichkeit der Kündigung, wogegen die Vermieterin den Kündigungsgrund lediglich glaubhaft machen müsse. Mit Blick auf das Baujahr und den Zustand der Liegenschaft erscheine es zunächst nicht als vorgeschoben, dass die Vermieterin die Liegenschaft total sanieren wolle; sodann genügten die Grundlagen – Planunterlagen des Vorprojekts vom 28. Mai 2021 und detaillierte Kostenschätzung vom 15. Juli 2021 –, um ein hinreichend ausgereiftes Bauprojekt zu bejahen. Die Entwicklungen nach der Kündigung vom 13. August 2021 – bautechnische Abklärungen und Änderungen in den Bauplänen – stünden dem nicht etwa entgegen, sondern trügen vielmehr zur Klärung der Absicht der Vermieterin im Zeitpunkt der Kündigung bei (E. 5.4).

 

3.1.2   Die Mieter kritisieren zunächst die oben zusammengefasste zivilgerichtliche Erwägung 5.2: Die Planunterlagen vom 28. Mai 2021 und die Kostenschätzung vom 15. Juli 2021 würden in irreführender Weise als «Vorprojekt» bezeichnet. Gemäss der SIA-Norm 102 umfasse ein Vorprojekt die Erarbeitung eines architektonischen Konzepts, die Erstellung eines Vorprojekts in Plänen, einen kurzen Erläuterungsbericht sowie ein Konstruktions- und Materialkonzept. Die Kosten im Vorprojekt würden mit einer Genauigkeit von +/- 15 % geschätzt und ein genereller Zeitplan aufgestellt. Das vorliegende Sanierungsprojekt entspreche diesen Anforderungen nicht. Für ein Vorprojekt fehlten insbesondere Hinweise auf eine Terminplanung, ein Konstruktions- und Materialkonzept sowie ein Erläuterungsbericht. Das Fehlen eines Vorprojekts ergebe sich auch aus dem Umstand, dass als Grundlage ein «Sanierungskonzept [...]» diene. Die Grobstudie für die Liegenschaft [...] basiere auf diesem «Sanierungskonzept [...]» und nicht auf den tatsächlichen Gegebenheiten in der Liegenschaft [...] (Berufung, Ziffern 4–7). Die Planunterlagen zeigten alte Bestandespläne von 1981, die mit nur minimal rot gekennzeichneten Anpassungen ergänzt worden seien. Der Ergänzungstext zum Querschnittsplan beschreibe als Massnahmen lediglich die Bereiche «Fassaden» (mit Flachdachsanierung, Fensterersatz, Storenersatz, Geländererhöhungen für Balkone), «Gebäude» (minimale innere Anpassungsarbeiten, Strangsanierungen, Brandschutzmassnahmen, keine Volumenänderungen, keine Anzahl- und Dimensionsänderungen der Wohnungen) und «Umgebung» (neues Vorgartenkonzept, neue Gemüsebeete, Hühnerstall). Nur zwei dieser Massnahmen seien auf den Plänen eingetragen, nämlich die Geländererhöhungen und die minimalen inneren Anpassungsarbeiten. Für ein genügend ausgereiftes Sanierungsprojekt fehlten insbesondere folgende Elemente: Besichtigungen mit Baufachleuchten, technische und baurechtliche Abklärungen, Vermessungen und Abklärungen betreffend Asbest, Brandschutz, Erdbebenschutz, energetische Aspekte, elektrische Leitungen, Liftzustand und denkmalschutzrechtliche Aspekte (Ziffern 8 und 9). Das Zivilgericht verkenne, dass die Auflistung von 41 Positionen in einer Kostenschätzung für die Annahme eines ausgereiften Sanierungsprojekts nicht genüge und den Mietern eine Abschätzung der Erforderlichkeit eines Auszugs aus der Wohnung nicht ermögliche. Die der Kostenschätzung zugrundeliegenden Informationen – Bestandespläne, Zusatzinformationen der Liegenschaftsverwaltung und Fotos der Liegenschaft – seien keine tragfähige Grundlage für den Entscheid, in welchem Umfang die Sanierung durchgeführt werden soll. Auch die Zustandsanalyse der Vermieterin von 2019 sei kein ausgereiftes Sanierungsprojekt (Ziffern 10–12).

 

Zur zivilgerichtlichen Erwägung 5.3 wenden die Mieter ein, es sei ihnen «ein Rätsel», wie das Zivilgericht von einem ausgearbeiteten Sanierungsprojekt sprechen könne: Die eingereichten Fotos könnten mangels Datierung nicht herangezogen werden; zudem fehle es an vorgängigen Besichtigungen und verschiedenen vorgängigen Gebäudeabklärungen. Im Zeitpunkt der Kündigung hätten weder ein Vorprojekt, ein Investitionsantrag noch irgendwelche projektbezogenen Unterlagen und Abklärungen vorgelegen. Kleinere Anpassungen während der Projektplanung seien zwar üblich, aber im vorliegenden Fall seien alle Besichtigungen und Abklärungen erst nach der Kündigung erfolgt. Die Länge der Kündigungsfrist sodann sei für die Beurteilung der Missbräuchlichkeit der Kündigung nicht wesentlich. Die Anforderungen an den Stand des Sanierungsprojekts im Zeitpunkt der Kündigung seien deshalb nicht herabgesetzt (Berufung, Ziffern 13–16).

 

Zur Erwägung 5.4 wenden die Mieter ein, es sei fraglich, wie das Zivilgericht mit Blick auf das Baujahr und den Zustand der Liegenschaft einen umfassenden Sanierungsbedarf bejahen könne, da es an Abklärungen vor Ort fehle. Entgegen dem Zivilgericht fehle es im vorliegenden Fall an einem konkreten Baubeschrieb. Bei einem Baubeschrieb handle es sich um eine detaillierte Beschreibung des Projekts mit Objektdaten, Grundlagen für den Baubeschrieb, rechtlichen Vorschriften, Art und Weise der Bauausführung und Materialien. Ein solcher Baubeschrieb liege im vorliegenden Fall eindeutig nicht vor. Das Projekt habe sich im Zeitpunkt der Kündigung in der Entwicklungsphase befunden und sei nicht ausgereift gewesen. Für die Unausgereiftheit des Projekts spreche schliesslich auch der Umstand, dass die Problematik der Entfluchtung des Lagerraums im Garten der Liegenschaft bis heute ungelöst sei. Insgesamt handle es sich um eine Kündigung auf Vorrat (Berufung, Ziffern 17–22).

 

3.1.3   Die ordentliche Kündigung eines Mietvertrags setzt keine besonderen Kündigungsgründe voraus. Mieter und Vermieterin sind grundsätzlich frei, das Mietverhältnis unter Einhaltung der Fristen und Termine zu kündigen. Einzige Schranke bildet der Grundsatz von Treu und Glauben: Bei der Miete von Wohn- und Geschäftsräumen ist die Kündigung anfechtbar, wenn sie gegen diesen Grundsatz verstösst (Art. 271 Abs. 1 OR). Allgemein gilt eine Kündigung als treuwidrig, wenn sie ohne objektives, ernsthaftes und schützenswertes Interesse und damit aus reiner Schikane erfolgt oder Interessen der Parteien tangiert, die in einem krassen Missverhältnis zueinander stehen (vgl. zum Ganzen BGE 142 III 91 E. 3.2.1 mit Hinweisen).

 

Eine Kündigung im Hinblick auf Sanierungsarbeiten, die eine Weiterbenutzung des Mietobjekts erheblich einschränken, ist nicht missbräuchlich. Werden die geplanten Arbeiten hingegen nicht oder nur unerheblich erschwert oder verzögert, wenn die Mieter im Mietobjekt verbleiben, besteht kein schützenswerter Grund für die Vermieterin, dennoch zu kündigen (BGE 135 III 112 E. 4.2). Missbräuchlich ist eine solche Kündigung auch, wenn das Projekt als nicht realitätsnah oder objektiv unmöglich erscheint, namentlich weil es offensichtlich mit den Vorschriften des öffentlichen Rechts unvereinbar ist, sodass die Vermieterin die notwendigen Bewilligungen mit Sicherheit nicht erhalten wird. Dass die Vermieterin bereits die nötigen Bewilligungen erhalten oder die hierzu erforderlichen Dokumente hinterlegt hat, ist für die Gültigkeit der Kündigung aber nicht vorausgesetzt. Ob der Verbleib der Mieter im Mietobjekt geeignet wäre, (bautechnische und organisatorische) Erschwerungen, zusätzliche Kosten oder eine Verzögerung der Bauarbeiten nach sich zu ziehen, die über das Unerhebliche hinausgehen, hängt von den ins Auge gefassten Arbeiten ab. Die Gültigkeit der Kündigung setzt somit voraus, dass bereits im Zeitpunkt der Kündigung ein genügend ausgereiftes und ausgearbeitetes Projekt vorliegt, aufgrund dessen abgeschätzt werden kann, ob die Arbeiten eine Räumung des Mietobjekts erforderlich machen. Erfolgt eine Kündigung im Hinblick auf ein Projekt, das noch nicht so weit fortgeschritten ist, um diese Frage gestützt auf den Stand des Projekts im Kündigungszeitpunkt beurteilen zu können, ist sie missbräuchlich (vgl. zum Ganzen BGE 140 III 496 E. 4.1 und 4.2). Das Gericht muss aufgrund der nachgewiesenen Umstände überzeugt sein vom Vorhandensein des Projekts, von Willen und der Möglichkeit der Vermieterin, das Projekt zu realisieren und von der Notwendigkeit, dass die Mieter die Liegenschaft definitiv verlassen (BGer 4A_491/2018 vom 8. Mai 2019 E. 2.1.2).

 

Das Bundesgericht hat sich mehrfach mit der Frage befasst, wann ein genügend ausgereiftes Projekt vorliegt, das eine Abschätzung der Erforderlichkeit einer Räumung erlaubt. Als genügend hat das Bundesgericht folgende Projektstände erachtet:

 

-          Baubewilligung oder Baueingabe (BGE 140 III 496 E. 4.1; BGer 4A_518/2010 vom 16. Dezember 2010 E. 2.6);

-           Sanierungsstudie, Investitionsantrag über CHF 2'500'000.– und Vorprojekt (BGer 4A_396/2019 vom 16. Januar 2020 E. 3.2.1 und 3.3.2);

-           Erteilung eines Auftrags (im Wert von CHF 120'000.–) an ein Architekturbüro für Planungsarbeiten am Bauprojekt und zeitnahe Einleitung des Baubewilligungsverfahrens nach der Kündigung (BGer 4A_246/2023 vom 17. Juli 2023 E. 3.2 und 3.3);

-           Erteilung eines Auftrags an zwei Architekturbüros zur Ausarbeitung eines Bauprojekts (BGer 4A_210/2014 vom 17. Juli 2014 Sachverhalt B und E. 3.3);

-          «rapport d’expertise privé» eines Bauleiters und Immobilienberaters, der grossen Sanierungsbedarf feststellte (BGer 4A_518/2010 vom 16. Dezember 2010 E. 2.3 und 2.5);

-          Besichtigung der Liegenschaft durch den Vermieter, Kontaktierung eines Architekturbüros, Beschaffung der ursprünglichen Baupläne und der seitherigen Umbaupläne, zweite Besichtigung der Liegenschaft durch den Vermieter in Begleitung seines Architekten, Ausarbeitung von 5-seitigen Plänen durch den Architekten und Kontaktierung der Behörden (BGer 4A_491/2018 vom 8. Mai 2019 Sachverhalt A.d und E. 3);

-           bereits erfolgte Sanierung zahlreicher Wohnungen in der Liegenschaft und aufrichtige Absicht der Vermieterin, auch die strittige Wohnung zu sanieren (BGer 4A_247/2021 vom 4. Mai 2022 E. 4; vgl. auch BGer 4A_143/2021 vom 31. August 2021 E. 10.2).

 

Offen gelassen hat das Bundesgericht, ob eine einfache Skizze der künftigen Arbeiten («simple ébauche des travaux futurs») eine Kündigung rechtfertigt (BGE 140 III 496 E. 4.2.2). Als ungenügend hat es aber folgende Projektstände erachtet:

 

-           Hinweis der Vermieterin auf die Durchführung eines Architekturwettbewerbs (BGE 142 III 91 Sachverhalt A. und E. 3.2.2);

-           Besichtigung der Liegenschaft durch den Liegenschaftsverwalter zur Abklärung des Sanierungsbedarfs (BGE 140 III 496 E. 4.2.2);

-           feste Sanierungsabsicht («ferme intention de transformer et rénover les immeubles») (BGE 140 III 496 E. 4.2.2);

-          nachträgliche Projekt- und Baupläne (BGE 142 III 91 E. 3.2.1).

 

3.1.4   Im vorliegenden Fall basiert die Argumentation der Mieter (vgl. oben E. 3.1.2) gegen das Vorliegen eines ausgereiften Sanierungsprojekts im Kern auf zwei Einwänden.

 

Erstens handle es sich bei den im Zeitpunkt der Kündigung vorliegenden Planunterlagen vom 28. Mai 2021 und der Kostenschätzung vom 15. Juli 2021 nicht um ein «Vorprojekt» im Sinn der SIA-Norm 102 beziehungsweise nicht um einen «konkreten Baubeschrieb» (Berufung, Ziffern 4–6, 19 und 20). Ob es sich bei den genannten Unterlagen um ein «Vorprojekt» im Sinn der SIA-Norm 102 oder um einen «konkreten Baubeschrieb» handelt, ist eine terminologische Frage. Diese braucht im vorliegenden Fall nicht beurteilt zu werden. Es ist nicht entscheidend, ob ein «Vorprojekt» im Sinn der SIA-Norm 102 oder ein «konkreter Baubeschrieb» vorliegt. Entscheidend ist vielmehr, ob es sich bei den genannten Unterlagen um ein Sanierungsprojekt handelt, das im Sinn der Rechtsprechung des Bundesgerichts genügend ausgereift und ausgearbeitet ist, um eine missbräuchliche Kündigung auszuschliessen.

 

Damit kommen wir zum zweiten Einwand der Mieter. Mit diesem machen sie geltend, dass die vorliegenden Planunterlagen vom 28. Mai 2021 und die Kostenschätzung vom 15. Juli 2021 kein genügend ausgereiftes Sanierungsprojekt darstellten und die am 13. August 2021 ausgesprochene Kündigung deshalb missbräuchlich sei.

 

Die Planunterlagen vom 28. Mai 2021 (Klagebeilage 6) umfassen acht Pläne: je einen Grundrissplan des Untergeschosses, des Erdgeschosses, der Obergeschosse und des Dachgeschosses, einen Querschnittsplan, einen Längsschnittplan sowie je einen Plan der Nordfassade und der Südfassade. Diese acht Pläne basieren auf den Bauplänen von 1981 und enthalten darüber hinaus rot eingefärbte «minimale innere Anpassungsarbeiten» (in den Grundrissplänen und im Längsschnittplan) und die ebenfalls rot eingefärbte Erhöhung der Balkonbrüstungen (in den Plänen der Nordfassade und der Südfassade). Das ist in der Sache unbestritten (vgl. Berufung, Ziffer 8; Berufungsantwort, zu Ziffer 4). Zudem enthält der Querschnittsplan einen rot eingefärbten Text mit dem geplanten Umfang der Sanierung. Demgemäss umfasst die Sanierung die drei Bereiche «Fassaden», «Gebäude» und «Umgebung». Diese drei Bereiche werden in Unterbereiche gegliedert («Fassaden»: Flachdachsanierung, Fensterersatz, Storenersatz und Geländererhöhungen für Balkone; «Gebäude»: minimale innere Anpassungen, Strangsanierungen, Brandschutzmassnahmen, keine Volumenveränderung, keine Veränderung der Zahl und Dimension der Wohnungen; «Umgebung»: neues Vorgartenkonzept, neue Gemüsebeete, Hühnerstall).

 

Die Kostenschätzung vom 15. Juli 2021 (Klagebeilage 7) ist überschrieben mit «Kostenschätzung +/- 20%» für «Gesamtsanierung, Liftersatz, Fenster- und Storenersatz, Nasszellen- und Küchenersatz». Wie in der Kostenschätzung einleitend ausgeführt wird, basiert sie auf der Analyse der Bestandespläne, den Zusatzinformationen der Verwaltung und den Fotoaufnahmen; zudem wird darauf hingewiesen, dass keine Begehung, keine Asbesterprobung, keine Zustandsaufnahme der Kanalisation und keine weiteren Gebäudeabklärungen durchgeführt worden seien. Die Kostenschätzung umfasst 2 ½ Seiten und listet 41 Positionen auf (wie zum Beispiel Abbrüche, Baumeisterarbeiten, Kanalisation, Fenster aus Kunststoff, Aussentüren in Metall, Spenglerarbeiten) und schätzt für jede dieser Positionen die Kosten ab. Insgesamt werden die Sanierungskosten mit CHF 3'600'000.– geschätzt. Die Kostenschätzung basiert auf einem Sanierungskonzept für eine Liegenschaft in [...], das bereits ausgeführt wurde. Das ist zwischen den Parteien unbestritten (Berufung, Ziffer 7; Berufungsantwort, zu Ziffer 7).

 

Im Einklang mit dem Zivilgericht liegt damit ein genügend ausgereiftes Sanierungsprojekt vor, das eine Abschätzung der Erforderlichkeit einer Räumung der Wohnung erlaubt. Die Argumente der Mieter sind nicht geeignet, diese Einschätzung zu erschüttern. Zum ersten Argument, dass nur zwei der Sanierungsmassnahmen in den Planunterlagen vom 28. Mai 2021 (rot) eingezeichnet seien (Berufung, Ziffer 8), ist festzuhalten, dass dieser Umstand die Ausgereiftheit des Sanierungsprojekts nicht in Frage stellt. Die zahlreichen weiteren geplanten Sanierungsmassnahmen, die in den Plänen nicht eingezeichnet sind und überwiegend auch gar nicht eingezeichnet werden konnten, ergeben sich zum einen aus dem Querschnittsplan, der diese Massnahmen in einem separaten Text aufführt, und zum anderen aus der Kostenschätzung vom 15. Juli 2021. Die geplanten Sanierungsmassnahmen werden somit aus den Planunterlagen vom 28. Mai 2021 und aus der Kostenschätzung vom 15. Juli 2021 ohne weiteres ersichtlich. Das zweite Argument gegen die Ausgereiftheit des Sanierungsprojekts sehen die Mieter im Fehlen einer vorgängigen Besichtigung der Liegenschaft und im Fehlen von vorgängigen bautechnischen Abklärungen betreffend Asbest, Brandschutz, Erdbebenertüchtigung, energetische Aspekte, elektrische Leitungen und Lift (Berufung, Ziffern 7–10). Eine vorgängige Besichtigung und umfassende bautechnische Abklärungen sind nicht zwingend erforderlich, um ein Sanierungsprojekt als hinreichend ausgereift zu qualifizieren. Im vorliegenden Fall lagen mit den Planunterlagen von 1981, der Fotodokumentation, den Erfahrungen der langjährigen Liegenschaftsverwaltung, den Erfahrungen der Vermieterin aus einem vergleichbaren Sanierungsprojekt in [...] und der Expertise des beauftragten Architekturbüros hinreichende Grundlagen vor, um ein aussagekräftiges Sanierungsprojekt auszuarbeiten. Wären die weiteren bautechnischen Abklärungen – wie von den Mietern gefordert – bereits vor der Kündigung vom 13. August 2021 erfolgt, hätten diese höchstens dazu geführt, dass das Sanierungsprojekt noch etwas umfassender ausgefallen wäre und die Notwendigkeit eines definitiven Verlassens der Wohnung noch offensichtlicher gewesen wäre. Aufgrund der von der Vermieterin bereits getätigten Abklärungen und der im Zeitpunkt der Kündigung vorliegenden Unterlagen waren die Mieter in der Lage, den Umfang des Sanierungsprojekts und die Notwendigkeit, die Liegenschaft definitiv verlassen, abzuschätzen. Das dritte Argument der Mieter gegen die Ausgereiftheit des Sanierungsprojekts ist mit dem zweiten Argument verwandt: Das Projekt sei zu wenig konkret auf die Verhältnisse in der Liegenschaft [...] zugeschnitten. Es basiere nämlich auf einem gleichgelagerten Sanierungsprojekt in [...], das derzeit von der Vermieterin realisiert werde – und nicht auf den tatsächlichen Gegebenheiten in der Liegenschaft [...] (Berufung, Ziffern 7 und 19). Dieser Einwand ist nicht stichhaltig: Wie zum zweiten Argument der Mieter ausgeführt wurde, lagen mit den Planunterlagen von 1981, den Fotos der Liegenschaft und den Erfahrungen der langjährigen Liegenschaftsverwaltung verschiedene Grundlagen vor, die sich konkret auf die Liegenschaft [...] beziehen. Das Argument, das Sanierungsprojekt sei zu wenig auf die konkreten Verhältnisse zugeschnitten, ist somit unzutreffend.

 

Der vorliegende Fall reiht sich denn auch zwanglos ein in eine Reihe von Bundesgerichtsentscheiden zur Sanierungskündigung, in welchen das Bundesgericht die Ausgereiftheit des Sanierungsprojekts jeweils bejaht hatte (vgl. dazu oben E. 3.1.3). Die Ausgereiftheit des vorliegenden Sanierungsprojekts ist gut vergleichbar mit dem in BGer 4A_491/2018 vom 8. Mai 2019 beurteilten Projekt: In diesem Fall erachtete es das Bundesgericht als hinreichend, dass der Vermieter seine Liegenschaft (einmal allein, einmal mit seinem Architekten) besichtigt hatte, die ursprünglichen Baupläne und die seitherigen Umbaupläne beschafft hatte, 5-seitige Pläne durch seinen Architekten hatte ausarbeiten lassen und die Behörden kontaktiert hatte. Von geringerer – aber gemäss Bundesgericht genügender – Ausgereiftheit zeugte das in BGer 4A_518/2010 vom 16. Dezember 2010 beurteilte Sanierungsprojekt, das aus einem «rapport d’expertise privé» eines Bauleiters und Immobilienberaters bestand, der grossen Sanierungsbedarf festgestellt hatte. Sodann erachtete das Bundesgericht sogar die Erteilung von Aufträgen an Architekturbüros für Planungsarbeiten am Bauprojekt als genügend (BGer 4A_246/2023 vom 17. Juli 2023; BGer 4A_210/2014 vom 17. Juli 2014). Schliesslich erachtete es eine Sanierungskündigung auch in einem Fall als zulässig, in welchem die Vermieterin andere Wohnungen in der Liegenschaft bereits saniert hatte, und aufrichtig beabsichtigte, auch die strittige Wohnung zu sanieren (BGer 4A_247/2021 vom 4. Mai 2022). Das vorliegende Sanierungsprojekt mit den 8-seitigen Planunterlagen vom 28. Mai 2021, die auf den Bauplänen von 1981 beruhen, und mit der Kostenschätzung vom 15. Juli 2021, welche die geplanten Sanierungsmassnahmen in 41 Positionen aufgliedert und «bepreist», erscheint als mindestens ebenso ausgereift oder ausgereifter als diese vom Bundesgericht als genügend beurteilten Projekte. Zusammenfassend ist es somit richtig, dass das Zivilgericht das vorliegende Sanierungsprojekt als genügend ausgereift erachtete und eine Kündigung auf Vorrat verneinte.

 

3.2      Möglichkeit der Sanierung in bewohntem Zustand

 

3.2.1   Zur Möglichkeit der Sanierung in bewohntem Zustand hielt das Zivilgericht fest, entgegen der Ansicht der Mieter sei es nicht Aufgabe der Vermieterin zu belegen, dass ein Verbleiben der Mieter während der Sanierung nicht ohne weiteres möglich sei. Der Entscheid über die Art und den Umfang der Sanierung liege ausschliesslich bei der Vermieterin. Die Vermieterin könne ein legitimes Interesse haben, die Mietverhältnisse aufzulösen, um die Sanierungsarbeiten rasch und günstig zu erledigen. Irrelevant sei letztlich auch die Bereitschaft der Mieter, die Arbeiten zu dulden. Im vorliegenden Fall habe sich die Vermieterin aus hinreichenden Gründen zu einer umfassenden Sanierung entschlossen, die sie in unbewohntem Zustand durchführen wolle. Dass das Baugesuch im vereinfachten Baubewilligungsverfahren (Bauprojekt ohne Aussenwirkung) geprüft worden sei, sei für die Gültigkeit der Kündigung ohne Bedeutung (Zivilgerichtsentscheid, E. 5.5).

 

Auch aus dem Begleitschreiben der Vermieterin zur Kündigung könnten die Mieter nichts zu ihren Gunsten ableiten. Darin informiere die Vermieterin transparent über ihre Absicht, die Liegenschaft umfassend zu sanieren, namentlich die Sanitäranlagen, die Küchen und Bäder, die Böden, die Elektroinstallationen und die Brandschutzvorrichtungen. Anhand dieses Begleitschreiben hätten sich die Mieter einerseits eine Vorstellung über das Sanierungsprojekt machen und andererseits abschätzen können, ob ein Auszug notwendig sei. Damit entspreche das Begleitschreiben auch den Vorgaben für Kündigungsschreiben bei Sanierungen (E. 5.6).

 

3.2.2   Die Mieter wenden gegen die Erwägung 5.5 des Zivilgerichtsentscheids ein, das Sanierungsprojekt habe sich im Zeitpunkt der Sanierung in einer «Entwicklungsphase» befunden, wie das Zivilgericht in E. 5.3 selbst festhalte. Auf dieser Basis seien die beabsichtigten Bauarbeiten und deren Eingriffstiefe nicht abschätzbar gewesen. Es sei somit nicht erstellt, dass ein Verbleib der Mieter die Sanierungsarbeiten erheblich erschwert oder verzögert hätte (Berufung, Ziffern 23 und 24).

 

Gegen die Erwägung 5.6 wenden die Mieter ein, das Zivilgericht verkenne, dass das Begleitschreiben zur Kündigung «gespickt mit Worthülsen» und nicht hinreichend konkretisiert sei, damit die Mieter eine Einschätzung vornehmen könnten. Dem Begleitschreiben sei kein hinreichend ausgereiftes Sanierungsprojekt zu entnehmen, sondern lediglich der Umstand, dass die Liegenschaft Baujahr 1981 habe. Zudem werde in wahrheitswidriger Weise auf detaillierte Abklärungen und Analysen verwiesen, die es in diesem Zeitpunkt in Tat und Wahrheit gar nicht gegeben habe (Berufung, Ziffer 25).

 

3.2.3   Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist der Entscheid über die Art und den Umfang einer Sanierung grundsätzlich ausschliesslich Sache der Vermieterin. Sie kann ein legitimes Interesse daran haben, die Mietverhältnisse aufzulösen, um die Arbeiten rasch und günstig zu erledigen, anstatt eine längerdauernde Renovationsphase mit Mietzinsreduktionen zugunsten der Mieter in Kauf zu nehmen. Umfassende Sanierungsarbeiten, in deren Rahmen nicht nur Küchen und Bäder, sondern sämtliche Leitungsinstallationen ausgewechselt, Wand- und Bodenbeläge erneuert sowie Wohnungsgrundrisse verändert werden, führen erfahrungsgemäss zu Immissionen und Störungen, die eine Weiterbenutzung erheblich einschränken. Selbst wenn solche Eingriffe unter Weiterbenutzung des Mietobjekts denkbar sein sollten, so wäre dies regelmässig mit beträchtlichen bautechnischen und organisatorischen Erschwerungen verbunden und würde zu einer Verzögerung der Bauarbeiten führen. Die Vermieterin, welche die Arbeiten nach bautechnischen und -ökonomischen Kriterien durchführen möchte, ist diesfalls auf eine Kündigung zwecks vorgängiger Räumung des Mietobjekts angewiesen, weshalb ihr kein Verstoss gegen Treu und Glauben vorgeworfen werden kann. Ohne schützenswerten Grund wäre eine Kündigung im Hinblick auf Modernisierungsarbeiten demgegenüber dann, wenn deren Durchführung durch das Verbleiben des Mieters im Mietobjekt nicht oder nur unerheblich erschwert oder verzögert würde, wie dies etwa beim Streichen von Wänden, blossen Aussenrenovationen oder Balkonanbauten der Fall sein dürfte (zum Ganzen vgl. BGE 135 III 112 E. 4.2). Die Beurteilung, ob der Verbleib des Mieters im Mietobjekt geeignet wäre, bautechnische und organisatorische Erschwerungen oder eine Verzögerung der Bauarbeiten nach sich zu ziehen, hängt von den ins Auge gefassten Arbeiten ab. Die Gültigkeit der Kündigung setzt somit voraus, dass die Vermieterin im Zeitpunkt der Kündigung des Mietverhältnisses über ein genügend ausgereiftes und ausgearbeitetes Projekt verfügt, aufgrund dessen der Mieter abzuschätzen vermag, ob die geplanten Arbeiten eine Räumung des Mietobjekts erforderlich machen (zum Ganzen vgl. BGE 142 III 91 E. 3.2.1).

 

3.2.4   Im vorliegenden Fall wurde dargelegt, dass die Vermieterin im Kündigungszeitpunkt über ein hinreichend ausgereiftes Projekt verfügte, das eine umfassende Sanierung vorsah (vgl. oben E. 3.1). Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. oben E. 3.2.3) ist in einem solchen Fall mit beträchtlichen bautechnischen und organisatorischen Erschwerungen und einer Verzögerung der Bauarbeiten zu rechnen, welche eine Kündigung der Mietwohnung durch die Vermieterin rechtfertigen. Die Mieter legen nicht dar, dass dies im vorliegenden Fall anders sein soll. Sie beschränken sich darauf darzulegen, dass das Sanierungsprojekt im Kündigungszeitpunkt nicht ausgereift gewesen sei. Dieser Einwand wurde – wie gesagt – bereits bei der Frage des Vorliegens eines ausgereiften Sanierungsprojekts geprüft und verworfen. Im Einklang mit dem Zivilgericht ist zudem festzuhalten, dass die Mieter im Begleitschreiben zur Kündigung transparent über die geplante Sanierung informiert wurden, wurde doch festgehalten, dass sich diverse Gebäudeteile, darunter unter anderem die Sanitäranlagen, die Küchen und die Bäder, die Elektroinstallationen und der Brandschutz in einem sanierungsbedürftigen Zustand befänden und eine umfassende Sanierung unumgänglich sei (Klagebeilage 3), was ohne weiteres mit dem ausgearbeiteten Projekt übereinstimmt.

 

3.3      Verschweigen der Sanierungsabsicht beim Vertragsschluss

 

Die Mieter hatten vor Zivilgericht vorgebracht, die Vermieterin habe am 8. April 2021 – also kurz vor der Kündigung wegen umfassender Sanierung vom 13. August 2021 – noch einen unbefristeten Mietvertrag mit ihnen abgeschlossen. Trotz entsprechender Nachfrage hätten sie von der Liegenschaftsverwaltung keine Hinweise auf eine bevorstehende Sanierung erhalten. Der Umstand, dass die Liegenschaftsverwaltung wenige Monate vor der Kündigung offenbar keine Kenntnis von der bevorstehenden Sanierung gehabt habe, spreche stark dafür, dass im Zeitpunkt der Kündigung kein Sanierungsprojekt habe vorliegen können. Das Zivilgericht hielt dazu fest, die Mutmassung der Mieter, dass die Sanierung schon im Zeitpunkt des Vertragsschlusses angedacht gewesen sei, sei zumindest nicht abwegig, aber auch nicht nachgewiesen. Es liege nahe, dass das Thema einer Sanierung schon einige Zeit im Raum gestanden habe. Es sei einer Vermieterin aber nicht zuzumuten, bloss aufgrund eines generellen Sanierungswillens keine Mietverträge mehr abzuschliessen. So lange noch kein Vorprojekt in Auftrag gegeben worden sei, bestehe auch keine Informationspflicht der Vermieterin. Unbewiesen sei zudem die Behauptung der Mieter, sie hätten ihr Interesse an einem langen Verbleib in der Wohnung gegenüber der Liegenschaftsverwaltung geäussert. Die blosse Chronologie beweise nicht, dass im Zeitpunkt des Vertragsschlusses festgestanden habe, dass fünf Wochen später ein Vorprojekt in Auftrag gegeben würde und dieser Umstand Gegenstand einer Täuschung gewesen sei. Der Umstand, dass die Vermieterin mit diesen neuen Mietern am 8. April 2021 einen Mietvertrag geschlossen habe, ändere umgekehrt aber nichts an der Ausgereiftheit des Sanierungsprojekts im Kündigungszeitpunkt (Zivilgerichtsentscheid, E. 3.2 und 5.7).

 

Die Mieter wenden in diesem Zusammenhang ein, es bestehe ein Widerspruch: Die Vermieterin habe einerseits «stets» angegeben, sie habe sich beim Sanierungsprojekt auf die Erfahrungen der Liegenschaftsverwaltung gestützt; andererseits soll diese im Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit den neuen Mietern am 8. April 2021 keine Kenntnis von einer umfassenden Sanierung gehabt haben. Damit sei zum einen unklar, ob und in welchem Umfang die Vermieterin auf die Erfahrungen der Liegenschaftsverwaltung zurückgegriffen habe; zum anderen sei nicht nachvollziehbar, dass die Liegenschaftsverwaltung am 8. April 2021 einen unbefristeten Mietvertrag mit den neuen Mietern abgeschlossen habe, ohne auf mögliche zeitnahe Sanierungsabsichten hinzuweisen. Namentlich aus dem Umstand, dass der Auftrag der Vermieterin an die Architekten vom 12. Mai 2021 eine Schweigepflicht gegenüber Dritten und Mietern enthalten habe, lasse sich aber schliessen, dass auch die Liegenschaftsverwaltung dieser Schweigepflicht unterstanden habe und deshalb den Mietern bewusst keine Auskunft erteilt habe. In Bezug auf den Kenntnisstand der Liegenschaftsverwaltung sei der Sachverhalt «zu wenig abgeklärt, obwohl diesbezüglich Beweis angeboten wurde». Aufgrund des Kenntnisvorsprungs der Liegenschaftsverwaltung wäre es an ihr gelegen, auf entsprechende Nachfrage der Mieter Auskunft über allfällige Sanierungsabsichten zu erteilen. Dies könne nicht anders als bewusste Täuschung interpretiert werden (Berufung, Ziffer 27).

 

Der rechtlichen Argumentation der Mieter fehlt es an einem Tatsachenfundament: So ist namentlich unbewiesen, ob und in welchem Umfang die Liegenschaftsverwaltung (oder auch die Vermieterin) im Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit ihnen am 8. April 2021 Kenntnis von einer bevorstehenden umfassenden Sanierung hatte. In diesem Punkt kann vollständig auf die sorgfältigen und zutreffenden Erwägungen des Zivilgerichts verwiesen werden (Zivilgerichtsentscheid, E. 5.7). Namentlich auch der Umstand, dass der Auftrag der Vermieterin an die Architekten vom 12. Mai 2021 eine Schweigepflicht gegenüber Dritten und Mietern enthalten haben soll (wie die Mieter in ihrer Berufung neu vorbringen), besagt nichts in Bezug auf den Kenntnisstand der Liegenschaftsverwaltung (und der Vermieterin) beim Vertragsschluss am 8. April 2021. Da der Kenntnisstand der Liegenschaftsverwaltung und der Vermieterin im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht nachgewiesen ist, lässt sich weder eine allfällige Täuschung der Mieter noch eine damit allenfalls verbundene Missbräuchlichkeit der Kündigung ableiten.

 

4.         Erstreckung des Mietverhältnisses

 

4.1      Aus den in E. 3 genannten Überlegungen erachtete das Zivilgericht die Kündigung vom 13. August 2021 zu Recht als nicht missbräuchlich. Es prüfte deshalb das Eventualbegehren der Mieter um Erstreckung des Mietverhältnisses um vier Jahre. Es legte zunächst die Voraussetzungen einer Erstreckung darund gewährte im vorliegenden Fall eine einmalige Erstreckung bis Ende Januar 2024. Bei den Interessen der Mieter berücksichtigte das Zivilgericht das Alter der Mieterin sowie jenes ihres zur Untermiete in derselben Wohnung lebenden Ehemanns (67 und 82 Jahre), die zahlreichen gesundheitlichen Einschränkungen, das Angewiesensein auf einen Lift, die ausgeprägte Verbundenheit mit dem Quartier, die aufgrund der sehr kurzen Mietdauer noch nicht amortisierten Einrichtungsinvestitionen, die finanzielle Situation (Einkommen von CHF 9'387.– für einen Dreipersonenhaushalt, aber dennoch bescheidene finanzielle Verhältnisse, da die Mieterin und ihr Ehemann Ergänzungsleistungen beziehen), die tiefe Leerstandsquote von 1,2 % für 3-Zimmerwohnungen und die Suchbemühungen der Mieter. Bei den Interessen der Vermieterin berücksichtigte es den Umstand, dass bereits eine Baubewilligung vorliege und ein dagegen erhobener Rekurs erstinstanzlich abgewiesen worden sei, und die finanziellen Interessen der Vermieterin an einer raschen Umsetzung des Sanierungsprojekts. Sodann seien bei der Bemessung der Erstreckungsdauer die lange Kündigungsfrist von 19 Monaten und die Unterstützung der Vermieterin bei der Wohnungssuche zu berücksichtigen. In Abwägung dieser Umstände sei eine einmalige Erstreckung bis Ende Januar 2024 angemessen (Zivilgerichtsentscheid, E. 6).

 

4.2      Die Mieter machen im Kern dreierlei geltend: Erstens sei bei ihren Suchbemühungen zu berücksichtigen, dass diese regelmässig erfolgt seien und sie sich in einem fortgeschrittenen Alter befänden. Zweitens habe die Vermieterin selbst eingeräumt, dass die Bauarbeiten auch dann ausgeführt würden, wenn die Kündigung als missbräuchlich aufgehoben würde; sie sei somit nicht auf Planungs- und Kostensicherheit angewiesen, da sie so oder so mit den Arbeiten beginne. Somit gehe es der Vermieterin allein um finanzielle Interessen, vor allem um eine höhere Rendite; im Zusammenhang mit den finanziellen Interessen sei zudem nicht nachgewiesen, dass eine Bauverzögerung zu einer deutlichen Bauteuerung führe. Drittens habe das Zivilgericht zu Unrecht das «vermeintliche Unterstützungsangebot» der Vermieterin berücksichtigt: Diese habe den Mietern kein Referenzschreiben ausgestellt und die 2, 3 angebotenen Wohnungen seien nicht tauglich. Aufgrund dieser Umstände sei eine einmalige Erstreckung um 10 Monate nicht angemessen. Vielmehr rechtfertige sich eine maximale Erstreckungsdauer von 48 Monaten (Berufung, Ziffern 29–35).

 

4.3      Ein Mieter kann die Erstreckung eines befristeten oder unbefristeten Mietverhältnisses verlangen, wenn die Beendigung der Miete für ihn oder seine Familie eine Härte zur Folge hätte, die durch die Interessen der Vermieterin nicht zu rechtfertigen wäre (Art. 272 Abs. 1 OR). Bei der Interessenabwägung sind insbesondere folgende Umstände zu berücksichtigen: Umstände des Vertragsschlusses und Inhalt des Vertrags; Dauer des Mietverhältnisses; persönliche, familiäre und wirtschaftliche Verhältnisse der Parteien und deren Verhalten; einen allfälligen Eigenbedarf der Vermieterin; die Verhältnisse auf dem örtlichen Wohnungsmarkt (Art. 272 Abs. 2 OR). Die Erstreckung bezweckt in erster Linie, dem Mieter für die Suche neuer Räume mehr Zeit zu lassen, als ihm nach der ordentlichen Kündigungsfrist zur Verfügung stünde. Als Härte im Sinn von Art. 272 OR kommen folglich Umstände in Betracht, die es dem Mieter verunmöglichen, in der verbleibenden Zeit ein Ersatzobjekt zu finden. Darunter fallen nur Schwierigkeiten, die sich durch eine Erstreckung abwenden oder mindern lassen. Gewöhnliche mit einer Kündigung verbundene Umstände rechtfertigen eine Erstreckung dagegen nicht. Die Erstreckung kann daher erst sinnvoll sein, wenn zu erwarten ist, dass der Umzug zu einem späteren Zeitpunkt für den Mieter weniger nachteilig sein wird, als er es bei Ablauf der Kündigungsfrist wäre (zum Ganzen vgl. BGer 4A_292/2021 vom 31. August 2021 E. 4.1 mit Hinweisen). Bei der Festlegung der Art und der Dauer der Erstreckung steht dem Gericht innerhalb des gesetzlichen Rahmens ein weiter Ermessenspielraum zu (BGE 125 III 226 E. 4b)).

 

4.4      Im vorliegenden Fall sind die drei Einwände der Mieter nicht geeignet, die Angemessenheit der gewährten einmaligen Erstreckung von 10 Monaten in Frage zu stellen. Beim ersten Vorbringen – im Rahmen der Suchbemühungen der Mieter seien diverse Umstände zu berücksichtigen – ist festzustellen, dass das Zivilgericht diese Umstände allesamt berücksichtigte, so den Umfang der Suchbemühungen und das Alter der Mieter. Es kann vollumfänglich auf die sorgfältigen und zutreffenden Erwägungen des Zivilgerichts verwiesen werden (Zivilgerichtsentscheid, E. 6.2.2 und 6.2.5).

 

Der zweite Einwand, wonach die Vermieterin gar nicht auf Planungs- und Kostensicherheit angewiesen sei, gründet auf der Behauptung der Mieter, die Vermieterin habe selbst eingeräumt, dass die Bauarbeiten auch dann ausgeführt würden, wenn die Kündigung als missbräuchlich aufgehoben würde. Die Mieter geben in der Berufung nicht an, an welcher Stelle die Vermieterin dies eingeräumt haben soll (vgl. Berufung, Ziffer 32). Das ist prozessual ungenügend. Die Berufungskläger müssen aufgrund ihrer Pflicht, die Berufung zu begründen, namentlich auch die Aktenstücke nennen, auf denen ihre Kritik beruht (zur Begründungspflicht im Berufungsverfahren vgl. AGE ZB.2022.29 vom 17. März 2023 E. 4.2; BGE 138 III 374 E. 4.3.1; BGer 4A_185/2023 vom 31. Mai 2023 E. 4.3.2). Die Mieter nennen keinerlei Aktenstücke zum Beweis ihrer Behauptung. Auf den zweiten Einwand ist somit aus prozessualen Gründen nicht einzugehen.

 

Mit ihrem dritten Einwand bemängeln die Mieter, beim Unterstützungsangebot der Vermieterin habe es sich bloss um ein «vermeintliches» Angebot gehandelt, da die Vermieterin den Mietern kein Referenzschreiben ausgestellt habe und die 2, 3 angebotenen Wohnungen nicht tauglich gewesen seien (Berufung, Ziffer 33). Auch dieser Einwand ist nicht stichhaltig, da das Zivilgericht dies nicht verkannt hat: Es hielt zum einen fest, dass die Vermieterin «Bereitschaft» bekundet habe, «Referenzschreiben zu Handen der Mieterschaft auszustellen» (Zivilgerichtsentscheid, E. 6.2.7); es nahm nicht an, dass die Vermieterin solche Schreiben auch tatsächlich ausstellte. Zum anderen stellte das Zivilgericht – wie die Mieter auch – fest, dass die Anzahl der angebotenen Ersatzobjekte tief gewesen sei und diese teilweise von vornherein ausser Betracht gefallen seien (E. 6.2.7). Mit anderen Worten: Das Zivilgericht hat das Unterstützungsangebot der Vermieterin korrekt eingeschätzt und gewürdigt.

 

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Einwände der Mieter nicht geeignet sind, die Angemessenheit der gewährten einmaligen Erstreckung von 10 Monaten in Frage zu stellen. Das Zivilgericht eruierte und würdigte die Umstände, die für die Art und Dauer der Erstreckung massgebend sind, sorgfältig und zutreffend – namentlich auch die lange Kündigungsfrist von 19 Monaten. Auf die entsprechenden Erwägungen kann vollumfänglich verwiesen werden (Zivilgerichtsentscheid, E. 6.2). Es besteht jedenfalls kein Anlass, in den weiten zivilgerichtlichen Ermessensspielraum einzugreifen.

 

5.         Berufungsentscheid

 

Aus diesen Erwägungen folgt, dass das Zivilgericht die Kündigung des Mietvertrags vom 13. August 2021 zu Recht als nicht missbräuchlich einstufte und das Mietverhältnis einmalig bis Ende Januar 2024 erstreckte. Demgemäss ist die gegen den Zivilgerichtsentscheid vom 9. März 2023 erhobene Berufung abzuweisen.

 

Bei diesem Ausgang des Verfahrens tragen die Mieter die Prozesskosten des Berufungsverfahrens (Art. 106 Abs. 1 ZPO). In Verfahren vor Zivilgericht und Appellationsgericht, die ihren Ursprung bei der Schlichtungsstelle haben, betragen die Gerichtskosten zwischen CHF 200.– und CHF 500.– bei einer Nettomonatsmiete bis CHF 2'500.– bei Wohnungsmiete (§ 2a Abs. 2 des Gesetzes über die Gerichtsgebühren [Gerichtsgebührengesetz, SG 154.800]). Im vorliegenden Fall liegt der Nettomietzins für die Wohnung unter CHF 2'500.– (Zivilgerichtsentscheid, E. 7.2). Die zweitinstanzlichen Gerichtskosten betragen somit wie im erstinstanzlichen Verfahren CHF 500.–. In Verfahren vor Zivilgericht und Appellationsgericht, die – wie das vorliegende Verfahren – ihren Ursprung bei der Schlichtungsstelle haben, werden keine Parteientschädigungen gesprochen (§ 2a Abs. 1 Gerichtsgebührengesetz).

 

 

Demgemäss erkennt das Appellationsgericht (Dreiergericht):

 

://:        Die Berufung gegen den Entscheid des Zivilgerichts Basel-Stadt vom 9. März 2023 ([...]) wird abgewiesen.

 

Der Berufungskläger 1 und die Berufungsklägerin 2 tragen in solidarischer Verbindung die Gerichtskosten von CHF 500.–.

 

Mitteilung an:

-       Berufungskläger 1

-       Berufungsklägerin 2

-       Berufungsbeklagte

-       Zivilgericht Basel-Stadt

 

APPELLATIONSGERICHT BASEL-STADT

 

Der Gerichtsschreiber

 

 

MLaw Thomas Inoue

 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung

 

Gegen diesen Entscheid kann unter den Voraussetzungen von Art. 72 ff. des Bundesgerichtsgesetzes (BGG) innert 30 Tagen seit schriftlicher Eröffnung Beschwerde in Zivilsachen erhoben werden. In vermögensrechtlichen Angelegenheiten gilt dies nur dann, wenn der Streitwert die Beschwerdesumme gemäss Art. 74 Abs. 1 lit. a oder b BGG erreicht (CHF 15'000.– bei Streitigkeiten aus Miete oder Arbeitsverhältnis bzw. CHF 30'000.– in allen übrigen Fällen) oder wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt. Die Beschwerdeschrift ist fristgerecht dem Bundesgericht (1000 Lausanne 14) einzureichen. Für die Anforderungen an deren Inhalt wird auf Art. 42 BGG verwiesen. Über die Zulässigkeit des Rechtsmittels entscheidet das Bundesgericht.

 

Ob an Stelle der Beschwerde in Zivilsachen ein anderes Rechtsmittel in Frage kommt (z.B. die subsidiäre Verfassungsbeschwerde an das Bundesgericht gemäss Art. 113 BGG), ergibt sich aus den anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen. Wird sowohl Beschwerde in Zivilsachen als auch Verfassungsbeschwerde erhoben, sind beide Rechtsmittel in der gleichen Rechtsschrift einzureichen.